„Uns Schutzen zien zo Velde“. Über die Heerfolge der Ahrweiler Schützen um 1500
In den bislang gedruckten Beiträgen über die St. Sebastianus-Bürger-Schützengesellschaft Ahrweiler1) werden deren Mitgliedern für das späte Mittelalter ganz kategorisch und grundsätzlich zwei Aufgaben zugewiesen. 1. Die Schützen geleiten die Fronleichnamsprozession. 2. Die Schützen sorgen für die Verteidigung der Stadt (so angeblich 1474 bei der Belagerung Ahrweilers durch die Truppen des Erzbischofs Ruprecht2)). Die systematische Aufarbeitung der ältesten Stadtrechnungen Ahrweilers von 1487 bis 15103) vermitteln uns aber ein gänzlich neues Bild über den Einsatz der Sebastianer im frühen 16. Jahrhundert.
Die Feldschützen
„Methodisch wichtig ist der Hinweis, dass der Schützenbeleg alleine nicht reicht4)“, um Rückschlüsse zu ziehen. Unter dem Namen „Schützen“ verbergen sich mannigfaltige Funktionsträger. Am häuftigsten sind die (Feld)-Schützen gemeint, deren es laut Stadtordnung elf in Ahrweiler gab, die jährlich vom Stadtrat gewählt wurden. Sie sollten van guter famenn darzu bequehme und burger seien, die alle der leut eigen erffschafft binnen dem bezirck und herlichkeit Arweiler gelegen hueden.5)
Damit ist die Aufgabe der Feldschützen hinreichend beschrieben.
Die Nachtschützen
Ein weiterer Schützendienst sind die Nachtschützen, die bereits 1620 genannt werden. Im Ratsprotokoll vom 17. Juli 17296) ernennt der Magistrat für die vier Huten und die beiden Dörfer Bachem und Walporzheim jeweils zwei Schützen. Von den namentlich genannten zwölf Personen sind nur fünf Mitglieder der St. Sebastianus-Bruderschaft gewesen. Diese Nachtschützen hatten offensichtlich die Funktion, nachts für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Ob sie mit den Rondierern identisch sind, ist zunächst nicht zu klären.
Die Bürgerlichen Schützen
Der dritte zu nennende Schützendienst lässt hingegen eher an eine Polizeifunktion denken. Ein Ahrweiler Bürgersohn, Nikolaus Kley, hat in der Nacht vom Sonntag, dem 10. auf Montag, den 11. Dezember 1730, zwei Soldaten der damals in Ahrweiler liegenden Einquartierung mit einem Messer verletzt. Er wird auf der Hauptwache festgehalten und soll von denen anwesenden, hierzu bestellten Bürgerlichen schützen öffentlich geführet werden zum bürgerlichen Arrest. Dieser Vorfall zeigt also Schützen im Sinne von Hilfspolizisten. Das Ratsprotokoll7), aus dem dieser Satz stammt, fährt fort: Die hierzu bestellte bürgerliche schützen seijnt gewesen Michel Geyß, Pitter Broichsittart, Everhard Gradt, und Theiß Schültzgen haben auch unter dem Vorwand beklagten nicht in den Thurm liberen wollen, daß sie forchten, er mögte ihnen über weegs lauffen gehen. Von diesen vier Helden ist laut Mitgliederverzeichnis8) keiner Mitglied der St. Sebastianus-Bruderschaft gewesen.
Die Sebastianus-Schützen
Nun zum vierten Schützendienst in der Stadt, der schon genannten, vor 1430 begründeten, St. Sebastianus-Bruderschaft. Die Begleitung der jährlichen Fronleichnamsprozession durch die Schützen ist in den frühen Stadtrechnungen fortlaufend belegt, so 14929): Item den schutzen ind wepelinck im harnisch, die mit der processien umb giengen was 84 den namittage 62 Quart (Wein) de 28 Heller (= hl) facit 24 mark (= m) 1 schilling (= s) 4 Pfennige (= d). Item an schonenbrode ind kesen 2 m 1 s 8 d. Item na mitdage up der hellen (= Rathaus) 5 q de 28 hl facit 1m 11 s 4 d. Item an schonenbrode 10 hl. Item geschenckt den schutzen vur den gemeynen schanck durcht jaer vur all 24 m. Für 24 Mark konnte man sich – je nach dem jährlichen Weinpreis, der im Zeitraum von 1487 – 1510 zwischen 10 und 28 Heller lag – 1/2 Fuder Wein (ca. 500 l) kaufen, fürwahr eine stattliche Gabe. DieseAngaben enthalten noch eine weitere Überraschung, zeigen sie doch die Teilnahme der Junggesellenschützen an der Fronleichnamsprozession schon in dieser frühen Zeit. Für 1500 wird belegt: Item giengen die schutzen up des hilligen sacramentz dach mit erem harnisch umbgiengen do giengen sy up der schutzen huyss dat gelaich yn geschenckt facit ≈14 m10). Dieser Rechnungsbeleg zeigt uns auch, dass die Schützen schon recht früh ein eigenes Schützenhaus besaßen. Wer Besitzer dieser Liegenschaft war, ob Stadt oder Bruderschaft, ist nicht mehr zu ermitteln. Im Jahre 1611 jedenfalls lässt die Stadt auf ihre Kosten die Glasfenster uff dem schutzenhaus reparieren11). Noch im Jahre 1715 bezahlte der Magistrat der Schützenbruderschaft das Aufsetzen des Königsvogels: den 1ten Junij als der vogell ist aufgesetzet worden, silbigmahl denen ahnwesenden … leijendeckeren undt ubrigen geben 4 Quart wein 4 alb weißbrodt undt 10 alb fur lohn facit 1 gld 22 alb.
Selbstredend erhielten die Schützen auch in diesem Jahr den ihnen zustehenden Wein: selbigmahl hat ein Ehrsamer Rath denen Herrn (!) schutzen verehrt 1 1/2 Ohm 1 Viertel wein so in zweijen fäßer abgeholt worden…, und daneben den Jungesellen 15 virtel facit zusammen 2 ahmen 6 viertel.12) Aus derselben Quelle erfahren wir auch, dass an Fronleichnam in der Prozession eine Statue des hl. Sebastian mitgeführt wurde, deren Träger selbstverständlich auch aus der Stadtkasse entlohnt wurden. Immer wieder beschenkte die Stadt die Schützen reichlich, so 148713). Geschenckt unsen schutzen do sy zo Bonne ind Lyns waren zo staeden (= als Unterstützung) 8 m, oder im selben Jahr do die schutzen den vogell schoussen geschenckt up der helle 4 q de 20 hl facit 1 m 1 s 4 d. 1493 war ein großes Schießspiel in Ahrweiler up dem Grende, bei welchem die Schützen aus Bonn, Linz, Siegburg etc. anwesend waren: Doe geschenckt 48 q de 22 hl. 1500 heißt es: Do die schutzen waren schiessen geweest zo Coevelentz den geschenckt 3 q de 10 hl ind gaven yn zo staeden 8 m14).
Die Stadtverteidigung
Also die Stadt verwöhnte ihre Schützen in auffälliger Weise. Die anderen neun Bruderschaften der Stadt erhielten keinerlei finanzielle Unterstützung. Sollte der Magistrat den „dekorativen Geleitschutz15)“ der Fronleichnamsprozession in dieser Weise belohnen? Es ist kaum zu glauben. Wenn nicht die Prozessionsbegleitung so reichlich entgolten wurde, war es dann die Belohnung für die Stadtverteidigung? Es bleibt aber festzuhalten, dass die Stadtverteidigung Aufgabe eines jeden Bürgers war. Die uns überlieferten Wachordnungen weisen folgendes nach: Die Bürger mussten ihrer Wehrpflicht hutenweise nachkommen. Je nach Stärke der Huten bzw. Dörfer gab es 2-12 Rotten pro Hut/Dorf. Jede Rotte hatte 5 Mitglieder, nur die Niederhut stellte wegen ihrer Einwohnerzahl 6 Männer pro Rotte16). Von Schützen ist in diesen Wachordnungen nicht die Rede. Ebenso verhält es sich mit der Rondiererordnung, in der polizeiliche Aufgaben geklärt werden. Es ist auch von der Länge der Stadtmauer her nicht nachzuvollziehen, dass ca. 50 Schützen erfolgreich die 1,8 km lange Stadtmauer hätten verteidigen können, wie das für 1474 in der Lokalliteratur dargestellt wird17). Was bleibt für die Sebastianus-Schützen sonst noch an belohnungswürdigen Aufgaben? Einige Belege zeigen die Sebastianus-Schützen in ihrem Harnisch anläßlich der achttägigen Jahrmärkte als Torwachen. Die städtischen Torwächter waren dann wegen des großen Menschenauflaufs überfordert.
Die Heerfolge
Eine weitere Bürgerpflicht neben der Stadtverteidigung ist die Heerfolge gewesen, die die Stadt ihrem Landesherrn zu leisten hatte. Schon im ältesten Schöffenweistum von 139518) erhalten die Bürger Ahrweilers – wie die im ganzen Erzstift – das Privileg, nur einen Tag Heerfolge leisten zu müssen (also dat man sij ouch levere uys ind heym as andere des gestichtz stede, die unsem heren van Colne zerzijt gewapent pleint zo diennen ind zo folgen). Diese eintägige Heerfolge mit der Rückkehr am Abend ist natürlich kriegstechnisch ein Unding. So kann kein Feldzug geführt werden. Diese Art der Heerfolge wird im Schöffenweistum von 151119) ausdrücklich bestätigt. Es wird ergänzt, dass im Falle einer nötigen Heerfolge, an den Amtmann zu Rheinbach um die Gestellung von Heerwagen zu schicken sei, welche die Harnische der Bürger transportieren sollen. Die Klosterhöfe von Steinfeld und Klosterrath in Ahrweiler stellen jeweils einen Wagen, um die Küchengeräte und die Verpflegung zu fahren. Im 24. Schöffenspruch wird die Heerfolge spezifiziert, Bürgermeister und Rat der Stadt Ahrweiler haben diejenigen Bürger auszusuchen, die irer gnaden zu feldt zudienen haben, und zwar Bürger, von denen sie glauben, dass sie geschickt und bequem für diesen Kriegsdienst seien, also waffengeübte, trainierte Männer, die über ihre Verpflichtung hinaus, einen Tag zu dienen, noch längeren Kriegsdienst zu leisten bereit waren.
Die Feldzüge
Unser Blick geht zurück auf die bereits mehrmals zitierten Stadtrechnungen. 1488 vermerken die Kurmeister, dass die Ratsherren über einen von Erzbischof Hermann angeordneten Feldzug gegen den Pfalzgrafen berieten und dabei für 4 Schillinge Wein tranken. Der Erzbischof von Trier bat um Beistand, weil der Pfalzgraf ihn angegriffen und u. a. die Burgen Beilstein und Winneburg eingenommen hatte, die beide auch Offenhäuser des Erzstiftes Köln waren20). Dann musste der Magistrat feststellen, dass offen
„Die Ahrweiler St. Sebastianus Armbrustschützen kehren
von einer Bestrafungder Raubritter heim“,Zeichnung aus derFestschrift des historischen Festzuges von 1903.
sichtlich nur die Ahrweiler Schützen den kurfürstlichen Befehl zum Ausrücken hatten. Die Brüder Grutzgin wurden nach Altenahr zum dort weilenden Erzbischof um Aufklärung gesandt. Dieses Verhalten des Landesherrn sei gegen die gewoenheit. Scheinbar hatte diese Eingabe Erfolg (siehe Bonn). Wenig später hatten die Ratsherren auf der Helle die Anzahl der benötigten Schützen herabgesetzt. Vielleicht war das der heimliche Protest des Magistrates gegen das Verhalten des Kurfürsten. Bei dieser Beratung haben sie jedenfalls drei Quart Wein vertrunken. Gleichzeitig wurde der Stadtbote Paul nach Köln zum Statthalter wegen eines Briefes den neuen Feldzug betreffend gesandt. Er sollte um Aufklärung bitten, da in diesem Schreiben nichts von den Heerwagen stand: Item gesant Pauwelß zo Collen an die stat helderen unßs g. hern do uns geschriven was zom veltzoge ind in der schrifft nyt beroirt wair van den wannen na unß gewohnheit yn dat zo verkundigen zo loin 1 m 2 s. Ebenso wurde der Stadtbote nach Bonn geschickt, um dort zu erfahren, wie viele Schützen Bonn aufbrächte. Danach wurde Wilhelm Ruttinck nach Rheinbach gesandt, um die Heerwagen zu bestellen: Item gesant Wilhelm Rutinck zo Reymbach umb wane zo bestellen do man zo her zyn solde tgheen den paltzgraven. Item den selven gesant zo Remagen umb schiffonge. Item die later 3. hl. Item vur lynen doich darzoe 1 ß. Item gesant den selven zo Remagen yn van deme zoge bescheyt zo saegen. Item was der selve zo Lyns. Item quam darna anderwerff schrifft dat man uys „Die Ahrweiler St. Sebastianus Armbrustschützen kehren von einer Bestrafung der Raubritter heim“, Zeichnung aus der Festschrift des historischen Festzuges von 1903. szien seulde doe up der helle gehat 2 q de 22 hl facit 7 s 4 d. Item Peter Kesseler dat hie den pauluyn gestupt (= geflickt) hat 1 Drikopp (= 1/2 Quart ca. 1,15 l) vur 1 s 10 d. Dann war der Stadtbote Paul in Gelsdorf, um die Heerwagen zu besichtigen. 149321)wurde ein neuer Feldzug angekündigt.
Item was vur van unsen g. herrn geschriuen umb schutzen zo velde zo zien, doe waren unse burger zo Bonne ind santen 1 brieff zom Broelle (= Brühl). Als die Ahrweiler Schützen nach Sittart (damals zu Jülich gehörend) ziehen sollten, wurde Paul wiederum nach Rheinbach wegen der Heerwagen gesandt. 1510 ging es gegen den Reifferscheider. Die Stadt Ahrweiler orderte ein Rheinschiff für den Transport und kaufte einen neuen Korb für die Beförderung der Geräte: Item do unse schutzen zo her sollten zienh vur 1 korff vur ere gereitschaff 4 s.22) Der bislang jüngste Beleg für die Heerfolge der Ahrweiler Schützen stammt aus dem Jahre 1632. Unter anderem waren Schützen aus Ahrweiler zur Verteidigung von Linz, das von den Schweden bedroht wurde, abgeordnet. Die Kämpfe waren nicht sehr heftig, denn klugerweise öffnete der Magistrat von Linz den Schweden kampflos die Tore. Jedenfalls ersuchten am 14. Juli 1634 die Schützen den Rat der Stadt Ahrweiler, ihnen die bei diesem Kampf verloren gegangenen Gewehre zu ersetzen23). Dieser Bitte kam dann die Stadt auch nach. Die Schützen waren offensichtlich schon früh mit Gewehren ausgerüstet, denn häufig kauft die Stadt Pulver (donrecrude) für die Büchsen. 1508 lässt der Magistrat von dem Mühlenmeister Tiel eine eigene Pulvermühle errichten24). Es scheint also offensichtlich so, dass die Sebastianus-Schützen vom Rat der Stadt, weil sie als geschickt und bequem angesehen wurden, stellvertretend für die Bürger der Stadt Ahrweiler zu den Feldzügen des Landesherrn entsandt wurden. Diese Vermutung verdichtet sich, wenn wir die Ausgaben des Rates der Stadt Ahrweiler in dem Untersuchungszeitraum für die Leichenbegängnisse näher betrachten. Es werden 14 verschiedene Ausgaben für einen Leichenschmaus getätigt. Von diesen 14 verstorbenen, namentlich genannten Personen sind mindestens neun nachweislich Mitglied in der Schützen-Bruderschaft gewesen. Die Zahl ist sicherlich noch höher anzusetzen. Die Mitgliederbücher sind dreimal renoviert worden. Bei jedem neuen Abschreiben wurden bürgerliche Mitglieder „vergessen“. So liegt die Vermutung nahe, dass das älteste überlieferte Seelenbuch der Bruderschaft, renoviert 1655, zumindest im Bestand seiner bürgerlichen Brüder und Schwestern nicht alle Mitglieder überliefert. Der Magistrat der Stadt Ahrweiler scheint überhaupt die Sebastianus-Bruderschaft als städtische Institution verstanden zu haben. Nach einer schriftlichen Aussage von (Johann Philipp) Herrestorff aus dem Jahre 182325)galt zumindest in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, dass der jüngste Schöffe Hauptmann, der jüngste Ratsverwandte Leutnant und der jüngste Achter Wachtmeister der Gesellschaft waren. Ferner war der Stadtfähnrich zugleich Fähnrich der Schützenbruderschaft. Vor 1794 wurde dieses Amt meistbietend versteigert. Es war sehr begehrt, weil der Inhaber des Amtes von den städtischen Lasten, wie Wachdienst, Kirchenmeisteramt, Schatzempfänger oder Armenempfänger (Gildenmeister) befreit war. Als Bernhard Schopp 1729 zum Fähnrich gewählt wurde, sollte er für diese Freiheit hießiger löblicher bruderschafft Sti. Sebastiani daß jahr den tagh post festm Ss: corporis Christi (= Tag nach Fronleichnam) ein halb fuder weins geben.26) Die städtische Kontrollfunktion der Bruderschaft führte auch dazu, dass diese – so für die Jahre 1734 – 36 bezeugt27) – dem Stadtrat die Rechnung legen musste. Baumeister Hartmann und Assenmacher praesentiren Rechnung ex annis 34, 35, 36 gehabten Empfangs und Ausgaab der Schützenbruderschafft. 1740 wurde vom Magistrat der Stadt Ahrweiler bei dem Kölner Fahnenmacher Hubertus Lauterborn eine neue Fahne für die Bruderschaft im Werte von 68 Reichstaler courant in Auftrag gegeben.28)Neben dem Bildnis des hl. Sebastian und des hl. Laurentius, des Pfarrpatrons, sollte die Fahne auch das Stadtwappen und das kurkölnische Wappen tragen. Die schützende Hand des Magistrates blieb bis zum Ende des alten Reiches 1794 über der Bruderschaft erhalten. In einer kurzen Verfassung der Stadt Ahrweiler29) (ohne Datum, Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts) heißt es immerhin:
Auf Fronleichnamstag, wird eben der schanck wein, wie die gottestracht von der stadt gegeben, und annebst nachmittags der S. Sebastiani oder schutzen bruderschafft welche nebst den geistlichen und dem Magistrat, aus etwan 90 bis 100 Personen bestehet, schincken, brothen, britzelen und wein gegeben.
Neben der beschriebenen Alimentation ist diesem Satz auch zu entnehmen, dass die Geistlichen und die Mitglieder des Magistrates selbstverständlich Mitglied in der St. Sebastianus-Bruderschaft waren. Die Kontrollfunktion der Stadt dehnte sich auch auf die Junggesellenschützen aus. Nachdem Bürgermeister und Rat der Stadt mißfällig vernommen hatten, dass die Junggesellen sich in höchst straffbare weiß unterstanden hatten, ihre Offiziere gegen altes herkommen, gewohnheith undt brauch selbst zu bestimmen, schritt der Magistrat ein. Die Junggesellen sollten ihre bisherigen Offiziere anerkennen. Wer sich dieser Anordnung widersetzt und opponiert, soll kunfftighin von der Compagnie nicht allein abgewießen, sondern darzu auch nimmer mehr darin ahngenohmen, undt darneben nach ihrem verbrechen, undt uber ihrem ungehorsamb gestraffet … werden30). Der zeitige Capitain der Junggesellen Wolff solle diese Entscheidung seinen Leuten vortragen und die Widerspenstigen, die nicht mit aufziehen wollen ad prothocollum dem Bürgermeister und Stadtschreiber melden. Die Kontrolle der Schützenbruderschaften durch den Magistrat war allumfassend. Wir müssen also unser bisheriges Bild von den Ahrweiler Schützen revidieren. Zumindest in der Zeit um 1500 war es Aufgabe der Ahrweiler Schützen, stellvertretend für die Mitbürger, bei den Feldzügen des Landesherrn mitzukämpfen. Helmut Dahm belegte die Tatsache schon 1951 für die Herzogtümer Jülich und Berg. Die Landbevölkerung wurde in Landmilizen erfasst und hatte so als Landesschützen Kriegsdienst zu leisten. „In den Städten traten an die Stelle der Landesschützen weitgehend die örtlichen Schützengesellschaften.31) u. 32) Diese Tatsache ist nun auch für Kurköln am Beispiel Ahrweiler belegbar.
Anmerkungen:
- Peter Joerres, Festschrift zur 500jährigen Jubelfeier der St. Sebastianus Bürgerschützen-Gesellschaft zu Ahrweiler, Ahrweiler, 1903; Carl von Ehrenwall/Albert Federle, Festschrift zur Jubelfeier des 525jährigen Bestehens der St. Sebastianus-Bürger-Schützengesellschaft zu Ahrweiler 1928; Festschrift zum Jubelfest der Sankt Sebastianus-Bürger-Schützengesellschaft Ahrweiler aus Anlass des 550jährigen Bestehens vom 30. Mai bis 5. Juni 1953, hrsg. vom Verwaltungsrat, Ahrweiler, 1953; Festschrift zum Jubelfest der St. Sebastianus-Bürger-Schützengesellschaft 1403 – 1978, hrsg. vom Verwaltungsrat, bearb. von Albert Friedrich, Ahrweiler 1978
- Im folgenden Jahr bewährten sich die Ahrweiler Schützen bei der einzigen Belagerung der Stadt. . . Aber die starken Mauern und die tapferen Schützen nötigten die Feinde … wieder abzuziehen. (Jakob Rausch in: 350 Jahre Junggesellen Schützengesellschaft Ahrweiler, S. 12 f., Ahrweiler 1962; ebenso Ferdinand Gies, Geschichte der St. Sebastianus-Bürger-Schützengesellschaft, S. 568, in: Heimatbuch der Stadt Ahrweiler, hrsg. vom Heimatverein Alt-Ahrweiler, o. J.)
- Stadtarchiv Bad Neuenahr-Ahrweiler (= StaAW) A 269 (= 1487); StaAW A 270 /= 1488); StaAW A 271 (= 1491/92); StaAW A 272 (= 1493); StaAW A 276 (= 1495); StaAW A 273 (= 1500); StaAW A 278 (= 1501); StaAW A 279 (= 1508); StaAW A 274 (= 1510)
- Klaus Fink, Rheinbach unter dem Krummstab. Vom Leben in einer kur-kölnischen Kleinstadt (erscheint demnächst). Ich danke Prof. Dr. Klaus Flink für die Erlaubnis zur Durchsicht des Manuskriptes.
- gedruckt: Inventar des Archiv der Stadt Ahrweiler, bearb. von Theresia
- Zimmer, Koblenz 1965, S. 118 – 128 6) Ratsprotokoll vom 17. Juli 1729, S. 232, StaAW A 214
- Ratsprotokoll vom 11. Dezember 1730, S. 306 f., StaAW A 214
- vergleiche dazu: Seelenbuch der St. Sebastianus-Bürger-Schützengesellschaft Ahrweiler, hrsg. vom Verwaltungsrat, bear. von Hans-Georg Klein, Bad Neuenahr-Ahrweiler 2003
- StaAW A 271, S. 44 f
- StaAW A 273, S. 3
- zitiert nach Joerres, S. 41, a.o.a.O
- StaAW A 289 S. 11, 12
- StaAW A 269, S. 6
- StaAW A 277, S. 9
- s. Anmerkung 4
- abgedruckt in: Hans-Georg Klein, Die Huten in Ahrweiler, S. 44 – 47 (Klein/Wernz-Kaiser/Mecklenburg, Mühlenteich und Huten in Ahrweiler, Beiträge zur Stadtgeschichte 11, Bad Neuenahr-Ahrweiler 1996)
- s. Anmerkung 2
- zuletzt abgedruckt in: Klaus Flink, Ahrweiler unter dem Krummstab…, Kleve 2003, S. 151 – 158
- zuletzt abgedruckt in: Klaus Flink, Ahrweiler unter dem Krummstab…, Kleve 2003, S. 172 – 180, hier S. 174
- StaAW A 270, S. 24: Item hat unse gn here uns doin schriven zo Collen mit anderen steden zom lantdage ind was die sach beroerent dat verbunt wie sich unse gn. here mit deme bischoff van Trier verbonden hat darup myne here van Trier gesan bystant zo doin tgheen den paltzgraven ind ouch wie der paltzgrave Bijsteyn ind Winneburg in kregen het ind die offenhuß syn des stifts van Colne etc.
- StaAW A 272, S. 7 u. 8
- StaAW A 274, S. 9
- StaAW A 209, S. 232
- StaAW A 279, S. 15
- Akte im Archiv der St. Sebastianus-Bürger-Schützengesellschaft Ahrweiler
- Ratsprotokoll vom 3. Juni 1729, S. 224, StaAW A 214
- Ratsprotokoll vom 22. Februar 1737, S. 804, StaAW A 214
- Ratsprotokoll vom 18. Juni 1740, S. 262 f, StaAW 215
- Kurtze, doch der stadtordnung gemäß eingerichtet und jederzeit beij behaltene Verfaßung der stadt Ahrweiler, S. 7, StaAW 239
- Ratsprotokoll vom 8. Mai 1728, S. 164, StaAW A 214
- Helmut Dahm, Verluste der jülich-bergischen Landmiliz im Dreißigjährigen Krieg, in: Düsseldorfer Jahrbuch Bd. 45, 1951, S. 280
- Zur gesamten Problematik der Heerfolge der Schützen vgl. auch Theo Reintges, Ursprung und Wesen der spätmittelalterlichen Schützengilden, S. 160 – 181, Bonn 1963