Die Dorfschule
Von Friedrich Paulsen
Ich habe der Dorfschule meiner nordfriesischen Heimat, der ich nächst meiner Mutter die Elemente meiner geistigen Bildung schulde, schon öfter meine Dankbarkeit auch öffentlich ausgesprochen. Das soll mich aber nicht hindern, die Gelegenheit zu benutzen, es nochmals zu tun und zugleich meiner Überzeugung Ausdruck zu geben, daß ein rechtschaffenes Dorf, ein rechtschaffenes Bauernhaus und eine rechtschaffene Dorfschule in ihrer Einheit die vollkommenste Bildungsstätte darstellen, die es auf Gottes Erdboden für die Kinder- und Knabenjahre geben kann. Sie bieten alle Bildungsmöglichkeiten in der Form, in der dieses Lebensalter sie braucht und für die Entwicklung der leiblichen und geistigen Kräfte verwerten kann. Sie stellen mitten hinein in eine Wirklichkeit, wie sie diesen Jahren faßlich ist; und diese Wirklichkeit ladet nicht nur zum Ansehen ein, sie fordert auch auf zum Anfassen, sie nötigt, mit ihr handgemein zu werden, die wirksamste Form wenigstens für die Knabenjahre, und vielleicht nicht für sie allein, mit ihr Bekanntschaft zu machen. Ich wage zu behaupten: Keine Universität bietet ihren Studenten in größerer Vollkommenheit, was sie brauchen, als das Dorf und eine gute Dorfschule dem heranwachsenden Knaben bietet, was er braucht und bewältigen, in wirkliche Kraft des Erkennens und Handelns umsetzen kann.