Neue Strukturen sollen die Kirche zukunftsfähig machen – Projekt 2020 stellt die Dekanate Ahr-Eifel und Remagen-Brohltal vor neue Herausforderungen
Man muss auch in der Kirche kein Prophet sein, um die Anforderungen der Zukunft klar vor sich zu sehen: Entsprechend der demografischen Entwicklung gibt es immer weniger Mitglieder in den Pfarrgemeinden, sodass die Einnahmen aus der Kirchensteuer sinken. Die Kosten für Personal und den Immobilienbesitz dagegen bleiben. Zudem nimmt die Zahl der Priester stetig ab.
Suche nach neuen Strukturen
Für das Bistum Trier Anlass, nach neuen Strukturen zu suchen. In einem ersten Schritt wurde 2004 die mittlere Führungsebene verkleinert, indem die Dekanate neu geordnet wurden. Im Kreis Ahrweiler entstanden das Dekanat Remagen-Brohltal (Pfarrgemeinden der Stadt Remagen, Sinzig, VG Bad Breisig, VG Brohltal) unter der Leitung von Dechant Dr. Johannes-Georg Meyer und das Dekanat Ahr-Eifel (Pfarrgemeinden der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, Gemeinde Grafschaft, VG Altenahr, VG Adenau) mit Dechant Jörg Meyrer an der Spitze. Beide vertreten jeweils mehr als 44000 Katholiken. Nominell. Denn wie die Statistik des Bistums belegt, sank die Zahl der Gottesdienstbesucher im Ahrkreis seit 1994. Während damals im Dekanat Ahr-Eifel 22,2 Prozent der Kirchenmitglieder den Gottesdienst besuchten, waren es 2004 nur noch 18,4 Prozent. Im Dekanat Remagen-Brohltal scheinen die Kirchenbänke noch leerer: 18,1 Prozent verbucht die Statistik für 1994, zehn Jahre später sind es gerade noch 14,9 Prozent aller Pfarrangehörigen, die am Gottesdienst teilnehmen. Ähnlich die Tendenz bei Beerdigungen, Eheschließungen oder Taufen. „In der modernen Gesellschaft geht die Bindung an die Kirche zurück, die traditionelle Pfarrei erleidet einen Bedeutungsverlust“, heißt es in der Situationsbeschreibung zum so genannten Projekt 2020. Unter diesem Arbeitstitel versucht Bischof Reinhard Marxgegenzusteuern, um die katholische Kirche fit für die Zukunft zu machen. Den nächsten Abschnitt der bisher beispiellosen Strukturreform hat er 2005 mit einem pastoralen Leitwort unter dem Motto „Als Gemeinschaft in Bewegung– nach innen und außen“ eröffnet. Denn nachdem Willen des Bistums soll das Projekt 2020mehr sein als ein reines Sparkonzept. Es soll auch geistliche Erneuerung bringen. Deshalb sind die Dekanate – und damit die Gläubigen –in den Reformprozess eingebunden. Bis Mai2006 wurde innerhalb der Pfarrgemeinden anhand eines Fragebogens ermittelt, wohin die Reise gehen soll.
Leitwerte
Das Bistum hat allerdings Leitwerte vorgegeben. Da im Jahr 2020 mit höchstens 180 Priestern gerechnet wird, soll die Zahl der Pfarreiengemeinschaften entsprechend verringert werden. Für das Dekanat Ahr-Eifel werden fünf statt der bisher 13 Pfarreiengemeinschaften veranschlagt, im Dekanat Remagen-Brohltal soll die Zahl von neun auf vier sinken. Das heißt, die pastoralen Räume werden größer. Geleitet werden diese dann zwar von einem ganzen Pastoralteam, doch das kann längst nicht mehr allein für die Seelsorge Sorge tragen. „Ohne Laien wird es nicht gehen“, hatte der Trierer Projektleiter Dr. Martin Lörsch den Pfarreien an Ahr und Eifel schon im Januar bei der Auftaktveranstaltung in Bad Neuenahr-Ahrweiler mit auf den Weg gegeben. Ob es sich hierbei um Wortgottesdienste, Rosenkranzgebete oder Bibelkreise handelt – kirchliches Leben soll in jedem Dorf auch ohne den eigenen Pfarrherrn vor Ortlebendig bleiben. Eine Gewissheit hat Bischof Reinhard Marx den katholischen Christen allerdings gegeben: Im Bistum Trier bleibt zumindest die Kirche im Dorf. Anders als im wirtschaftlich bankrotten Bistum Essen soll kein Gotteshaus geschlossen werden. Dass es grundsätzlich Veränderungen geben muss, ist in den Pfarrgemeinden unumstritten. Aber so richtig weiß an der katholischen Basis kaum jemand, was er von dem demokratischorientierten Vorgehen der Kirchenoberen halten soll. Denn die Entscheidung bleibt letztlich dem Bischof vorbehalten. Im November 2006will Trier den Entwurf des Strukturplans vorlegen, zu dem die Basis noch einmal Stellung nehmen kann. Im Frühsommer 2007 wird der Plan festgeklopft und tritt am 1. Januar 2008 in Kraft. In den Dekanaten Ahr-Eifel und Remagen-Brohltal soll er dann in den kommenden zwölf Jahren schrittweise umgesetzt werden, bis die Zielvorgaben des Projekts 2020 erreicht sind.