Vertrieben
Von dem Turme im Dorfe klingt
Ein süßes Geläute;
Man sinnt, was es deute,
Daß die Glocke im Sturm nicht schwingt.
Mich dünkt, so hört‘ ich als Kind;
Dann kamen die Jahre der Schande;
Nun trägt’s in die Weite der Wind,
Daß Friede im Lande.
Wo mein Vaterhaus fest einst stand,
Wächst wuchernde Heide;
Ich pflück‘, eh‘ ich scheide,
Einen Zweig mir mit zitternder Hand.
Das ist von der Väter Gut
Mein einziges Erbe;
Nichts bleibt, wo mein Haupt sich ruht,
Bis einsam ich sterbe.
Meine Kinder verwehte der Krieg;
Wer bringt sie mir wieder?
Beim Klange der Lieder
Feiern Fürsten und Herren den Sieg.
Sie freuen sich beim Friedensschmaus,
Die müß’gen Soldaten fluchen —
Ich ziehe am Stabe hinaus,
Mein Vaterland zu suchen.
RICARDA HUCH