Gedanken rund um den Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ im Kreis Ahrweiler

Zu den Anfängen des Wettbewerbs

Im Jahre 1961 wurde der Wettbewerb „Unser Dorf soll schönerwerden“ zum ersten Mal durchgeführt. Nach Jahren des Wiederaufbaus, der besonders in den Städten forciert worden war und zum wirtschaftlichen Aufschwung geführt hatte, wollte man auch auf dem Lande mit Verschönerungsmaßnahmen beginnen, um eine Verbesserung der Lebensqualität im ländlichen Raum herbeizuführen. Aus diesem Gedanken heraus entstand eine der größten Bürgerbewegungen der Nachkriegszeit: Der Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“. Er wurde für die finanzschwachen Gemeinden unter 3000 Einwohner ausgeschrieben, um die Eigeninitiativen zu wecken und zu fördern.

Die wichtigste Voraussetzung für die Teilnahme am Wettbewerb war das Vorhandensein eines rechtskräftigen Flächennutzungs- und Bebauungsplans, der eine geordnete Entwicklung im Straßen- und Hausbau garantierte.

Viele Baumaßnahmen nach dem Krieg hatten beispielsweise zu Versiegelungen von Hofflächen und damit zu schneller Ableitung von Regen- und Abwasser geführt, was mitunter fatale Folgen hatte und besonders nach starken Regenfällen u.a. zu überfluteten Kellern führte. Der ökologische Gedanke war damals noch weitgehend unbekannt. Die ländliche Bevölkerung stand noch immer unter dem Eindruck der „Erzeugungsschlacht“, der Lebensmittelerzeugung um jeden Preis.

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Liebevoll und denkmalgerecht restaurierte Fachwerkhäuser in Königsfeld.

In den ersten Jahren warderwettbewerb hauptsächlich auf das äußere Erscheinungsbild des Dorfes ausgerichtet, das vor allem bewertet wurde. Besonders die Dorffrauen traten in den Wettstreit um die schönsten Geranien ein. Überall wurden Kübel mit Blumen aufgestellt, die mittlerweile in vielen Züchtungen in den Gärtnereien angeboten wurden. Dies führte zu der etwas abschätzigen Bezeichnung der Aktion als „Blumenkübelwettbewerb“.Strukturwandel auf dem Lande

In den nachfolgenden Jahren bahnte sich dann nicht nur im Landkreis Ahrweiler eine Entwicklung an, die sich bis in das nächste Jahrzehnt auswirken sollte. Die Agrarpolitik wurde in den 60er Jahren durch den Eintritt der Bundesrepublik in die „Europäische Wirtschaftsgemeinschaft“ (EWG) weitgehend von Brüssel bestimmt. Dies bedeutete tiefgreifende Veränderungen und Eingriffe in das strukturelle und wirtschaftliche über Jahrhunderte bewährte Gefüge auf dem Lande.

Für den Wettbewerb bewirkte dies eine auf diese Entwicklung ausgerichtete Modifizierung.

Die neue Agrarpolitik zielte auf größere landwirtschaftliche Einheiten, denen sehr schnell die kleinen Betriebe zum Opfer fielen. Die Flurbereinigungen waren teils abgeschlossen oder auf den Weg gebracht, die Besitzverhältnise in und um die Dörfer weitgehend geregelt. Dieser Trend führte dazu, daß sich Landwirte mit viel Grundbesitz zur Aussiedlung auf das freie Feld entschlossen, was wiederum mit Zuschüssen bedacht wurde. Die Ländereien der aufgegebenen Höfe wurden dazugepachtet, so daß es dort zu lebensfähigen Wirtschaftseinheiten kam. Die Landwirte des Kreises Ahrweiler, die ihre Höfe aufgegeben hatten, suchten sich z. B. in den nahegelegenen Fabriken oder als Bauarbeiter in den Städten Bonn oder gar Köln ihre Arbeit. Dort galten sie als zuverlässige, genügsame und hart arbeitende Menschen.

Durch ein nunmehr geregeltes Einkommen, durch viel Eigenleistung und Nachbarschaftshilfe waren sie bald in der Lage, neue Häuser zu bauen. Ihre alten Fachwerkhäuser wurden oft von Städtern gekauft und mit viel Geld restauriert. Diese Entwicklung stellte sich aber für das alte Dorfgefüge bald als Nachteil heraus. Verpuffte doch bei den „Städtern“ die Freude am Landleben häufig rasch. Was mit großem Enthusiasmus begonnen wurde, galt baM als Last und wurde zum Ärgernis der Dorfbewohner.

Die Dörfer selbst bekamen aufgrund dieser Entwicklung nach und nach ein völlig anderes Gesicht. Kleintiere wie Schafe, Hühner und Gänse waren häufig schon völlig aus dem Dorfbild verschwunden. Ein Hahnenschrei war weit und breit nicht mehr zu hören.

Mit viel Unmut stellten die Wettbewerbs-Kom-missionen auf ihren Bereisungen in den Dörfern fest, daß die neuen Häuslebauer auf dem Lande es den Städtern gleichtun wollten. Der Traum vom Winkel-Bungalow mit Doppelgarage hatte Konjunktur. Wenn aber der Vorgarten noch mit Weißtannen, Tujas und im Sommer gar mit Palmen bepflanzt wurde, dann war die „Idylle“ perfekt.„Altes erhalten, Neues gestalten“

Der Wettbewerb reagierte auf diese gravierenden Veränderungen. Die Menschen auf dem Land wurden intensiv beraten.

Der Erhalt schützenswerter, traditioneller Bausubstanz rückte in den 80er Jahren in den Vordergrund. „Altes erhalten, Neues gestalten!“ war die Devise für dieses Jahrzehnt.

Bis heute gilt, daß die Bewertungskriterien der Wettbewerbs-Kommission stets der jeweiligen Entwicklung angepaßtwerden. So trat nach den großen strukturellen Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte in den 90er Jahren der Umwelt- und Naturschutzgedanke in den Vordergrund. Die ökologischen Aspekte bei der Gestaltung des Lebensraums mußten den Landbewohnern nahegebracht werden. Wie konnte dies besser geschehen als im Wettstreit der Dörfer untereinander.

Ausgangsgedanke des Wettbewerbs „Unser Dorf soll schöner werden“ ist und bleibt die Verbesserung der Lebensqualität auf dem Lande. Voraussetzung hierfür ist der weitere Ausbau der Infrastruktur, der Erhalt von Einkaufsmöglichkeiten und die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Vor allem den örtlichen Vereinen kommt eine große Bedeutung für die intakte Dorfgemeinschaft zu. Sie erfüllen fast unmerklich eine der wichtigsten sozialen Aufgaben, nämlich die Integration der Jugendlichen auf dem Lande, denen sie ein vielfältiges Freizeitangebot bieten können. Darüber hinaus fühlen sich die Vereine traditionell dem Brauchtum und der Kulturpflege verpflichtet. Eigenleistung und Selbsthilfe wurden von jeher in ihren Gemeinschaften großgeschrieben.

So vermag ein Bürgermeister, der die Fähigkeit besitzt, Vereine und Bürgerschaft für anstehende Projekte im Dorf zu gewinnen, auch in Zeiten knapper Kassen viel zu erreichen. Hierfür könnten eine Vielzahl an dörflichen Projekten angeführt werden. Der Gemeinschaftssinn eines Dorfes läßt sich oft deutlich an seinen Einrichtungen ablesen, wie zum Beispiel der Gestaltung des Ortskerns, den Jugendtreffs, Kindergärten, Spielplätzen, Sportstätten, Dorfgemeinschaftshäusern, Bushaltestellen und öffentlichen Grünanlagen. Auch sind häufig ein vorbildlich angelegter Friedhof und eine gepflegte Kirche die Visitenkarte des Dorfes. Die Eigenleistung, die bei solchen Projekten erbracht wird, bewertet die Kommission „Unser Dorf soll schöner werden“ sehr hoch.

Ebenso wie die Arbeit der Frauen, die sich in vielen Dörfern u. a. der Pflege der Hausgärten annehmen. Sehr erfreulich ist dabei festzustellen, daßderTrend mehr und mehrzum ökologischen Anbau geht. Auf Kunstdünger und Spritzmittel wird inzwischen weitgehend verzichtet. Bei der Auswahl der Randbepflanzung greift man jetzt immer häufiger auf heimische Sträucher wie Haselnußhecken, Hainbuchen, Schneeballen, Flieder und Holundersträucher zurück.

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In zahlreichen Dörfern wurden mit großer Eigenleistung Dorfgemeinschaftshäuser 
errichtet. Das Dorfgemeinschaftshaus in Hoffeld.

Bei Baum-Neupflanzungen wird – dank intensiver Beratung – innerhalb und außerhalb des Ortsbereichs mehr als früher darauf geachtet, Laub- und Obstbäume der Region zu bevorzugen. Viele Orte bemühen sich darum, Streuobstwiesen mit ihren alten Hochstämmen zu erhalten.

Tannen gehören in den Wald. Linden, Vogelbeerbäume dagegen sind nicht nur typisch für die Gegend, sondern auch ein wichtiger Lebensraum für Vögel und Kleintiere und damit ein wertvoller Beitrag zur ökologischen Landespflege.

Die Kreiskommission Ahrweiler des Dorf-Wettbewerbs hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Dortbewohner auch außerhalb der üblichen Begehungen zu beraten. Besonders wenn größere Bau- und Verschönerungsarbeiten anliegen, trifft man sich bei Bürgerversammlungen. Bei allen Bau- und Verschönerungsmaßnahmen sollte dem Ortskern das besondere Augenmerk gelten. Hier finden wir im Idealfall alle sozialen Einrichtungen, die dem Dort sein eigenes Gesicht geben. Wenn hier noch Dienstleistungsbetriebe, die der Grundversorgung der Bevölkerung dienen, wie Bäckerei, Metzgerei und Lebensmittelgeschäft, Bank und Wirtshaus angesiedelt sind, so garantieren sie bereit weitgehend ein funktionierendes Dortleben.

Nur ein Ort, der eine funktionierende Infrastruktur aufweisen kann, hat die Chance, daß sich dort auch Gewerbe- und Industriebetriebe ansiedeln und damit Arbeitsplätze vor Ort geschaffen werden.

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Ein Platz zum Verweilen: Dorfplatz mit Brunnenanlage in Nierendorf.

Gaststätten sollten, um auch auf dem Land ihre Existenz zu sichern, Übernachtungsmöglichkeiten und evtl. noch einen reizvollen Biergarten anbieten. Ertüllen sie doch in einem Dort nach wie vor eine der wichtigsten sozialen Aufgaben. An der Dorttheke trifft man sich, hier wird „Dorfpolitik“ gemacht, hier spricht man miteinander, tauscht Erfahrungen aus und findet stets Gesprächspartner für Sorgen und Nöte.

In der Gastwirtschaft feiert man nicht zuletzt viele Feste, wie Kommunion, Konfirmation, Taufe oder Hochzeit. Und nach Beerdigungen trifft man sich hier zum Kaffee. So tragen die dörflichen Gaststätten dazu bei, daß sich die Dortbewohner u. a. nicht zuletzt in Erinnerung der gemeinsamen Feiern oft ein Leben lang mit ihrer Heimat identifizieren.

Dazu trägt auch im Ortsmittenbereich ein ansprechender Dortplatz bei, der von jung und alt gerne angenommen wird.

Bei der Abschlußfeier zum Wettbewerb 1996 in der Oberzissener Brohltalhalle waren es wiederum die Vereine, die das Fest bunt und abwechslungsreich gestalteten. Sie ernteten dafür großes Lob von den Gästen. Landrat Joachim Weiler hob in seinerAnsprache besonders ihre Bedeutung und wichtige Funktion als Ingegrationsfaktor in der Gesellschaft hervor.

Die Gewinner des Wettbewerbs waren 1996 auf Kreisebene das kleine Eifeldorf Sierscheid, das den 1. Platz in der Hauptklasse errang, gefolgt von Walporzheim, Westum, Gimmigen und Nie-derdürenbach. In der Sonderklasse (hier nehmen nur frühere Sieger der Hauptklasse teil) siegte Gönnersdorf, gefolgt von Pitscheid, May-schoß und Ramersbach. Wegen des hohen

Standards, wie Landrat Weiler es formulierte, gab es für die nächsten drei der jeweiligen Klasse Urkunden und Baumgutscheine. Fürden Wettbewerb im Jahre 1997 wurden 23.000 DM im Kreishaushalt bereitgestellt.

In einem interessanten Diavortrag erläuterte Kreisplaner Kurt Weber als Vorsitzender der Kommission, daß die Bewertung streng nach dem bundesweiten Bewertungskatalog zustande gekommen sei. Die weitere Jury war durch Karin Vetters, Anneliese Hölzerner, Bernhard Wiehert, Hermann Wirtz und Leonhard Janta vertreten.

Erstmals traten 1997 außer den Dörfern auch Vereine der am Wettbewerb teilnehmenden Dörfer in den Wettstreit. Doch auch hier gilt: Ein Wettbewerb, aus dem alle als Sieger hervorgehen, verdient wohl kaum diesen Namen.

Politik und Verwaltung sehen in dem Wettbewerb einen Anreiz für weitere Strukturverbesserungen, eine Steigerung des bürgerlichen Engagements und eine Stärkung des ökologischen Bewußtseins.

Die Vielfalt und Einmaligkeit der Landschaft an Rhein und Ahr sowie in der Eifel bilden die Grundlage zur Schaffung der „Gesundheitsund Fitneß-Region“. Durch welche Maßnahmen wäre dieses hochgesteckte Ziel wohl besser zu erreichen als durch den Wettbewerb „Unser Dort soll schöner werden“, der seit 1997 ja den Untertitel trägt: „Unser Dorf hat Zukunft!“

Siegergemeinden
19901991199219931994199519961997
Sonderklasse:
1. 
HoffeldWaldorfBengenLöhndorfWaldorfLöhndorfGönnersdorfLöhndorf
2.KalenbornPlittersdorfHoffeldPitscheidWassenachJammelshofenPitscheidHoffeld
3.DernauKalenbornPitscheidSchuldSchuldInsulMayschoßNierendorf
Hauptklasse:
1. 
JammelshofenSierscheidWassenachKirchdaunVettelhovenWeilerSierscheidRodder/Adenau
2.PitscheidGönnersdorfNierendorfEngelnNiederzissenOberwinterWalporzheimKönigsfeld
3.NiederzissenWershofenSchuldEichenbachRechAntweilerWestumDankerath
Im Landesentscheid gewann Waldorf 1994 eine Goldmedaille, 1995 Silber. Sierscheid nahm 1996 am Landeswettbewerb teil. 1997 qualifizierten sich hierfür Königsfeld und Löhndorf, wobei Löhndort mit Gold ausgezeichnet wurde.