BILD UND GESTALT
DREI KÜNSTLER DES KREISES AHRWEILER . PLASTIKEN, BILDWERKE, LANDSCHAFTEN
Von Harry Lercb
Die Eifellandschaft ist groß und der Himmel darüber weit. Allenthalben auf den Wegen durch diese Landschaft finden Begegnungen statt mit Werken von Künstlern des Ahrkreises. Es kann geschehen, daß ein Hochkreuz verweilen läßt, ein Altarbild zeitgenössischer Hand oder der geschnitzte Spruch an einer Winzertür, das Portal des Ahrweiler Gymnasiums oder eine großräumige Landschaft in den Hotels und Gaststätten, in denen der rote Wein kredenzt wird. Und mehr und mehr in Jahren, in denen diese Werke ihren Platz gefunden haben, werden sie auch Bestandteil der Landschaft, wie es auf besondere Weise auch die drei Künstler werden, von denen hier ein Portrait gegeben sei.
EHRENMAL
gefallener Bergleute für eine Grube im
Rheinland. Von Erna Jennes-Deisel
ERNA JENNES-DEISEL
Wer einmal in dieser Werkstatt der Bildhauerin gewesen ist, wird als Bleibendes die Atmosphäre der Arbeit wahrgenommen haben. Denn ein ernstes, oft grübelndes Arbeiten wird hier getan, bis die Hand den Ton nimmt und mit bestürzender Sicherheit das formt, was sich längst zuvor im Herzen der Künstlerin geformt hat. Die Hand tut dann fast traumwandlerisch nur das, was Gestalt werden will: eine Barbara, das Ehrenmal eines Bergmannes, die anmutvolle Gestalt eines jungen Mädchens, ein Brunnen, eine Madonna. Viele Werke der Bildhauerin Erna Jennes-Deisel sind in rheinische Hüttenwerke gegangen, wo sie dem Bergmann vor Augen bringen, daß das warme, Stein gewordene Leben vor ihm atmet, wenn es aus den Stollen des Gesteins heraufkommt ans Tageslicht.
Für das Ahrweiler Gymnasium hat die Bildhauerein das Portal gestaltet: ein Zyklus der Wege, die zum Wissen führen, die zum Leben leiten bis zum fernen Ziel der Weisheit. Auch in diesen Reliefplatten ist die enthüllende und verschweigende Kraft der Form, ist abzulesen, wie aus Kurve und Kontur das Leibliche sich formt, dem eines innewohnt: unsere Seele, unser Leben, unsere Gedanken, die sich zu einem großen Ziel sehnen.
HANS MATSCHULLA
Immer ist ein Bild vor Augen, das Romain Rolland in seinem „Meister Breugnon“ gezeichnet hat, so duftig und kraftvoll zugleich wie der Wein: der alte Bildhauer sieht in einem gefällten Stamm die Madonna ruhen, die er aus dem Holz erlöst. Span um Span nimmt er ab, bis die Gestalt dann hoheitsvoll vor uns steht und ragt.
Hans Matschulla ist Bildhauer, er hat oft Holz zur Hand, das jahrhundertelang als Kelter seinen Dienst getan hat. Und wenn er dann Meißel und Schnitzmesser nimmt, reduziert er nur dieses Holz, bis die Gestalt da ist: die Madonna, die Gruppe der Heiligen. Groß Ist das Werk Hans Matschullas und weit verstreut im Land unseres Kreises: das Hochkreuz auf dem Ahrweiler Friedhof mit Christus in den gegabelten Ästen des Baumes, bald wird auch die Gruppe des St. Josefs-Altars in der Brohler Kirche stehen. Über dem Ahrtor der alten Bürgerstadt Ahrweiler thront seine St. Barbara mit Hostie und Kelch, denn Hans Matschulla arbeitet oft in Stein, und viele Ehrenmale in unserer Landschaft sind von ihm gestaltet.
Aber das Leben gibt ihm ebenso andere, irdische Aufgaben: manche Winzertür hat er geschnitzt mit altem Spruch und der Traube, manchem alt-ehrwürdigen Faß, in dem schon Jahrhunderte der Wein ruht, gab er einen Boden, er schuf Reliefs in den Winzerstuben an der Ahr.
„ST. GEORG“
Holzrelief für die Burgkapelle Kreuzberg. Von Hans Matschulla Foto: Vollrath
Zu seinen großen Arbeiten aber gehört ein Werk von starkem Ausdruck: das Fresko in der Kapelle zu Böhlingen. Hier hat er den Raum gefunden, nach dem er sich sehnt, eine breite Altarwand mit dem Boot auf der stürmenden Flut, als Christus mit segnender Hand die Fluten bannte und seine Jünger das Wunder an ihm erkannten. Dieses Fresko ist, wir sagten es schon, eine seiner großen Arbeiten, in denen er den Raum umspannt und ein unfaßbares Geschehen den Betenden fast mit den Händen greifbar macht: das Wunder im Leben Christi.
HERMANN SCHMITZBONN
Ein Jahrzehnt ist es her, daß Hermann Schmitzbonn in die Eifellandschaft kam und wie eine Bestürzung es ihn überfiel: das ist meine Landschaft. Der weite Himmel, die Wolken wie weiße Schiffe darüber, die gebrochenen und dennoch leuchtenden Farben, das Großartige der Eifel, ihre Berge und Horizonte, das Ginstergelb und die vielen Stufungen des Grau, das Weizengold und die blauen Schatten in den Tälern . . . das ist einen Maler wert!
DIE EIFEL • Landschaft von Hermann Schmitzbonn
Foto: Vollrath
Hermann Schmitzbonn ist Maler der Eifel geworden und dennoch kein „Eifelmaler“, denn er bildert die Landschaft, die er sieht, nicht nur ab, sondern schafft sie neu mit seinen Farben. Er hat, um bei einer Farbe zu verweilen, der „langweiligsten“ sogar, dem Grau, tausend Werte und Abstufungen gegeben, vom Schieferton zum Graphit, er malt ein Grau wie Zinn oder Blei, wie Nebel und Silber, und zart verflüchtigt sich dieses Grau im Dunst des Morgens im Sonnenaufgang. Leuchtende, kraftvolle Farben sind in seinen Eifelbildern — er schafft diese Landschaft immer wieder aufs Neue. Solche Schöpfungsstunden sind das Glück aller Künstler, weil sie alles tiefer besehen als wir, weil sie an den Kern der Dinge kommen und ihn neu erleben, weil ihre Farben leuchtender sind als des Lebens flüchtige Erscheinung. Und eine zweite Kraft lebt in Hermann Schmitzbonn: er malt den Menschen. Das ist wenig, und das ist viel! Er hat im letzten Jahr Bildnisse geschaffen, in denen er wesentlich in das Leben wie in den Menschen geblickt ‚hat, er stellt dar, was im Geheimnis des Daseins verborgen ist. So sind auch diese Bildnisse, in denen er viele Frauen gemalt hat, ein Stück Leben um uns her wie seine Landschaften von der herben, schönen geliebten Eifel.