AW: Ein Kreis steht fest zu seinem „Ring“ – Vor 75 Jahren wurde die Nürburgring GmbH gegründet
Für Dr. Jürgen Pföhler, Landrat des Kreises Ahrweiler, gibt es keinen Zweifel, wenn es um die bekannteste Rennstrecke der Welt geht. Der Kreischef gerät geradezu ins Schwärmen:
„Der Nürburgring ist für unseren Kreis und darüber hinaus für die gesamte Eifelregion ein Wirtschaftsmotor, auf den wir nicht verzichten können. Der Nürburgring entwickelt enorme wirtschaftliche Power, er bringt Millionen von Besuchern, er macht uns weltweit bekannt. Die Nürburgring GmbH ist ein modernes Unternehmen, von einem Spitzenmanagement innovativ und zukunftsorientiert geführt. Der Kreis Ahrweiler steht zum Nürburgring. Wir wissen, was wir an ihm haben.“ Das Engagement des Kreises für die Rennstrecke ist viel größer, als die zehn Prozent, mit denen der Kreis an der Nürburgring GmbH beteiligt ist, aussagen. 90 Prozent sind im Besitz des Landes Rheinland-Pfalz.
Vor 75 Jahren zog ein anderer Landrat eine Nürburgring-Bilanz. Dr. Otto Creutz, Verwal-tungschef des damaligen Kreises Adenau, hatte 1925 das Projekt „Erste deutsche Gebirgs-renn- und Prüfungsstraße“ angeschoben und durfte sich seit der Eröffnung der Strecke am 18. Juni 1927 „Vater des Nürburgrings“ nennen. Jetzt konnte er feststellen, dass seine Idee, mit der Rennstrecke der Eifel wirtschaftliche Impulse zu geben, Früchte trug. Aber den Landrat quälten dennoch auch schwere Sorgen.
Der Wirtschaftsmotor Nürburgring war angesprungen, aber er hatte in der „Warmlaufphase“ mehr Kraftstoff verbraucht als der Kreis Adenau, in dessen Besitz er war, zur Verfügung stellen konnte. Von zunächst angenommenen 2,5 Millionen Reichsmark waren die Baukosten schließlich auf 14,5 Millionen RM gestiegen. Das konnte der, nur an Fläche reiche, aber an Bevölkerung arme und wirtschaftlich schwache Kreis Adenau nicht stemmen. Deshalb hatte Creutz der Reichsregierung und der preußischen Landesregierung vorgeschlagen, die Rennstrecke aus dem Kreisverband Adenau zu lösen und eine eigene Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu gründen. Berlin stimmte zu.
75 Jahre Nürburgring GmbH wurde mit Schülern in Wimbach gefeiert.
Am 17. Juli wurde vor dem Amtsgericht Berlin Mitte der Gesellschaftsvertrag geschlossen.
„Gegenstand des Unternehmens ist die Unterhaltung und der Betrieb der Gebirgsrenn- und Prüfungsstraße Nürburgring“, stand im Vertrag, in dem das Stammkapital mit 100000 Reichsmark angegeben war. Gesellschafter waren das Deutsche Reich mit 50 Prozent der Anteile, das Land Preußen mit 49 Prozent, und mit einem Prozent behielt der Kreis Adenau den Fuß in der Nürburgring-Tür. Bestimmt wurde auch die Zusammensetzung des achtköpfigen Aufsichtsrats: Vier Vertreter des Reiches, drei vom Land Preußen, einer vom Kreis Adenau. Letzterer hieß, als die Gesellschaft am 28. Juli als Bargründung errichtet wurde, Dr. Otto Creutz. Zum Geschäftsführer wurde Alex Döhmer aus Köln, ein ehemaliger Offizier, berufen.
Am 14. Januar 1929 wurde die neue Gesellschaft beim Amtsgericht Adenau ins Handelsregister eingetragen. Keine zwei Monate später, am 4. März, erhielt sie neue Mitglieder. Das Land Preußen verzichtete auf 19 Prozent seiner Anteile. Davon übernahm der Reichsverband der Automobilindustrie, Vorläufer des heutigen VDA (Verband der Automobilindustrie), zehn Prozent, neun Prozent gingen an die Rheinprovinz. Das Deutsche Reich trennte sich von zehn Prozent, die zu gleichen Teilen an den ADAC und den AvD gingen. Die Motorsport treibenden Verbände wurden damit in die Verantwortung genommen, sollten zugleich auch die Möglichkeit haben, Geschäfte und Veranstaltungsprogramm mitzubestimmen. Der Aufsichtsrat wurde von acht auf 12 Mitglieder aufgestockt.
Noch aber war der Nürburgring im Besitz des Kreises Adenau. Die förmliche Übergabe an die Nürburgring GmbH erfolgte am 15. Juli 1929. Ein „Schnäppchen“ war die Rennstrecke samt den zugehörigen Gebäuden nicht gerade. Die Gesellschaft zahlte dem Kreis genau 2.862.089,19 Reichsmark.
Die Gründung der Nürburgring GmbH konnte das Ende des Kreises Adenau nicht verhindern.
Am 2. Oktober 1932 wurde er aufgelöst. Das den Nürburgring betreffende Gebiet kam zum Kreis Ahrweiler. Dessen Landrat, Dr. Paul Meyers-Platen, kam für Dr. Otto Creutz in den Aufsichtsrat.
Geburtstagstorte zum Jubiläum „75 Jahre Nürburgring GmbH“
Heute, 75 Jahre nach der Gründung der Nürburgring GmbH, ist Landrat Dr. Jürgen Pföhler für den Ahrkreis im Aufsichtsrat der Nürburgring GmbH, der Zehnte in der Kette nach Creutz. Wie der Visionär Creutz sieht auch Pföhler im Nürburgring ein durch keine andere Einrichtung zu ersetzendes Instrument für die Erhaltung und Steigerung der Wirtschaftskraft in der Region.
Der Hauptgeschäftsführer der Nürburgring GmbH heißt ein Dreivierteljahrhundert nach deren Gründung Dr. Walter Kafitz, Sechster in der Reihe der Männer an der Nürburgring-Spitze nach Alex Döhmer. Kafitz hat die Nürburgring GmbH zu einer Unternehmensgruppe mit Töchtern und Beteiligungen in verschiedenen Geschäftsbereichen ausgebaut und den Nürburgring fit gemacht für alle derzeitigen und künftigen Anforderungen. Der Wirtschaftsmotor Nürburgring läuft mit kraftvollem Drehmoment und auf hoher Drehzahl.
Und anders als 1928 muss niemand fürchten, an den Kosten für den Treibstoff zu scheitern. Die werden von der Nürburgring GmbH mit dem „Ring“ erwirtschaftet. Ein wirtschaftliches Perpetuum Mobile sozusagen.