Apollinarisbrunnen
Von Dr. Franz Schönherger
Mineralquellen und warme Quellen sind schon seit jeher Mittelpunkte von „Bädern“ gewesen, in denen Leidende Genesung oder Linderung suchten. Zahlreiche alte Sagen berichten von verwundeten und kranken Tieren, deren natürlicher Instinkt solche Quellen aufsuchte und dabei den Menschen den Weg wies. So werden auch die Quellen des Ahrgebietes schon früh bekannt gewesen sein. Jedenfalls berichtet schon 1588 der Wormser Arzt Jakob Theodor aus Bergzabern von Mineralquellen bei Ahrweiler, Sinzig und am Fuß der Landskron; er bezeichnet sie als Sauerbrunnen.
Einen solchen „Sauerbrunnen“ entdeckte auch der Ahrweiler Weinbergsbesitzer Georg Kreuzberg im Herbst 1851 zwischen Heppingen und Wadenheim. Er stellte fest, daß an einer Stelle seines Weinberges die Weinstöcke nur kümmerlichen Wuchs zeigten. Durch eine geologische Untersuchung konnte er dem Grund dieser seltsamen Erscheinung auf die Spur kommen: ein starkes Kohlensäurevorkommen beeinträchtigte das Gedeihen der Reben. Zunächst ließ er einmal das für den Weinbergsertrag schädliche Gas durch einen Stollen und einen Schacht ableiten und ging dann der Sache weiter nach, da auch in der Nachbarschaft Mineralquellen lagen. Nach verschiedenen Bohrungen und dem Abteufen verschiedener Schächte stieß Kreuzberg endlich im Frühjahr 1852 auf eine mächtige Quelle, die allen Erwartungen entsprach und imGegensatz zu mehreren schwachen, bei der Sucharbeit angebohrten Quellen die Möglichkeit einer geschäftlichen Verwertung bot.
Der Volksmund gab der Quelle schon gleich nach ihrer Entdeckung den Namen „Apollinarisbrunnen“ nach einem Bildstock zu Ehren des hl. Apollinaris, der auf dem Brunnengelände stand. Diesen Namen hat die Quelle bis heute behalten, nachdem später auch die Aktiengesellschaft zu Verwertung des Brunnens ihn aufgenommen hatte.
Sorgsam ließ Kreuzberg die Quelle nach allen Regeln der Kunst fassen, wobei die Professoren Gustav und Carl Bischof die Leitung der Arbeiten übernommen hatten. Damit waren die Voraussetzungen gegeben, auf denen Kreuzberg geschäftlich aufbauen konnte, so daß schon nach zwanzig Jahren ein jährlicher Absatz von zwei Millionen Flaschen erzielt wurde.
Währenddessen war Kreuzberg, einmal auf die Suche nach Quellen geraten, nicht müßig geblieben. Seinem unermüdlichen Streben gelang es, die warmen Quellen von Beul aufzubohren und die Grundlage zur Entwicklung von Bad Neuenahr zu legen.
Im Jähre 1876 wurde nach dem Tode Kreuzbergs die Verwertung des Mineralwassers aus dem Apollinarisbrunnen von den Erben Kreuzberg unter dem Namen einer „Aktiengesellschaft Apollinarisbrunnen vormals Georg Kreuzberg“ weitergeführt. Seit 1874 wurde nun auch, zuerst versuchsweise, dann seit 1878 endgültig, das Auslandsgeschäft aufgenommen. Dies geschah auf Vorschlag des in London lebenden Kaufmanns Eduard Steinkopff, der dort zu diesem Zweck eine eigene Verkaufsgesellschaft, die „Apollinaris Company Limited“ gründete.
Von dieser Zeit an ging der Verkauf des beliebten Tafelgetränks sprunghaft weiter in die Höhe und verbreitete sich über alle zivilisierten Gebiete unserer Erde. Heute kann man wohl fast überall in der Welt das Wasser des Apollinarisbrunnens trinken.
Der Weg vom Mineralwassergeschäft zum Welthandel zeigte sich dann immer mehr zunehmend auch in dem Ausbau der Anlagen des Brunnens. Von der Handanlage zum Reinigen der Flaschen, Abfüllen, Verkorken und Etikettieren führt der Weg zu vollautomatischen Anlagen, die jene Vorgänge durchführen; eine einzige dieser Anlagen schafft heute täglich rund 15 000 versandfertige Flaschen.
Der hohe Kohlensäuregehalt und die von wissenschaftlichen Autoritäten immer wieder als wertvoll anerkannten mineralischen Bestandteile machen „Apollinaris“ zu einem ebenso erfrischenden wie gesundheitsfördernden Getränk. Es wird deshalb von jeher nicht nur zum Löschen des Durstes getrunken, sondern auch bei akuten und chronischen Entzündungen des Halses und der Atmungsorgane, bei Magenerkrankungen, Nierenleiden aller Art, Blasenkatarrhen und ähnlichen inneren Leiden.
Die Firma hat in den hundert Jahren ihres Bestehens auch immer gewissenhaft darüber gewacht, daß die Qualität ihres Mineralwassers stets die gleiche blieb. Zu diesem Zweck wurden und werden alle denkbaren Maßnahmen getroffen, um die natürlichen Bestandteile des Quellwassers m ihrer ursprünglichen Zusammensetzung zu erhalten und die absolut hygienische Reinheit der Füllungen zu gewährleisten. Desgleichen ist es auch das immerwährende Bemühen der Firma, durch die Verwendung hochwertiger spanischer Naturkorkscheiben und durch immer vollkommenere Flaschenverschlüsse eine unverminderte Haltbarkeit der Füllungen, auch wenn sie lange lagern sollten, zu erreichen.
Die Rentabilität des Betriebes erforderte aber noch mehr. Die Kisten zum Versand werden in eigener Regie hergestellt wie die Kronen-Korken, mit denen die Flaschen verschlossen sind. Auch die Flaschen werden in einem eigenen Betrieb in Sinzig gefertigt, der als Rheinahr-Flaschenfabrik als erste Fabrik Europas seinerzeit die vollautomatische Flaschenfabrikation nach Owens Patent aufnahm.
Foto: Vollrath
Wo ehemals in sumpfiger Ahrniederung das Wasser der Sauerquellen in einzelnen Wasserlachen perlend aufsprudelte und nutzlos sich versprudelnd mit dem Ahrwasser mischte, da erheben sich heute Fabrikanlagen, die dem Wohl vieler Menschen dienen und den Namen des hl. Apollinaris hinaustragen in die ganze Welt.