25 Jahre NÜRBURGRING
Der Nürburgring als Renn- und Versuchsstrecke ist heute aus dem deutschen und internationalen Automobilsport nicht mehr wegzudenken. Sein Name ist in der ganzen Welt bekannt. Aber ebenso bedeutsam ist „der Ring“ für die Wirtschaft des Kreises Ahrweiler. Er lockt jedes Jahr, viele Tausende zu den großen Veranstaltungen und hat mit dazu beigetragen, daß der Kreis Ahrweiler heute zu den bedeutsamen Fremdenverkehrsgebieten gehört.
Es ist erst fünfundzwanzig Jahre her, daß zum erstenmal am 18./19. Juni 1927 beim Internationalen Eifelrennen hier die Motoren donnerten und Rudolf Caracciola die schnellste Runde des Tages fuhr (96,5 km/h). Bis es aber dazu kam, war manche harte Arbeit zu leisten, war manches Hindernis zu nehmen.
Im Jahre 1904 war das erste Autorennen auf deutschem Boden gefahren worden. Aber bald mußte man feststellen, daß die deutschen Wagen und Fahrer nicht genug Möglichkeiten der Erprobung hatten. So plante man eine große deutsche Renn- und Versuchsstrecke, die entweder in der Eifel oder im Taunus liegen sollte. 1907 tauchte damals bereits das Projekt einer Rennstrecke bei Adenau auf. Die Automobil-Welt vom 28. Juni 1907 berichtet darüber:
„Jetzt spricht alle Welt in dem malerisch gelegenen Eifelstädtchen Adenau davon, daß die Rennbahn in jener Gegend angelegt werden soll. Daß die Eifel mit ihren Hügeln und Gefallen für das geplante Unternehmen sehr zweckdienlich ist, dürfte von Fachleuten nicht bezweifelt werden; das Nehmen von Steigungen, Gefallen, scharfen Kurven, kommt doch für den Automobilsport und namentlich bei der Ausbildung der Fahrer hauptsächlich in Betracht. Man ist sehr geteilter Meinung, ob die Anlage einer solchen Rennbahn der Eifel von Nutzen sein wird. Viele befürchten, daß die Fußwanderer, die jetzt gerne die Eifel nach allen Richtungen hin durchqueren, dadurch verscheucht würden, andere glauben aber, daß die Abhaltung großer, namentlich internationaler Rennen, den Verkehr heben wird.“
Dann aber schwieg man wieder über die neue Rennstrecke. Die deutsche Automobilindustrie hatte ihre Krisen durchzustehen, der Erste Weltkrieg kam und die Pläne blieben liegen. Dann wurden andere Strecken erprobt, es gab Eifelrennen bei Nideggen, man plante eine Strecke bei Köln und verfiel dann endlich wieder auf das Adenauer Projekt.
1925 gründete Landrat Dr. Creutz in Adenau einen ADAC-Ortsclub, und in vielen Beratungen entstand nun das Nürburgring-Projekt. Der damalige Kreis Adenau war Notstandsgebiet. Die allgemein trostlose Lage des deutschen Arbeitsmarktes wirkte sich auf die Landbevölkerung dieses kleinen Kreises, die ohnehin schon in denkbar schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen lebte, besonders scharf aus. Große Projekte der Verkehrserschließung, die vor dem Krieg bestanden hatten, konnten nicht ausgeführt werden. In dieser Lage sah Landrat Dr. Creutz in dem Nürburgringplan eine außerordentliche wirtschaftliche Möglichkeit. Er wurde unterstützt von dem damaligen Oberpräsidenten der Rheinprovinz Dr. Fuchs, der dann auch am 27. September 1925 den Grundstein am Startplatzgelände legte. Mit 600 Arbeitern wurde das Projekt als Notstandsarbeit begonnen. Bald arbeiteten Tag für Tag zwischen zwei- und dreitausend Arbeiter am Ring. Sie bewegten im Monat etwa 10 000-cbm Erdmassen und rund 20 000 cbm Felsmassen.
Jammelshofen
Hohe Acht
Photo: Kreisbildstelle
Endlich war es soweit. Der ehemalige Landrat des Kreises Ahrweiler Dr. Schilling gedachte 1952 des Jubiläumstages mit folgenden Worten:
Als sich im Jahre 1927 der Ring um die Nürburg schloß, war die herrlichste aller Rennstrecken geschaffen dank dem immer wieder bewundernswerten, wagemutigen Unternehmungsgeist des Landrates des Kreises Adenau Dr. Creutz und dank des Beistandes, den ihm der Oberpräsident der Rheinprovinz Dr. Fuchs, der Abgeordnete Dr. Heß und der Minister für Volkswohlfahrt Dr. h. c. Hirtsiefer geleistet haben. Dieser Männer muß im Jubiläumsjahr des Nürburgringes mit besonderer Dankbarkeit gedacht werden; denn durch ihr Werk haben sie in weitschauender Voraussicht der deutschen Kraftfahrzeugindustrie die so dringend benötigte Versuchsstrecke, dem deutschen Kraftfahrsport die ideale Rennstrecke und dem Eifelgebiet einen sehr bemerkenswerten Fortschritt in der wirtschaftlichen Erschließung gebracht. Jeder dieser Erfolge hätte allein für sich genügt, die Investierung der sehr erheblichen, für den Bau der Rennstrecke benötigten Geldmittel gerechtfertigt.“
Aber auch der Nürburgring hatte noch manche Krisenzeit zu überwinden, bis er wirklich zu einem internationalen Begriff wurde. Die deutsche Industrie kam in den Zeiten des Wirtschaftskrise mit den ausländischen Fabrikaten nicht mehr mit und mußte das Feld den Ausländern überlassen. Aber die führenden Männer verloren nicht den Mut. In kleineren Veranstaltungen schulten sie auf dem Ring die Nachwuchsfahrer, die dann später gerüstet sein sollten für ihre große Aufgabe. So konnte denn 1934 die große Zeit des Nürburgringes beginnen, die dann wieder durch den Krieg unterbrochen wurde. Nach Beendigung des großen Völkermordens schien das Ende unserer Rennstrecke gekommen zu sein. 1945 fuhren die amerikanischen Panzer auf dem Ring, der nun das Schicksal vieler deutscher Straßen teilte. Die Rennstrecke wurde Panzerstraße und wurde von den schweren Ketten zermalmt, das Sporthotel ausgeraubt. Es schien keine Hoffnung mehr.
Nürburg Im Schnee
Photo: Kreisbildstelle
Doch das Land Rheinland-Pfalz nahm sich des Ringes an, die französische Militärregierung unterstützte das Unternehmen. Es wurde gearbeitet und repariert. So konnte 1947 wieder ein Motorradrennen auf der Südschleife gestartet werden. 1949 konnte die Nordschleife wieder benutzt werden. 1950 fand wieder ein Eifelrennen statt, noch national, aber 1951 ballten sich dann zum erstenmal wieder die internationalen Zuschauermassen zu einem internationalen Rennen: Der Nürburgring war in altem Glanz wiedererstanden.
Damit hat aber der Ring auch seine Bedeutung als Wirtschaftsfaktor wiedererlangt. Dem Nürburgring verdankt die Eifel viel. Es war vor dem Bau schlecht um die Eifelgebiete um Adenau bestellt. Zwergbetriebe mit großen ödflächen brachten kaum das notwendigste zum Leben. Die Bevölkerung war darauf angewiesen, sich Nebenerwerbsmöglichkeiten zu suchen. Die alte Eifelindustrie war zugrunde gegangen. Die Tuchfabriken in Adenau boten nur wenigen Beschäftigung, die alten Erzgruben waren ausgebeutet. So wanderte die Bevölkerung ganz oder saisonweise in die Industriegebiete ab. Mit dem Bau des Ringes aber begann dann die wirtschaftliche Erschließung der Eifel. Es wurden Zufahrtstraßen gebaut, bestehende Straßen erweitert. Hier fanden schon viele fürs erste Arbeit. Die Bauern konnten Steine für den Bau herbeibringen, die heimischen Steinbrüche wurden erweitert und arbeiteten auf vollen Touren. Es mußten Tankstellen errichtet werden, Reparaturbetriebe erstanden. Es kam Geld in die Eifel. Man konnte zu Verbesserungen im Straßenbild schreiten. Das Gewerbe begann zu blühen. Die Eisenbahn Remagen—Adenau wurde auf der Strecke Altenahr—Adenau weiter ausgebaut.
Als dann die Rennen begannen, strömten die Fremden herbei. Sie lernten die Schönheit der Landschaft kennen und aus den Rennbesuchern wurden sehr oft Gäste, die länger blieben und wiederkamen. So begann eine Zeit des Aufschwungs, die nach dem Kriege, als die Währung sich wieder normalisiert hatte, wiederkehrte. Der Nürburgring wurde zu einem Segen für das ganze Gebiet.