St.-Martins-Abend
(Den Ahrweiler Kindern gewidmet)
Die Fackeln geben hellen Schein, Wer kommt durch Tor und Bogen, wer kommt in unsere Stadt herein auf hohem Roß gezogen? Klapp, klapp, stampft’s auf das Pflaster auf, und durch die Ahrstraß‘ kommt’s herauf, zur rechten Seit‘, zur linken Seit‘. Viel Kinder geben das Geleit, so fiele, ja, ein ganzer Häuf! Im Marschtritt, und im Trippelschritt, an hundert Kinder ziehen mit, viel Buben und viel Mädchen, Sankt Martin war ein frommer Mann, | ihr alle wißt, was er getan: Da war es kalt und Winterzeit, die Fluren waren hoch verschneit, und Feld und Weinberg waren weiß, die Leywog nur ein Klumpen Eis. Hui, fror es einem armen Greis, der hatte wohl nicht Heim und Haus; denn wo’s zur Ahrbrück geht hinaus, saß er auf einem Häufchen Schnee. Denkt, Kinder, mitten in der Nacht, in Frost und Eis der Winternacht! Wo sonst ihr spielt in Gras und Klee, saß frierend er im kalten Schnee. |
Oh! Der Heilge sah’s, und bitter weh tat ihm das Herz. Da nahm er sacht den Mantel von der Schulter ab. Rasch schnitt hindurch sein scharfes Schwert (er war Soldat und war bewehrt), die Hälfte er, von Mitleid stumm, dem armen, schwachen Manne gab —, was übrigblieb, hing selbst er um, ritt weg. Wie er zurück sich kehrt, der Greis mit eins verschwunden war. Nein, nichts mehr von ihm war zu sehn. Da ward Sankt Martin offenbar, daß hier ein Wunder war geschehn. Auch hab‘ vor Zeiten ich gelesen, der Greis — Gott selber sei gewesen. Sankt Martin sprach ein fromm Gehet und ritt des Wegs. Ihr Kinder, seht, wenn heute nun ins Tal der Ahr der Gute kommt, da ist es klar, daß, reitet er von Hut zu Hut, die Kinder brav, die Kinder gut, zur rechten Seit‘, zur linken Seit‘, im Marschtritt und im Trippelschritt, dem Heil’gen geben das Geleit. Die Kinder all in langen Reihn, mit Fackellicht und Fackelschein, die Mädchen und die Buben. Kein einz’ges Kind bleibt da zu Haus, da leeren sich die Zimmer aus, die. Kammern und die Stuben. | Nun gebet acht, es kommt noch mehr Bedauert habt den Greis ihr sehr, den armen, halberfror’nen Mann, ich seh es den Gesichtern an. Doch bitt‘ ich euch, denkt nur mal nach. Noch viele gibt’s, die alt und schwach und ohne Kleid und Feuer sind. Ich sag’s, auch wohltun kann ein Kind, wenn’s nur mit einem Bißchen ist, ein Mantel braucht’s nicht grad zu sein. Der liebe Gott es nicht vergißt und trägt ins Himmelsbuch es ein. Also! Die Fackeln werfen roten Schein. Wer kommt durch Tor und Bogen, wer kommt auf hohem Roß herein in unsere Stadt gesogen ? Ihr Mädchen brav, ihr Buben gut, macht euch bereit, ihr Kinder der Oberhut, der Niederhut, ihr ändern auch nicht minder! Recht artig mit dem Heil’gen zieht, schwätzt nicht, macht kein Gegackel! Nun singt zum Gruß ein frommes Lied und leuchtet mit der Fackel! Mit freundlicher Genehmigung des ARE-VERLAGES der Sammlung „Land der Maare“ entnommen. |