Bürgersinn erhält sakrales Kleinod an der Mittelahr – Die Hubertuskapelle in Hönningen
Wie segensreich Bürgersinn wirken kann, davon zeugt ein prächtig herausgeputztes Kleinod in Hönningen. Die auf der linken Ahrseite gelegene Hubertuskapelle, bereits im Jahre 1610 konsekriert. ist das nachweislich älteste Bauwerk der Gemeinde und zugleich der früheste Kapellenbau der nächsten Umgebung1). Zur Erbauungszeit stellten die Herren von Orsbeck von der Wensburg die Vögte, während die Johanniter der Kommende Adenau die Grundherren von Hönningen waren. Beide Seiten haben sich wohl an der Kapellenerrichtung beteiligt, darauf deuten ihre rechts (Orsbeck) und links (Malteserkreuz) des Barockaltars eingemauerten Wappen hin.
Den Wettern getrotzt
Gerne verweilen Passanten beim kleinen wohlproportionierten Gotteshaus mit dem schiefergedeckten Satteldach und dem freistehenden Glockenstuhl. Über Jahrhunderte hat das Kirchlein der Witterung getrotzt, die großen Brände, die Hönningen in den Jahren 1751 und 1837 heimsuchten, überstanden und den Hochwassern der Ahr 1804 und 1910 standgehalten2). Indes blieb es von Schäden nicht verschont, so daß 1912 unter Leitung von Architekt Thomas eine Instandsetzung erfolgte. Damals wurden die Südwand erneuert, die Unterzüge der Vorhalle ersetzt, das Dach neu gedeckt und der Dachreiter in der alten Form wieder hergestellt3).
Teures Geschenk
Eine neuerliche, umfassende Sanierung schloß im Jahre 1989 ab. Für die Überholung von Dach, Mauerwerk und Innenraum, für die Gestaltung des Umfeldes und die Altarrestaurierung fielen Kosten von 115.700 Mark an. Und die hatte die Gemeinde mitzutragen, denn 1978 war ihr die Kapelle von der Kirchengemeinde, welche die Aufwendungen nicht übernehmen mochte, zum Geschenk gemacht worden. Auf 43.500 Mark belief sich der nicht durch Zuschüsse abgedeckte Anteil. Die Bürger stärkten ihrer Kommune den Rücken, machten sich für die Erhaltung des sakralen Bauwerks stark. Anwohner der Kapellenstraße schlössen sich in der Interessengemeinschaft Hubertuskapelle Hönningen/Ahr zusammen, finanzierten mit ihren Festen (1983, 1987, 1989) die Restaurierung wesentlich mit und sorgen seither für die laufende Unterhaltung.
Aber die Kapelle hatte ihr früheres Gesicht noch nicht ganz wiedererlangt. Es fehlte das Ölbild mit der Jagd des heiligen Hubertus, welches bis in die erste Jahrhunderthälfte hinein den Platz im oberen Drittel der Kapellenfront einnahm.
St. Hubertus kunsthistorisch bedeutsam
Über der rustikalen Holztür und drei vergitterten holzgerahmten Öffnungen bildete es, zusammen mit dem Fachwerk im Mittelteil, eine reizvolle, reich gegliederte Außenansicht. Sicher auch ein Grund dafür, daß der ansonsten einfache Bruchsteinbau vom Bischöflichen Denkmalamt Trier als „kunsthistorisch interessant und bedeutend“ bezeichnet wird4). Die Bildinschrift unterrichtet über die Zeit und Absicht seiner Entstehung: „Zu Gottes Ehren allen Pilgern und Christen Andachten zu mehren 1764, renov. 1863 S. Hubertus Patronus sacelli“. Ein 40-tägiger Ablaß an verschiedenen Tagen ist frommen Besuchern ebenfalls verbrieft5). Vor Jahrzehnten feierte man in der Kapelle bei Flurprozessionen die Messe, hier stand auch der erste Altar der Fronleichnamsprozession.
Andacht mochte Pilger und Segen erbittende Jäger erfüllt haben. Die Hönninger Jugend empfand während des 2. Weltkrieges angesichts des Gemäldes ganz anders. Wie sich ältere Hönninger erinnern, erkannten sie damals in der bemalten Leinwand eine gute Zielscheibe für Apfel- und Steingeschosse. Zwar drohten die Erwachsenen mit Prügel, „aber bis die kamen, waren wir längst verschwunden“, so einer der Übeltäter. Witterung und Schabernack setzten dem Werk, schon 1938 „ein sehr morsches Ölbild“ genannt6), derart zu, daß eine Renovierung unmöglich erschien.
Die Hubertuskapelle in Hönningen, 1998
Neues Bild nach maroder Vorlage
Für das neue Bild konnte die Kapellengemeinschaft den Niederadenauer Grafiker und akademisch ausgebildeten Maler Theo Busch gewinnen. Busch hatte während seiner Berufszeit als Grafiker nicht aufgehört zu malen und widmet sich insbesondere danach dieser seiner Leidenschart intensiv. Von ihm stammt etwa die Ausmalung der Dümpelfelder Pfarrkirche (1949) oder der Kapelle von Niederadenau (1950). Großen Anklang fanden seine Bühnenbilder für die Spielschar Schuld, die 43 Jahrelang, von 1947 bis 1990, Atmosphäre ins Spielgeschehen brachten. Busch ist tief mit der Landschaft und seinem Heimatort verbunden. Hier Findet er mannigfaltige Motive, die er mit feinem Pinselstrich in verblüffend realistischer Manier auf die Leinwand bannt.7) Das Hubertusbild gestaltete Busch nach der maroden Vorlage, Unterlagen aus dem Pfarrarchiv Adenau und Abbildungen verschiedener Bände der „Baudenkmäler der Rheinprovinz“.
Beim 4. Kapellenfest 1997 segnete Pfarrer Ernst Neisius das farbige Gemälde ein. Dankend griff er das Angebot auf, wieder Messen in der Kapelle zu feiern, die nach seinem Vorschlag am Festtag des Patrons (3. November) gehalten werden sollen. Die Besucheraugen erblickten im Bildschmuck der Westfassade das Erscheinungserlebnis und den Heiligen als Bischof (Maastricht und Lüttich). Seinen Aquarellentwurf übertrug Theo Busch in Acrylfarbe direkt auf den Putz. Unentgeltlich hatte die Firma Hermann Vogt zuvor ein Gerüst aufgestellt, verputzten Maurermeister Peter Bings und Rainer Berschbach die Fläche und lieferte die Firma Brenner und Klaudt den Spezialputz. Vor einer Waldkulisse und Flußlandschaft – letztere wählte der Maler wegen der Kapellenlage am Ahrlauf – steht rechts St. Hubertus als Bischof, links kniet er vor dem im Glanz des Kruzifixes erstrahlenden Hirsch. In der Mitte lichtet sich das dichte Grün. Vorne erscheint ein Jagdgehilfe mit Pferd, dahinter die Hönninger Pfarrkirche und angrenzende Bergrücken. Die Reben am Hang erinnern an einen im Ort untergegangener Wirtschaftszweig.
Theo Busch schuf das Hubertusbild nach der maroden Vorlage.
Am Wege innehalten
In der Ruhe der Figuren spiegelt sich Ergriffenheit vor der Erscheinung. Nur mühsam gebändigt ist dagegen die Jagddynamik bei den Tieren. Im Lauf gebremst, scheinen die Jagdhunde von einer unsichtbaren Grenze aufgehalten. Das Grün und die warmen Erdtöne harmonieren mit dem Rotbraun des Fachwerks und der Tür. Wer in das Bild eintaucht, wird kaum versäumen. in die Kapelle einzutreten, wo ein Ölgemälde im Barockaltar ebenfalls St. Hubertus mit dem Hirsch zeigt.
So wie das Ereignis Hubertus zum Anhalten zwang, ermuntert das Bild zur Besinnung. Bereits während der Arbeiten (16. Mai bis 10. Juli 1997) vernahm der Maler erfreuten Zuspruch. Direkt am Radweg gelegen, lockte das Bild manche vom flotten Gefährt. Damit erfüllt die erzählende Darstellung ihren ureigenen Zweck: Innehalten, schauen und einkehren.
Zur Finanzierung (10.000 Mark) der gemalten Legende trugen am geselligen Festwo-chenende auch der von Theo Busch gestiftete und versteigerte Entwurf der „Hubertusjagd“ bei, der Verkauf alter Postkarten von Dorf und Kapelle sowie der bebilderten Festschrift. Der Kapellengemeinschaft mit ihren Ansprechpartnern Peter Bings, Maria Theisen und Elisabeth Kalk ist zu danken, daß sie ein Stück sakrale Bauarchitektur erhalten. Und ein besonderes dazu, denn für das Ahrtal ist die bildliche Darstellung an einer Kapellenaußenwand ungewöhnlich. „Wenn wir etwas für die Kapelle tun, steht das ganze Dorf hinter uns“, weiß Bings froh zu berichten. Zu recht können daher die Hönninger stolz auf ihre vorbildlich instandgesetzte Kapelle sein, die mit dem Werk von Theo Busch einen gelungenen Akzent der Volksfrömmigkeit setzt.
Anmerkungen:
- Die Kapelle in liers stammt von 1668, die Brücker Katharinenkapelle aus der Mitte des 17. Jahrhundert, die Rochuskapelle des ehemaligen Denn von 1637, die 1921 niedergelegte Apolinariskirche im Dorf Pützfeld von 1701 und die Pützfelder Marien-Wallfahrtskapelle von 1681, (Schug, Peter: Geschichte der zum ehemaligen kölnischen Ahrgaudekanat gehörenden Pfarreien der Dekanate Adenau, Ahrweiler und Remagen, Trier 1952, S. 194, 222, 223).
- Festschrift 1610 – St. Hubertus-Kapelle – Hönningen/Ahr. Wandgemälde „Die Hubertus-Legende“ 1997 gemalt von Th. Busch, o. O. 1997.
- Clemen, Paul (Hrsg.). Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Bd. 17,1. Abt. Die Kunstdenkmäler des Kreises Ahrweiler, Düsseld9rf 1938, S. 309. Nach Schug, 1952, S. 194, erfolgten auch schon vor 1803 und nach 1827 Instandsetzungen.
- In der Festschrift 1997 erwähnt Aloys Kutscheid im Gutachten von 1983 den Vermerk
- Festschrift 1997, Beitrag „Zum Kapellenfest“.
- Clemen 1938, S. 310.
- Zu Theo Busch siehe Siepmann, Egon Karl: „Niederadenau sollte mic nie wieder verlassen“, Theo Busch, Maler und Grafiker, zum 75. Geburtstag, o. O. 1996. Das Heimat- und Zunftmuseum der Stadt Adenau stellt im Obergeschoß Kunstschaffende mit lokalem und regionalem Bezug vor, unter ihnen auch Theo Busch.
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