„Gesundheit, Lebensqualität und Wein“
Am 19. Mai 1999 wurde der Vertrag zur Gründung eines Studien- und Informationszentrum mit dem Titel »Gesundheit, Lebensqualität und Wein« unterschrieben. Träger dieser Einrichtung ist die Deutsche Weinakademie mit Sitz in Mainz, Kooperationspartner ist der Touristikservice Ahr-Rhein-Eifel (TOUR). Das Institut wird gemeinsam mit TOUR und dem Kur- und Verkehrsverein Bad Neuenahr-Ahrweiler – KVV – im neuen Dienstleistungszentrum in der Villa Rütten in Bad Neuenahr sein Domizil haben.
Die Deutsche Weinakademie existiert seit mehr als 20 Jahren, ihr Träger sind jeweils zu einem Drittel der Deutsche Weinbauverband, der Bundesverband der Deutschen Weinkellereien und des Weinfachhandels – beide mit Sitz in Bonn – und das Deutsche Weininstitut GmbH in Mainz. Sie versteht sich als eine Selbshilfeeinrichtung der Deutschen Weinwirtschaft, die den bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit Wein als gesundheitsdienlichem Genussmittel fördern will. Das neu gegründete Studien- und Informationszentrum »Gesundheit, Lebensqualität und Wein« soll die Deutsche Weinakademie unterstützen bei ihrer Aufgabe, die Entwicklung der rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmendaten zu den Themengebieten Wein, Gesellschaft, gesunde Ernährung und Lebensstil zu verfolgen, Daten zu sammeln, auszuwerten sowie qualifiziert und zielgruppengerecht zu informieren.
Dieses in Deutschland einmalige und international operierende Pilotprojekt wird etwa zur Hälfte vom Bund im Rahmen des Bonn-Berlin-Ausgleichs finanziert, die andere Hälfte steuert die Deutsche Weinakademie bei. Der Geschäftsführer, Rechtsanwalt Carl Michael Baumann und die wissenschaftliche Fachreferentin Frau Dr. Claudia Stein-Hammer, haben sich um die Realisation dieses Institutes in Bad Neuenahr-Ahrweiler enorme Verdienste erworben. Ebenso hat Landrat Joachim Weiler – tatkräftig unterstützt von TOUR-Chef Alfons Meyer und dem Koordinator der Gesundheits- und Fitneßregion Kreis Ahrweiler, Maternus Fiedler-jahrelang für die Ansiedlung dieser Einrichtung gekämpft, die ideal in unsere Gesundheitsregion passt.
Primäre Tätigkeitsfelder des neuen Institutes sind die Einrichtung und die Pflege einer zentralen Datenbank zur Informationssammlung und zur inhaltlichen Aufbereitung für zielgruppengerichtete Information und wissenschaftlich fundierte Argumentation. Ein weiterer Tätigkeitsschwerpunkt ist die Vorbereitung, Vergabe und fachliche Begleitung von Pilotstudien und Arbeiten in den Fachgebieten Medizin, Ernährungswissenschaft, Biologie und Oenologie. Dabei wird eine intensive Zusammenarbeit auf den verschiedensten Gebieten mit den Fachhochschulen und Universitäten im Großraum Bonn-Kreis Ahrweiler und der Staatlichen Weinbaudomäne (SLVA) angestrebt.
Ein wesentlicher Anteil wird die Öffentlichkeitsarbeit sein mit Vorträgen, Seminaren und Kongressen zum Themenkomplex »Gesundheit, Lebensqualität und Wein«. Angesprochen werden hier vor allem Ärzte, medizinische Fachverbände, Medizin-Journalisten und die Verantwortlichen im Gesundheitswesen, aber auch selbstverständlich sämtliche interessierte Bürger. Die Initiatoren erhoffen sich durch die Arbeit dieses Instituts einerseits weitere positive Erkentnisse über den moderaten Genuss des Jahrtausende alten Kulturgutes Wein und damit eine weitere Aufwertung des Images gerade des deutschen Weines, andererseits eine weitere Profilierung und Steigerung des Bekanntheitsgrades der Gesundheits- und Fitneßregion Kreis Ahrweiler – und zwar national und international – mit den entsprechenden positiven Effekten für die gesamte Region.
Neues zum Thema Wein und Gesundheit
Im Jahrbuch des Kreises Ahrweiler 1997 haben wir das Thema »Wein und Gesundheit – neue Erkenntnisse in der medizinischen Forschung« ausführlich dargestellt. Deshalb soll an dieser Stelle der aktuelle wissenschaftliche Stand auf diesem Gebiete zusammenfassend dargestellt werden.
Der Alkohol, der ja auch im Wein wesentlicher Bestandteil ist, hat ähnlich wie der alte römische Januskopf zwei in entgegengesetzte Richtungen blickende Gesichter: Auf einer Seite die Fratze des Alkoholismus mit seinen fatalen Folgen für das Individuum selbst und sein soziales Umfeld, der letztlich zu Krankheit, Unglück, und Tod führt. Auf der anderen Seite das freundliche Gesicht des moderaten Weingenusses, der wie über Jahrtausende in der Medizin vermutet wurde und heute wissenschaftlich bewiesen ist, ganz gewichtige gesundheitliche Vorteile hat: Vom Stressabbau und der Steigerung der Lebensfreude bzw. -Qualität bis hin zur Vorbeugung gegen Arteriosklerose, Herzinfarkt und Schlaganfall sowie eine insgesamt lebensverlängernde Wirkung. Wissenschaftler aus aller Welt haben in den letzten Jahren in über 100 Untersuchungen und Studien an Millionen Menschen diese Erkenntnisse gewonnen bzw. untermauert.
Die wichtigste Wirkung regelmäßigen Weingenusses – dies bedeutet im Schnitt täglich eine halbe Flasche Wein für den Mann und ein Viertel Wein für die Frau- betrifft das Herz-Kreislauf-und Gefäßsystem.
Es wird der Gefäßverkalkung vorgebeugt und damit die hierdurch verursachten Herzinfarkte und Schlaganfälle um 20 bis 40 % vermindert.
Dies hat seine Ursache in der im Wein einmaligen Konstellation: Alkohol und Polyphenole. Letztere sind organische Verbindungen, zu denen insbesondere die Gerb- und Farbstoffe gehören und von denen im Wein inzwischen mehr als 100 nachgewiesen sind. Die wichtigsten sind Querecitin, Catechine, Tannine, Resveratrol. Ihre Konzentration im Rotwein ist im Schnitt 10 x höher als im Weißwein. Sie gehören zu der Gruppe der Antioxydantien, ihre Wirkung ist vergleichbar mit Vitamin E, Vitamin C, Selen und Carotin. Die gefäßschützende Wirkung entfalten bei moderatem Weingenuss der Alkohol und die nur im Wein enthaltenen Polyphenole gemeinsam: sie verbessern das Blutfettprofil, indem sie das gute HDL-Cholesterin steigern und das schlechte LDL-Cholesterin senken. Sie verhindern die Oxydation des LDL-Cholesterins, die bei der Entstehung der Arteriosklerose ursächlich eine entscheidende Rolle spielt. Sie verflüssigen das Blut und beugen der Gerinnselbildung in den Gefäßen vor, verhindern somit Gefäßverschlüsse in Herz und Gehirn, die zu Herzinfarkt bzw. Schlaganfall führen. Und was heute zunehmend wissendschaftlich in den Vordergrund rückt: sie schützen die Gefäßinnenhaut, die bei der Entstehung bzw. Verhinderung von Gefäßschäden eine zentrale Rolle spielt. Schließlich kommt es zur Erweiterung der Gefäße im Körper, insbesondere im Herzen und Gehirn.
Das Rotweingebiet Ahr ist für seine Spitzenweine bekannt. Blick in einen Weinberg an der Ahr vor der Lese
So sehr übermäßiger Alkohol-genuß unser Gehirn schädigt, so sehr beugt mäßiger aber regelmäßiger Weingenuss Gehirnerkrankungen vor. Durch die Zunahme der Hirndurchblutung kommt es zur Zunahme der Nährstoff- und Sauerstoffversorgung im Gehirn. Altersbedingter Abbau wird gebremst, die geistige Leistungsfähigkeit und Frische erhöht. Auch Altersdepressionen wird vorgebeugt, zumal ein gutes Glas Wein gerade auch beim alten Menschen die Kontaktfreude und Fähigkeit fördert. Nach einer Studie aus der renommierten Neurologischen Universitätsklinik von Bordeaux wurden bei maßvollen Weintrinkern weniger Fälle der Alzheimer’schen Erkrankung beobachtet als dies bei Nichttrinkern der Fall war. Hier besteht sicherlich noch Forschungsbedarf, den die Deutsche Weinakademie und das neu zu gründende Institut aufgreifen werden.
Ein weiteres interessantes Forschungsgebiet für die Zukunft wird das Thema »Diabetes und Wein« sein. Wie bereits dargestellt, haben weltweite wissenschaftliche Forschungen eindeutig ergeben, dass der regelmäßige aber mäßige Weingenuss vor HerzKreislauferkrankungen, insbesondere Herzinfarkt und Schlaganfall schützt. Diabetiker sterben jedoch in mehr als 70 % an diesen Leiden. Was läge somit näher als dem Diabetiker den regelmäßigen, mäßigen Weinkonsum zu empfehlen? Zudem bedeutet ein gutes Glas Wein zum Essen für viele Menschen, somit auch für viele Diabetiker Lebensfreude und Genuss. Verschiedene kleinere wissenschaftliche Studien haben ergeben, daß mäßiger Weingenuss zum Essen die Diabeteseinstellung nicht beeinträchtigt aber möglicherweise auch die Gefäße des Diabetikers schützt. Trotzdem kann generell der Weingenuß nicht jedem Diabetiker empfohlen werden, bis exakte Studien hier klare Richtlinien erbringen. Dies wäre eine hochinteressante und dankbare Aufgabe einer Kooperation zwischen dem neuen Institut und dem renommierten Diabetesheilbad Bad Neuenahr.
Ein weiteres derzeit heiß diskutiertes Thema ist der »Zusammenhang zwischen Krebs und Alkoholgenuß«. So sehr es im Alltag des niedergelassenen und Klinikarztes einerseits und aufgrund der wissenschaftlichen Forschung andererseits erwiesen ist, dass Alkoholmißbrauch insbesondere mit gleichzeitigem Rauchen zu einer deutlichen Zunahme bestimmter Krebsarten führt, so wenig kann dies vom moderaten Weingenuß behauptet werden. Hier sind die Untersuchungen widersprüchlich, ja im Gegenteil, mehrere sehr qualifizierte Studien zeigen, dass moderate Weintrinker seltener an Krebs erkranken als Nichttrinker. Auch dieses Thema sollte unbedingt vom neuen Institut wissenschaftlich angegangen werden.
Wissenschaftlich erwiesen: Moderater Weingenuss ist gesundheitsfördernd
Bezüglich der weiteren positiven Wirkungen eines mäßigen Weinkonsums auf Verdauungsorgane, Atmung Bewegungsapparat, Haut, Hormonsystem, Niere und ableitende Harnwege sowie Immunsystem darf ich auf unseren Beitrag im Jahrbuch 1997 verweisen.
Das Thema »Gesundheit, Lebensqualität und Wein« gewinnt sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Wissenschaft an Bedeutung. Dies beweist nicht zuletzt die Tatsache, dass hierzu in den letzten Jahren Kongresse in den renommierten Deutschen Herzzentren in München und in Berlin stattfanden und dass selbst der Internistenkongressin Wiesbaden, einer der größten Kongresse Europas, zu diesem Thema Seminare anbot. Hochrangige Wissenschaftler aus der ganzen Welt hielten die Referate.
Die Gründung des Studien- und Informationszentrums »Gesundheit, Lebensqualität und Wein« in unserem Kreis ist eine große Chance der Profilierung für unsere Winzerschaft mit ihrem hervorragenden Wein, für den Tourismus, die Ärzteschaft, das Heilbad Bad Neuenahr und die gesamte Gesundheitsregion Kreis Ahrweiler.
Dass dieses Thema jedoch unserer Kreisärzteschaft nicht fremd ist, beweist folgender Zeitungsartikel aus dem Jahre 1964: Landrat Urbanus hatte die Kreisärzteschaft zu einer Rotweinprobe eingeladen. Persönlich erwähnt werden unter anderem der Obermann der Kreisärzteschaft Dr. Heimerzheim, der 1. Kreisdeputierte Eduard Schütz, Kurdirektor Dr. Dr. Rütten und Direktor Broicher von der Landeslehr- und Versuchsanstalt, dessen Weinproben heute noch legendär sind (»Eine Weinprobe bei Herrn Direktor Broicher war genauso feierlich wie ein lateinisches Hochamt«). Dr. Josef Kreutzberg sprach über die Herkunft des Weines aus der Götterwelt Griechenlands und die Poesie des Weines. Anschließend wurde eine exzellente Weinprobe durchgeführt. Das Resümee der Veranstaltung: »Der Wein gehört öfter auf den Rezeptblock des Arztes. Dann zumal, wenn es sich um den kostbaren Ahrburgunder handelt. Er macht den Traurigen froh und den Kranken gesund und man sollte stets dem Winzer für seinen Fleiß danken«!