Lieder und Reime im Jahreslauf
VON PETER WEBER
Sitten und Bräuche begleiten auch heute noch das bäuerlich-dörfliche Leben, wenn sich auch manche Bräuche verändert und andere sich im Getriebe der Zeit verloren haben. Die Ergebnisse einer vor längerer Zeit im Bereich der Verbandsgemeinde Antweiler durchgeführten Befragung bestätigen, daß man die Pflege des Brauchtums für angebracht hält. Von 100 Befragten waren 10 ohne Meinung, 5 stimmten dagegen, 78 waren dafür, der Rest entfiel auf „ja“ mit Einschränkung. — Die Frage: „Hat sich die Nachbarschaftshilfe verbessert oder verschlechtert?“ wurde von 85% der Befragten mit „verschlechtert“ beantwortet. Als Gründe, die für den Rückgang der Nachbarschaftshilfe maßgebend sind, wurden Egoismus, Neid und Mißgunst an erster Stelle angegeben. Dann folgt der Wohlstand, wodurch man nicht mehr so wie früher aufeinander angewiesen sei. Möglichkeiten für die Förderung des Brauchtums sah man in dem Bestreben der Jugend, ihr Brauchtum selbst zu gestalten. Interessant waren die Antworten auf die Frage: „Welche Stellen sollten sich des Brauchtums besonders annehmen?“ Hierbei rangierte die Verbindung von Kirche, Schule, Gemeindeverwaltung, Vereine u. a. an erster Stelle. Weitere Kombinationen waren Kirche/Schule, Schule/ Gemeindevertretung, Vereine/Gemeindevertretung, Lehrer und Bürgermeister, aber auch Lehrer oder Pfarrer.
In diesem Zusammenhang wurden in verschiedenen Orten Lieder und Reime aufgezeichnet, auch über den vorgenannten Verwaltungsbezirk hinaus.
Folgen wir den einschlägigen Liedern und Reimen im Jahreslauf. Auf die von Oberlehrer Heinz Zimmcrmann bereits veröffentlichten Texte soll verzichtet werden.
Pomster: Zum Jahreswechsel
„Prost Neujohr,
De Kopp voll Hoor,
Den Muhl voll Zänn,
Adjüss Majänn!“
Antweiler: Fastnachts-Heischlied
„Stell de Leide an de Wand,
Hol et Metz en de rechs Hand,
Schneck no de lange,
Los de kute (kurze) hange,
Schneck e su deck wie en Müllestein,
Dann jo nie zesamme met Freuden heim.“
Antweiler: Die Kinder singen heute:
„Ich bin ein kleiner König,
Hab viel Geld zu wenig,
Laß mich nicht zu lange stehen,
Muß ein Häuschen weiter gehn, weiter gehn.“
Ohlenhard: Freudensonntag (4. Fastensonntag)
(Beim Einsammeln der Freudeneier)
„Hie kunn die kleinen Mädelcher,
De heischen de Freideneicher (Freudeneier)
Für St. Pitter.
St. Pitter es en helije Maan,
Der de Hemmel schieße kaan,
Lev Mohn, ein Ei,
Zwei sollt ihr geben,
Glückselig sollt ihr sterben,
Im Himmel sollt ihr sein.“
Wershofen: Osternacht, Ostermorgen
„Morjeglock, de Lock stoot opp,
Un helft os de Judas jage!“
Antweiler‘. Morgenglocke
„Et lock Morjeglock,
lersch Glock en Kirch!
Ze Houf, ze Houf en Kirch!“ Reifferscheid: Mittagsglocke
„Et lock Medag, de Hohner han gelach,
We jett hätt de lach, we nix hätt, de seit zo.“
Pomster: Zum Rosenkranzgebet an den Kartagen
„De Rusekranz jeit aan,
Et lock ze Houf,
Wä Beein hat de louf,
Wä net küet, de oos douf.“
Pomster: Beim Sammeln für die Klapperjungen
„Eier, Geld und Speck heraus.
Sonst kommt der Wolf ins Haus
Und frißt euch alles heraus, heraus, heraus!!!“
Ohlenhard: Beim Pfingsteiersammeln
„Ku mer her en ,Berpa‘-Hoff (Hausnamen),
Set ihr dued oder lefft ihr noch?
Röslein rot, grün ist der Wald.
Jett oos Höhnereier,
Dann wollen wir uns freuen.
Röslein rot, grün ist der Wald.
Klempt ens opp der Heustall,
Do sen de Nester Overall.
Röslein rot, grün ist der Wald.
Jett oos Eier zwanzig,
Dann do mer Kirmes danze,
Röslein rot, grün ist der Wald.“
Das Danklied lautete:
„Dank auch, dank auch, gute Nacht!
De Frau hat oos de Eier gebracht,
Röslein rot, grün ist der Wald.“
Dorsel:
„Hier kommen wir gegangen,
Feinst Rosenblümelein,
Die Eier zu empfangen,
Feinst Rosenblümelein,
Lieb das wackere Mägdelein.
Gib un der Eier viere,
Nächst Jahr kommen wir wiere,
Gib uns der Eier achte,
De Hühner haben gelachte.“ Zum Dank sangen sie:
„Die ,N‘ hat uns die Eier gebracht,
Fernst Rosenblümelein.
Hab Dank, hab Dank,
Hab guten Dank,
Feinst Rosenblümelein.“
Hoffeld: Nach dem Reinigen der Quellen am Pfingstsamstag
„Me han de Sprunkpötz gefächt,
Me han et doch jot gemäch.“
Ohlenhard: Beim Sammeln für das Martinsfeuer
„Ditz, dotz, Dollendorf,
Jett oos jett ze sture,
Für de Mätesfüre.
Jett oos at en Busch,
Datt jitt e jot Gerüsch,
Jett oos och en Fluddeponge,
Datt oss jod für de Ohlede Jonge.
Mäte, schlag de Frau mot de Jätz,
Schlag se mot dem kromme Staaf,
Schlag ihr e Bein am Liev af,
Dat der Wend net jeit,
Dat et Wonnerwedder net schleeit,
Dat Herrjottsblöte net verkaalt.“
Zum Dank riefen sie: „Jot Löck, jot Löck!“
Erhielten sie nichts: „Naubetz, Naubetz!“
Antweiler: Beim Sammeln für das Martinsfeuer
„Jett oos jet ze steuere Für die Mätesfeuere,
En Beusch,
Dat jitt e jod Gereusch,
En Schanz,
Dat jitt en jode Panz,
Für die Antwille Mätesjonge.“
Reifferscheid: Beim Sammeln für das Martinsfeuer
„Dotzen, dotzen Dollendorf,
Jett oos je ze steuere,
Für de Märtesfeure,
Jeräusch, Jebäusch, Fluddeponge,
Für de Reiwsche Märtesjonge.
We oos nix jitt,
De schlo me en de Sitt,
We oos nix breng,
De wit am Märtesfeuer jeseng!“
Wenn man nichts erhielt:
„Jietz, Jietz, Jietz!
Et soß en Uel opp ürem Dach,
De kratz och all de Ouge üß.
Jietz, Jietz, Jietz!“
Es ist an der Zeit, daß man in den Landorten die noch vorhandenen Texte, Lieder und Sinnsprüche sammelt und in die Pflege des Brauchtums einfügt. Hierbei mitzuhelfen ist sicher mancher Freund und Kenner des dörflichen Gemeinschaftslebens bereit.