Begegnungen mit dem Geschlecht von Aremberg in fernen Lebensräumen

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Graf Jan von Aremberg Detail aus Glasfenster 6 — Dirck Crabrth – 1571

Begegnungen mit dem Geschlecht von Aremberg in fernen Lebensräumen

VON WILHELM KNIPPLER

In vielen Kirchen des europäischen Westens haben die Grafen, später Fürsten und Herzöge von Arenberg, Spuren hinterlassen, anfangend mit Kloster Marienstatt im Westerwald, das 1215 von Zisterziensern aus Heisterbach gegründet wurde. Die beiden Stifter, Burggraf Eberhard von Arenberg und seine Gemahlin Aleydis, haben dort seit 700 Jahren ihre Ruhestätte gefunden.

Die Arenberg der zweiten Linie von der Marck waren mehr westlich orientiert. Ihre Grabkirche war die Kreuzherrenkirche in Lüttich. Zwei Fürstbischöfe hinterließen am dortigen Bischofspalais das Familienwappen der Arenberg von der Marck.

Die Angehörigen der dritten Linie wurden in der Kapuzinerkirche in Enghien im Hennegau bestattet.

In Notre Dame du Sablon {Liebfrauenkirche vom Zavel) in Brüssel prangen heute noch, wie vor 300 Jahren, an den prächtigen vier Chorfenstern des Hauptaltars die Wappen der Arenberg, wenn auch der Name des gegenüberliegenden Palais d’Arenberg verschwunden ist. Das Gebäude heißt heute Egmontpalais.

Marienstatt, Lüttich, Enghien, Brüssel, .fernab der Wiege des Geschlechts auf dem Aremberg an der Oberahr: das ist ein wirklich weit gespannter Bogen! Starke Erinnerungen an das Wirken der Arenberg werden auch in Gouda geweckt, einer Kleinstadt mit 3000 Einwohnern, in Südholland gelegen an der Yssel.

Wer von Rotterdam, Amsterdam oder vom Keukenhof heute über die Autobahn in Richtung Emmerich fährt, der benötigt nur einen Umweg von vier Kilometern, kurz vor Utrecht, und schon kann er sich durch die verzwickten Gassen der bekannten Käsestadt Gouda hindurchwinden. Dafür wird er belohnt durch das Innere der St. Janskirche, deren Mittelschiff eine Länge von 123 Metern hat. Diese gewaltigen Ausmaße gestatten die Ausschmückung mit 62 meist alten Glasfenstern. Sie stammen aus der Zeit von 1555 bis 1603, und mehrere von ihnen weisen Beziehungen auf zu deutschen Fürstenhäusern. So begegnen wir Herzog Erich von Braunschweig und dem Prinzen Wilhelm von Oranien als Stiftern. Fenster 6 zeigt die biblischen Szenen von Judith und Holofernes. Es gehört zu den wertvollsten Kunstwerken der St. Janskirche und wurde im Jahre 1571 von Dirck Crabeth geschaffen. Stifterin war Margaretha von Arenberg, die Witwe des Grafen Johann. Beide Stifter sind nahezu in Lebensgröße dargestellt, Graf Johann mit der Kette des Goldenen Vlieses. Wenn ein Fürstenpaar der Arenberg sich durch Verdienste besonders heraushebt aus der Kette der Geschlechterfolgen, dann waren es die hier angeführten Stifter, der Graf Johann von Arenberg und seine Gattin, die spätere Fürstin Margaretha von Arenberg. Ihr Leben war ausgefüllt mit den religiösen und politischen Konflikten zwischen den Niederländern und Habsburg. Es ist kein Zufall, daß das Lebensende Johanns zusammenfällt mit dem Beginn des Freiheitskrieges der Niederlande (1568/1648). Gräfin Margaretha, die Erbtochter der Arenberg von der Marck, heiratete 1547 den Grafen Johann von Ligne, der von da ab den Namen Arenberg annahm. Margaretha war eine der tüchtigsten und edelsten Frauengestalten ihres Jahrhunderts‘. (Vgl. Jos. Scheppe, Heimatjahrbuch 1966, S. 73 uf.) Graf Johann von Arenberg, siegreicher Heerführer, Statthalter von mehreren niederländischen Provinzen und Mitglied des niederländischen Staatsrates, war eine wahrhaft ritterliche Persönlichkeit. (Vgl. Bödi-ker, Das herzogliche Haus Arenberg, Münster, 1904 oder Dr. H. Neu, Das Herzogtum Arem-berg, Euskirchen, 1938, S. 15 uf.) In die Wirrnisse und religiösen Spannungen der Niederlande, die 1562 begannen, einbczogen, versteckte sich Graf Johann von Arenberg nicht und maskierte sich nicht mit Neutralität. Er war Katholik und kaisertreu, aber er nahm unzweideutig Stellung zur Gefangennahme seiner ehemaligen Freunde Egmont und Hoorn. Seine Vasallentreue verpflichtete ihn für Habsburg und die katholische Sache gegen Landsleute zu kämpfen, und er bezahlte seine Haltung mit frühem Tod bei Heiligerlee. Das sind bekannte Tatsachen. Die Witwe ließ ein Gedächtnisfenster anbringen in einer niederländischen Kirche mit den Bildnissen der Stifter. Das war damals Sitte und war nicht außergewöhnlich.

Das, was Veranlassung gibt, Gouda hier besonders zu vermerken, das sind die Vorgänge, die jetzt anzuführen sind: Ein Jahr nach der Anbringung des Arenberger Fensters, also 1572, wurde die St. Janskirche protestantisch, achtzig Jahre Freiheitskrieg waren im Gange, die vom Grafen Johann geführten Statthalterschaften waren an Oranieu verloren. Hätte man sich zu wundern brauchen, wenn damals im Sturm von Albas Verfolgungen die Bildnisse der katholischen Arenberg ausgelöscht worden wären? Nein, die Meisterwerke Crabeths, eines der größten Glasbildner der Niederlande, auch das Arenbergfenster, wurden vollständig erhalten und erfreuen bis heute die Besucher durch ihre Farbenpracht.

Was den deutschen Besucher der St. Janskirche ungemein erfreut, ist das, was die heutigen Kirchenherren von Gouda in ihrem Kunstführer über Johann von Arenberg herausstellen, nachdem sie ihn zunächst als Vliesritter, als Sieger von Mühlberg und St. Quentin und als Statthalter der nordniederländischen Provinzen kennzeichneten:

„Als Vliesritter erhob er Einspruch, als Alba ungesetzlich die Vliesritter Egmont und Hoom gefangen nahm. Obwohl er verurteilte, was Alba im Namen des Königs tat, ehrte er nach wie vor König Philipp II. als seinen Herrn mit der Ergebenheit des mittelalterlichen Vasallen. Darum warf er sich bei Heiligerlee in die Schlacht, ah Ludwig von Nassau von Deutschland aus Versuche anstellte, die Niederlande von Alba zu befreien. Er fiel in dem tragischen Schicksal, das er für den König und also letzten Endes gegen sein Volk gewählt hatte.

In diesem Stifter zeigt sich, wie das ganze westeuropäische Leben in den Niederlanden, Deutschland und Frankreich verbunden war.“ 

Diese versöhnlichen, toleranten Worte, die eine untadelige Persönlichkeit anerkennen und ein deutsches Fürstenpaar in steter Erinnerung erhalten, dürfen uns wieder einmal mahnen, aus der Geschichte, auch der arenbergischen Geschichte und aus der Stellungnahme der Kirchenherren von Gouda einiges zu lernen.