„Als Petrus einmal seine Himmelspforte zudonnerte…“
„Als Petrus einmal seine Himmelspforte zudonnerte …“
Friedhelm Schnitker
Es war einmal…, so könnte man diese Geschichte aus unserem Dorf beginnen lassen, und man hätte Recht, so zu verfahren, denn es war Inder Tat an einem Sommerabend in unserem Dorf. Der Himmel leuchtete gelbrot gefärbt in der Abenddämmerung und eine wohltuende Kühle erquickte Mensch und Tier.
In der Kneipe im Schatten der wuchtigen Dorfkirche hatte sich eine Runde stiller „Klähfbotze“ und lauter Zecher eingefunden. Man hockte an den blank gescheuerten Holztischen, labte sich an kühlen Getränken und räucherte langsam die Wirtsstube ein.
Besonders der stille „Schöhfe Pitte“ entlockte seiner irdenen Pfeife dichte Rauchwolken. Die Stille war ihm irgendwie zugewachsen während seiner Jahre als Hirte seiner ansehnlichen Herde Schafe. Und während er so, in irdischen Tabaksrauch eingehüllt, da saß, sprach die Runde ihn an auf seine geheimnisumwobene Kraft, den „Dunnerkeilen“ zu gebieten.
Pitte, die Tonpfeife im Mundwinkel, den weiß gelockten Kopf etwas schief in eine Hand gestützt, schaute in die Runde, runzelte seine Stirn und behutsam, in gedämpftem Ton, lösten sich von seinen Lippen die Worte: „Also, dat woe esu!“
Zeichnung: Uli Görtz
Und er erzählte, wie er mit seiner Herde aus unserem Dorf zu seinen saftigen Bachwiesen zog, als der Himmel sich schnell grauschwarz verdunkelte und bald ein gewaltiger Donnerschlag seine Schäflein in Furcht auseinanderstieben ließ.
„Do hann ech erop jeguck on hann jerohfe: „Hüe op! Dau mähs meng Schoof feschreck, Pitte!“. Doch entweder hatte nun der himmlische Petrus als Himmelstorverwalter die mahnenden Worte seines irdischen Namensvetters überhört oder ein heftiger Windstoß hafte die Himmelspforte mächtig geöffnet, Pitte schaute jedenfalls in die Runde und fuhr fort: „Do kraach dat at noch ens. Dat awe woe zefill. Ech han jerofe: „Pitte, maach dat net noch ens! Hüe met demm Klaatsche op! Soss son ech demm Hehr do owe emohl, bat dau all fekiet michs!“
Und tatsächlich, Pitte beteuerte, seine Stimme zu leiser Feierlichkeit senkend, daß nur noch ein leichtes Grollen in der Ferne zu hören gewesen sei. Er verschwieg freilich auch nicht, daß er dem „Üweschste“ ein andächtiges Gebet emporgesandt habe, so von Hirte zu Hirte.
Pitte schaute in die Runde, seine grauen Augen wurden fast von den buschigen, weißen Augenbrauen verhüllt, sein Kopf senkte sich und es schien, als tauche sein Haupt statt in dichten Tabaksqualm in eine geheimnisvolle Wolke himmlischer Herkunft ein. Und aus dieser Wolke ertönte plötzlich des irdischen Piftes Stimme, nun kraftvoll tönend „Joh, su woe dat met demm Pifte do owe!“
Und seit dieser Zeit wußte man in unserem Dorf, daß, wenn „de Schöhfe Pitte“ mit seiner Herde aus dem Dorf auszog, fort zu seinen Weideplätzen, der „himmlische Pifte“, trotz aller Vorzeichen dräuenden Unwetters, sein mächtiges Tor sorgsam geschlossen hielt, um sich keinen Rüffel seines Allerhöchsten wegen „Dürreklaatsche“ zuzuziehen.