Energie aus Holz – ein Beitrag zur Pflege unserer Wälder
Anfang 1998 führte die Stiftung „Wald in Not“ in Bad Neuenahr eine Tagung unter dem Motto „Energie aus Holz – ein Beitrag zur Pflege unserer Wälder“ mit Experten aus dem gesamten deutschsprachigen Raum durch. Im Folgenden soll beleuchtet werden, welche Bedeutung der Holzenergie (nicht nur) im hiesigen Raum zuzumessen ist.
Köhlerei und Eisenverhüttung
Während des größten Teils der Menschheilsentwicklung spielte der Rohstoff Holz die zentrale Rolle bei der technischen Entwicklung, dem Bauen und der Energiegewinnung. Im Eifelraum führte nach und nach vor allem der ständig steigende Bedarf für die Eisenverhüttung zu einer heute kaum noch vorstellbaren Übernutzung der Wälder. In der Zeit zwischen dem Ende des 30jährigen Krieges und der französischen Besetzung (1794-1814) erlebte die Erz-verhüttung und Eisenverarbeitung eine enorme konjunkturelle Blüte. Hauptenergieträger war die leicht zu transportierende Holzkohle. Die Köhlerei war die Hauptnutzungsform des Laubwaldes. Im Kreis Ahrweiler können beispielhaft die Standorte Antweiler und Wehr genannt werden. Für die Wehrer Eisenhütte weist Bruno Andre (1986) für das 17. Jahrhundert nach, daß bei einer ungefähren Tagesproduktion von l Tonne Eisen jährlich 6.750 Kubikmeter Holz benötigt wurden. Bei der damals üblichen Methode des Kahlschlages ganzer Flächen entsprach das der Nutzung von 22 Hektar Wald. Für eine nachhaltige Nutzung (d. h. eine Einschlagshöhe auf dem Niveau des jährlichen Zuwachses) entspricht dies der Produktion von 1.700 Hektar Wald, das ist 7-mal mehr als auf der Wehrer Gemarkungen heute vorhanden ist. Da alle sonstigen Einschläge, z. B. für Brennholz oder Bauholz noch hinzuzurechnen sind, mußten deshalb Holzlieferungen aus der weiteren Region zur Versorgung des Hüttenbetriebes dienen.
Holzkohle wurde früher u. a. in der Schmiede benötigt
Aus der Herrschaft Königsfeld sind umfangreiche Holzkohletransporte zum Nettehammer bei Andernach überliefert. Wer mit offenen Augen durch die Eifeler Wälder wandert, wird häufiger ehemalige Kohlplatten entdecken, das sind eingeebnete Flächen, auf denen die Kohlenmeiler aufgebaut wurden. Kundige Historiker vermögen sogar, anhand der Holzkohleresie in den dunkel gefärbten Böden dieser ehemaligen Kohlstäl-ten, die zur Köhlerei eingesetzten Baumarten zu rekonstruieren und daraus Schlüsse über den Vcgetalionscharakter der damaligen Zeit zu ziehen.
Nach Plänen der Kreisverwaltung Ahrweiler soll auf einer sogenannten „Historischen Straße“ in der Umgebung der Kreisstadt Entwicklung und Bedeutung dieser Nutzung des Waldes und der Landschaft ausgehend von der römischen Eisenverhüttung wieder deutlich gemacht werden. Ein gemauerter Ziegelmeiler soll eine anschauliche Demonstration der früheren Arbeitstechniken der Köhler ermöglichen.
Verdrängung des Energieträgers Holz durch fossile Energien
Nachdem die Blüte der Eisenindustrie mit ihrem ungeheuren Holzverbrauch einen beispiellosen Niedergang des Waldes verursacht hatte, folgte nach 1815 eine langsame, aber stetige Sanierung und Wiederbewaldung. Zentraler Grund war der Wechsel zur Steinkohle als Energieträger. Bis zum Jahre 1896 wurde nach und nach die gesamte Eifeler Eisenindustrie stillgelegt, zuletzt die Hütte in Jünkerath.
Die Phase der Erholung unserer Wälder nach 1815 wurde durch gezielte Aufforstungen der preußischen Verwaltung noch forciert. Die Bemühungen der Forstverwaltung einerseits und der Siegeszug der fossilen Energieträger – zuerst Kohle und später Erdöl bzw. Erdgas – haben für den heute wieder hohen Waldanteil von mehr als 50 % im Kreis Ahr-weiler gesorgt. Dem Rückgang der Holzenergie im gewerblichen Bereich folgte eine ähnliche Entwicklung beim Hausbrand. Nicht zuletzt aus Komfortgründen zog sich ein beispielloser Niedergang der Brennholznutzung bis in die siebziger Jahre unseres Jahrhunderts hin. Allenfalls offene Kamine, mehr Möbelstücke als Heizung, verzeichneten eine gewisse Nachfrage. Traditionsreiche Ofenbaubetriebe, wie etwa der seit 1758 bestehende Ofenbau des Neuwieder Brüderhauses verlagerten, um zu überleben, ihre Aktivitäten in andere Bereiche, wie die Klimatechnik.
Wiederentdeckung der Holzenergie
Mit der Adaption skandinavischer Wohnkultur wurde eine zaghafte Wende eingeleitet. Zusammen mit den entsprechenden Möbeln fanden gleichzeitig sogenannte Kaminöfen, vorzugsweise mit Sichtfenster, weite Verbreitung. In deren Gefolge hielten dann auch traditionelle Kachelöfen wieder Einzug in die Wohnzimmer. Inzwischen ist das Heizen mit Holz wieder so populär, daß in sieben von zehn neugebauten Ein- und Zweifamilienhäusern wieder eine Holzfeuerstätte errichtet wird. Im Regelfall handelt es sich um eine zweites Heizsystem, das den Wohnkomfort und die Versorgungssicherheit steigern soll. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen gar, daß sich Kachelofenbesitzer deutlich gesünder fühlen als der Durchschnitt der Bevölkerung. Dabei soll die Frage, ob dies mehr auf den Komfort durch gesunde Strahlungswärme oder auf die vermehrte körperliche Betätigung zurückzuführen ist, bewußt offenbleiben.
Für unsere Wälder hat dieser „Holzenergieboom“ heute eine große Bedeutung. Im globalen Maßstab gesehen führt die nachhaltige Nutzung eines nachwachsenden Energieträgers dann zu einer Entlastung des Weltklimas, wenn damit fossile Rohstoffe ersetzt werden. Der Energieaufwand für Aufarbeitung und Transporte ist vergleichsweise klein und das Kohlendioxid, das bei der Verbrennung freigesetzt wird, entspricht demjenigen, das durch die Wachstumsvorgänge wieder gebunden wird. Die Bedeutung dieser Frage wird an der kürzlich errechneten Zahl deutlich, daß jeder Deutsche jährlich soviel Energie verbraucht, wie sie der Arbeitsleistung von 60 Menschen entspricht.
Vorteile der Brennholznutzung
Zu dem globalen Nutzen tritt der lokale Nutzen für unsere Wälder hinzu. Durch die Brennholznutzung wird vor allem die Pflege der Laubbaum-Mischwälder für die Waldbesitzer kostengünstig ermöglicht. Vielfach könnten aus den dünnen Hölzern der Pflegeeingriffe bzw. aus dem Kronenholz der gefällten Starkholzstämme nur zu sehr hohen Kosten industriell verwertbar Holzsortimente aufgearbeitet werden. Hier bietet die Brennholzaufarbeitung eine sinnvolle Alternative. In dem großen Laubwaldbetrieb der Stadt Sinzig beispielsweise werden so regelmäßig 25 % des jährlichen Einschlages zu Kaminholz aufgearbeitet. Damit können dort rechnerisch jährlich 40 Hektar Wald gepflegt werden. So ganz nebenbei kann festgestellt werden, daß sich die dortigen Brennholzkunden sehr intensiv mit „ihrem Wald“ auseinandersetzen und identifizieren.
Bedenkt man, daß bundesweit nur etwa 2/3 des jährlichen Holzzuwachses von 60 Millionen Kubikmetern genutzt werden, könnte die Holzenergiegewinnung weiter forciert werden. Hierfür stehen Beispiele in waldreichen Regionen. wie Zeltweg in Österreich oder Kempten im Allgäu. wo hochmoderne Holz-Kraftwerke Wärme und Strom produzieren. Im Bereich der Kreisstadt Bad Neuenahr-Ahrwei-ler wurde vor kurzem ein Förderantrag zur Errichtung einer Nahwärmeversorgung für 40 Wohneinheiten auf Basis einer Holz-Hackschnitzel-Feuerung gestellt.
Zur Entlastung der Umwelt und der Pflege der Wälder tritt ein weiterer positiver Effekt hinzu: Der Einsatz von Energie aus Holz ersetzt einen Teil unserer Ölrechnung durch inländische Arbeitsleistung. Für Rheinland-Pfalz könnten so -vorwiegend in ländlichen Gegenden – etwa 150 Arbeitsplätze neu entstehen. Mit Unterstützung des Kreiswaldbauvereins Ahrweiler und der örtlichen Forstämter vermarkten inzwischen mehrere Betriebe unserer Region im Nebenerwerb größere Mengen Brennholz. Dabei reicht das Einzugsgebiet für den Frei-Haus-Service mittlerweile von Koblenz bis Köln. Es zeigt sich insgesamt, daß nach dem Motto „global Denken, lokal Handeln“ mit einem so einfachen Produkt wie Brennholz eine ganze Reihe positiver Effekte ausgelöst werden können. Moderne Feuerungstechniken sorgen dabei dafür, daß das gute Gewissen desjenigen. der mit Holz heizt, nicht durch mit Abgasen belästigte Nachbarn beeinträchtigt wird. In diesem Sinne kann sich die Forstwirtschaft unserer Region weiter steigende Zahlen von Brennholzkunden wünschen, denn anders als früher, geschieht dies heute zum Nutzen und nicht mehr zum Schaden des Waldes.