Buttermarkter Nachbarschaft in Adenau
Karlheinz Korden
Wenn sich im geselligen Leben der Johanni-terstadt Adenau, abgesehen vom jährlichen Heimatfest, eine gewisse zeitbedingte Trägheit abzeichnet, so überrascht die ..Buttermärkter Aktivität“. Mag auch der ..städtische“ Teil der Stadt diese Tatsache säuerlich belächelt oder dankbar begrüßt zur Kenntnis nehmen, so sollte man doch einmal beleuchten, wo hier der tiefere Grund liegt; denn sicher sind die „Buttermarkter“ ebenso Adenauer, wie die Bewohner um „Jerrete Brock“, Bahnhof und Hirzenstein.
Wenn man in Adenaus Geschichte stöbert, wird man feststellen, daß der älteste Teil der Stadt am Buttermarkt lag. Mag man heute, zurückblickend, zwar mit Jahrzehnten jonglieren, so muß man doch feststellen, daß abgesehen vom Herrenhof um die heutige Pfarrkirche, dem ursprünglichen Sitz der Grafen von Are und Nürburg und der späteren Komturei. erste Ansiedlungen im südlichen Teil von „Adenova“ lagen.
Hier hatte vor allem das alte Adelsgeschlecht „von Adenaw“ (Adenau) seinen Ursprung, und zwar im Bereiche der alten Burg am Buttermarkt, die in einem engen Verhältnis zur Nürburg stand. (Besonders phantasievolle Landsleute reden gar von einem unterirdischen Gang von der alten Burg bis zur Nürburg). Die Geschichte dieses Geschlechts, eng verwandt mit den Grafen „von Dune“ (von Daun) und dem Geschlecht von Metternich, ist besonders mit den Nürburgern verbunden, deren Burgmänner die von Adenau waren.
Die renovierte Michaelskapelle in Adenau
Foto: Kreisbildstelle
Es würde zu weit führen, wollte man aus diesen geschichtlichen Hintergründen Parallelen zur heute bestaunten Selbständigkeit der Buttermärkter herleiten. Jedoch läßt sich sicherlich eine ganz reale Erklärung hierfür finden. Diese liegt sicher nicht im „Buttermärkter Dom“, in dem verträumten und romantischen Kapellchen begründet, das St. Michael geweiht ist, sondern ganz besonders und ausschließlich in dem einmaligen nachbarlichen Geist dieses etwas im Schatten der Jo-hanniterstadt liegenden Stadtteils. Wann hier die letzte Butter verkauft wurde, ist uninteressant, darauf kommt es gar nicht an. Entscheidend ist der gute und heute noch etwas dörfliche Zusammenhalt dieser urwüchsigen und liebenswürdigen Bewohner eines schmucken Teils der Stadt Adenau.
Diesen netten Leuten fällt es selber gar nicht auf, wenn sie sagen: „Mir jon no Adde“ (Wir gehen nach Adenau), obwohl sie selber Adenauer sind. Aber sie sind ein anderer, liebevoller Menschenschlag.
Sprachforscher finden auch im Dialekt noch kleine Unterschiede zu den Idiomen der anderen Nachbarn in Adenau. Hier findet man noch die alten Hausnamen, wie sie auf den umliegenden Dörfern noch üblich sind, hier findet man noch Zeit und Muße zu einem Schwätzchen an der Haustüre. Man weiß noch, wie es dem erkrankten Nachbarn geht und hilft sich brüderlich. Wenn die Hektik unseres Zeitalters davongaloppiert, klammert man sich am „Althergebrachten“, an der guten alten Zeit, auch wenn sie fragwürdig erscheint. Ein Gutes hatte sie sicherlich, und am Buttermarkt zu Adenau findet man es noch in Reinkultur; man kennt sich noch, pflegt gute Nachbarschaft und nimmt Anteil am Schicksal des Nachbarn.
Gerade in den letzten Jahren schlug die eben geschilderte Selbständigkeit der Buttermärkter wahre Wellen der Begeisterung, indem man völlig impulsiv eine eigene und selbständige Kirmes, die Buttermärkter Kirmes, aus der Taufe hob, mit allen den ursprünglichen Bestandteilen, die früher eine Eifeler Kirmes auszeichnete. Küche und Keller bieten das Beste, und es würde nicht verwundern, wenn das eine oder andere Mütterchen noch nach altem Rezept einen ,,Bunnes-Taat“ (Fladen mit getrockneten Birnen) zuzubereiten versteht. Ansässige Geschäftsleute unterstützten und förderten die Idee, die von allen Bewohnern begeistert aufgegriffen wurde, Eine Tombola gehörte natürlich auch dazu und der Erlös dieser Kirmestage diente der Renovierung der St. Michaelskapelle, die im Jahre 1839 erbaut, sehr unansehnlich geworden war. Heute ist dieses kleine Gotteshaus wieder ein Schmuckstück und der Mittelpunkt des Buttermarktes.
Inzwischen gehört die Buttermärkter Kirmes schon zum festen Bestandteil des geselligen Lebens in diesem beschaulichen Ortsteil in Adenau. Stets dient der Erlös einem guten Zweck, neben der Renovierung der Kapelle demnächst auch der Errichtung eines Kinderspielplatzes. Im Jahre 1980 ließ man sich sogar etwas Neues und Besonderes einfallen und verkaufte schmucke kleine Plaketten als Bausteine für den guten Zweck.
Als vor einigen Jahren, des schlechten Wetters wegen, der St. Martinszug schon vor Erreichen des Buttermarktes wenden mußte, gab dies zwar zunächst böses Blut bei dem sonst so ruhigen Völkchen der Buttermärkter, aber man ertrug es schließlich mit Humor und konterte im Karnevalszug halt mit dem Vorhaben, im nächsten Jahr auch einen eigenen St. Martinszug zu veranstalten.
Will man heute einmal Gemütlichkeit der alten Art, Gastfreundschaft und herzliche Fröhlichkeit erleben, empfiehlt sich ein Besuch auf der Buttermärkter Kirmes. Und wenn der edle Gerstensaft etwas die Zungen gelockert hat. singt die Buttermärkter Bevölkerung den eigens von den Adenauer Karnevalisten aus der Taufe gehobenen Song:Ihr Buttermärkter kommt ja alle in den Himmel.
weil ihr so rege seid
und garnicht träge seid.
Ihr macht‘ ne Kirmes für Euch
vom Geld die Kapelle ihr streicht, damit seit ihr mit einem Bein im Himmelreich.