Schloss Ahrenthal. Funktion und Nutzung im Wandel der Zeiten

Wie wichtig eine sinnvolle Funktion und ständige Nutzung für den Erhalt eines his­torischen Gebäudes sind, ist allgemein bekannt. In unserem mittelrheinischen Raum mit zahlreichen erhaltenen Burgen, Schlössern, Klöstern und Stadtmauern, aber auch Ruinen, bieten sich zu diesem Thema reichlich Anschauungsobjekte.
Von diesen soll hier beispielhaft Schloss Ahrenthal im Harbachtal bei Sinzig herausgegriffen und näher beleuchtet werden.

Befestigte Häuser der Ministerialen

Bereits im 12. Jahrhundert lebten in Sinzig einige rheinische Adelsfamilien, die für ihren Sippenverband jeweils befestigte Häuser aus Stein errichteten. Diese Häuser oder Adelshöfe lagen zunächst noch unverbunden zumeist am Rande des bebauten Areals. Als sich Sinzig unter Führung des Stadtadels im Rahmen seiner Stadtwerdung zwischen 1297, 1305 und 1327 in Etappen auch eine Gesamtbefestigung in Form einer Stadtmauer mit 2 Wighäusern, 3 großen Toren und etlichen Wachttürmen zulegte1), ergab sich ein wirksamer Schutzverbund. Nach Fertigstellung nahmen diese Reichsministerialen oder Ritter teilweise in den Wighäusern und Türmen Wohnung, die somit gleichermaßen Wehr- und Wohnfunktion erhielten.

Die Anfänge: Wasserburg Bovenburg

Einer von ihnen, Rolmann I. vom Turm, führte seine Wohnstatt sogar im Namen und sollte bald darauf zum Ahnherrn von Schloss Ahrenthal werden. Mit seiner Gemahlin Pauline aus dem Geschlecht der Gude hatte er mindestens 7 Kinder. Es lag daher nahe, dass er die Möglichkeit nutzte, für sich und seine Kinder eine größere Bleibe zu finden. Da Rolmann I. „am Oberlauf des Harbachs ein Gut Bovendorf, in dem Distrikt Bovenberg“2) besaß, errichtete er dort in den Jahren 1330/31 eine Wasserburg. Diese trug er dem Kölner Erzbischof Heinrich II. zu Lehen an und erhielt im Gegenzug die Belehnung mit Dadenburg (Dattenberg bei Linz) und den dazugehörigen Weingärten – ein Lehen, das er an seinen ältesten Sohn Heinrich weitergab.3)Er selbst blieb wohl bis zu seinem Tode († frühestens 1334, spätestens 1337) im Harbachtal auf seiner Wasserburg Bovenburg.

Sein Sohn Heinrich von Sinzig, ebenfalls Rolmann genannt, trat auch dieses Erbe an, wobei allerdings Mutter und Brüder ebenfalls Ländereien erhielten. Obwohl getreue Ministerialen des Kaisers, mussten selbst die Sinziger Ritter dessen Genehmigung zum Bau bzw. Ausbau eines befestigten Hauses einholen. Denn die mittelalterlichen Könige und Kaiser ohne feste Residenz waren auf ein System offener Häuser und Königspfalzen (darunter auch Sinzig) angewiesen, bereisten sie doch regelmäßig alle Gebiete des Reiches oder genauer, ihres Einflussbereiches, und konnten dort nicht riskieren, dass unsichere Gefolgsleute in uneinnehmbaren Burgen die Fronten wechselten und dann die Zentralgewalt bedrohten. Folglich holte Heinrich vor dem weiteren Ausbau seiner Wasserburg die kaiserliche Genehmigung ein. Diese datierte vom 17. 04. 1336 und gestattete Heinrich, „bei der Feste Bovenberg eine Zugbrücke zu errichten, davor einen Vorhof zu bauen und um die Burg einen Wehrumgang zu errichten.“4)

Ansicht von Ahrenthal aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Von Bovenburg zu Ahrenthal

In den Folgejahren vollzog sich offenbar der Namenswechsel von Bovenburg zu Ahrenthal. Denn Heinrichs Wappen „zeigte im roten Felde des Schildes einen goldenen Adler mit blauem Schnabel und blauen Fängen.“5) Namensgebend wurde damit das Wappentier, der Aar oder Adler. Jedenfalls figuriert Heinrich unter Kaiser Ludwigs Nachfolger Karl IV. 1347 bereits als „der edel Heinrich von Sintzich, herre zo Arental.“6) Somit war Heinrich vom einfachen Ministerialen zum Edelherrn aufgerückt und sah das kleine Areal Bovenburg mit dem Dorf Franken zur nun schon stattlichen Herrschaft Ahrenthal arrondiert.

Herrschaft Ahrenthal

Am 18. 12. 1353 folgte die kaiserliche Genehmigung eines weiteren Ausbaus von Burg Ahrenthal, ergänzt am 20. 12. 1353 um das Privileg der Immunität und Reichsunmittelbarkeit für die mittlerweile 5 Höfe in der Stadt Sinzig selbst.7) Damit war die Herrschaft Ahrenthal und ihrer Burgmänner gefestigt. Als zentraler Sitz einer eigenen Herrschaft mit dem Dorf Franken, Ländereien in Koisdorf, festen Höfen in Sinzig und einigen Außenbesitzungen in der näheren Umgebung beiderseits des Rheins besaß Ahrenthal nun nicht mehr nur Wohn- und Befestungscharakter als Wasserburg.

Mit Kunibert von Ahrenthal erlosch 1512 die männliche Linie, mit Adolf von Wildberg bzw. Wiltberg 1621 die weibliche Linie der Burgherren von Ahrenthal. Nach einem kurzen Intermezzo des Wilhelm von Efferen (1621-1641)8) gelangten durch Neubelehnung die Grafen von Hillesheim und ihre Nachkommen an Ahren­thal, über diese durch Einheirat schließlich ab 1785 die Grafen von Spee, die das Schloss bis heute in langer Familien-Kontinuität besitzen und bewohnen.9)
Interessant ist, wie stark auf Ahrenthal sowohl wirtschaftlicher und familiärer Erfolg mit intensiver Nutzung der Gebäude korrespondierten, als auch Zeiten wirtschaftlicher und familiärer Rückschläge mit dem Niedergang respektive Verfall des Anwesens. Schon der doppelte Burgfrieden von 1427 und 1437, worin zunächst die Gebäude und Räume des Schlosses, dann auch Garten und Ländereien zwischen den direkten Nachfahren Rolmanns und der eingeheirateten Linie der Wiltbergs minutiös aufgeteilt wurde, offenbarte, dass es Spannungen und Streitigkeiten im Hause gab, denen man so die Grundlage zu entziehen suchte. „Aus den Angaben zur Teilung des Besitzes lässt sich schließen, dass die Bewohner von Ahrenthal im 15. Jahrhundert von Fischfang, Gartenbau, Weinbau und Ackerbau lebten, von Einkünften aus Zöllen und aus der Verpachtung und Verwaltung ihrer sonstigen Güter. Die Abmachungen zeigen aber auch, dass sie sich – gemessen an dem Besitz ihrer Vorfahren – wirtschaftlich auf dem absteigenden Ast befanden, was z. B. durch die Verpfändung von Dorf und Gericht Franken (1429), Verpfändung der Höfe in Koisdorf (1433) oder durch den Verkauf von Gütern in Wassenach (1429), Strunkscheid (1440) und der Vogtei über den Hof zu Valwig (1484) belegt werden kann.“10) Trotz weiterer zeitweiliger Verluste (Verpfändung des Hauses Hombüchel und des Ausdorfer Hofes in der Stadt Sinzig), „gelang es den Wiltbergs, den Besitz zu sichern und z. T. sogar auszudehnen, z. B. um die Mühle im Harbachtal, die jährlich acht Malter Korn abwarf.“11)

Umbauten (17. – 18. Jahrhundert)

Im 17. Jahrhundert wurde das mittelalterliche Haupthaus zu einem Renaissance-Gebäude umgestaltet. Jedoch schon unter der Ägide des K. K. Obristen Wilhelm von Hillesheim stürzten dann beispielsweise 1651 „Teile der alten (und der im Renaissancestil umgebauten)12) Burganlage ohne Fremdeinwirkung ein.“13)Betroffen waren offenbar der Turm zum Brauhaus sowie etwa die Hälfte des Haupthauses, deren Wiederherstellung die finanziellen Mittel des Eigentümers überstieg. Deshalb wurde „allem Anschein nach Burg Ahrenthal spätestens seit 1668 wegen Einsturzgefahr auch der seit 1651 übriggebliebenen Gebäudeteile nicht mehr bewohnt.“14)

„Im Jahr 1728 begann Caspar Wilhelm von Hillesheim mit dem Neuaufbau von Ahrenthal, starb aber vor der Fertigstellung, so dass lediglich die Vorburg realisiert wurde.“15) Ein Turm der Renaissance-Burg blieb noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts stehen, bis er „dem Neubau des von Spee’schen großen Wohnhauses mit Kapelle“16) weichen musste.

Mehrfachnutzung 
(19. – 20. Jahrhundert)

„Die heutige Schloss- und Parkanlage hat Wilhelm Reichsgraf von Spee um 1890 an historischer Stelle erbaut. Hubertus Reichsgraf von Spee, an den 1939 der Besitz gefallen war, übertrug ihn im Jahre 1956 an seinen Sohn Roderich. Für ihn wurde die große Wasserburg zu unkomfortabel, sodass er sich im weitläufigen Parkgelände ein zweckmäßiges Wohngebäude errichten ließ und dort heute noch wohnt. Das leere Schloss wurde verpachtet und in bis zu 6 Wohnungen aufgeteilt.“17)

Schloss Ahrenthal mit Kapelle aus dem 19. Jahrhundert, Zustand 2005

Dennoch blieben den Besitzern auch in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts Probleme mit der Bausubstanz von Schloss Ahrenthal nicht erspart: 1954 stürzte der sogenannte Schafstall, eine als Maschinenschuppen genutzte Remise, ein; 1973 der östliche Eckturm der Vorgebäude.18) Letzterer wurde zwar 1981 wieder aufgebaut, doch waren etwa zeitgleich auch die Fundamente im nördlichen Teil der Vorburg zu erneuern. „Besonders der reichlich verwendete, nicht witterungsbeständige Sandstein des Schlossgebäudes wird in zunehmendem Maße zu einem besonderen Problem der Erhaltung der gesamten Anlage. Zudem genügen die Vorgebäude als Wirtschaftsgebäude einer modernen Land- und Forstwirtschaft immer weniger den Ansprüchen.“19)
Also hieß es, aus der Not eine Tugend zu machen und entweder neue, adäquate Funktionen für die vorhandenen Räume zu finden, oder diese mit vertretbarem Aufwand für neue Nutz­ungen herzurichten.

Computer-Schmiede und Erlebnis-Gastronomie

So wurde Anfang der 1990er Jahre der westliche Flügel der Vorburg von der Computerfirma SPEKA Computerteam des heutigen Schlossbesitzers Dominik Graf von Spee genutzt, der inzwischen mit seiner Familie diese – umgebauten – Räumlichkeiten der Vorburg bewohnt.

Der Ablauf der Pachtverträge im Juli 2004 gibt dem heutigen Besitzerehepaar die Chance, weitere Planungen zu realisieren, um mit innovativer Technik und neuen Nutzungen das Schloss aufzuwerten und so langfristig zu erhalten. Da der nachwachsende Rohstoff Holz in den eigenen Forsten nah und reichlich zur Verfügung steht, plant man eine Holzpellets-Heizung mit angeschlossenem Hackschnitzelwerk. Während das Obergeschoss des Hauptgebäudes als Wohnung für die gräfliche Familie umgebaut werden soll, kann das Untergeschoss bereits teilweise für Tagungen, Gesellschaften oder Hochzeiten angemietet werden – wie Teile der Vorburg oder die Schlosskapelle. Realität sind bereits Jungpferdeaufzucht und Reitstall der Gräfin Birgit von Spee sowie die Aufnahme von Pensions-, Sommerweiden- und Gnadenbrotpferden.20)

Inwieweit sich weitergehende Exklusivhotel-Pläne im Ostflügel der Vorburg realisieren lassen, wird die Zukunft erweisen. Ein Anfang wurde jedenfalls am Wochenende des 31. 07. / 01. 08. 2004 gemacht, als in enger Kooperation mit dem Remagener Hotel und Restaurant Pinger das 1. römisch-germanische Wildschweinfest kreiert wurde. Live-Musik, Kunstausstellung und Planwagenfahrten und die historisch-landschaftliche Kulisse von Schloss Ahrenthal bildeten den Rahmen der eher rustikalen Zubereitung von Wildschweinbraten im eigens dazu ausgehobenen Erdofen durch Garen über ca. 4 m3 Buchenholz.21) „Die Idee zur Feier des 1. Römisch-Germanischen Wildschweinfestes ist auf einer Informationsveranstaltung des Förderkreises Rheinhöhenweg im Frühjahr (2004) entstanden. Ziel ist es, den vielfach noch nicht so bekannten Rheinhöhenwanderweg durch Veranstaltungen entlang dieser Wanderroute bekannt zu machen und den Wandertourismus in dieser Region zu fördern. Dies ist mit der Integration eines Teils des Rheinhöhenwanderweges in den Nordic Fitness Park Ahr Eifel Rhein bereits geschehen.“22)

Perspektiven

Daneben dient Schloss Ahrenthal politischen Parteien oder Gremien oder Stadt Sinzig als Tagungsort bzw. Treffpunkt. So fand Ende Juli 2004 ein Sommerfest dort statt23) und am 16. 12. 2004 beriet und beschloss der Stadtrat von Sinzig im dortigen Veranstaltungssaal den Haushalt 2005.24)

Im Ergebnis zeigt sich an der Entwicklung von Burg bzw. Schloss Ahrenthal von 1330 bis heute sehr deutlich, wie eng die Chance zur Erhaltung historischer Bausubstanz – sowohl ideell, als auch finanziell – mit den Möglichkeiten einer angemessenen, rentablen Nutzung verzahnt ist.

Anmerkungen:

  1. Vgl. hierzu mit weiterführender Literatur u.a.: Dietz, Wolfgang, 700 Jahre Stadtmauer Sinzig, in: Heimat-Jahrbuch des Kreises Ahrweiler, Jg. 62, 2005, S. 111-115
  2. Bruchhäuser, Karl, Heimatbuch der Stadt Sinzig, Sinzig-Koblenz 1953, S. 49
  3. Vgl.: Bruchhäuser, Heimatbuch der Stadt Sinzig, Sinzig-Koblenz 1953, S. 49
  4. Zitiert nach: Bruchhäuser, Heimatbuch der Stadt Sinzig, Sinzig-Koblenz 1953, S. 50
  5. Bruchhäuser, Heimatbuch der Stadt Sinzig, Sinzig-Koblenz 1953, S. 47
  6. Zitiert nach: Bruchhäuser, Heimatbuch der Stadt Sinzig, Sinzig-Koblenz 1953, S. 50
  7. Vgl.: Bruchhäuser, Heimatbuch der Stadt Sinzig, Sinzig-Koblenz 1953, S. 50
  8. Vgl.: Haffke, Günter, Ahrenthal von den Anfängen bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts, in: Haffke, Jürgen / Koll. Bernhard (Hgg.) Sinzig und seine Stadtteile – gestern und heute, Sinzig 1983, S. 123
  9. Vgl.: Bruchhäuser, Heimatbuch der Stadt Sinzig, Sinzig-Koblenz 1953, S. 60
  10. Haffke, Ahrenthal bis Mitte des 17. Jahrhunderts, a.a.O., S. 123
  11. Haffke, Ahrenthal bis Mitte des 17. Jahrhunderts, a.a.O., S. 124
  12. Ergänzung des Verfassers
  13. Tarrach, Jochen, Ja-Wort im Schloss hält besonders fest, in: Rhein-Zeitung vom 10. 12. 2004
  14. Haffke, Ahrenthal bis Mitte des 17. Jahrhunderts, a.a.O., S. 125
  15. Tarrach, Ja-Wort im Schloss hält besonders fest, in: Rhein-Zeitung vom 10. 12. 2004
  16. Haffke, Ahrenthal bis Mitte des 17. Jahrhunderts, a.a.O., S. 125
  17. Tarrach, Ja-Wort im Schloss hält besonders fest, in: Rhein-Zeitung vom 10. 12. 2004
  18. Vgl.: Graf von Spee, Roderich, Schloss Ahrenthal von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis zur Gegenwart, in: Haffke, Jürgen / Koll. Bernhard (Hgg.) Sinzig und seine Stadtteile – gestern und heute, Sinzig 1983, S. 133
  19. Graf von Spee, Ahrenthal seit der Mitte des 17. Jahrhunderts, a.a.O., S. 133
  20. Vgl.: Tarrach, Ja-Wort im Schloss hält besonders fest, in: Rhein-Zeitung vom 10. 12. 2004
  21. Vgl.: N.N., Wildschwein im Erdofen, in: Rhein-Zeitung vom 29. 07. 2004; W. K., „Tafeln“ in historischer Umgebung – 1. römisch-germanisches Wildschweinfest auf Schloss Ahrenthal
  22. W. K., „Tafeln“ in historischer Umgebung – 1. römisch-germanisches Wildschweinfest auf Schloss Ahrenthal
  23. Vgl.: u.a.: Fassbender, FDP feierte Sommerfest in Sinzig, in: Sinzig im Blickpunkt vom 28. 07. 2004
  24. Vgl.: u.a.: Bekanntmachung der 5. Sitzung des Stadtrates am 16. 12. 2004, in: Sinziger Zeitung vom 09. 12. 2004