Verlorene Zeugen mittelrheinischer Geschichte – Breisiger Frankenschätze heute Glanzstücke im Metropolitan Museum of Art in New York

Verlorene Zeugen mittelrheinischer Geschichte

Breisiger Frankenschätze heute Glanzstücke im Metropolitan Museum of Art in New York

Carl Bertram Hommen

Aus fast allen Zeiträumen gibt es von der langen und reichen Geschichte, auf die das Rheinland und der Kreis Ahrweiler zurückblicken können, wichtige Zeugnisse noch in unseren Tagen. Das Breisiger Ländchen hat dazu bedeutende Beiträge geleistet. Neben einer Vielzahl aus Funden in vorchristlicher keltischer Zeit erinnern an die römische Zeit des Ländchens etwa Votivaltäre, die heute zu den Schätzen des Rheinischen Landesmuseums in Bonn zählen. Sie stammen aus den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung, als Legionäre beim Abbau von Traß und Tuff im Brohltal eingesetzt waren oder die Grenzstation zwischen den römischen Provinzen Germania superior und Germania inferior besetzt hielten.

Für die Historie des vierten bis achten Jahrhunderts hinterließen die von der rechten Rheinseite eingedrungenen fränkischen Eroberer im Rheinland, vorallem im Gebiet des Mittelrheins, besonders wichtige Zeugen in Grabstätten. Die bedeutendsten Funde wurden an Rhein und Ahr vor hundert Jahren gemacht, als man in Breisig zwei große Begräbnisstätten aus der Frankenzeit entdeckte und freilegte. Der Reichtum an Grabbeigaben vor allem in den Frauengräbern hat hier – wie auch auf dem Maifeld, in der Eifel und im Hunsrück – zu einer fast völligen Ausplünderung ganzer Friedhöfe geführt, wie sie außer in Deutschland kaum anderswo so radikal der Fall war. Breisig und das Brohltal wurden für viele Jahrhunderte bedeutende Grabungsstätten der Archäologen. Schon Ende des 16. Jahrhunderts berichtete Merian in seiner „Topographia Germaniae“, daß der Graf von Manderscheid – zeitweise Schultheiß des Stiftes Essen in Breisig – römische „Steinmonumente“ aus dem Breisiger Ländchen auf seine Burg nach Blankenheim bringen ließ. Die Plünderung der Gräber aus der Zeit der fränkischen Landnahme in Breisig begann vor hundert Jahren. Um 1890 hatten zwei Andernacher Schatzgräber, der Fotograf Gottfried Lindlohr und der Kaufmann Jacob Schmilz, auf ihrer Suche nach archäologischen Altertümern aus der Zeit vor Christi Geburt als erste an der Landstraße in Niederbreisig und landein am Frankenbach in Oberbreisig zwei große unberührte fränkische Gräberfelder entdeckt. Der eine Schwerpunkt lag in einem Bereich der Rhein-Niederung, in dem zur Zeit der fränkischen Landnahme – neben der alten Siedlung auf der Höhe von Oberbreisig – Einzelhöfe entstanden waren. Einer dieser Höfe lag an der Talstraße unweit dieser Begräbnisstätte zwischen den heute zum Rhein führenden beiden Straßen Biergasse und Schmittgasse.

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Diese vergoldete Bronzefibel aus der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts wurde in Breisig gefunden und zählt heute zu den Schmuckstükken des Metropolitan Museum of Art (Gift ofJ. Pierpont Morgan 1917/17.193.83).

Schätze aus 54 Frauengräbern

Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts fielen diese Grabanlagen dem Breisiger Postverwalter Friedrich Jakob Queckenberg wie eine reife Frucht in den Schoß, als sich die Ander-nacher Schatzgräber aus dem Grabungsgeschäft zurückzogen. Vorher nur Teilhaber des Unternehmens übernahm er die Ausgrabungen nun völlig in eigene Regie. Um den „Markt“ für diese Altertümer, für die damals vor allem in Kreisen des Adels und der Neureichen eine große Aufnahmebereitschaft bestand, zu testen, hatten sie schon drei Jahre nach Beginn ihrer Ausgrabungen zwei Auktionen durchführen lassen. Die erste fand Ende November 1893 durch M. Lempertz Antiquariat (F. Hanstein) in Bonn statt. Im Juni 1896 folgte eine zweite, diesmal beim Kunst- und Antiquariatshaus Carl Offermann in Köln. Während der Bonner Katalog „Fränkisch-Römische Antiquitäten herstammend aus den Ausgrabungen des Niederbreisi-gerTodtenfeldes“ anonym, ohne die Namen der Ausgräberzunennen, anbot, sprach der Kölner Katalog offen von der „reichhaltigen und ausgewählten Sammlung germanischer und fränkischer Altertümer aus dem Besitze der Herren Fr. Queckenberg in Niederbreisig und Jac. Schmilz in Andernach“.

Diese Versteigerungen erfolgten schon zu einer Zeit, als die Schatzsucher mit ihren Angaben und Fotos allein für die in diesen beiden Katalogen angebotenen vollständigen Funde von Beigaben aus 54 Frauengräbem zeigten, wie umfangreich die Funde in diesen Grabfeldern, auf denen der Postverwalter nach dem Ausscheiden derAndernacher allein tätig war, insgesamt gewesen sein müssen.

Die im Rheinland seßhaft gewordenen Franken bestatteten ihre verstorbenen Frauen mit einem überaus reichen Schmuck, wie die heute noch vorhandenen Originalfotos aus den Anfangsjahren der Grabungen und ersten Auktionen erkennen lassen. Was die Gräber der Männer betraf, so hatten die Franken die alte Sitte der Germanen aufgegeben, die Männer mit ihren Waffen zu verbrennen. Sie hatten stattdessen den römischen Brauch der Erdbestattung übernommen, jedoch wie bisher die Beigabe von Waffen beibehalten, während sie den Frauen reichen Schmuck ins Grab gaben.

Zeit der Völkerwanderungen

Die 1890 entdeckten Gräberfelder in Niederbreisig und der ab 1895 ebenfalls völlig ausgeplünderte Friedhof unweit der Ockenfeld-Mühle am Frankenbach in Oberbreisig stammen aus der Zeit der großen Völkerwanderungen. Vor allem seit dem dritten und vierten Jahrhundert n. Chr. waren immerwieder germanische Gruppen von Osten über den Rhein vorgestoßen und hatten die linksrheinischen, zunächst noch von den Römern gehaltenen Gebiete am Mittelrhein bis tief nach Belgien und Frankreich hinein zeitweise in ihre Gewalt gebracht.

Der Taktik Roms gelang es, neben anderen vor allem die Stämme der Franken in einer behutsamen Abhängigkeit auf linksrheinischem Gebiet anzusiedeln und als Prellbock gegen andere nachdrängende Stämme und vor allem als Verbündete im Kampf gegen die Hunnen zu benutzen. Jedoch konnte Rom seine zerbröckelnde Herrschaft nur noch für kurze Zeit halten, bis es 406 n. Chr. seine Legionen aus dem Rheinland zurückziehen mußte.

Die beiden großen Gräberfelder in Breisig deutet die Archäologie als Zeichen dafür, daß am Mittelrhein während der Völkerwanderungen keine völlige Bevölkerungsleere entstanden ist. Denn die Bewohner hätten sich auf die Fluchtburgen, wie sie im Rheinecker Berg auf der Reutersley und auf dem Brohler Dicktberg über dem Brohlbach bestanden, oder auf große Landgüter bei Waldorf als Dauerwohnplätzen für lange Zeit zurückziehen können.

Als die Franken um 400 n. Chr. – etwa 200 Jahre nach ihrem ersten Vordringen in linksrheinische Gebiete – mit einer neuen Kolonisation begannen, übernahmen sie in der Regel nicht noch vorhandene römische „villae“, sondern siedelten meist auf eigenen neuen Höfen, vielfach aber auch auf den Trümmern verlassener römischer Höfe. So dürfte nach Ansicht von Professor Otto Kleemann1) auch die sicherlich aus dem ersten Jahrhundert n. Chr. stammende „villa“ (Ansiedlung) in Oberbreisig nach dem Beleg der Funde bis in die fränkische Zeit überdauerthaben. Vorallem in der Nähe des Mönchshofes in Oberbreisig wurden noch zwischen 1920 und 1960 Münzen mit dem Bild der römischen Kaiser aus der Zeit von 268 bis 492 n. Chr. gefunden.

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Der amerikanische Sammler J. Pierpont Morgan erwarb 1910 über einen deutschen Händler am den Grabungen des Posthalters Jakob Queckenberg 412 wertvolle fränkische Grabbeigaben seine Sammlung wurde dadurch die größte der Welt. Die 41 Beigaben dieses Fotos stammten aus einem Breisiger Frauengrab und wurden im ersten Katalog der Morgan-Sammlung 1910 vorge stellt. Neben einer besonders prächtigen Halskette aus 77 verschiedenen Glasperlen gehören dazu eine Rundscheibe mit Almadinen, ein Kreuz und ein Haarkamm.

Schmuck aus Gold, Silber und Bronze

Bei den Grabbeigaben, die auf den fränkischer Friedhöfen – meist in Holzsärgen – mehr als tausend Jahre ausgegraben wurden, handelte es sich um Funde, die selbst für die Wissenschaft sensationell waren. Zahl und Wert des Schmucks lassen nach den von 1893 bzw. 1896 und im ersten Katalog dei Morgan-Sammlung von 1910 – vor allem an Hand der beigegebenen Fotos als optischer

hier bestatteten Toten um Angehörige bedeutender Familien gehandelt haben muß. Originale dieser Schätze, wie sie auch das Bonner Landesmuseum aus Breisiger Frankengräbern besitzt, vermitteln dem Betrachter einen vollen Eindruck von der großen Kunstfertigkeit der fränkischen Goldschmiedewerkstätten, wie sie an Königshöfen und Pfalzen außer in Köln und Trier vor allem im nahen Andernach, aber auch in Sinzig und Remagen bestanden haben. Im ersten Verkaufskatalog von 1893 befanden sich unter dem Schmuck aus vierzig Gräbern goldene und silberne Gewandklammern in Scheibenform, sog. Scheibenfibeln in reicher Filigranarbeit und mit Steinen besetzt, Fingerringe, zum Teil mit Monogramm versehen und Ohrringe aus Silber sowie Armbänder aus Bronze. Zu diesen aus Frauengräbern stammenden Schmuckstücken gehörten jeweils ein Hornkamm, eine Perlenkette, zum Teil aus Achat und mit Amethysten besetzt, sowie ein Trinkglas und ein oder zwei goldene Fibeln in Vierpaß-Form. Von besonderem Reiz auch die Beigaben eines weiteren Grabes: zwei reich gravierte große Bronzefibeln in Tiergestalt, eine Schnalle und Ring aus Bronze sowie eine große Perlenkette. In jedem Grab lagen ein verziertes Glas und ein Tongefäß. Bei tauschierten dreiteiligen Gürtelschnallen war Edelmetall in das unedle Grundmetall eingehämmert.

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Vierzehn Grabbeigaben zählt die Erläuterung zu diesem Foto aus dem ersten Morgan-Katalog auf den Seymour de Ricci im Juli 1910 in Paris herausgab. Zu den Beigaben gehören neben eine. Halskette aus 77 „Perlen“ verschiedener Größe, Form und Farbe und einer großen Gürtelschnallt eine ungewöhnlich gut gestaltete goldene Scheibenfibel mit roten und grünen Steinen, die in de. Form eines Malteser-Kreuzes angeordnet sind, ein anhängender runder und flacher Bronze schmuck sowie verschiedene Ringe aus Bronze.

Die zweite Auktion, die von den drei Breisiger Schatzsuchern 1896 in Bonn veranstaltet wurde, hatte zwar unter 110 fränkischen Angeboten nur vierzehn geschlossene Grabfunde aus Brei-sig. Aber bei ihnen gab es eine ganze Reihe exzellenter Arbeiten. Jeder Grabfund bestand durchweg aus Halskette, Ohrringen, Gürtelschnallen, bronzenem Fingerring und Fibeln. Von einem Fund wird eine goldene Fibel von 40 Millimeter Durchmesser ausführlich beschrieben: Sie besaß in der Mitte einen Kopf mit Lorbeer, der von kranzförmiger Verzierung und einem Band mit Inschrift umgeben war. Eingerahmt wurde die Fibel durch einen silbergetriebenen Rand. Dazu kamen zwei schlangenför-mig gearbeitete silberne Ohrringe, zwei Sandalenschnallen mit reicher Ornamentverzierung und eine Halskette aus vielfarbigen sogenannten Millefiori-Perlen sowie von Glasflußperlen.

„In finsterer Nacht“ ins Ausland?

Zu Lebzeiten von Postmeister Friedrich Jakob

Queckenberg hatte das Rheinische Provinzialmuseum in Bonn diese umfangreiche Sammlung besichtigen können; zum direkten Ankauf irgendeines Fundstücks kam es jedoch nicht. Nach seinem Tode am 1. Januar 1910 war eine solche Besichtigung Professor Dr. H. Lehner, dem Direktor dieser aus zwei Museen hervorgegangenen Zentrale für archäologische Funde im Rheinland, nicht mehr gestattet worden.

Verwalter der Breisiger Queckenberg-Sammlung war damals für die beiden Kinder der jüngere, am 9. Oktober 1872 geborene Bruder Wilhelm Josef, Rentmeister der Gemeindekasse und Nachfolger als Postverwalter. Es war aber offensichtlich eine Ausrede, wenn Professor Lehner mit dem Hinweis abgespeist wurde, die Sammlung sei wegen Umzug verpackt oder zur Neukonservierung verschickt. Dagegen lernte Professor Lehner die ihm bis dahin umbekannte Sammlung kennen, die auch dieser jüngere Queckenberg durch Grabungen vor allem in der Voreifel und auf dem Maifeld zusammengebracht hatte.

Da das Schicksal der Frankenschätze aus den Breisiger Gräberfeldern zunehmend hinter einem Schleier der Geheimhaltung verborgen gehalten wurde, gingen nicht nur die Archäologen ihrem Verbleib nach. Umfang und Erfolg der Grabungen, die von Breisig aus im Verlauf von nur zwei Jahrzehnten betrieben worden waren, wurden einer breiteren Öffentlichkeit jedoch erst bekannt, als zwei Jahre nach dem Tod des älteren Queckenberg-Bruders Artikel in der Kölnischen Zeitung der Frage nachgingen, ob die „Schatzkammer von Breisig“ überhaupt noch gefüllt oder schon leer gemacht worden sei. „Man munkelte in dem Orte von einer Schatzkammer, die im Keller eines Privathauses verborgen sein sollte“, heißt es in dem Artikel2). „Die einen wollten wissen, sie sei noch gefüllt mit kostbaren Geschmeiden, die ihr Besitzer in Heidengräbern gefunden habe; die anderen behaupten, sie sei jetzt leer, die Schätze seien kürzlich in finsterer Nacht von einem geheimnisvollen Auto abgeholt worden“. Deutschland habe unersetzliche, wertvolle Zeugnisse seiner Vor- und Frühgeschichte verloren, seine Archäologen seien um wichtige neue Erkenntnisse der deutschen Geschichte betrogen worden, wurde resignierend festgestellt.

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Ein wichtiger Grabfund wurde bei der zweiten Auktion in Bonn 1896 versteigert. 
Er bestand aus zwei Fibeln in Form eines Pfauenschwanzes, dessen spitzes Ende als Menschenkopf 
ausgebildet ist, dazu eine Bronze-Schnalle, eine Halskette sowie eine Haarzange.

In der Tat waren große Teile der Breisiger Grabfunde, wie der jüngere Queckenberg schließlich zugestand, schon Jahre zuvor in die Hand von Kunsthändlern gelangt; diese Stücke könnten über sie möglicherweise auch in die berühmte Sammlung John Pierpont Morgan in die USA abgewandert sein. Er selbst als Nachlaßverwalter habe lediglich „im Interesse eines unheilbar kranken und pflegebedürftigen Kindes nur noch einen kleinen Rest verkauft“. Sein Bruder Friedrich Jakob habe vielmehr – außer auf den beiden ersten Auktionen 1893 und 1896 und durch Einzelverkäufe – „kurz vor seinem Tode den größten und erlesensten Teil nach Bonn und Köln verkauft“. Ihm selbst sei bei seinem eigenen Verkauf zugesagt worden, „die Sachen würden im Lande bleiben. Ob trotzdem Teile dieses Restes nach Amerika gewandert und vielleicht von P. Morgan durch Unterhändler seinen bei Auktionen erworbenen Gegenständen beigefügt worden seien, kann ich natürlich nicht untersuchen“.

„Wallfahrtsort für Altertumsfreunde“

Er jedenfalls, so versicherte Wilhelm Josef Quekkenberg, habe direkt „kein Teil an Morgan oder überhaupt ins Ausland verkauft“. Im Gegenteil, so stellte er fest, habe „ich dafür Sorge getragen, daß meine in ihrer Eigenart und Reichhaltigkeit einzig in der Welt dastehende Sammlung meinem Heimatorte erhalten bleibt und hier später in einem Museum der allgemeinen Besichtigung zugänglich werde.“ Diese Mitteilung machte Wilhelm Josef Queckenberg im September 1912, fast drei Jahre nach dem Tode seines Bruders. Wie sehr all diejenigen recht hatten, die diese Anschuldigungen gegen seinen Bruder in Zweifel zogen, wird durch das Ergebnis der seither erschienenen Publikationen über die Schätze im Morgan-Museum bestätigt.

Offensichtlich diente das alles einer bewußten Irreführung der lokalen und breiten Öffentlichkeit über seine Geschäftspraktiken, während die deutschen Archäologen die Wahrheit bereits Mitte April 1911 aus einer Mitteilung des Metropolitan Museums kannten: Daß Morgan nicht nur einige wenige Stücke auf dem „freien Markt“ erworben hatte, sondern mehr als 400 Fundstücke aus der Sammlung des älteren Queckenberg besaß und dem berühmten New Yorker Museum als Leihgabe übergeben hatte. Mit der gesamten Morgan-Sammlung erhielt es sie 1917 als Geschenk.

Erste exakte Hinweise über den Weg der Breisiger Sammlung nach New York enthielt bereits die Mitteilung der Morgan-Sammlung von 1910, als sie feststellt: „Die Sammlung, die (Friedrich Jakob) Queckenberg geschaffen hat, wurde nach seinem Tod mehreren deutschen Museen zum Kauf angeboten und vor kurzem von Mr. J. Pierpont Morgan gekauft“. So der italienische Archäologe Seymourde Ricci in seinem ersten „Catalogue“ von 1910, den er in Paris mit 32 Seiten Abbildungen als Privatdruck für die Familie herausgab.3)

Nach einem Bericht des Archäologen Stephan Foltiny gelangten die Fundstücke überwiegend geschlossen über den Mainzer Antiquar Reiling an die Morgan-Sammlung in New York4). Sie stellten seinerzeit – neben weiteren Aufkäufen für Morgan vor allem durch den Pariser Antiquar Stanislaw Baron – ein Drittel der Schätze dieser damals bedeutendsten Privatsammlung aus der Zeit der Völkerwanderung dar. Morgan erwarb die Breisiger Frankenschätze, weil er mit ihr seine eigene Sammlung merowingischer Altertümer ergänzen wollte. Denn dadurch habe er seine von Baron geschaffene Sammlung „ausgezeichneter fränkischer Objekte durch eine große Kollektion von unbestritten wissenschaftlicher Bedeutung“ vervollständigen können.

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Die Schränke der Breisiger Schatzsucher waren auch mit Funden aus anderen Zeitepochen
reich befüllt. Oben: Sigillata-Gefäße und -Teller sowie römische Krüge und Gläser; die drei unteren
Fächer enthalten Beigaben aus fränkischen Frauengräbern, darunter auf Funde vom Maifeld.

„Lex Queckenberg“

Der Morgan-Katalog von 1910, der als Privatdruck für die Familie der Öffentlichkeit nicht bekannt wurde, verdeutlicht, wie sehr der ältere Queckenberg – zwar ein Grabräuber im Sinne der heutigen Gesetze – Wert auf die Sammlung von Qualität legte. Die alten Zeugen einer langen und großen rheinischen Geschichte, die er aus den Breisiger Gräberfeldern zusammentrug, zeigen ihn als einen offensichtlich auch idealistisch begeisterten Sammler. Einen großen materiellen Lohn aus den Erfolgen seiner Arbeit hat er selbst nicht mehr erleben können, da ein früher Tod ihn hinwegraffte.

Den Lohn seiner zwanzigjährigen Arbeit erntete sein Bruder Wilhelm Josef. Er kaufte aus der Veräußerung der Sammlung des Bruders und der Funde, die er vor allem in Oberbreisig und auf dem Maifeld gemacht hatte, Schloß Hülchrath nördlich von Grevenbroich, ehedem Eigentum der Kölner Erzbischöfe. Der Besitz kam jedoch im ersten Weltkrieg unter den Hammer, so daß Queckenberg sich nach Bonn ins Elternhaus seiner Frau zurückziehen mußte. Er starb 1930 kinderlos.

Die von den Gebrüdern Queckenberg über zwei Jahrzehnte lang betriebene private Suche nach archäologischen Fundstücken war damals nicht illegal. Die Fundstücke blieben unbeschränktes Eigentum der Finder. Erst durch das preußische Grabungsgesetz vom 26. März 1914, das man in Fachkreisen allgemein als „Lex Queckenberg“ bezeichnete, wurde die Suche in Gräberfeldern erstmals gesetzlichen Regelungen unterworten. Heute gelten hierfür in allen deutschen Ländern strenge Bestimmungen zum Schutz der Kulturdenkmäler, in Rheinland-Pfalz mit Gesetz vom 23. März 1978.

Anmerkungen

Die Darstellung über die Breisiger Grabfunde beruht auf den Archivalien aus dem früheren Stadtarchiv von Bad Breisig: sie befinden sich heute im Landeshauptarchiv Koblenz Abt. 709 Nr. 320. Daß diese Archivalien wiedergefunden wurden, ist der Initiative und Umsicht von Pastor Leonhard Meurer zu danken, der das Archiv zeitweise betreute. Bei seinen heimathistonschen Arbeiten entdeckte er unter alten bisher unbeachteten Akten Originalfotos der Breisiger Grabfunde aus den Jahren der altesten Grabungszeiten, Als er darüber berichtete, erhielt er von dem Breisiger Zahnarztehepaar Schlieber Exemplare der beiden ersten Auktionskataloge von 1893 und 1896. Sie waren 1927 in ihrem Wohnhaus, dem alten Queckenbergischen Haus, gefunden und seither sorgfaltig aufbewahrt worden.

Im übrigen sei auf folgendes verwiesen:

  1. Otto Kleemann, Vor- und Frühgeschichte des Kreises Ahrweiler Archiv für deutsche Heimatpflege. Köln 1971
  2. Kölnische Zeitung von 15. September 1912
  3. Seymour de Ricci. Catalogue of a Collection of Germanic Antiquities belonging to J. Pierpont Morgan. Paris 1910
  4. Stephan Foltiny. Gleicharmige Fibeln aus Niederbreisig im Metropolitan Museum of Art. New York (Bonner Jahrbücher 174 1974), Katherine Reynolds Brown, Frankish Art in Amencan Collections (The Metropolitan Museum of Art. New York)