Ein ausgelaufener kleiner See neben einer römischen Trümmerstätte im Gelsdorfer Wald

Ottmar Prothmann

Geht man südlich von Gelsdorf am „Grafschafter Beerenhof“ links vorbei durch den Wald in Richtung Kalenborn – in der Bevölkerung „Kalenborner Straße“ genannt – so kommt man auf der linken Seite an fünf Waldwiesen vorbei. Nach zwei Kilometern trifft man, fast auf der tiefsten Stelle des Geländes, an der linken Seite auf eine große Wiese, an deren unterem Ende die Gemarkungen von Holzweiler und Kalenborn an die von Gelsdorf stoßen. Etwa 160 Meter weiter mündet der Schwesterbach in die Swist. Schilder an den Wegen weisen darauf hin, dass dieser Bereich zum Naturschutzgebiet „Quellgebiet Swistbach“ gehört, das 1986 ausgewiesen wurde.

Ein langer Staudamm

Vor der genannten großen Wiese liegt auf der linken Seite dieses Waldweges von Gelsdorf nach Kalenborn ein langer Damm. Er beginnt nach etwa 50 Meter vom Weg aus. Zurzeit ist nach einer großflächigen Rodung im Februar 2021 das Gelände mit Resten der gefällten Bäume überdeckt. Der geradlinige Damm verläuft in einer Länge von etwa 200 Metern bis hinunter zum Swistbach. Auf ihm wachsen Eichen, Buchen und Birken. Er ist auf dem Boden bis zu zehn Meter breit, am Anfang circa zwei Meter hoch und am unteren Ende ungefähr drei Meter. Der Damm endet an der Swist, die in einem breiten Durchlass vorbeifließt.

Im Wald daneben finden sich im unteren Bereich große Tümpel, die zeigen, wie feucht das ganze Gelände ist. 1890 klagte beispielsweise der Bauer Schmitz aus Gelsdorf, dass er nicht zu seiner Wiese auf der anderen Seite des Baches kommen könne, da der ganze „rothe Bruch“ (So heißt der dortige Distrikt) zu wasserreich sei.1)

Eine der Waldwiesen am Weg von Gelsdorf nach Kalenborn am 16. Juli 2009. Hier weidet heute noch das Vieh wie im Mittelalter, seitdem der Wald dafür gerodet worden war.

In der Katasterurkarte von 1823 ist die Wiese mit dem Staudamm eingezeichnet. Sie wurde „Oberste Rotterwiese“ genannt. Entlang des Swistbaches sind noch zwei kleine Wiesen zu erkennen, die beide als „Rotherwiese“ bezeichnet wurden.

Um zu veranschaulichen, wie lang der genannte Wall ist, sei gesagt, dass seine Länge von 200 Metern in Gelsdorf der Strecke von der Kreuzung im Oberdorf entlang der Dürener Straße bis zur Einmündung der Grünstraße entspricht. Der Zweck dieses Dammes diente zweifellos zur Aufstauung eines Teiches. Seine Fläche betrug, nach den Höhenlinien zu urteilen, ungefähr 3,5 Hektar beziehungsweise 12,2 Morgen. Irgendwann wurde das Wasser des Teiches abgelassen. Dazu schuf man am unteren Ende, wo der Swistbach verläuft, einen Durchlass. Weitere vorhandene Durchlässe am oberen Anfang, sowie 17 Meter und 90 Meter von oben dienten wohl zur Regulierung der Stauhöhe, als der Teich noch betrieben wurde.

Ob der untersuchte Teich einen Namen trug, fand sich noch nicht. Im „Schatzbuch“ von Gelsdorf 1670/71 wird mehrfach der Distriktname „Straußen Weyer“ genannt. Seine Lage und sein Name sind aber noch rätselhaft.2)

Dieser Damm mit der angrenzenden Wiese ist bereits in der ältesten topographischen Karte dieses Gebietes, der sogenannten Tranchot- Karte von 1808-1810, eingezeichnet. Er wurde also irgendwann vorher aufgeschüttet. In der Katasterkarte trägt der weitläufige Bezirk den Namen „Im Rotterbruch“ beziehungsweise „Im Rothenbruch“. Der Name bedeutet Rodung eines sumpfigen Bereichs.3) Für die oben genannte große Wiese ist der Name „Oberste Rotterwiese“ eingetragen. Der Name bezog sich auf zwei kleinere Wiesen unterhalb am Swistbaches, die nachfolgend auf der Karte gezeigt werden. Beide zusammen wurden als „Rotterwiese“ bezeichnet.4) Wahrscheinlich waren beide ursprünglich ein zusammenhängender Wiesenbereich. Die Namen bildeten sich im Mittelalter, als hier großräumig gerodet wurde, um Wiesen anzulegen.

Ganz in der Nähe, südlich der Swist, lautet der Flurname „Rodt“. Dort stand der Rodderhof, der nach dem Namen zu urteilen, im gerodeten Wald errichtet wurde. Erstmals erwähnt wird er im Jahre 1107, als er mit seiner Ackerwirtschaft und einem kleinen Wald der Abtei Klosterrath geschenkt wurde. Später gehörte er dem Kloster Marienthal an der Ahr.5) Wahrscheinlich entstand er im Zusammenhang mit der weitreichenden Rodung von Wald in diesem Bereich. Ob dieser Hof etwas mit dem Teich zu tun hatte, ist unklar. Klar ist nur, dass die Anlegung einen solch großen Staudamms eine gewaltige Arbeit bedeutete, denn dafür standen lediglich Spaten, Schaufel, Hacke und Schubkarre zur Verfügung. Als beispielsweise 1559/60 die lange vernachlässigten Weiher rund um die Burg in Gelsdorf wieder instandgesetzt werden sollten, war das „eine nicht geringe Arbeit“, wie es wörtlich heißt, weshalb zu den Männern von Gelsdorf die Männer aus den Dörfern der Grafschaft herangezogen wurden.6) Keine Kleinigkeit war es auch, in dem untersuchten Bereich einen 800 Meter langen Grenzgraben am Waldrand, entlang der Gemarkungsgrenze zu Kalenborn, vom Waldweg Gelsdorf-Kalenborn bis auf die Höhe anzulegen. Ihn warfen die Männer aus Gelsdorf kurz vor 1787 aus, wie es in einer Grenzbeschreibung der Gemarkung Kalenborn heißt.7) Der Graben ist heute noch größtenteils vorhanden. Auch die beidseitigen Gräben entlang des Waldweges von Gelsdorf nach Kalenborn, die auf einen Beschluss des Gemeinderats von Gelsdorf 1890 im Bereich des „rothen Bruchs“, soweit nötig, gegraben werden sollten,8) sind heute noch vorhanden.

Der Bereich des Damms und der Wiese war im Besitz von Familie de Weerth in Vettelhoven,9) die seit 1890 in ihrem neuerbauten Schloss wohnte und den Landbesitz der Burg übernommen hatte. Aber weder in den Unterlagen über die früheren Burgbesitzer noch in vielen anderen geprüften Schriftstücken von adeligen Familien und Klosterbesitzungen in diesem Bereich ergab sich ein Hinweis.

Nahe gelegene Teiche

Nachrichten über Teiche finden sich zahlreich in den Schriftstücken seit dem Mittelalter, darunter auch Erwähnungen von angelegten Staudämmen, so zum Beispiel in Holzweiler. Am 5. Dezember 1377 verkauften Rabode von Gymnich und seine Frau Eva ihre zwei zu Holzweiler gelegenen Weiher nebst den Dämmen und den darauf wachsenden Weiden.10)

Ein ganz in der Nähe gelegener Teich, schon in der Gemarkung von Kalenborn, befindet sich im Distrikt „Herdgen“. Er staut das Wasser des Schwesterbaches und hat eine Größe von knapp einem Morgen. Der Staudamm ist etwa 70 Meter lang, hat jetzt einen Durchlass am Anfang, um hindurchfahren zu können, sowie einen weiteren Durchlass, um das Wasser ablaufen zu lassen. Die Höhe beträgt zwei bis fünf Meter. Zurzeit liegt er trocken. Der ganze Bereich ist mit einem Maschendrahtzaun eingefriedet und die Zufahrt ist mit einem eisernen Tor verschlossen. Ein weiterer kleiner Teich liegt auf der Wiese unterhalb des obigen Teiches am Rand des Waldes. Auch für ihn wurde ein Damm errichtet, der heute allerdings durchstoßen ist, so dass hier kein Wasser mehr steht.

Blick auf das Gelände des ehemaligen Teiches. Im Hintergrund verläuft der Staudamm entlang des Waldrandes, März 2021.

Zu diesen Teichen liegen einige Nachrichten vor. Als 1737 Freiherr Theodor Philipp Karl von Palant-Breidenbend die Herrschaft Kalenborn an den Grafen von Hillesheim verkaufte, wird erwähnt, dass dazu „eine schöne Fischerei“ gehöre.11) Der Verkäufer legte genau fest, wie der Fischbestand in den Weihern künftig genutzt werden sollte.12) 1790 heißt es aber, dass der Weiher zu Kalenborn sich viele Jahre hindurch nicht rentiert hätte, und jetzt sei dort ein mit Heide bewachsener Platz. 1787 wird erwähnt, dass dieser Weiher im Distrikt „Auf dem Herdgen“ mit einem Staudamm versehen sei.13) In diesem Bezirk besaß übrigens auch die Gemeinde Gelsdorf eine Wiese. Dort hütete 1716 ein Kuhhirt die Kühe des Dorfes.14)

Ein Teich aus römischer Zeit?

Wenn der Teich erst im Mittelalter entstand, verwundert es, dass der Distrikt nicht nach einem so großen Teich benannt wurde, sondern „Oberste Rotterwiese“ hieß. Wurde er vielleicht später angelegt, aber der Name Rotterwiese blieb bestehen? Oder wurde er in weit zurückliegender römischer Zeit geschaffen, angelegt zur Fischzucht und andererseits zur Zierde der Landschaft? Bekanntlich schätzten die Römer Fischgerichte und legten sich deshalb an ihren Landhäusern Fischteiche an. Einige Befunde und Nachrichten deuten darauf hin, dass hier zur römischen Zeit ein Hof gestanden hat. Im volkskundlichen Fragebogen von 1925 heißt es: „Im Gelsdorfer Distrikt Rothenbruch, Eigentümer Dr. de Weerth von Vettelhoven, haben früher Gebäude gestanden. Noch jetzt ist ein halbverfallener Brunnen und Mauerwerk bemerkbar. Aus welcher Zeit, ist unbekannt.“15) Auf diesen Brunnen dürfte sich auch die folgende Erwähnung beziehen. 1740 kaufte Heinrich Kerzmann Eichenstämme, die „am rothen Pütz“ gefällt worden waren.16)

Die genannten Gebäude sollen auf den beiden Wiesen links des Weges von Gelsdorf nach Kalenborn vor dem Waldstück mit dem Damm gestanden haben. Man hat dort auch mal gegraben, hat aber nichts gefunden.17) Bruchstücke von römischen Dachziegeln, Bruchsteine und römische Münzen fanden sich auf der Wiese vor dem Waldstück mit dem Damm. Die Münzen sind vom Fachamt Landesarchäologie in Koblenz noch nicht datiert und inventarisiert.18)

Gegenüber diesem ehemaligen Teich lag auf der rechten Seite des Weges von Gelsdorf nach Kalenborn ein Steinbruch (Parzelle 653/321), genannt „alte Steinkaule“, den die Gemeinde Gelsdorf 1845 von Winand Kaiser kaufte, um Material für den Wegebau zu gewinnen.19) Zu Anfang der 1970er-Jahre wurde der Steinbruch zum Bau der Autobahn 61 großflächig ausgebaggert, um Füllmaterial zu erhalten. Dazu berichtete der archäologisch interessierte Werner Langen aus Esch im Jahre 2002 wie folgt: „Wir nannten das Olympiastadion. Da haben die beim Autobahnbau Erdaushub geholt. Der breite Weg ist damals befestigt worden, damit die mit Lastwagen dort fahren konnten. Ein richtiges Loch war in den Berghang reingebaggert worden. Da hat man auf der rechten Seite eine Römervilla weggebaggert. Die Stelle kann man heute schlecht erkennen, es sind schon Fichten gewachsen, etwa zehn Meter hoch. Sie wurden damals gepflanzt. Tag und Nacht fuhren die Caterpillars. Man hat das Gelände etliche Meter rein bis zum Steilhang ausgebaggert. Damals hat man einen Weiher angelegt, der noch heute erhalten ist. Wenn man von Gelsdorf kommt, führt rechts zwischen den Tannen ein Weg rein, dort liegt nach etwa 60 Metern der Weiher. Die Kalenborner Jungen haben sich da vergnügt, mit Traktorschläuchen Boot gefahren. Ausgebaggert wurde um 1971. Ich habe mir das damals angesehen, die Bodenformationen zeigten teilweise Braunkohle, kleine Schichten von zehn bis zwölf Zentimeter. An der rechten Seite des ausgebaggerten Steinbruchs, nach Gelsdorf zu, waren römische Dachziegelbruchstücke und Bruchsteine zu sehen.“

Oberhalb des Staudamms, der rechts oben zu sehen ist, zeigte sich am 26. Januar 2021 in einer leichten Vertiefung eine kreisrunde Stelle (hier wegen der schrägen Aufsicht ellipsenförmig zu sehen) mit einem Durchmesser von knapp einem Meter. Wegen eines wärmeren Bodens war der Schnee dort bereits geschmolzen. Das könnte der mehrfach genannte Brunnen sein.

Dieses digitale Laserfoto von 2011 zeigt den ausgebaggerten und wieder gefüllten Steinbruch mit den abgeschrägten Wänden. Der Leserstrahl erfasst die unterschiedliche Bestandsdichte des Waldbodens. Daher sieht es so aus, als sei der Steinbruch noch nicht wieder gefüllt. Unter dem Steinbruch ist auf der anderen Seite des Weges der lange Staudamm zu erkennen.

Auf beiden Seiten des Weges von Gelsdorf nach Kalenborn fanden sich also römische Dachziegelbruchstücke. Nach all diesen Nachrichten stellt sich die Frage: Kann der Damm nicht auch im Mittelalter begonnen worden sein, um die Ruinen des römischen Hofes dorthin abzulagern, damit das ganze Gelände als Grasland genutzt werden konnte und daneben gleichzeitig ein Fischteich entstand? Brauchbares Steinmaterial wird man allerdings, seitdem die Steinbauweise etwa nach 1.000 wieder einsetzte, auch verkauft haben. Den Brunnen und Gebäudeteile beließ man vielleicht zur weiteren Nutzung für das Vieh.

Weitere römische Gutshöfe entlang der Swist

Der hier vermutlich gestandene römische Einzelhof reihte sich ein in die Reihe von Höfen, die entlang einer Straße standen, die von Holzweiler kommend, in einem leichten Bogen an Oberesch und Schönberg vorbei bis zur Swist lief und dann weiter über die Kalenborner Höhe zur Ahr führte. Sie ist heute noch weitgehend in ihrem Verlauf erhalten. In Kalenborn wurde sie Römerstraße genannt. Den Namen übernahm man als offiziellen Straßennamen, als dort die Bebauung einsetzte. Der Name ist jedoch kein sicherer Nachweis für eine römische Straße, denn als Römerstraßen bezeichnete man in dieser Gegend seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Straßen, die man für sehr alt hielt. Hier trifft der Name allerdings zu, wie sich aus den beidseitig entlang der Straße aufgefundenen römischen Trümmerstätten von Einzelhöfen ergibt.20)

Abschließend sei gesagt, dass diese Gegend sicher noch viele Geheimnisse von Siedlungsplätzen und dem hier stattgefundenem Leben birgt. Erwähnt seien nur die Spekulationen von Rudolf Patzwald über das bekannte Nibelungenlied, der zu Kalenborn die Vermutung äußerte, dort könnte Siegfried ermordet worden sein.21)

Anmerkungen:

  1. Gemeindearchiv Grafschaft, Akte 130/1.
  2. Pfarrarchiv Gelsdorf (ungeordnet), Schatzbuch von 1670/71.
  3. Heinrich Dittmaier, Rheinische Flurnamen, Bonn 1963, S. 42, 248.
  4. Katasteramt Ahrweiler, Urkarte Gelsdorf, Flur 9, Blatt 4.
  5. Ottmar Prothmann, Benennung der Siedlungsplätze und Häuser im Bereich von Grafschaft-Esch, Oeverich 2019, S. 14f.
  6. Ottmar Prothmann, Bäche und Teiche in Gelsdorf, in: Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2019, S. 181.
  7. Schloss Waal, Spee´sches Archiv A 10,2.
  8. Gemeindearchiv Grafschaft, Beschlussbuch des Gemeinderats Gelsdorf 1881-1897, S. 105.
  9. Direktion Landesarchäologie, Außenstelle Koblenz, Fundakten Grafschaft-Gelsdorf.
  10. Leonhard Korth, Das Gräflich von Mirbachsche Archiv zu Harff (Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 55), Band 1, Köln 1892, S. 158.
  11. Schloss Waal, Spee´sches Archiv A 10,6, Band 2.
  12. Ebenda, Band 1.
  13. Ebenda, A 10,2.
  14. Landeshauptarchiv Koblenz, Best. 655/11, Nr. 43.
  15. Wie Anmerkung 9.
  16. Wie Anmerkung 14.
  17. Mündliche Auskunft von Hans-Peter Wabschke aus Vettelhoven, langjähriger Jagdaufseher in diesem Gebiet. So wurde ihm berichtet. Er selbst hat sie aber nicht mehr gesehen. Die Koordinaten der beiden Stellen sind: 50O33´38´´N7 O00´28´´E und 50 O33´42´´N 700´35E.
  18. Auskunft von Patrick Ctrnact, konzessionierter Sondengängern, Gelsdorf 2021.
  19. Gemeindearchiv Grafschaft, Beschlussbuch des Gemeinderats Gelsdorf 1846-1881, S. 61, 62, 74 und Akte 125a/5.
  20. Karl Heinz Albrecht, Der Raum Holzweiler in vor- und frühgeschichtlicher Zeit, in: Heimat-Jahrbuch für den Kreis Ahrweiler 1973, S. 42-44.
  21. Internet: http://www.wisoveg.de/wisoveg/artikel/art-nibelungen2.html.