Bodendorfer Beamten- und Bürgereide
Von Bodendorf waren bisher der Schöffen-Schützen- und Bürgereid bekannt. Sie fanden sich beim Sammeln von Daten und Fakten zur Geschichte von Bodendorf für das Standardwerk „Sinzig und seine Stadtteile“. Sie sind dort wiedergegeben.1) Fundort war das Kreisarchiv Ahrweiler mit Abschriften aus dem Aktenbestand der Herrschaft Landskron im Landeshauptarchiv Koblenz. Die Eide wurden von der Zeit des Dreißigjährigen Krieges bis in das beginnende 18. Jahrhundert auf die Freiherrn v. Brempt geschworen. Diese waren die damaligen Landes- und Gerichtsherren der Reichsherrlichkeit Landskron in der Nachfolge der Quad zu Landskron.
Beim Sichten von Urkunden im Landeshauptarchiv Koblenz wurden acht weitere Eidesformen entdeckt2). Sie sind jünger als die vorgenannten. Mit ihnen wurden die landskronischen Untertanen auf die Freiherrn v. Clodt vereidigt. Jene waren ab 1729 die Rechtsnachfolger in der Landesherrschaft nach Erlöschen der v. Brempt’schen Linie. Die Eide waren von den Beamten bei der Berufung in ihre jeweiligen Ämter und bei Aufnahme von Bürgern in die Dorfgemeinde zu leisten. Dies geschah in der Regel an den „gebottenen Gerichtstagen“ auf dem „gemeinen Dingstuhl“.
Die Eidesformeln:
Eyd der Richtern
Ich schwöre einen Eid zu Gott, daß ich das gericht zu rechter und gebührlicher zeit Besitzen, und dasselbige nach meinem Besten Vermögen fürdern und in Ehren halten, meines amts selber warten und einem jeden, der daran zu schaffen hat, er seyn geist oder weltlich, frembd, oder einheimisch seinen richtlichen Tag recht und getreulich ansetzen und daran seyn, daß der gerichtliche procest schleunig gehalten, und die partheien mit den geringsten Kosten zur Endschaft kommen mögen, daß ich auch soll und will das gericht mit allem Fleiß handhaben, und Beschirmen, und waß mit recht erkannt, gesprochen, und erwiesen wird, so viel sich das recht gebühret, exequiren und vollerstrecken; auch von den partheyen, oder jemand anders keiner sachen halber, so im gericht hengt, gaab, geschenk, oder einigen nutzen durch mich selbst, oder anderen, wie das menschen sinn erdenken mögten nehmen, oder zu meinem nutzen nehmen laßen und sonst alles das thun, und laßen, was einem Ehrbaren und aufrichtigen Richter von recht, und guter Gewohnheit wegen zustehet, und gebühret. Alles treulich und ohne Gefähde. So wahr mit gott hilf und sein heiliges Evangelium. Im anfang war das wort, und das wort war bei gott.
Erster Landkroner Richter ist Carl Joseph Radermacher (1715 – 1724 belegt). Er wird als freiherrlich Brempt’scher Richter in sein Amt berufen. Letzter v. Clodt’sche Richter ist Licentiat (Dr. jur.) Schlemmer.
Eyd des Schultheißen
Ich N. N. schwöre zu Gott, und all seinen Heiligen, daß so oft es erfordert wird, das gericht zu halten, und zu besitzen, auch dasselbige nach meinem Besten Vermögen zu fördern, und in Ehren zu halten, meines Amts fleißig zu warthen, und einen jeden, wer daran zu thun und zu schaffen hat, sein recht widerfahren laßen, das Gericht auch mit allem fleiß handhaben, und Beschirmen und waß daran für recht erkannt wird, zu exequiren und zu Vollstrecken auch waß von gnädiger Herrschaft mir gnädig und von hochderselb angesetzter Obrigkeit, auch befohlen und aufgetragen wird, in allem gehorsamst zu verrichten, der gnädiger Herrschaft habende obrigkeit, Herrlichkeit, und gerechtigkeit, auch der Gemeinden recht und gerechtigkeiten in allem suchen zu Befürdern, und zu handhaben, fort all dasjenige zu thun, waß einem Ehrbaren, und Aufrechtigen Schultheißen von recht und gute Gewohnheit wegen zustehet, und gebühret. Alles treulich, und ungefährlich so wahr mit Gott hilft und sein heiliges evangelium.
Am 20. März 1287 findet in Bodendorf eine Gerichtsverhandlung statt. Es geht um einen Grenzstreit am Ellig. Streitparteien sind Konrad v. Saffenburg, der weltliche Herr und das Kloster St. Thomas zu Andernach. Beim Ortstermin sind die Geschworenen (Schöffen) anwesend. Der Schöffenälteste, Arnold Seidenschwanz, ist Offizial des Saffenburger, d. h. er ist der damalige und erstbelegene Schultheiß. Letzter in der langen Reihe dieser Amtspersonen ist Wilhelm Hersbach (1792 – 1796).
Scheffen Eyd
Ich N. N. schwöre zu gott und all seinen Heiligen das Gericht Ehrbahrlich, fleißig, und getreulich mit helfen zu besitzen, und gnädiger Herrschaften obrigkeit, Herlich- und Gerechtigkeit auch der Gemeinden habende recht, und gerechtigkeiten mit helfen zu schützen, und zu handhaben, gnädiger Herrschaft und vorgesetzten Obrigkeiten allen gehorsam schuldigst zu leisten, denen partheyen und männiglich, so daran zu schaffen haben, ihr Vorbringen hören, und vernehmen, rechtmäßig urtheil, und Bescheid nach meinem Besten Verstand sprechen, weisen und helfen weisen, und das nicht unterlaßen umb lieb und gunsten, freund, und feyndschaft, auch die geringste Beschenkung, die rathschläg, und heimlichkeiten des Gerichts weder einem noch dem Gericht jemanden offenbahren, und alles andere thun, und laßen soll, und wolle, waß einem fromm, und treu Ehrenliebenden Scheffen zu thun gebühret, alles ohne gefährt. So wahr mir gott hilft und sein heilig Evangelium.
Das Bodendorfer Gericht ist durchgängig vom 13. Jahrhundert (1227, 1276, 1287) bis zur Eingliederung der linksrheinischen Lande in die französische Republik belegt. In den vorgenannten Urkunden werden Schöffen, häufig mit Namen, aufgeführt. Sie sind Geschworene, d. h. Amtspersonen, die einen Eid geschworen haben. 1798 werden die letzten Schöffen in dieses Amt berufen.
Eyd des Gerichtsschreibern
Ich N. N. gelobe, und schwöre zu Gott, daß ich meinem Amt soll, und will mit aufschreiben, lesen, und anderem, waß mir am Gericht befohlen wird, getrewlich, und fleißig vor seyn auch die brief, und andere schriftliche Urkund, und Schein, die in das Gericht gebracht werden, getreulich bei dem Gericht bewahren, und den partheyen, oder niemand anders eröffnen, waß von der Sache in rathschlag des richters, und scheffen gehandelt wird, daß ich auch die heimische Gerichtshändel niemand offenbahren, lesen, oder sehen laße, und kein Copej von den einbragten Briefen, und Schriften den partheyen geben, ohne erlaubniß, und erkenntniß des Gerichts, auch keiner partheyen wieder die ander rathen, oder warnen, und kein Geschenk nehmen, noch mir zum nutzen nehmen laßen, wie menschen sinn das erdenken mögten, sondern mich meiner zugeordneten Belohnung in jeder Sache begnügen laßen, und darüber niemand beschwehren, und alles anderen thun, daß einem fleißigen und getreuen Gerichtsschreiber zusteht, und gebührt. Alles ohne gefährt und arglist. So wahr mit Gott hilft und sein heilig Evangelium.
Der erste bisher bekannte Gerichtsschreiber ist Johannes Fabritius (1610). Oft sind auch andere Amtspersonen Gerichtsschreiber in Zweitfunktion, so
1680 Hermann Becker, landskronnischer Rentmeister und Gerichtsschreiber,
1713 Matthias Rick, Schultheiß und Gerichtsschreiber,
1757 Adamus Becker, senior scabinus (Schöffe) und judicij scriba (Schreiber) sowie magister confraternitatis S. Sebastiani (Brudermeister).
Alle Bodendorfer Lehrer in dieser Zeit sind meist auch Gerichtsschreiber, wie z. B. Lorenz Damian Koch (1705 – 1759). Der ist Lehrer und Gerichtsschreiber, Kirchendiener (Küster) und Schultheiß (1724) sowie Chirurgus und Feldscher.
Gerichts Botten Eyd
Ich N. N. schwöre zu Gott, der gnädiger Herrschaft, dem Richter und Scheffen gewärtig, und gehorsam zu seyn, auch alle gebott, und waß mir von gnädiger Herrschaft, und gereichts wegen befohlen wird, alles fleißig, und getreulich zu verkünden, und auszurichten, wie recht ist, und davon der gnädiger Herrschaft, und dem Gericht allen schuldigen bericht zu thun, und durch geld oder einiges Geschenk mich nicht abwendig machen zu laßen, die Verkündigung anders nicht, als mir befohlen, zu thun, und zu hinterlaßen, daß ich auch der gnädigen Herrschaft, und das Gericht in allem gehorsamß und schuldigst förchten, und Ehren soll, und wann ich des Gerichtsheimlichkeit wenig, odere viel hören, vernehmen, oder erfahren würde, dieselbe allzeit in geheims bei mir halten, und verschweigen, und sonst alles thun soll, und wolle waß einem getreuen, und frommen Gerichtsbotten, und Diener Amtshalber zu stehet. So wahr mit Gott hilft und sein heilig evangelium. Im Anfang war das wort, und das worth war bei gott.
Der erste Gerichtsbote – der Mann mit der Dorfschelle – ist ohne Namensnennung für 1461 belegt. Der letzte bisher bekannt gewordene Bote ist Hermann Heister (1722 – 1727). Er ist des Schreibens unkundig und unterzeichnet mit seiner Hausmarke.
Schützen Eyd
Ich N. N. schwöre zu Gott einen Eyd, daß ich Ihro freyherrliche Gnaden von Clodt meinem gnädigen Landesherrn, wie dann auch meiner Vorgesezter Obrigkeit in allen gebührenden dingen zu gehorsamen, besonders aber in diesem mir anvertrauten schützen Amt alles vertreulich, und meine obhuth dienstfleißig verrichten, allen schaden von der Gemeinden bestmöglichst zu Kehren, gestalter sachen, so schaden aus nachläßigkeit, frevel, oder Boßheit geschehe, solches Kraft meines Eids ohnverhältlich anzugeben, herentgegen niemand aus rachgierigkeit, oder arglistigem Gemüth willens damit mich zu revangiren anzugeben oder aber auf freundschaft zu übersehen. So wahr mir Gott hilft und sein heilig Evangelim.
Schützen werden aus unbescholtenen und ehrsamen Männern des Dorfes ausgewählt und in ihr Amt berufen. Sie haben polizeidienstliche Aufgaben für Gericht und Gemeinde. „Acht feldschützen“ üben 1578 dieses Amt aus. Die letzten Feldschützen in der Landskroner Zeit werden 1793 vereidigt und sind 1799 noch im Amt.
Die Schützen erhalten im Herbst eines jeden Jahres für ihre Dienst eine Vesper und Wein. Je „acht viertel Wein“ gehen die Nonnen von St. Thomas und der Bodendorfer Burgherr. Die Landesherrschaft schenkt ein halbes Ohm des besten Herrenweins aus. Dies ist für 1578, 1624 und 1670 belegt.
Einen ähnlichen Eid wie die Schützen haben sicherlich auch die Steingeschworenen geleistet. Sie sind die kommunalen Fachleute bei Streitigkeiten um Grundstücksgrenzen und deren Vermarkung. In den Urkunden werden 1570 die ersten Steingeschworenen genannt; im 18. Jahrhundert werden sie als Gemeindemänner bezeichnet. 1799 wird ihnen der Auftrag erteilt, „zwei Örter im Kaniges Wingert abzumessen … im Beisein des Scheffen Neukirchen“.
Bürger Eyd
Ich N. N. gelobe, und schwöhre zu Gott dem Allmächtigen einen Eid, daß ich hinführo Ihro Reichsfreyherrliche Gnaden von Clodt meinem zeitlichen Landesherrn Trew, und hold, auch an solchen Ort nicht seyn wolle, dafern wieder meinen gnädigen Landesherrn etwas Thätliches, und wiederwärtiges vorgenohnen werden mögte, sondern, daß zu seinem ehrbarn recht, und Gerechtigkeit alles thun, begehen und handlen wolle, wie einen Ehrliebenden Bürger zu recht ansteht, desgleichen schwöhre ich, daß meiner zeitlichen Obrigkeit, alß dem Schultheißen, und einem ersahmen gericht, auch allen denjenigen so im nahmen unserem gnädigen Landsherr hieselbst vorgestellt seyn, wie ungleichen dem zeitlichen Bürgermeister gehorsam seyn und bis zum End bleiben, auch in allen Schätzen, so lang bis ich selbst vor vier marck an eigenthum zu verschätzen habe, den Kötter gülden ohnweigerlich abstatten wolle. So wahr alß mir Gott hilft und sein heilig evangelium.
Den Eid auf den Landesherren müssen alle Einsassen ablegen, so auch vereidigte Gerichtspersonen. Das Weistum von 1624 legt zwar fest, „wer noch nicht gehuldigt hat, soll huldigen“. Der Treueschwur auf die Herrschaft wird jedoch bei Hochherrengedingen öfter geschworen. In einer Urkunde von 1788 „Nahmen deren seit Huldigung unseres gnädigsten Landesherren neu aufgenohmen und verrichten Bürgern“ sind 48 Personen aufgeführt. Darunter befinden sich auch der „Scheffen Niclas Marx“ und „Wilhelm Hersbach que Gerichtsschreiber“.
Der genannte „Kötter gülden“ ist beim Schatzen von einer unterbäuerlichen Schicht in der Dorfgemeinschaft zu zahlen; sie verfügen noch nicht über „vier mark an eigenthum“. Diese Unterprivilegierten rekrutieren sich zumeist aus kleinen Handwerkern, Tagelöhnern, Knechten und Mägden.
Vormünder Eyd
Ich N. N. schwöhre, und gelobe zu Gott, daß ich N. deren Vormünderen ich verordnet bin, Person und güter vertretten, und verwahren, die Güter in meinem Nutzen nicht kehren, oder verwenden, darüber ein rechtmäßig Inventarium aufrichten laßen, sie…?… außerhalb des rechten treulich beschirmen, waß ihnen gut, und nützlich ist, thun und handlen, was ihnen unnütz und schädlich ist, vermeiden und verhüten, ihre liegenden Güter, zinßen und rechthen ohne richterliche erkenntniß und Decret nicht veräußern, verpfänden und beschwehren, und so gemelte unmündige Kinder zu ihrem gebührlichen alter kommen, oder wo es darzwischen nöthig oder nützlich seyn würde, auf erforderung des gerichts gebührliche rechenschaft thun, und von meiner Verwaltung red und antwort geben, mit vollkommenern Überlieferung alles deßen, so Vormünderschaft halber zu meinen Händen kommen, und abgemelten, meinen Pflegkindern zustehen würde, und ich ihnen schuldig, und sonst alles das thun und laßen, das einem getreuen Vormünder eigen, und zustehet alles bei Verpfändung und Verpflichtung meiner haab, und güter ohne alle gefährte. Alß mir Gott hilft und sein heilig Evangelium.
Die Dorfgemeinschaft ist eine soziale Einheit. Für Waisen werden Vormünder, zumeist Verwandte, ausgewählt und vereidigt. In den Gerichtsprotokollen sind verschiedentlich Vormünder vermerkt, die angeklagt und bestraft werden, weil sie ihr Amt nicht wie geschworen ausüben.
Die Eide auf die Landesherren v. Clodt im 19. Jahrhundert sind gegenüber den älteren Brempt’schen Eiden nur unwesentlich verkürzt, in Diktion und Aussage aber identisch. Sie sind 1788 von älteren Vorlagen kopiert worden.
Ähnliche Bürger- und Beamteneide sind aus Sinzig3) und Aremberg4) bekannt. Schug5) nennt ohne Zeit- und Ortsangaben weitere Eide.
Quellen:
- Seel, K. A., Die Geschichte Bodendorfs….., S. 320 – 426, spez. S. 377 – 393 in: Haffke, J. u. Koll, B., Sinzig und seine Stadtteile …., Sinzig 1983.
- LAH Koblenz, 53 C 25 Landskron, Nr. 3057, s. a. 3023, 3027, 3060 u. a.
- Burghardt, F. J., Sinziger Bürger- und Beamteneide im 17. Jhdt., HJB 1982, S. 101 – 104.
- Rosenthal, G., Aremberg in Geschichte und Gegenwart, Aremberg 1987, S. 80 – 83.
- Schug, P., Geschichte der zum ehemaligen Kölnischen Ahrgaudekanat gehörenden Pfarreien der Dekanate Adenau, Ahrweiler und Remagen, S. 500 f.
Der Abschluss in der Handschrift der Eide (Kopie von 1788)
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