„Da laufen sie ja alle nackig rum“ – Die Panorama-Sauna in Holzweiler
„Da laufen sie ja alle nackig rum“ -Die Panorama-Sauna in Holzweiler
Karl-Heinz Kurth
Was für die Eifel der Nürburgring, für die Ahr die älteste Winzergenossenschaft Deutschlands in Mayschoß, ist für die Grafschaft die Panorama-Sauna in Holzweiler. Die Gemeinde Grafschaft besteht aus 17 landschaftlich reizvoll gelegenen Orten und hat rund 9.650 Einwohner. Einer dieser Orte ist Holzweiler. Bevor die Familie Schmidt die Panorama-Sauna hier baute, war Holzweiler so bekannt oder unbekannt wie alle anderen vergleichbaren Dörfer im Kreis Ahrwei-ler. In Holzweiler und den Nachbardörfern wurde das Vorhaben von Josef Schmidt, eine Sauna zu bauen, mit skeptischen Augen gesehen. Die wenigsten Einwohner glaubten daran, daß die Panorama-Sauna 20 Jahre später eine der Größten ihrer Art sein würde (etwa 30.000 qm Betriebsfläche), die jährlich von mehr als 200.000 Personen besucht wird und ca. 80 Beschäftigten einen Arbeitsplatz bietet. Bei der Familie Schmidt sind die Gäste dieses Gesundheitsund Erholungscenters in guten Händen, da die Familienmitglieder berufliche Qualifikationen wie „Staatlich geprüfter Masseur“, „Medizinischer Bademeister“, „Diplomierter Saunameister“ und mit einem „Diplom über künstliche und medizinische Besonnung“ aufwarten können.
Der Gründer Josef Schmidt
Die Geschichte der Panorama-Sauna ist eng mit der Geschichte von Josef Schmidt verbunden. Josef Schmidt, Jahrgang 1925, stammt aus Holzweiler. Als sein Vater 1939 in den Krieg ziehen mußte, leitete er als 14-jähriger provisorisch den landwirtschaftlichen Betrieb und ein Holz-Fuhrgeschäft, welches sein Vater aufgebaut hatte. Mit 17 Jahren wurde Josef Schmidt zum Reichsarbeitsdienst eingezogen. Im September 1943 mußte er zur Wehrmacht. Beim Einsatz in Italien verlor er am 24.09.1944 durch eine Verwundung das Augenlicht. Als amerikanischer Kriegsgefangener wurde er in ein Lazarett eingeliefert, das er im Januar 1945 im Rahmen eines Verwundetenaustausches über die Schweiz verließ. Als der Krieg vorbei war, stand Josef Schmidt als Kriegsblinder in einem Deutschland, das wieder aufgebaut werden mußte. Von sozialer Versorgung eines Kriegsblinden konnte damals keine Rede sein. Bei der Umschulung hafte er die Wahl unter anderem zwischen Bürstenmacher und Masseur. Er entschloß sich, Masseur zu werden und begann 1947 mit einer Umschulung in Walsrode in der Lüneburger Heide, wo er am 10. Oktober 1948 sein Examen als staatlich geprüfter Masseur und medizinischer Bademeister abschloß. Seine erste Arbeitsstelle hatte er bei der Kurverwaltung in Bad Neuenahr. Hier konnte er 12 Jahre lang Kenntnisse in Massagen, Bädern und am Rande auch in der Saunatechnik erwerben. Er lernte in Bad Neuenahr seine spätere Frau Heidi kennen, die als gerade ausgebildete Kneipp-Bademeisterin eingestellt wurde. Aus einem unbeugsamen Willen heraus entwickelte er sich in dieser Zeit zu einer qualifizierten Fachkraft. Heidi und Josef machten die ersten Pläne in Richtung Selbständigkeit; so war ein erster Schritt ein gemeinsamer beruflicherwechsel in ein Kursanatorium nach Bad Soden. Die nächste Station war 1964 die erste Massagepraxis in Mayen. Hierzu gehörte auch schon eine kleine Sauna. Mayen wurde bald zu klein, vor allem die Sauna ließ keine Erweiterung mehr zu. Und so fand man 1967 eine moderne Praxis mit größerem Saunabereich in Troisdorf. Am Wochenende war die Familie Schmidt in Holzweiler, wo Josef Schmidt mit einem Partner einen Ponyhof gründete. Als man dann 1971 die Waldsauna Nöferhof, Kreis Siegburg, besuchte, war man von dieser damals größten Sauna in unserem Bereich so begeistert, daß sich aus diesen Anregungen nach und nach konkrete Vorstellungen entwickelten.
Pläne für eine Sauna in Holzweiler
Den Deutschen ging es nach dem Wirtschaftswunder finanziell sehr gut, aber Hektik und Streß in der Arbeitswelt ließen eine Sehnsucht nach Entspannung in der Freizeit entstehen. Die Schmidts sahen darin eine Marktlücke. Bei einem Kurzurlaub auf der Insel Borkum lagen sie am Strand und überlegten, daß sich in Holzweiler ein Grundstück von 7.000 qm befand, auf welchem ein Ponystall stand und einige Pflaumenbäume wuchsen. Das schien ihnen der ideale Platz für ihr Vorhaben. Die Pläne der Saunaanlage malte man bei Ebbe in den Sand. Am nächsten Tag waren die Pläne vom Grundriß im Sand von der Flut weggespült. Die Pläne, die in den Köpfen waren, konnten nicht mehr weggespült werden. Im Gegenteil: sie nahmen konkrete Formen an. Den notwendigen finanziellen Grundstock lieferte der Betrieb in Trois-dorf, wo man mehrere Angestellte hatte und wo sich die Sauna größte Beliebtheit erfreute. Wenn, dann richtig, war die Devise für Holzweiler. Die Pläne fielen entsprechend großzügig aus. Aber wer sollte das bezahlen? Es mußte eine Bank gefunden werden, die bereit war, ein Gesundheits- und Erholungscenter im damals noch abgelegenen und unbekannten Holzweiler mitzufinanzieren. Johann Schlich, der damalige Leiter der Raiffeisenbank in Vettelhoven, riskierte es. Als nächstes bedurfte es der Genehmigung. Die Voraussetzung hierfür wurden durch Josef Alef, den weitsichtigen Bürgermeister der damaligen Gemeinde Holzweiler, geschaffen. Er war es, der das heutige Betriebsstück als Mischgebiet im Flächennutzungsplan auswies. Sich damals für ein solches Projekt auf dem Dorfe einzusetzen, war nicht so einfach, weil die Dorfbevölkerung dem Unternehmen skeptisch gegenüberstand. Es hieß: „da laufen sie ja alle nackig rum“ oder „kommen da auch Masseusen hin?“ Es war nicht einfach. Doch Josef Alef vertraute den Worten von Josef Schmidt, der sagte, das gibt ein ganz modernes Gesund-heits- und Erholungscenter. In Zusammenarbeit mit Architekt Hein aus Ahrweiler wurde geplant, gezeichnet und korrigiert. Dann durfte der Bauantrag gestellt werden. Am Rosenmon-tag 1974 erfolgte der erste Spatenstich. Während der Bauphase wurde dann ein Name gesucht – Parksauna, Römersauna, Gartensauna lauteten die Vorschläge, bis Heidi Schmidt sagte: „Bei dieser tollen Aussicht hier können wir die Sauna nur Panorama-Sauna nennen.“
Gesamtansicht der Panorama-Sauna aus der Vogelperspektive, 1993
Die Panorama-Sauna
Am 1. Juliwochenende 1975 konnte auf einer Fläche von 7.000 qm die Panorama-Sauna mit 20 Besuchern eröffnet werden. Als man im nächsten Jahr 30 bis 50 Besucher pro Tag zählte, wurde die Praxis in Troisdorf aufgegeben. Ende der 70er Jahre konnte man im Ferien-Reisepaß für Eifel, Ahr und Rhein lesen:
„Gönnen sie sich mal etwas ganz Besonderes: einen Kurzurlaub nach Maß in einer Sauna mit guter Note, die alles bietet, was man von einer modernen Sauna zu erwarten hat; unter anderem zwei große Saunaräume mit Blick nach draußen, ein beheiztes Freischwimmbad 10 x 20 Meter, 28 Grad, mit Massagedüse, 2 Ruheräume, Solarien (Tisch- und Hängesolarien), Massagen, Fango mit und ohne ärztliche Verordnung, Fußpflege, Kneippwechselfußbecken, ein medizinisches Becken 38 bis 40 Grad, mit naturreinen Heilextrakten, Restaurant, Clubraum, Fernsehraum, Gymnastikraum; außerdem ein Heißsprudelbad (HotWhirl-Pool), 5.000 qm Liegewiese auf einer Fläche von 7.000 qm und eine 7.000 qm große Sportwiese“. Der Ausbau und die Modernisierung der Panorama-Sauna wurden stetig fortgesetzt. 1975 wurden 4 Massage-Kabinen eingerichtet. 1977 wurde ein Biergarten eröffnet. 1978 mußten die Umkleideräume von 80 auf 250 Schränke erweitert werden. 1979 erfolgte der Anbau der Blocksauna, 1980 wurde die Überdachung einer Liegefläche durchgeführt. 1981 konnten ein Badehaus mit Außenschwimmbecken (Therapiebecken) 6 Meter x 12 Meter, drei Whirl-Pools (Solesprudelbad, Moor- und Luftsprudelbad) sowie eine Dampfsauna gebaut werden. Das FKK-Gelände vergrößerte sich um eine Liegewiese von 7.000 qm. 1982 mußte eine Erweiterung der Umkleideräume von 250 auf 400 Kleiderschränke erfolgen. 1983 war durch den immer größer werdenden Zustrom der Besucher eine Erweiterung des Restaurants von 80 auf 120 Sitzplätze und eine Erweiterung der Ruheräume von 60 auf 130 Liegen erforderlich. 1984 kamen nochmals 40 Liegen dazu. Außerdem wurde der Solarienbereich mit 17 verschiedenen Solarien ausgestattet. 1985 konnte der große Whirl-Pool (8,50m x 2,80 m) mit 14 starken Massagedüsen gebaut werden. Das FKK-Gelände vergrößerte sich um 3.400 qm. Außerdem wurde durch das Anlegen eines Teiches (etwa 12 Meter x 25 Meter) und eines sogenannten „Panoramabaches“ von etwa 100 Meter Länge eine weitere Besonderheit geschaffen. 1986 kam eine Brunnensauna hinzu. 1987 mußten wegen der großen Nachfrage Massage- und Fangobereich sowie die Personalräume erweitert werden. Außerdem wurden die Gartensauna, eine der größten Saunen der Welt, mit Sitzplätzen für 100 bis 120 Besuchern gebaut. 1988 mußten die Umkleideräume von 400 auf 700 Schränke erweitert werden. Die Massageabteilung erhielt vier weitere Kabinen. 1989 wurde durch den Bau der Heißen Grotte (Felsensauna), und der Inhalationssauna (Inhalationsraum) zwei neue Saunen gescharfen. Durch den Bau einer„HotWhirl-Pool-Terrasse“ aus drei Pools in verschiedener Form und Größe, die terrassenförmig in einer Felslandschaft integriert worden sind, wurde etwas Besonderes geschaffen. 1990 wurde die Restaurant-Terrasse auf etwa 300 Sitzplätze erweitert. 1991 mußte aufgestockt werden, so daß die Umkleideräume von 700auf 836 Schränke erweitert werden konnten. 1992 kam mit dem Bio-Sauerstoff-Tepidarium (Saunarium) eine weitere attraktive Erweiterung hinzu. Die Panorama-Sauna besitzt zur Zeit ca. 450 Stellplätze. Die Wasseraufbereitung erfolgt nach modernsten hygienischen Gesichtspunkten mit Hilfe einer computergesteuerten Meß- und Regeltechnik. Am 4. Februar 1993 wurde die Panorama-Sauna als GmbH im Handelsregister eingetragen. Ihr Geschäftsführer ist Ralf Schmidt, sie bleibt aber ein Familienbetrieb.
Durch die Gesundheitsreform war im ersten Quartal 1993 in der Massage- und Bäderabteilung ein Rückgang der Verordnung von ca. 40 Prozent zu verzeichnen. Wenn die Ministerien von Bonn teilweise nach Berlin umgezogen sein werden, wird dies sich wohl auch auf die Besucherzahlen auswirken, da ca. 20 Prozent der Gäste aus den Ministerien in die Panorama-Sauna nach Holzweiler kommen. Viele Besucher kommen gestreßt und abgespannt. Hier können sie sich entspannen, abschalten und erhalten dadurch auch wieder einen Weitblick fürs Leben. Darum ist die Bezeichnung Panorama-Sauna in jeder Beziehung zutreffend.