Die Entstehung der Mineralwässer in der Osteifel – Mineralwasser aus der Tiefe des Ahrtals
Im Rheinischen Schiefergebirge, wozu auch das Ahrtal gehört, sind Mineral- und Thermalwässer an rund 400 Orten bekannt. Viele Quellen wurden als Heilquellen eingestuft, woraus sich einige z. T. weltberühmte Heilbäder entwickelt haben, so auch im unteren Ahrtal. Heute sind in Bad Neuenahr-Ahrweiler und Sinzig etwa 15 Vorkommen von Mineralwässern bekannt. Mit der Entdeckung der ersten Mineralquelle durch Georg Kreuzberg im Jahre 1851 begann für das Ahrtal der wirtschaftliche Aufschwung.
Doch was ist das für eine Quelle, „aus der die Welt trinkt” und die bei unzähligen Kurgästen in Bad Neuenahr die Heilung ihrer unterschiedlichsten Beschwerden unterstützt?
Der Mineraliengehalt des Mineralwassers im Ahrtal liegt ungefähr zwischen 2 und 5,5 g/l. Zum Vergleich: das Meerwasser der Nordsee enthält ca. 35 g/l gelöste Stoffe und normales Trinkwasser (Süßwasser) hat meist nur eine Konzentration von ca. 0,5 g/l Mineralien.
Es gibt unterschiedliche Typen von Mineralwässern, je nach dem überwiegenden Inhaltsstoff. In der Osteifel (Laacher-See-Gebiet und Ahrtal) kommen überwiegend Calcium-Magnesium-Hydrogenkarbonat-Wässer vor. Das Mineralwasser des Ahrtals ist zusätzlich mit sehr viel Natrium angereichert.
Diese Hydrogencarbonat- Wässer sind meist auch Säuerlinge, denn der Gehalt an freiem Kohlendioxid ist relativ hoch und liegt zwischen 1,5 und 4,5 g/l.
An einigen Stellen im Ahrtal sind die Temperaturen der Mineralwässer mit über 21° C (bis 36° C) erhöht. Bei diesen Mineralwässern handelt es sich zusätzlich um Thermalwässer. Fast alle Mineralwässer im Ahrtal sind auch Heilwässer, die therapeutisch besonders wirksam sind aufgrund bestimmter Inhaltsstoffe wie z.B. Fluorid oder Jod.
Querschnitt durch die Schichten des Unteren Ahrtales. Kohlendioxid (Co 2) und salzhaltige Tiefenwässer (NaC1) steigen auf.
Geologie
Das Auftreten der Mineralwässer im unteren Ahrtal ist eng mit dem geologischen Aufbau des Gebietes, der Zusammensetzung der Gesteine im Untergrund und mit dem Geländerelief verknüpft.
Bei dem Gestein, das das Ahrtal im wesentlichen aufbaut, handelt sich um Tonschiefer und Sandsteine, die in einem Flachmeer vor knapp 400 Mio Jahren (Devon) abgelagert wurden. Anschließend wurden sie verfestigt und zu Sätteln und Mulden aufgefaltet. Diese Verhältnisse finden sich auch im Laacher-See-Gebiet.
Dabei kam es zu besonders großen Sattelbildungen. Im Ahrtal ist es der Ahrtalsattel, der sich ungefähr parallel zum Tal im Untergrund erstreckt. Morphologisch erscheint er zwar durch spätere Abtragung als Tal, geologisch handelt es sich um einen Sattel, dessen Flanken an den Hängen noch stehen geblieben sind.
Der Ahrtalsattel ist besonders in seinem Kernbereich stark gestört, und diese Störungszone spielt eine entscheidende Rolle beim Aufstieg des Mineralwassers.
Zirkulation des Grundwassers im Ahrtal
Unter dem Ahrtal gibt es im Prinzip zwei unterschiedliche Grundwasser-Strömungssysteme:
1. Süßwasser in den oberflächennahen Schichten: Dies sind die Terrassenkiese und die verwitterten, folglich aufgelockerten oberflächennahe Tonschiefer und Sandsteine des Devons.
2. Mineralwässer in den tieferen Gesteinsregionen: Hierbei unterscheidet man zwischen zwei unterschiedlichen Mineralwasser-Typen: dem für das Ahrtal typischen Säuerling und einem sehr salzhaltigen Mineralwasser in viel größeren Tiefen (Tiefenwasser).
Ein kleiner Teil des Niederschlages gelangt durch die vielen jungen Störungszonen, die das devonische Gestein zerschneiden, in größere Tiefen des Grundgebirges, das ansonsten undurchlässig für Grundwasser ist.
Dort zirkuliert es sehr langsam durch die Klüfte und Störungen des Grundgebirges. Hier entsteht das für das Ahrtal typische Mineralwasser.
In größeren Tiefen (km-Tiefe) zirkuliert das sog. Tiefenwasser, sehr salzhaltiges (Natrium-Chlorid, NaCl) Wasser. Dieses Tiefenwasser unterströmt nicht nur das Ahrtal, sondern auch das Rheinische Schiefergebirge und benachbarte Bereiche, z.B. die Niederrheinische Bucht. Während es an verschiedenen Orten am Südrand der Rheinischen Schiefergebirge und in der Niederrheinischen Bucht zutage tritt, gelangt es im Ahrtal nur verdünnt an die Oberfläche.
Normales Grundwasser wird zu Mineralwasser
Die Entstehung der Säuerlinge in der Osteifel geht in erster Linie auf den Aufstieg von Kohlendioxid in großen Mengen und aus größerer Tiefe zurück.
Die Bildung von Kohlendioxid erfolgt aufgrund der jungen vulkanischen Aktivitäten, wie sie besonders im Laacher-See-Gebiet noch bis vor 13.000 Jahren vorhanden waren. Auch für das Ahrtal vermutet man im Untergrund einen erkaltenden Magmenkörper, aus dem laufend Kohlendioxid als Entgasungsprodukt entweicht.
Die Kohlendioxid-Gase wandern in Richtung Erdoberfläche. In einigen hundert Metern Tiefe kommt das Gas mit dem dort langsam zirkulierenden Grundwasser in Kontakt. Im Kontakt mit dem Grundwasser wird das Kohlendioxid mehr oder weniger vollständig im Wasser gelöst. Ein kleiner Teil (meist nur 0,01% des Kohlendioxids) dieses gelösten Kohlendioxids setzt sich anschließend in die Kohlensäure um.
Das saure Grundwasser ist nun in der Lage, aus dem Gestein verschiedene Mineralien zu lösen. Da das Grundwasser in diesen Tiefen sehr langsam fließt und der Gehalt an Kohlensäure aufgrund der großen Mengen von aufdringendem Kohlendioxid sehr hoch ist, können relativ viele Mineralien herausgelöst werden und ins Grundwasser gelangen. Je mehr Mineralien Grundwasser beinhaltet, umso mehr erhöht sich zusätzlich sein Vermögen, weitere Mineralien zu lösen.
Die Zusammensetzung an Mineralien in einem Mineralwasser spiegelt bis zu einem gewissen Grad die Zusammensetzung des Gesteins im Untergrund wieder.
Im Ahrtal löst das tiefe Grundwasser hauptsächlich Natrium, Magnesium, Calcium und Eisen aus dem Gestein. Dies sind Mineralien, die sich u.a. in den devonischen Tonschiefern und Sandsteinen befinden. Für die Herauslösung dieser Mineralien aus dem Gestein wird laufend Kohlensäure verbraucht. Gleichzeitig wächst bei der Lösung der Minerale aus dem Gestein die Konzentration der Endprodukte der Kohlensäure im Wasser, die sog. Hydrogenkarbonat-Ionen, die den hiesigen Mineralwasser-Typ bestimmen (Hydrogenkarbonat-Wässer). Diese Hydrogenkarbonat-Ionen befinden sich in lockerer Bindung mit den von der Kohlensäure herausgelösten Inhaltsstoffen (Mineralien) wie Natrium, Calcium, Magnesium und z.T. Eisen.
Interessant ist die Tatsache, dass immer genügend Kohlensäure zur Verfügung steht, um die Mineralien zu lösen und in Lösung zu halten; sogar überschüssige Kohlensäure ist vorhanden, also mehr, als verbraucht wird. Die Kohlensäure, die benötigt wird, um die Mineralien in Lösung zu halten, ergibt zusammen mit der überschüssigen Kohlensäure den Gehalt an freier Kohlensäure. Da in den hiesigen Wässern mehr als 1 g/l freie Kohlensäure vorhanden ist, bezeichnet man sie als Säuerlinge.
Charakteristisch für die hiesigen Mineralwässer ist das dominierende Vorkommen von Natrium und Eisen.
Salzwasser im Ahrtal?
Natrium gibt den hiesigen Wässern eine charakteristische Note. Die z.T. relativ erhöhte Anreicherung von Natrium und Mineralwasser hat folgende Gründe:
Natrium ist eine Mineralie, die nicht so schnell ausfällt wie manch andere Inhaltsstoffe (z.B. Eisen) und somit noch in hohen Konzentrationen gelöst im Grundwasser vorkommen kann. Aufgrund der Leichtlöslichkeit des Natriums werden besonders die Natriumhaltigen Gesteine durch die Kohlensäure angegriffen. Durch die Herauslösung von Natrium verwittert das Gestein.
Oft erfolgt durch den Angriff der Kohlensäure auch eine Austauschreaktion mit dem Kontaktgestein, d.h. Natrium wird ins Wasser abgegeben und Calcium wird im Gegenzug aus dem Wasser in das Kristallgefüge des entsprechenden Minerals eingebaut.
Diese Reaktionen laufen jedoch dort am ehesten ab, wo noch Natrium im Gestein vorhanden ist, nämlich in größeren Tiefen. In den oberen Partien des Grundgebirges sind die Gesteine oft ausgelaugt von Natrium. Mineralwasser, das sich in den oberen ausgelaugten Partien des Grundgebirges bildet, ist stattdessen relativ stark angereichert mit Calcium oder Magnesium. An manchen Stellen reichert sich Natrium zusätzlich durch die Zumischung des Natrium-Chloridreichen Tiefenwassers (Salzwasser) aus großen Tiefen an.
Die Unterschiede im Natrium-Gehalt treten auch räumlich auf. Südlich der West-Ost verlaufenden Ahrtalstörung sind die Gehalte an Calcium und Magnesium höher als nördlich der Ahrtal-Störung, wo sich das Natrium-Chloridreiche Tiefenwasser dem Säuerling beimischt. Der Aufstieg des Tiefenwassers erfolgt an der tiefreichenden Ahrtalstörung.
Der Geysire in Bad Neuenahr
Durch die Zumischung des aufsteigenden Kohlendioxid-Gases zum Grundwasser kommt es nicht nur zu der Herauslösung von Mineralien aus dem Gestein, sondern es erfolgt auch infolge des verringerten spezifischen Gewichtes des Gases langsam der Aufstieg dieser Wässer. Die Wässer erhalten dadurch zusätzliche Auftriebsimpulse. Der Druck, unter dem das Mineralwasser steht, kann man sehr schön im Kurpark von Bad Neuenahr erkennen, wo das Wasser des Großen Sprudels geysireartig 30 bis 40 m hoch herausspritzt.
Das Mineralwasser folgt beim Aufstieg bestimmten Zonen in der Erdkruste, im Ahrtal sind es besonders diese jungen, oft quarzerfüllten Störungen besonders im Bereich des Ahrtalsattels. Innerhalb dieser Störungen ist die Durchlässigkeit für das Mineralwasser am höchsten, da dort das Gestein durch die Bewegungen, die z.T. heute noch andauern, besonders zerrüttet ist. Die Quellen entlang dieser Störungen sind auch am ergiebigsten. Ebenfalls im Rheintal bei Breisig und Bad Hönningen sind die Schüttungsmengen durch solche tiefreichenden Störungen, an denen das Mineralwasser schnell aufsteigen kann, sehr hoch. Im Laacher-See-Gebiet sind die Mineralwasserquellen dagegen nicht sehr ergiebig, da tiefreichende Störungen den Untergrund weniger durchziehen und die Wasserwegsamkeit dadurch nicht sehr gut ist.
Das Kohlendioxid und damit auch die Kohlensäure entweicht erst im Kontakt mit der Luft, also an der Grundwasser-Oberfläche oder an der Erdoberfläche. Kohlendioxid tritt an einigen Stellen auch als Gas aus der Ahr aus ähnlich wie im Laacher See (kleine Gasbläschen).
Auf den Höhen nördlich und südlich des Ahrtales und an den Hängen wird auch dem flachen süßen Grundwasser örtlich Kohlendioxid zugemischt. Somit wird das Süßwasser stellenweise kohlensäurehaltig und aggressiv und damit zum Säuerling. Aus diesen Wässern kann jedoch kein Mineralwasser entstehen, da sie so schnell im Gestein zirkulieren, dass die Kohlensäure sozusagen „keine Zeit” hat, die Mineralien aus dem Gestein zu lösen.
Der Säuerling ist jedoch in der Lage, Eisen aus dem Gestein zu lösen. Diese Wässer nennt man Eisensäuerlinge. Es gibt im Ahrtal einige Quellen mit Eisensäuerlingen, z.B. Wingsbachtal und Bachemer Tal. Diese Nord-Süd verlaufenden Täler markieren Störungen, auf denen sich die Quellen dieser Eisensäuerlinge aufreihen.
Braunes Thermalwasser
An manchen Austrittsstellen ist das Mineralwasser stark mit Eisen angereichert (eisenhaltiger Hydrogenkarbonat-Säuerling). Die Gesteine in der Osteifel sind aufgrund tertiärzeitlicher (vor ca. 50 Millionen Jahren) Verwitterungsvorgänge bereichsweise stark eisenhaltig. Das Eisen wird schnell von der Kohlensäure herausgelöst.
Das Eisen, das sich im Wasser befindet, bleibt so lange in Lösung, solange sich noch die Kohlensäure im Wasser befindet. Erst in Kontakt mit der Luft – also im Quell- bzw. Brunnenbereich – wenn die Kohlensäure entweicht, fällt das Eisen sehr schnell aus. Es färbt das Wasser rotbraun (Eisen-Hydroxid). An Quellen oder Brunnen kann man oft die roten Krusten abgesetzter Eisen-Partikelchen beobachten.
Dies war früher an dem braunen Thermalwasser der Josephsquelle des Bad Bodendorfer Schwimmbades und in Bad Breisig gut zu erkennen. Viele kleine Eisenflocken befanden sich im Wasser und färbten es braun. Heute wird es in beiden Bädern aus hygienischen Gründen vorher enteisent.
Wärme aus der Tiefe
Bezogen auf das Gebiet der Osteifel kommen Thermalwässer im Ahrtal in Bad Bodendorf, Bad Neuenahr und im Rheintal (Bad Hönningen, Bad Breisig) vor. Im eigentlichen Gebiet der Vulkaneifel (Laacher See) hingegen sind die Mineralwässer normal temperiert.
Im Ahrtal und Rheintal steigen die Mineralwässer aufgrund der tiefreichenden Störungen rascher aus großer Tiefe auf. In diesen Tiefen herrschen höhere Temperaturen als an der Erdoberfläche. Durch den raschen Aufstieg erfährt das temperierte Wasser nur eine geringe Abkühlung und ist entsprechend erwärmt.
Dies genießen besonders die Badegäste der Thermalbäder in Bad Neuenahr, Bad Bodendorf und Bad Breisig.
Im Laacher-See-Gebiet benötigen die Mineralwässer mehr Zeit für den Aufstieg an die Oberfläche, da solche kurzen Aufstiegswege kaum vorhanden sind. Der Abkühlungseffekt ist infolgedessen größer, und die Mineralwässer sind nicht mehr erwärmt.