Abt Urbanus Johannes Bomm OSB von Maria Laach
+ 2. Oktober 1982
P. Emmanuel v. Severus OSB
Als die Benediktiner von Maria Laach am 11. Dezember 1964 P. Urbanus Bomm zum Abtkoadjutor mit dem Recht der Nachfolge ihres verdienten Abtes Basilius Ebel (Abt von Maria Laach 1946 – 1966) wählten, vereinigten sich die Stimmen der Mönche auf einen Mitbruder ungewöhnlich vielfältiger Begabung und reicher Erfahrung.
Der am 28. Juni 1901 im niederrheinischen Lobberich geborene Johannes Bomm wuchs nach dem frühen Tod des Vaters in Köln am Rhein auf und nahm schon als Schüler des Apostelgymnasiums lebhaften Anteil an kulturellen, künstlerischen und kirchlichen Leben der Domstadt. Nach kurzem Schwanken, ob er sich etwa einem künstlerischen Beruf als Schauspieler zuwenden solle, entschied er sich doch bald für das Studium der Theologie in Bonn. Auch dort beschränkte er sich nicht auf die vom Regelstudium gezogenen Grenzen, sondern belegte nebenher auch eine stattliche Anzahl kunstwissenschaftlicher Vorlesungen. Die Begegnung mit dem damaligen Laacher Prior Albert Hammenstede im Studienhaus der Benediktiner in der rheinischen Universitätsstadt ließen den Theologiestudenten Bomm jedoch bald erkennen, daß die Erfüllung seines Lebens in der Gemeinschaft der Mönche von Maria Laach lag. So trat er im Herbst 1921 in das alte Kloster Im Laacher Seetal ein und setzte nach der Probezeit des Noviziats im Sommersemester 1923 seine Studien in Beuron fort, bis er sich 1925 für immer der Laacher Abtei verband und im August 1926 die Priesterweihe empfing. Sein weitblickender Abt sandte ihn dann zu musikwissenschaftlichen Studien an die Universität Göttingen, die er schon 1928 erfolgreich mit einer Doktordissertation über die Modalitätsbestimmung der Meßgesänge im Hochmittelalter abschloß. Aufgaben des Ordens brachten ihm in fast allen Lebensbereichen der Abtei einen kaum hoch genug einzuschätzenden Reichtum an Erfahrungen ein: Nach einer kurzen Spiritualstätigkeit im Studienkolleg St. Benedikt in Salzburg übernahm er bis 1933 die Leitung der damals über hundert Brüder in Maria Laach, wurde ein gesuchter Exerzitienmeister und Vortragsredner, wurde im gleichen Jahr 19331. Kantor der Abtei und Dozent für gregorianischen Choral an den Bonner Theologenkonvikten und am kirchenmusikalischen Institut in Frankfurt a. Main. Die Notwendigkeit, 1935 die Leitung der Klosterverwaltung zu übernehmen, bedeutete für ihn zunächst, sich in eine völlig fremde Arbeit einzuarbeiten. Die Leitung der Verwaltung bedeutete wegen der dauernden schikanösen Überwachung durch die nationalsozialistischen Behörden, die seit 1939 notwendigen Verhandlungen und Verträge mit den Generalärzten der Wehrmacht auch eine besonders schwierige Aufgabe. Seine ruhige und auf gründlicher Sachkenntnis beruhende Festigkeit gewann ihm stets die Achtung aller seiner Gesprächspartner und sicherte der Abtei den zwar auf ein Fünftel ihres Bestandes eingeschränkten Lebensraum auch nach seiner Einberufung zur Kriegsmarine, wo P. Urbanus zunächst auf der Werftverwaltung in Kiel, dann aber im Amt des Marinedekans der katholischen Seelsorge tätig war. Es ist heute kaum vorstellbar, wie der junge Mönch bereits seit 1925 neben solchen Aufgaben die Arbeit meisterte, die ihm einen hervorragenden Platz im liturgischen Apostolat der Laacher Abtei sichern sollte. 1925 erschien die erste Ausgabe des von ihm bearbeiteten und herausgegebenen Laacher Volksmeßbuchs, das als »der Bomm« bis zu den Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils eine Millionenauflage erreichte und besonders in der Schweiz und im Köln-Trierer Raum Verbreitung fand. Auch seinem nach Begabung und Praxis ureigenstem Forschungsgebiet blieb P. Urbanus treu. Als 1. Kantor führte er den Laacher Mönchschor bis 1964 zu einer seither nie wieder erreichten Höhe des Choralgesangs und gab in’seinen soliden Literaturberichten in den Laacher Publikationsreihen »Jahrbuch«, seit 1950 »Archiv« für Liturgiewissenschaft einen international anerkannten Überblick über den Forschungsstand auf dem Gebiet der Choralwissenschaft. Die Berufung in den Generalvorstand des Caecilienverbandes, in übernationale und nationale kirchenmusikalische Kommissionen waren die Folge.
Abt Urbanus Bomm OSB +
Eine für die Bevölkerung des Brohltals wichtige Entscheidung traf der 1964 zum Abt gewählte Koadjutor, der 1966 die Leitung der Abtei im Vollsinn übernahm, im Zusammenhang der Gebietsreform im Rhein-Mosel-Ahr-Gebiet. Die seit der Wiederbesiedlung von Maria Laach im Jahre 1892 gewachsenen Beziehungen des Klosters wiesen zwar eindeutig auf die Stadtgemeinde Mendig und den Kreis Mayen als kommunalpolitische Hauptorte hin, die bisher bestehenden Einbindungen jedoch auf die Gemeinden des Brohltals. Dazu kam die kirchliche Bindung an das Brohltal, die nicht nur von Grenzziehungen bestimmt war, sondern in besonderem Sinne auch eine konstante seelsorgliche Hilfe durch Jahrzehnte hindurch. Es wäre für den Abt von Laach naheliegend gewesen, die anstehenden Reformen auch politisch zu beeinflussen. Daß Abt Urbanus sich nun größte Zurückhaltung auferlegte, Ausnahmebestimmungen ablehnte und die Entscheidung, ruhig abwartend, der Landesregierung überließ, führte schließlich zur Eingliederung des Laacher Seetals und der Abtei in den Kreis Ahrweiler. Die Bevölkerung des Brohltals sah darin eine Bestätigung der seelsorglichen Verbundenheit und einen Ausdruck der Treue, die sich so oft in der Hilfe verschiedenster Art bewährt und den Gottesdienst in den Brohltalgemeinden stets gesichert hat.
Als Abt schlug Abt Urbanus auch Wege in der Seelsorge ein, die neu waren, aber von den Menschen weit über die Region der näheren Umgebung dankbar empfunden wurden, auch wenn der sichtbare Erfolg nicht in allen meßbar war: So öffnete er die Abtei seit 1969 regelmäßig für Gruppen von 15 bis 20 Teilnehmer für mit den Mönchen gemeinsam in Gebet und Arbeit gelebte »Tage im Kloster«. Sie erschlossen vielen Menschen neue Erfahrungen im religiösen und kulturellen Leben, sie vermittelten den Mönchen Erfahrungen aus Gesellschaft und Arbeitswelt, zu denen sie im Normalfall keinen Zugang hatten. Er weitete die in der Bendiktiner-regel grundgelegte klösterliche Gastfreundschaft großzügig aus und festigte vor allem ökumenische Kontakte. Schließlich ermutigte Abt Urbanus großzügig Einzelinitiativen seiner Mönche, sei es in der literarischen und praktischen Gestaltung von Bußgottesdiensten oder in den weit über Laach hinausreichenden Aktionen der Lepra-Hilfe Karachi. Ein Charakteristi-kum der Persönlichkeit des Abtes Urbanus in dieser für ihn arbeitsreichen und vielseitig bewegten Zeit, war seine bescheidene Gelassenheit. Diese wurzelte zutiefst in seinem religiösen Leben, war seine eigentliche Stärke und prägte seine Menschlichkeit.
Abteikirche Maria Laach. Zeichnung Urbanus Bomm
Als er 1977 — nach der Feier seines Goldenen Priesterjubiläums 1976 — von seinem Amte zurücktrat, gewann diese auch noch eine heitere Reife. Obwohl immer noch wissenschaftlich in vielen Fachkommissionen tätig, begann er nun wieder ein lange vergrabenes Talent zu entfalten: Er malte und zeichnete — in Maria Laach, in der Eifel, aber auch im Weserbergland und in Hessen und Schwaben. Er wurde gerade in den fünf Jahren seiner von amtlicher Verantwortung entlasteten Alterszeit vielen Menschen, die ihn von außen her aufsuchten, und manchem seiner Mitbrüder ein seelsorglicher Weggefährte, der tiefes menschliches Verstehen mit wertvoller fester Urteilskraft verband.
Seine Beisetzung auf dem Laacher Klosterfriedhof am 7. Oktober nach der von Altbischof Bernhard Stein in Konzelebration mit achtzehn Bischöfen, Äbten und Prälaten gefeierten Eucha-ristie wurde so zu einer überwältigenden Darstellung seiner Beliebtheit, des Dankes und der Verehrung für den Verstorbenen. Für den Bundeskanzler sprach Staatsminister Dr. Mertes vom Auswärtigen Amt, für die Landesregierung Staatssekretär Stollenwerk, dann der Landrat und die Bürgermeister der kommunalen Behörden. Basilika und Friedhof in Maria Laach konnten die teilnehmenden Menschen kaum fassen, in deren Herzen sich Trauer und doch auch froher Dank für das Leben eines großen Menschen und Christen mischten.