Hochzeit im Wandel
Peter Weber
Heirat und Eheschließung spielen seit Jahrtausenden eine Rolle im Leben der Menschen. Sie waren und sind zu allen Zeiten und bei allen Völkern ein besonderes Ereignis für Braut, Bräutigam sowie die unmittelbar und mittelbar betroffene Verwandtschaft. Die Eheschließung stellte früher vorwiegend einen wirtschaftlich begründeten Rechtsvertrag dar. Nach der Brautwerbung und der Einigung über die Bedingungen, den Preis und den Hochzeitstermin, folgte die Vermählung im Kreise beider Sippen, aus denen Braut und Bräutigam stammten.
In „Meier Helmbrecht“ hat 1270 Wernher der Gartenaere ein Eheschließungsgespräch geschildert. Zum Abschluß der Vermählungszeremonie heißt es da, daß der Bräutigam der Braut auf den Fu ß tritt. Das deutet auf Besitzergreifung einer Sache hin und macht den Rechtscharakter der Handlung sichtbar. Es handelte sich in dieser Epoche nicht vordergründig um Neigungsehen, sondern um nüchterne Wirtschaftsverträge zwischen zwei Sippen. Damals war die Braut kaum mehr als eine Sache für die männlichen Sippenangehörigen.
In der agrarischen Gesellschaft heiratete man meistens im Dorf. Es ging darum, innerhalb dieses Raumes besitzgleiche Heiratskandidaten zu finden. Wenn dieses Besitzprestige im Heimatdorf nicht zu befriedigen war, suchten reiche Bauern in Nachbardörfern nach einem passenden Ehegatten. Das war die Ausnahme und die Überschreitung der Norm mußte mit Geldstrafen gebüßt werden. Das kam im Brauch der Wegsperre zum Ausdruck.
Bei diesen Brautwahlstrategien spielt das Gesetz der Gegenseitigkeit eine wesentliche Rolle. Dazu begleitet der Güteraustausch als gemeinsame Basis aller Modalitäten der Institution Ehe und sichert die Austauschregeln – die Vorherrschaft des Sozialen und Kulturellen über das Biologische und Natürliche. Es gab Fälle, in denen Bruder und Schwester einer Familie, die Schwester und den Bruder einer anderen Familie mit gleicher Besitzgröße heirateten. Dadurch wollte man den gemeinsamen Machtbereich vergrößern. Milder Hochzeit wurden also neue Verwandtschaftsbeziehungen geknüpft und eine Besitzhäufung vorgenommen. Dabei spielten die beiden betroffenen Personen als Individuen die geringste Rolle.
Kirchliche Eheschließung
Im 10. Jahrhundert begann die christliche Kirche damit, die alte Ordnung abzubauen. Sie setzte der ständischen Ebenbürtigkeit die Forderung nach der Gleichheit des Glaubens entgegen. Als Eheideal sollten Monogamie und Treue gelten. Diese Forderungen setzten einen Wandel des Denkens voraus und konnten erst nach und nach realisiert werden. Das 4. Laterankonzil erließ im Jahre 1215 Ehe-Gesetze.
Im Verlauf des Mittelalters änderte sich die rechtliche Form der Eheschließung. Die kirchliche Segnung der Ehe erhielt gegenüber den weltlichen Akten ein immer größeres Gewicht. Die Trauungshandlung verlagerte sich vor die Kirchenpforte in Gegenwart eines Geistlichen, der sie mit seinem Segen beschloß. Anschließend folgte die Brautmesse. Die Trauung durch einen Geistlichen wurde schließlich im Mittelalter zur typischen Form der Eheschließung. In Luthers „Traubüchlein“ (1529) ist ebenfalls eine Zweiteilung vorgeschrieben: erstens das Zusammensprechen der Brautleute vor der Kirche und zweitens ihre Segnung in der Kirche. Der gesamte Trauungsakt wurde erst im 16. Jahrhundert in die Kirche verlegt. Die vorhergehende Verlobung, seit vorchristlicher Zeit als bindendes Eheversprechen bewertet, verlor dadurch an Bedeutung. Das führte hier und da zu Rechtsunsicherheit. Die somit entstandenen Probleme wurden später in Hochzeitsbräuchen und Hochzeitsspielen über verlassene oder falsche Bräute dargestellt.
Auf dem Tridentiner Konzil von 1563 erhielt die kirchliche Handlung den Rechtssinn der eigentlichen Eheschließung, zu der zwei Zeugen hinzugezogen wurden. Die weltliche Verlobung und die kirchliche Trauung verschmolzen zu einem eheschließenden Vorgang nach geistlichem Recht. Danach galt die Verlobung als rechtskräftiges Eheversprechen und die Trauung nur als Vollzugshandlung. Eine protestantische Trauung gibt es erst seit dem 18. Jahrhundert.
Eheverträge
„Ehelige Heyraths Beredung“ oder „Heyraths Verschreibung“ wie die schriftlich vor Zeugen abgeschlossenen Verträge genannt wurden, gab es noch im gleichen Jahrhundert.
Der Text eines solchen Vertrages aus dem Jahre 1736 lautet:„Im Namen der Allerheyligster Drey faltigkeit. AmenIt Heut zu Endt gesetztem Dato zu Höchster Ehren Gottes, aufferbauung Christ=Katholischer Kirch, pflantzung Menschlichen Geschlechts, Eine Ehelige Heyraths Beredung Tractirt Eingang und Beschlossen worden, mit Bewilligung beyderseits anverwant, zwischen weylandder Ehr- und achtbaren Henrichen Pitzen u Gertrud Eheleuth Eheliger Sohn Nicolaus als Hochzeiter an Einem unddan des Ehr- undt achtbaren Joesn schmähten Getruden Sehlig Eheleut Ehelige Tochter Margareth als Hochzeiterin am anderen, deren dan Eins dem anderen die Ehe angelobt mit Nachfolgenden Puncten Erstlich der Heyrathsgaaben Halben, setz des Hochzeiters Mutter Gertrud ihrem Sohn Nidaß an Ackerland! zu Rodder au ff der Blicken under anna krämers 1 1/2 M. undt oben auff dem rosengeltig under Joes Honerbach 1/2 M. l(tem) auff dem Wäsem 1/2 Morg under dem weg. l(tem) oben dem Eselerwegs under schäf-fer Tones 1/2 M. l(tem) auff der Limpach über Joes Hoffelts 1 1/2 M.Zweitens an Hewwacks In gutig Helt in dem obersten Sohr und in der lauffenbacher spitz Zusammen ein Kahr Hews. 3tens an Korn 1 Malter Korn und 1 Malter Haber, 4tens an Viehe ein Kühe, l(tem) einen Tagschaff (5 bis 7 Schafe)Fünfftens setz der Hochzeiterin Vatter seiner Tochter Margreth an Heyrathsgaaben wie folt Erstlich an Ackerland auff der rummeis Kaulen über Peter Tempel daß gantz feit. l(tem) auf Etzenbach Hinden am busch über friny Jüngling daß feit, l(tem) Erffenhart hinden oder Santzen peters Erben daß gantz feit. Zweitens an Hewwacks, in der Kispich wisen über Jois f rings ein Kar Hews, 3tens an fruchten 1 Malter Korn, undt 1 Malter Haber4tens an Viehe ein Kühe und einen Tagschaff (fünf bis sieben Schafe) Femer und von Sach wäre daß eins dem anderen binnen Jahr und Tag mit Todt soll abgehen setz der Hochzeiter Neben Kist undt Kleider an bahrem gelt 10 Rth. Hiergegen setz die Hochzeiten n in jetzigem fall neben Kist und Kleider an bahrem gelt 5 Rth.Also gescheh und Verhandelt, undt seindt vor Zeugen und Hilligsleuth HerzuBerufen an Hochzeiters seyten sein Schwager Joes CIeßgens, undt Nidaß Krämer als ohm, undt, von Hoch-zeiterin seyten Ihr Vatter Johan schmähten, undt ihr Bruder Nidaß. Welche aber schreiben Erfahren Haben ihre Nahmen selbst Herzu gesetz, Mich underschnebener aber Herzu ersucht selbiges auffs Papeir zu setzen, so gern gethan ohne mein Nachtheil so geschehen den 26. Januir 1736Joes CIeßgens Vor mich
Und Nidaß Krämer
Johan schmalen Nidaß
Schmalen Johannes Jüngling
Heyraths Verschreibung wir binnen zu rsch (Reifferscheid).“
Zivilehen wurden in Frankreich während der Französischen Revolution eingeführt und später durch den Code dvil obligatorisch. In Deutschland beschlossen einzelne Länder die Zivilehe im 19. Jahrhundert. Für das Deutsche Reich erhielt sie am 1. Januar 1876 Gültigkeit.
Wirtschaftliche Aspekte
In den Städten bestimmten im späten Mittelalter und später die Zünfte das wirtschaftliche Leben. In diesen Produktions- und Verkaufsunternehmen hatten auch die Frauen ihren festen Platz, und die Kinder wuchsen nach und nach lernend in ihre Aufgaben hinein.
Im bäuerlichen Bereich war die Familie besonders als Produktionsgemeinschaft ausgeprägt. Das Haus war nicht nur Wohnung, es bot auch Recht und Schutz denen, die darin wohnten. Bis heute hat sich in diesem Zusammenhang der Rechtsbegriff „Hausfriedensbruch“ erhalten. Die Größe des Familienbesitzes bestimmte den Rang im Dorfleben. Von ihm war es abhängig, welchen Umgang man pflegte, wen man heiraten durfte oder sollte. Die Kinder lernten durch Zuschauen und Mittun diese Verhaltensweisen und wuchsen so in ihre spätere Rolle im Dorf hinein. Reste solcher Verhaltensweisen haben sich bis in die heutige Zeit erhalten. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß auf dem Lande die Entwicklung regional sehr unterschiedlich verlief, und zwar entsprechend den Formen, zu denen sich die Landbewirtschaftung entwickelte. Es entstanden Anerbenrecht und Realteilung, wodurch die Familienverhältnisse entscheidend beeinflußt wurden. Wenn nur ein Sohn heiraten durfte, hatten seine Geschwister das Nachsehen. Sie konnten ins Kloster gehen oder als Onkel beziehungsweise Tante auf dem Hofe bleiben. Der Hoferbe verpflichtete sich gegenüber den Erblassern zur Bereitstellung des sogenannten Altenteils oder Aushalts. Die Altenteiler hatten freie Wohnung und erhielten den Ertrag von bestimmten Betriebsflächen. Das führte in manchen Fällen zu Schwierigkeiten und Reibereien. Deshalb sagt ein altes Sprichwort: Man soll sich nicht eher ausziehen (vererben), bis man sich schlafen legt (stirbt). Ein Altenteiler, der Schwierigkeiten mit seiner Schwiegertochter hatte, erhielt von einem Advokaten einen guten Rat, der ihm den Rest seines Lebens zugute kam. Er erhielt einen Zettel, den er auftragsgemäß in seiner Anzugtasche stecken ließ. Undsieheda, nachdem derAnzugvonder Schwiegertochter ausgebürstet war und die Schwiegertochter dabei den Zettel entdeckt und gelesen hatte, wurde er vorzüglich behandelt. Es fehlte ihm an nichts mehr. Erst nach dem Tode des Alten erkannte die Schwiegertochter, daß sie auf den Leim gegangen war. Das auf dem Zettel angegebene’Guthaben auf der Bank existierte gar nicht. Es gab also nichts zu erben.
Hochzeitsbräuche
Um die Hochzeit ranken sich zahlreiche Vorschriften und Bräuche. Der Hochzeit ging früher die Heilig, Hillich oder der Handstreich voraus. Die Hillich, heute noch auf dem Lande üblich, nennt man in der Stadt und bereits heute hier und da auch auf dem Lande Polterabend. Die Brautleute nehmen Abschied vom „Junggesellenleben“. Nach dem Beschluß zu heiraten, erhielt die Braut vom Bräutigam früher das „Handgeld“. Dieser Heller, Solidus und Denarius genannt, war das Zeichen der Vereinbarung. Die Hillich fand damals stets samstagsabends statt. Freunde und Verwandte wurden dazu eingeladen. Sie erhielten ein Abendessen. Die Entscheidung, ob im Hause der Braut oder des Bräutigams gefeiert wurde, war davon abhängig, bei welcher der Familien die Hochzeit gefeiert werden sollte. In einem der Häuser wurde Hillich, in dem anderen die Hochzeit gefeiert. Bei der Hillich wurden aufgetragen: Brei, Birnen, Bohnen, Erbsen und danach Fladen und Branntwein. Immer wurde bei der Hillich geschossen und nicht selten getanzt. Es wurde die ganze Nacht hindurch gefeiert.
Zu Anfang dieses Jahrhunderts heiratete die Braut noch im schwarzen Kleid: Hochzeit Osterspay, Müsch. 1912 | In den zwanziger Jahren kam nach und nach das weiße Brautkleid in Mode: Hochzeit Nett, Wershofen, 1929 |
Die Auswärtigen und die Burschen aus dem Dorf „forderten“ von den Burschen, die an der Hillich teilnahmen das Feuer, das heißt sie schössen und die letzteren erwiderten das Feuer. Anschließend erhielten die Auswärtigen und die Burschen aus dem Dorf von Braut und Bräutigam vor der Haustür ihren Trunk. Wie J. H. Schmitz berichtet, forderten die Burschen auch dadurch den Hillichstrunk, daß sie vor dem Hause, in dem die Hillich gefeiert wurde, auf Wagenrädern Sensen schliffen. Das verursachte großen Lärm. Die Hillich wurde solange geschliffen, bis man ein Getränk reichte. An der Ahr wurde nach dem ersten Aufgebot in der Kirche das Brautpaar mit Reimsprüchen begrüßt und die Gratulanten mit Getränken belohnt. Sofern ein Paar auseinander gegangen war und andere Partner geheiratet wurden, hing man dem verlassenen Partner nachts eine Strohpuppe ans Haus, dem Mädchen einen Strohmann, dem Jungen eine Strohfrau. Es kam auch vor, daß von dem Hause des einen zum Hause des anderen ehemaligen Partners Kaff (Spreu) gestreut wurde.
Hochzeitskleidung
Vor und nach der Jahrhundertwende heiratete die Braut in einem schwarzen Kleid. In den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts wurde nach und nach das weiße Brautkleid Mode. Sein Vorbild war die höfische Hochzeitskleidung. Zudem galt das wei ße Hochzeitskleid als Zeichen der Reinheit und Jungfräulichkeit der Braut und entsprach damit den Vorschriften der kirchlichen Moral.
Zur Hochzeit gehörte auch schon Anfang des Jahrhunderts das Gruppenbild der Hochzeitsgesellschaft: Hochzeit Steffens – Schmitz, Hummel, 1912
Der Schleier, seit dem 4. Jahrhundert als Symbol der Reinheit geltend, ist kulturgeschichtlich älter. Verschleierung übernahm die Kirche für Gottesbräute, die jungen Nonnen. Mit Beginn des 19. Jahrhunderts setzte sich die Mode, bei der Trauung einen Schleier zu tragen, durch und fand bald allgemeine Verbreitung. In den einzelnen Landschaften entwickelten sich eigene Hochzeitstrachten, die verschiedene Zeitstile und spezifische Eigentümlichkeiten vereinten. Seit den siebziger Jahren unseres Jahrhunderts werden auch Hochzeitskleider aus farbigen Stoffen getragen.
Der Kopfputz der Braut ist ein erst seit 1900 aufkommender Schleierersatz. Er ist die Restform einer alten Brautkrone, wie sie seit dem 6. Jahrhundert belegt ist. Krone und Kranz fanden später Eingang in die Modekleidung der Damen im Mittelalter. Der grüne Myrtenkranz schmückte einst die Hochzeiter. Später wurde der Rosmarin bei uns zum Liebes- und Hochzeitssymbol. In Kinderreimen und Volksliedern wurde auf diese Bedeutung hingewiesen. Dann wurde der Rosmarin durch die Myrte abgelöst. Das Hemd, das der Bräutigam am Hochzeitstage anzog, wurde von der Braut angefertigt und geschenkt. Es wurde Brauthemd genannt. Besondere Bedeutung hat der Trauring, der erst spät mit dem Christentum und der christlichen Ehe zu uns kam. Man nimmt an, daß er aus römischer Überlieferung stammt und Treuering war. Schließlich wurde der Treuering zum Trauring und ein Zeichen des durch den Priester gesegneten Ehebundes.
Die Hochzeitsfeier
In früheren Zeiten erfolgte die Einladung zur Hochzeit von Seiten des Bräutigams und der Braut getrennt, und zwar wurden die Jünglinge von Jünglingen, die Jungfrauen von Jungfrauen und Verheiratete von Verheirateten aus der nächsten Verwandtschaft des Bräutigams und der Braut eingeladen. Was das Aufstehen des Brautpaares vom Altare nach der Trauung anbelangt, zögerten die Brautleute damit solange wie möglich, denn wer zuerst aufstand, mußte später morgens zuerst aufstehen und das Feuer anzünden. Nach dem Austritt aus dem Kirchenportal wechselten die Brautführer die Seite auf der sie das Brautpaar begleiteten zum Zeichen dafür, daß von nun an eine Freundschaft zwischen Bräutigam und Braut und den beiderseitigen Verwandten bestehen müsse. Das Fangen fand statt, wenn ein Junge oder Mädchen in ein anderes Dorf heiratete. Vor der Kirchtüre versperrten die Junggesellen oder Jungfrauen den Weg mit einem Band. Sie übergaben einen Blumenstrauß und sagten einen Spruch. Viele dieser Sprüche sind bis heute erhalten geblieben. Paul Schmilz aus Wershofen, geboren am 28. Oktober 1892, hat mir diesen Brauch aus Wershofen berichtet. Seine Information erhielt er von seiner Tante, die um das Jahr 1850 geboren wurde. Wenn die Braut von auswärts stammte, wurde sie nach der kirchlichen Trauung vorder Kirche mit einem Band festgehalten. Eine der Wershofener Frauen sagte dann den folgenden Spruch:
Zur Nachfeier – hier im Garten mit Grammophon – kamen die Frauen der Nachbarschaft zusammen: Hochzeit Jonas – Weber, Wershofen, 1911
„Hierwollenwirdirbringen, mit vielen lieblichen Dingen, mit vielen lieblichen Sachen, viele Komplimente können wir nicht machen.“ Dabei überreichte sie ein Geschenk, meistens ein Gerät, das zur Ausstattung des Haushalts gehörte. Mit dieser Zeremonie war die Auswärtige in die Dorfgemeinschaft aufgenommen.
Der elterliche Segen wurde den Brautleuten vor dem Gang zur Trauung in der Kirche von den Eltern oder den nächsten Verwandten erteilt. Hier und da war es auch üblich, nach der Trauung ein Kissen vor die Haustür der Brautleute zu legen und auf diesem kniend empfing das Paar den elterlichen Segen, bevor es ins Haus eintrat.
Nach der Gratulationscour und dem Hochzeitstanz begann dann das Hochzeitsmahl. Die Hochzeit dauerte früher drei bis vier Tage. Um genügend Raum für die Hochzeitsgäste zu haben, feierte man öfter in der Gastwirtschaft. Es ist leicht vorzustellen, daß bei einer Hochzeit große Mengen Lebensmittel verzehrt wurden und entsprechende Vorräte angelegt werden mußten. Aus diesem Grunde war es üblich, daß die Nachbarn mehrere Tage vor der Hochzeit allerlei Eßbares herbeibrachten, ebenso die Verwandten. Die Tante brachte Aussteuerartikel; der Onkel der Brautleute Geld, selten weniger als einen Kronentaler. Vor dem Weggehen mußte jeder Hochzeitsgast der Braut ein beliebiges Geldgeschenk in die Hand geben, „damit sich die jungen Leute auch als watt anschaffen können“. Beim Abschied wurden die auswärtigen Gäste von allen Anwesenden mit Musik zum Ortsausgang begleitet.
In Wershofen, so hat Siegfried Heilender erfahren, haben die Junggesellen früher das Haus, in dem das Brautpaar die Hochzeitsnacht verbrachte, mit Balken abgestützt. Dieser Brauch wurde „Jiwell stiepe“ (Giebel stützen) genannt. Beim „Flade üssdrähe“ (Fladen stehlen/ausdrehen) ging es darum, Hochzeitsfladen zu entwenden. Die Gastgeber versuchten das zu verhindern. Wenn man die Diebe erwischte, wurden sie dennoch zur Hochzeitstafel geladen.
Manche dieser Hochzeitsbräuche haben sich, wenn auch in abgewandelter Form, bis in die heutige Zeit erhalten.
Quellen und Literatur
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Dünninger, Dieter: Wegsperre und Lösung, Formen und Motive eines dörflichen Hochzeitsbrauches. Ein Beitrag zur rechtlich-volkskundlichen Brauchtumsforschung. Berlin 1967.
Schmilz. J. H.: Sitten und Sagen des Elfler Volkes. Trier 1856. Sohm Rudolf: Das Recht der Eheschließung aus dem deutschen und canonischen Recht geschichtlich entwickelt, Weimar 1875.
Spamer, Adolf: Hessische Volkskunst. Jena 1939.
Völger, Gisela Weick. Karin von (Hrsg.): Die Braut, Geliebt, verkauft gelauscht, geraubt. Zur Rolle der Frau im Kulturvergleich (Ausstellungskatalog). 2 Bde. Köln 1975.
Weber, Peter: Aus meiner Heimat, Aus der Geschichte eines Eifeldorfes, Wershofen, Eitel 1949 (unveröff. Masch.schr,).
Ders. Der Strukturwandel des Dorfes im Spiegel des Brauchtums. AntweilerAhr 1957 mit Nachträgen 1967,68 (unveröff. Masch.schr.)
Ders. (Bearb.): Junggesellenverein Waldesgrün Wershofen e. V. (1905-1985). Hrsg.: Junggesellenverein Waldesgrün Wershofen e. V. o. 0. 1985.
Weber-Kellermann, Ingeborg: Die deutsche Familie. Versuch einer Sozialgeschichte. 7. Aufl. Frankfurt 1982.
Dies.: Saure Wochen – Frohe Feste. Fest und Alltag in der Sprache der Bräuche. München und Luzern 1985.
Heyraths Verschreibung vom 26. Januar 1736 (in Privatbesitz)