Deftiges Winter-Essen – Sauerkraut wurde selbst gemacht
Werner Schüller
In der kühlen Jahreszeit, man sagte, in den Monaten, in denen sich im Monatsnamen ein ‚r’ befindet, wie September bis April, stand bei den Menschen in den Eifeldörfern deftiges Essen auf dem Speiseplan. Das Schwein war geschlachtet, das Fleisch gepökelt, eingeweckt oder geräuchert worden. Zu den selbstgezogenen und eingekellerten Kartoffeln mit etwas Gutem vom Schwein passte hervorragend das Sauerkraut.
„Saurer Kappes“, wie Sauerkraut in hiesiger Region genannt wurde und wird, machte man selbst ein. Mit den Kohlrüben waren im Frühjahr auf dem Rübenacker oder auf dem Pflanzfeld einige Reihen Weißkohl, Rotkohl, Blumenkohl und Wirsing gepflanzt worden.
Zur Ernte gegen Ende Oktober waren aus den Pflanzen schöne Kohl- und Gemüseköpfe geworden. In guten Jahren konnten größere Mengen von den Gemüsesorten geerntet werden. Ein Teil des Blumenkohls und des Rotkohls wurde in Weckgläser eingekocht. Ein weiterer Teil des Gemüses wurde im kühlen Keller aufbewahrt, um es noch lange frisch zu halten. Der Rest kam in eine sogenannte Miete im Garten. Das war ein Erdloch, das dick mit Stroh ausgelegt war. Die gesunden Kohl- und Gemüseköpfe wurden dort hineingelegt, mit Stroh und Erdreich abgedeckt. Danach wurde die Erde ähnlich einem Dach aufgeschichtet, damit das Wasser seitlich ablaufen konnte. So hielt sich das Gemüse bis zum frühen Frühjahr frisch.
Weißkohl wird „Saurer Kappes“
Der meiste Weißkohl wurde jedoch zu Sauerkraut verarbeitet. Zum Einmachen musste das Weißkraut fein gehobelt werden. Ich erinnere mich noch gut an die Herstellung bei uns zu Hause in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Zuerst musste Vater bei allen Kohlköpfen den Strunk mit einem speziellen Rundmesser ausstechen. Dann setzte er sich auf einen Stuhl, die obere Seite des Krauthobels legte er auf die Knie, die untere lag auf der Zinkbütte. Er nahm nacheinander die Krautköpfe, legte sie in das dafür vorgesehene Kästchen auf den Krauthobel und zog dieses Kästchen mit den Krautköpfen über die scharfen Klingen des Hobels hin und her. In die Bütte fielen kurze und lange Fäden des gehobelten Weißkrauts herunter. In der Küche roch es bald würzig nach frisch gehobeltem Kraut. Mutter nahm das frisch gehobelte Kraut aus der Bütte und schichtete es im Steinguttopf lagenweise auf. Sie streute in den einzelnen Lagen etwas Salz darüber.
Bei jeder neuen Schicht stampfte sie das Kraut mit der Hand leicht ein. Das Salz entzog dem Kraut sofort Feuchtigkeit und der Kohlsaft stand schnell über dem eingelegten Weißkohl. Bald füllte sich der Topf mit Kraut und durch das Salz stand die Krautbrühe über der letzten Krautschicht. Der volle Krauttopf wurde dann in den kühlen Keller gebracht. Oben auf die Krautschicht kam als Abdeckung zuerst ein passendes Stück Leinentuch, darauf ein Runddeckel aus Eichbohlen. Den Deckel mit einem Pflasterstein beschwert, konnte jetzt das Kraut sauer werden. Nach ein paar Tagen trat bei Kellertemperatur schon die Milchsäuregärung ein.
Besondere Pflege für die Vitamine
Die Säurebakterien leisteten gute Arbeit und nach etwa zwei bis drei Wochen war das Sauerkraut verzehrfertig. Damit das Kraut nicht schlecht wurde, brauchte es jedoch eine gewisse Pflege. Dazu nahm Mutter einmal die Woche den dicken Stein, die Holzbrettchen und das Tuch ab und säuberte die Teile mit heißem Wasser. In den Winter-Wochen gab es dann frisches, selbst eingelegtes, vitaminreiches Sauerkraut, meist mit gepökeltem Fleisch und Püree aus selbst gezogenen Kartoffeln.