Der letzte Postillion des Breisiger Ländchens: Michael Josef Flerus
Im Jahre 1490 wurde eine Postroute von Innsbruck nach Brüssel durch die Thurn und Taxische Post eingerichtet, auf der auch eine Pferdewechselstation in Breisig lag. Breisig ist der älteste Postort im heutigen Kreis Ahrweiler und kann somit auf eine über 500jährige wechselvolle Postgeschichte zurückblicken.
Heute befindet sich die Post insgesamt im Umbruch. Viele kleine Poststellen wurden im Zuge der Privatisierung der Post bereits auf dem Lande geschlossen. In Oberbreisig befindet sich seit einigen Jahren eine Postannahmestation in einer Bäckerei.
Wie die Landbevölkerung vor 100 Jahren mit Postgut versorgt wurde, möchte ich nachfolgend am Beispiel des letzten Postillions des Breisiger Ländchens, Michael Josef Flerus, meines Großvaters, darstellen. Michael Josef Flerus kam am 25. Februar 1870 in Waldorf als Sohn des Landwirtes Johann Flerus und seiner Ehefrau Katharina geborene Schmitz zur Welt. Er besuchte in Waldorf die Volksschule und diente von 1890 bis 1892 bei der 8. Kompanie des Königin Augusta-Garde-Grenadier-Regiments Nr. 4 in Koblenz als Hornist. Als solcher hatte er die Aufgabe, jeden Abend den Zapfenstreich zu blasen. Zu der Melodie sangen damals die Soldaten: „Soldaten müssen schlafen gehn, dürfen nicht bei den Mädchen stehn. der Hauptmann hat’s gesagt.“
Michael Josef Flerus mit seiner Postkutsche im Vinxtbachtal
Nach seinem Militärdienst trat Michael Josef Flerus am 24. April 1894 bei der Post in Nie-derbreisig als Postbote ein. Er vermählte sich 1899 mit Anna Maria Hoss aus Waldorf und verlegte von dort seinen Wohnsitz nach Niederbreisig. Am 1. April des Jahres 1900 wurde er im Namen des Königs etatmäßig zum Landbriefträger eingestellt. In seiner Ernennungsurkunde heißt es: „Im Namen des Königs. Der Postbote Michael Josef Flerus wird hiermit vom l. April 1900 ab als Landbriefträger etatmäßig angestellt. Die Anstellung erfolgt mit dem Vorbehalt einer dreimonatigen Kündigungsfrist. Es wird erwartet, daß derselbe Seiner Majestät dem Könige und Allerhöchst dero Königlichem Hause treu und gehorsam sein, die ihm obliegenden Angelegenheiten gewissenhaft erfüllen und sich stets so betragen werde, wie es sich für einen königlichen Beamten geziemt.
Kaiserliche Oberpostdirektion Coblenz, 26. März 1900″ Im Jahre 1905 baute Michael Josef Flerus in Niederbreisig sein eigenes Haus in der Koblenzer Straße. Das große Tor mit dem Torbogen des Hauses Nr. 30 gegenüber dem Alten Rathaus, heute Puppenmuseum, erinnert heute noch daran, daß hier die Einfahrt für die Postkutsche war.
Während seines Dienstes fuhr Flerus jeden Tag, außer sonntags, mit der Postkutsche durch das Breisiger Ländchen und beförderte Briefe. Päckchen und Pakete zu den einzelnen Orten.
Von Niederbreisig aus, wo sich das Postamt seit 1877 in der Bachstraße befand (heute Haus Hansen), führte sein Weg morgens zuerst nach Rheineck, wo er das für den Ort bestimmte Postgut an der Poststelle abgab. Durch das Vinxtbachtal fuhr er weiter zur Poststelle in Gönnersdorf und dann nach Waldorf, von wo aus er einen Abstecher nach Franken machte.
Alte Frankener Bürger erinnern sich noch an das tägliche Eintreffen der Post: „Wenn wir aus dem Fenster unserer Schule schauten und die Postkutsche von Waldorf kommen sahen, wußten wir, daß bald die große Pause begann. Manchmal durften wir ein Stück auf der Postkutsche mitfahren.“
Von Franken fuhr M. J. Flerus nach Waldorf zurück. Bei seiner Mutter aß er gewöhnlich zu Mittag. Während der ausgedehnten Mittagspause widmete er sich seinem Hobby. dem Geigenbau. Leider wurden die meisten seiner Geigen in den Bombennächten des zweiten Weltkrieges in Köln ein Opfer der Flammen.
Am Nachmittag beförderte M. J. Flerus dann auf seiner Rückfahrt die Briefe und Pakete, die auf den Poststationen tagsüber aufgegeben worden waren, nach Niederbreisig zur Weiterleitung. Auf seinem Rückweg nahm er auch Personen mit. Zu seinem eigenen Schütze und dem des Postgutes trug der Postillion eine Schußwaffe bei sich, von der er aber während seiner ganzen Dienstzeit nie Gebrauch machen mußte.
Im Jahre 1915 wurde Michael Josef Flerus zum Postschaffner befördert, 1920 zum Oberpostschaffner.
Auf seinen Antrag hin wurde er am 16. Mai 1929 unter Gewährung des gesetzlichen Ruhegehaltes in den dauernden Ruhestand versetzt. Direktor Martini der Oberpostdirektion Koblenz sprach ihm „den Dank und die Anerkennung für die der deutschen Reichspost geleisteten Dienste aus.“ Die Postkutsche hatte ausgedient, das Automobil löste sie ab.
Der letzte Postillion des Breisiger Ländchens, Michael Josef Flerus starb am 4. April 1939 in Niederbreisig.