Rock-Musik im Kreis Ahrweiler – Hiesige Gruppen und Musiker schauen über die Kreisgrenzen hinaus
In unserem Landkreis erweist sich auch der Kulturbereich Musik so breit gefächert, wie es der Bevölkerung entspricht. Gesangsvereine, Haus- und Kammermusik-Kreise, Tambourcorps, Musikschulen, Blasorchester, Tanzkapellen, Folkloregruppen und vieles mehr sind nicht wegzudenkende Aspekte unseres kulturellen Lebens. Nachfolgend beschäftigen wir uns allerdings allein mit der Rock-Musik im Kreis Ahrweiler und damit dem musikalischen Bereich, an dem sich seit seinem Aufkommen in den sechziger Jahren die Geister scheiden. Was für die einen Ausdruck von Lebensgefühl und von Kraft ist, gepaart mit der Möglichkeit zur Identifikation und zur Abgrenzung, bedeutet für andere schlichtweg Krach. Aber Rock-Musik ist inzwischen kein Markenzeichen nur einer einzigen Generation. Viele derjenigen, die die Geburt der Rock-Musik miterlebten, sind inzwischen selbst in die Jahre gekommen, und Freunde der Rockmusik sind in jeder Altersgruppe vertreten. Darüber hinaus sind die Grenzen zur Unterhaltungsmusik, Volksmusik und anderen Spielarten längst verwischt.
Trotzdem ist es gerade die Rockmusik, die im Leben junger Leute eine ganz besondere Rolle spielt. Hier findet der junge Musiker ein Ausdrucksfeld mit unendlich vielen kreativen Aspekten und Möglichkeiten. Während bei den meisten Spielarten des Musizierens das Beherrschen der Stimme oder des Instrumentes überwiegend für die Reproduktion von fertigen Musikvorlagen geübt und dann eingesetzt wird, kommt der Notenfestigkeit in der Rock-Musik so gut wie keine Bedeutung zu. Egal ob die Gitarre, das Schlagzeug oder die Orgel mit Lehrer, in der Musikschule oder autodidaktisch erternt wurden, in der Band gilt es, die erworbenen Fertigkeiten zu nutzen, um die eigenen Songs zu kreieren. Kaum sonstwo kann dem eigenen Lebensgefühl derart kreativ Ausdruck verliehen werden – das gilt für die Komposition genauso wiefürdieTexte. Das musikalische Niveau muß hier keine Grenze schaffen, denn jeder, der gerade mal drei Griffe auf der Gitarre kann, wird ermutigt, damit zu experimentieren und Eigenes zu schaffen. Genau das läßt die Rock-Musik zu einem ganz besonderen Lebensbereich werden. Neben der kreativen Komponente sei auch noch eine andere Facette der Rock-Musik erwähnt. Immer dann, wenn es galt, sich zu engagieren, waren auch Vertreter der Sparte Rock mit in der ersten Reihe. Erinnert sei an das Kultur-Festival „Ahr-Mix“, das für Toleranz zwischen den hier lebenden Nationalitäten warb oder die verschiedenen Benefiz-Konzerte für den an Leukämie erkrankten Wolfgang Bünnagel.
Egal, wie man zu dieser Musikrichtung stehen mag, seit dem Siegeszug der elektrisch verstärkten Gitarren, die zum treibenden Beat eines kräftigen Schlagzeuges eingesetzt wurden, ist auch die Rock-Musik im Kreis Ahrweiler fester Bestandteil des kulturellen Lebens. Unzählige Bands haben sich seit den Anfängen der Sechziger in Kellern, Garagen, Schuppen usw. getroffen und treffen sich immer noch, um ihrer Leidenschaft nachzugehen. Manche lösen sich auf, ehe sie den Sprung in die Öffentlichkeit wagen, andere können auf jahrelange Bühnenerfahrung zurückblicken.
Stellvertretend für die vielen Bands und Musiker, die in 35 Jahren Rock-Geschichte auch im Kreis Ahrweiler kamen und gingen, folgen vier Porträts von Musikern und Bands, die in den letzten Jahren über die Kreisgrenzen hinausschauen konnten und die Ahrkreismusik somit auch überregional vertreten.
„menino“ hilft und bietet hervorragende Musik –
Musiker engagieren sich für brasilianische Straßenkinder
„Wer sie einmal kennengelernt hat, den lassen sie nicht mehr los“. Gemeint sind Straßenkinder in Brasilien. Stephan Glöckner aus Ahrweiler lernte dort 1987 in Maceiö junge Leute kennen, die in einem dort ansässigen Straßenkinderprojekt arbeiteten, wo ansonsten sich selbst über-lassene Kinder wieder Sinn und Lebensperspektiven erhalten. Die Arbeit dort fesselte ihn so, daß sie ihn fortan nicht mehr los ließ und er sich auch weiterhin in Deutschland damit beschäftigte.
Die Band „menino“.
Mittlerweile fährt er regelmäßig nach Maceiö, bringt Spendengelder dorthin und informiert sich über deren Verwendung und die Entwicklung der Arbeit mit den Kindern.
Aus diesem Engagement heraus entstand im Herbst ’93 die Band „menino“. Und das mit zweifacher Zielsetzung: einmal sollte in den Songs selbst musikalisch auf die Aktion hingewiesen werden, und andererseits sollten durch Auftritte Spendengelder eingespielt werden. Nach einigen vielbeachteten Konzerten wurde eine breite Öffentlichkeit auf „menino“ aufmerksam, als sie ein Jahr nach ihrer Gründung ihre erste in Eigenregie produzierte CD „Uma nova manha – ein ganz neuer Tag“ – der Öffentlichkeit vorstellte.
Nun ging es Schlag auf Schlag. Es folgten Konzerte in der ganzen Bundesrepublik, und nach einigen Radiosendern wurde auch das Fernsehen auf dieses einzigartige Projekt aufmerksam. Inzwischen ist „menino“ ein eingetragener Verein, mit dem Ziel, nach Abzug der Unkosten, das durch Konzerte und Plattenverkäufe eingespielte Geld auch weiterhin dem Straßenkinder-Projekt in Maceiö zukommen zu lassen.
Den großen Erfolg von „menino“ durch den Benefiz-Charakterallein zu erklären, wäre allerdings eine verkürzte Sichtweise. Grundvoraussetzung, um über Jahre auf sich aufmerksam zu machen, das darf man nicht vergessen, ist in erster Linie die musikalische Qualität der Pop-Fusions-Band „menino“. Mit ihren fünf festen und vier bis zehn Gastmusikern hat sie sich darauf spezialisiert, brasilianische Musikkultur in die gewachsene europäische Popmusik einzubinden. Das belegen auch eindrucksvoll die zwölf Titel der zweiten CD, die zeigte, wie sich eine Verschmelzung von lateinamerikanischen Harmonie- und Rhythmusstrukturen mit amerikanischen und europäischen Musikelementen anhören kann. „menino“ singt und schreibt dabei in erster Linie portugiesisch und deutsch, in zweiter Linie englisch und bedient sich verschiedenerinstrumente aus Europa und Lateinamerika. Dabei werden Musikstile vermischt, die selbst schon Resultate von vorausgegangenen Mischprozessen sind und immer wieder neue interessante Kombinationen bilden. Die Texte, die im CD-Begleitheft in Originalsprache und in deutscher Übersetzung abgedruckt sind, handeln auch weiterhin von politischen und gesellschaftlichen Problemen der Welt. Der Name leitet sich ab von dem portugiesischen Wort „menino“, was soviel bedeutet wie Kind oder kleiner Junge.Erfolgreich in der heimischen Mundart -Nachwuchsband „Courage“
Seit 1992 gibt es die Gruppe „Courage“, deren Markenzeichen die Rockmusik in heimischer Mundart ist. „Wir singen in der Sprache, die wir auch sprechen“ lautet ihr Motto. Die beiden Songschreiber Dirk Schoenmackers und Michael Ley verarbeiten dabei ihre täglichen Erfahrungen, lassen Sozialkritisches anklingen oder verpacken Zwischenmenschliches wie Liebe, Freud und Leid in ihre Kompositionen. Neben diesen ausnahmslos in Platt geschriebenen Texten sind es die instrumentale Vielfalt der fünf Musiker aus Bad Neuenahr-Ahrweiler, der mehrstimmige Gesang und die geschickten Arrangements, die diese Band auszeichnen und damit zu ihren Erfolgen beigetragen haben.
Denn ihr Erfolg kann sich wirklich sehen lassen. Vier Jahre nach ihrer Gründung wurde „Courage“ in Mendig zunächst zum Eifel-Rock-Meister gekürt, und nur wenig später siegte die Band gegen starke Konkurrenz gar beim „Landesnachwuchswettbewerb Rock und Pop“ in Rheinland-Pfalz.
Sozusagen als Rheinland-Pfalz-Meister vertraten sie somit ihr Bundesland beim abschließenden Bundeswettbewerb. Hier ging es schon um Plattenverträge. Nicht zuletzt wegen ihrer wohl nur regional zu vermarktenden Sprache, gehörten sie am Ende leider nicht zu den drei Bundessiegern. Kein Grund für Michael Ley, Dirk Scho-enemackers, Jörg Götz, Franz Schmiddem und Marco Kriechel enttäuscht zu sein, war die Aktion doch eine aufregende und lehrreiche Erfahrung. Und keine Band aus dem Ahrkreis ist bisher auch nur annähernd so weit gekommen. Zudem warteten zu Hause noch andere Aufgaben. Denn verbunden mit dem Landessieg war die Produktion einer eigenen Maxi-CD. Vier Songs aus ihrem umfangreichen Material mußten dafür in einem professionellen Studio eingespielt und abgemixt werden. Seit Beginn diesen Jahres ist dieser Tonträger erhältlich. Darüber hinaus warteten Radioeinsätze in SWF 3 und RPR 1 auf die Musiker sowie die Teilnahme an der Rookies-Night des SWF 3-New-Pop-Festi-vals in Baden-Baden und nicht zu vergessen, ein Auftritt auf der Nebenbühne beim größten deutschen Rockfestival „Rock am Ring“.
Die Nachwuchsband „Courage“.
Nach diesem wirklich ereignisreichen Jahr 1996 hat sich die Band für einige Monate von der Bühne zurückgezogen, um in Ruhe neues Material einzustudieren. Ab Oktober/November 1997 soll es dann wieder Live-Auftritte von der sympathischen Band geben, dann selbstverständlich mit einer ganzen Reihe neuer Songs. Gefragt nach weiteren Zielen sind sich dieJungs einig: „Einmal ein eigenes Album zu produzieren und beim „Rock am Ring“ auf der Hauptbühne zu stehen.Seit 10 Jahren mit Deutschrock auf Tour -„Neo Deo“ erster Landessieger aus dem Ahrkreis
Bereits auf eine zehnjährige Bandgeschichte kann die im Raum Adenau beheimatete Rockgruppe „Neo Deo“ in diesem Jahr zurückblicken. Grund genug, die vergangenen zehn Jahre noch einmal Revue passieren zu lassen, denn nur wenige Gruppen im Kreis Ahrweiler konnten bisher dieses Alter vorweisen.
Mit dem Ziel, selbstkomponierte und getextete Rockmusik in Deutscher Sprache zu machen, wurde „Neo Deo“ im April 1987 in Insul gegründet, später wurden die Proben nach Antweiler verlegt. Alle Gründungsmitglieder hatten bis dahin schon Erfahrungen in anderen Bands wie zum Beispiel „Jopp“, „Virus“ oder „Ad Acta“ gesammelt.
Von den sechs Gründungsveteranen sind heute immerhin noch die drei Musiker mit dabei, die das musikalische Bild von Anfang an mitgeprägt hatten wie Sänger Guido Hölzerner und die beiden Gitarristen Oswald Ruiand und Bernd Breuer. Ergänzt wird das Trio durch Schlagzeuger Jörg Wald und Chris Günther am Baß. Schon die ersten Konzerte zeigten, daß die Band ihr Ziel mit viel Talent, Können aber auch Engagement und viel Ehrgeiz verfolgte, und nach jedem Auftritt vergrößerte sich ihre Fange-meinde. Bereits zwei Jahre nach ihrer Gründung konnte die Gruppe ihren ersten Tonträger, die Mini-LP „So oder So“ der Öffentlichkeit vorstellen. Die zweite Veröffentlichung, eine Mu-sik-Cassette aus dem Jahre 1991, wurde gleich über 2000mal verkauft.
Zu einem besonders erfolgreichen Jahr wurde 1992. Mit dem Song „Nie wieder“, der die zunehmende Ausländerfeindlichkeit thematisierte, gewann „Neo Deo“ den SWF-3 Landesrockwettbewerb, bei dem die Zuschauer per Ted die Siegerband wählen konnten. Die CD-Produktion „Die Geister, die ich rief“ gehörte zu den angenehmen Begleiterscheinungen dieses Sieges. Es folgten zahlreiche Auftritte in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Unter anderem war „Neo Deo“ Opener beim „Rock am Ring ’93“. Ebenfalls vor großem Publikum bewähren und Erfahrungen sammeln konnte die Band als Vorgruppe von „Brings“, „Klaus Lage“ und „Jocco Abendroth“.
Die Mitglieder der Gruppe „Neo-Deo“.
1995 war schließlich das Jahr des großen Umbruches. Drei Mitglieder verließen aus privaten Gründen die Band, so daß „Neo Deo“ vor einem musikalischen Neuaufbau stand. Unter anderem wurde auf das Keyboard verzichtet und der Sound wird nun vornehmlich durch Elektro- und Akustikgitarren erzeugt. Im März 1996 präsentierte die Band ihr Ergebnis erstmals der Öffentlichkeit und wie sich zeigte, wurde auch das neue musikalische Gewand von „Neo Deo“ von den Fans voll akzeptiert.
Im Laufe ihrer zehnjährigen Bandgeschichte kann „Neo Deo“ auf über 170 Konzerte zurückblicken. Und da die Musiker auch alte Songs immer wieder reaktivieren, umfaßt ihr Repertoire insgesamt über 70 Songs, da fällt die Songwahl bei einem Konzert nicht leicht. Und ein Ende der Aktivitäten ist bei „Neo Deo“ zur Zeit nicht abzusehen. So wird augenblicklich an einer neuen CD in Eigenproduktion gearbeitet, und weitere große Auftritte, sind geplant.Zurück aus Los Angeles – Guido Kehr, ein professioneller Schlagzeuger
Sein Geld mit Musik verdienen, dieser vielge-träumte Traum erfüllt sich bekanntermaßen nur bei sehr wenigen. Neben dem „großen Erfolg“ gibt es aber auch noch die Möglichkeit, diesen Traum über den Weg des soliden Handwerks“ zu verwirklichen. Ein Weg, den der Ahrweiler Guido Kehr eingeschlagen hat und der sein Hobby Musik zum Beruf gemacht hat. Bereits in frühster Kindheit faszinierte den 1964 geborenen Guido Kehr, der in der Musikszene schnell als „Mini“ bekannt wurde, das rhythmische Spiel mit den Trommeln und Stöcken, und so waren die Anschaffung eines Schlagzeuges und die Mitwirkung in lokale Musikbands die konsequente Folge dieses starken Interesses. Wieviele andere aus der Szene brachte er sich die ersten fundamentalen Kenntnisse an seinem Instrument selber ohne Notenkenntnis bei, durch Ausprobieren, Nachspielen und Beobachtung bei Live-Konzerten.
Guido Kehr aus Ahrweiler.
Die Stationen „Dr. Impf und die Polios“, „Banana Sptit“, „U-Bix“ und zuletzt die Police Coverband „Se Poließ“, sind den Musikfans des Ahrkreises sicher noch in bester Erinnerung.
Da autodidaktischem Lernen jedoch irgendwann Grenzen gesetzt sind, entstand bei ihm im Jahre 1989 das Bedürfnis, die Möglichkeiten seines Instrumentes durch einen Besuch der „Modern Drum School“ (MDS) in Koblenz „von Grund auf“ kennenzulernen. Hier wurde er Schüler von Hans-Peter Becker, dem Gründer der Schule. Die Intensivkurse des MDS ließen ihn von namhaften Schlagzeugern wie zum Beispiel Steve Hougthon, Joey Heredia und Steve Smith profitieren.
Schließlich reifte im Jahre 1993 der Entschluß, langfristig den Schritt in die Professionalität zu wagen. Nach intensiven Vorbereitungen an der MDS begann er 1995 das einjährige Studium an dem renommierten Percussion Institut ofTech-noiogy“ in Hollywood. Dort erhielt er Unterricht bei namhaften Schlagzeugmeistern wie Joe Porcaro, Ralph Humphrey, Schlagzeuger bei dem legendären Frank Zappa. Zahlreiche Drum-Workshops brachten frischen Wind in sein Spiel, und nach einem Jahr Aufenthalt in Los Angeles schloß er das Studium mit Auszeichnung ab.
Seit März 1996 nun hat sich Guido Kehr der MDS Idar-Oberstein angeschlossen und eröffnete bereits im April eine Filiale der Schlagzeugschule in Ahrweiler. Hier bringt Guido Kehr neben dem erfolgreichen und attraktiven Unterrichtskonzept des MDS, die heute schon an 30 Standorten im gesamten Bundesgebiet vertreten ist, seine in den USA gesammelten Erfahrungen mit ein. So ist es Teil des Konzeptes, mit Workshops an den hiesigen Schulen bereits in frühen Jahren die Begeisterung für dieses rhythmische Instrument zu wecken.
Aber keine Angst. Die Musikfans müssen nicht erst Unterricht -nehmen, um den „musikalisch gereiften“ Drummer Mini an seinem Instrument erleben zu können. Neben Aufträgen als Studiomusiker will Guido Kehr auch das Live-Spiel nicht vernachlässigen. So ister derzeitais Drummer bei der Sinziger Coverband „F.A.M.E“ zu hören. Außerdem wurde das für ein Jahr unterbrochene Projekt „Jazz-Trio“ fortgesetzt, und zur Freude vieler Fans ist „Se Poließ“ wieder gut im Geschäft.