Bad Neuenahr-Ahrweiler in der weiten Welt
Erwin Hahn
Es war sehr gedrängt. Kurz vor Weihnachten 1980 wurde ich vom Nationalen Olympischen Komitee Deutschlands beauftragt, gemeinsam mit Dr. Baron aus Hamburg und Dr. Ciasing aus Münster, zwei bekannten Sportärzten, ein Seminar mit den Nationaltrainern Indonesiens in Jakarta, der Hauptstadt Indonesiens, durchzuführen.
Eine exotische, aber reizvolle Aufgabe, die sehr viel Engagements bedurfte, da in Entwicklungsländern sehr vorsichtig operiert werden muß. Aber auch eine dankbare Aufgabe, da alle sehr wißbegierig und bemüht sind, neueste Erkenntnisse zu erhalten und zu verarbeiten.
Als Sportwissenschaftler aus Köln angekündigt, mußte ich häufig erklären, daß ich in Bad Neuenahr-Ahrweiler wohne. Bei vielen — mittlerweile Freunden — stieß ich auf Unkenntnis. Wie sollte auch auf eine Entfernung von mehr als 10 000 km die Kleinstadt bekannt sein?
Von vier Begegnungen in Indonesien möchte ich aber doch berichten, von Indonesien und Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Das Sports Council (dem Deutschen Sportbund vergleichbar) hatte zu einer Party geladen. In Indonesien bedeutet dies eine Einladung zu einem guten Essen im privaten Kreis oder in einem Restaurant mit vielen Freunden. In einem typischen Fischrestaurant wurde uns der Gebrauch der Stäbchen erklärt, unsere Fähigkeiten am schnellen Lernerfolg gemessen.
Zwischen flambierten Austern und gebratenen Froschschenkeln fragte mich der Leiter der Sporthochschule Jakarta, wo ich wohne. Mein Versuch, zu beschreiben, wo Bad Neuenahr-Ahrweiler liegt, konterte er mit strahlendem Lächeln auf dem Gesicht: »l know, Apollinaris, the Queen of the Table Waters«.
Ich sprach vor Dozenten der indonesischen Sporthochschule im Ministerium für Erziehung in Jakarta. Auch dort ist der Fußball die Nummer eins im Sport — nicht verwunderlich, daß die hohe Niederlage gegen Saudi-Arabien in der Weltmeisterschaftsqualifikation tief sitzt. So kamen sie immer wieder auf dieses Problem zurück. Sie möchten viel vom deutschen Fußball erfahren. Nach Abschluß der offiziellen Diskussion kamen wir auch auf unsere Stadt zu sprechen. Bei einem der Diskutanten erschien ein Strahlen. »Grüßen Sie mir die Damenmannschaft vom SC 07, sie spielen guten Fußball«, gab er mir in gutem Deutsch zu verstehen. Als Kulturattache der Indonesischen Botschaft in Bonn besuchte er häufig die Spiele unserer Damenmannschaft. Wir wurden gute Freunde. Die Grüße habe ich selbstverständlich weitergegeben.
Mein persönlicher Begleiter, Mitglied der auswärtigen Abteilung des Sports Council ist gleichzeitig Generalsekretär des Indonesischen Radfahrer-Bundes. Wir sprachen auf einer Fahrt zu einem Sportzentrum über die Probleme der Indonesier, die kaum Konkurrenz in ihrem Erdteil haben. Mit dem Namen Bad Neuenahr-Ahrweiler wußte er, Rudi Altig zu verbinden. Herzliche Grüße aus unserer Stadt, verbunden mit einem Buch über das Ahrtal, sind längst an ihn unterwegs.
In der Fremde rückt man zusammen. So war auch die Einladung der Deutschen Botschaft in Jakarta zu verstehen. Nicht ganz zufällig unterhält man sich dabei auch über die Heimat. Kurz vor Weihnachten — es war der 18. 12. 1980 — gehen auch die Gedanken an die Angehörigen zu Hause. So erzählte mir ein Botschaftsrat, daß seine Eltern »sich in einem kleinen Eifeldorf zur Ruhe gesetzt hätten«. Als ich wissen wollte, wo das sei, meinte er, das Dorf sei sehr klein, ich würde es bestimmt nicht kennen. Auf weiteres Befragen nannte er »Ramersbach«. Seine Augen weiteten sich, als ich ihn bat, mir zu sagen, ob seine Eltern an der Straße nach Ahrweiler, nach Kempenich, an der Straße nach Staffel oder in dem Neubaugebiet wohnen würden. Nicht nur er kennt Bad Neuenahr-Ahrweiler gut, seine nette Frau, die ich bei einem Empfang im Goetheinstitut in Jakarta kennenlernte, war 6 Jahre Schülerin auf dem Kalvarienberg. Selbstverständlich, daß ich nach meiner Rückkehr am 24. Dezember persönlich die Weihnachtsgrüße bei den Eltern übermittelte. Übrigens, mindestens 2 Autos in Jakarta fahren nun mit einem Aufkleber von Bad Neuenahr-Ahrweiler durch die Stadt.