Jagdliche Übersicht über den Kreis Ahrweiler
Von Hubertus Graf v. Spee
Der Kreis Ahrweiler ist einer der wildreichsten Kreise des Bundesgebietes. In den armen Ginsterhängen um die „Hohe Acht“ und um den Nürburgring, in den steilen „Lohhecken“ der Hocheifel, aber auch in den Buchendomen nach Osten, dem Rhein entgegen, sowie an seiner Feldflur nach Norden zu hausen heute noch Rotwild und Sau, Muffel- und Rehwild, Hase und Kanin! Hier ist der Fuchs zu Hause, dort der Dachs, und ganz leise zieht noch die Wildkatze ihre Fährte!
Rebhühner gibt es und das selten gewordene Haselhuhn. Und nachts ruft der Uhu durch die zerklüfteten Felspartien. Leider ist durch die Intensivierung und Kultur, durch Masse Mensch und Siedlung das Birkwild ausgestorben. Bis 1945 kullerten noch die Birkhähne bei der Balz!
Das Rotwild ist noch jung im Kreise. Es ist erst Ende des vorigen Jahrhunderts wohl aus den Ardennen zugewandert und taucht um die „Hohe Acht“ in dem Staatsrevier Langhard auf. Dann war es wieder ganz verschwunden, um aber Anfang dieses Jahrhunderts endgültig sich einzufinden. Im Laufe der Zeit ist es dann durch intensive Hege vor allem der ehemaligen Luftwaffe in derem Übungsgebiet Ahrbrück heimisch geworden, und wenn die Schätzung richtig ist, ist heute etwa ein Bestand von 600 Stück Rotwild vorhanden.
Schwarzwild ist immer im Kreise gewesen. Beide Rassen, die urige mit kurzem gedrungenen Rumpf und vor allem Kopf und die „mit dem langen Schnorchel“, langköpfig und schlanker an Wuchs, kommen vor. Der Bestand ist, seit wir wieder ein Gewehr führen dürfen, erheblich zurückgegangen, die Schäden sind aber immer noch groß. Das Muffelwild wurde durch die Luftwaffe im Jahre 1938 ausgesetzt. Dieses sehr scheue und heimliche Wild hat sich gut eingewöhnt. Es ist das Wild des Mittelgebirges, das keinen Wildschaden verursacht, aber gewaltige Trophäen liefert. Etwa 100 bis 120 Stück werden geschätzt.
Auf 6—7000 Stück schätzt man das Rehwild im Kreise. Es hat sich nach der durch die Besatzer verursachten Dezimierung sehr gut erholt.
Die Wildkatze wurde durch das Reichsjagdgesetz geschützt und steht noch heute unter Naturschutz. Ihre Bejagung ist verboten. Ihre Heimat sind das ehemalige Luftwaffenübungsgebiet und die zerklüfteten Ahrberge. Sie kommt aber bis herunter an den Rhein vor. Die Zelt wird kommen, wo auch sie wieder vereinzelt freigegeben werden muß, damit der Bestand nicht zu groß wird und der Schaden, den sie unter den Rehkitzen, Hasen und Vögeln anrichtet, nicht Überhand nimmt.
Daß der Uhu im Kreise noch horstet, verdanken wir dem Reichsjagdgesetz. Die strengen Schutzbestimmungen hatten bewirkt, daß der Uhu wieder heimisch wurde. Nachdem das Landesjagdgesetz von 1949, nebenbei eines der ersten Landesgesetze nach dem Kriege, die Schutzbestimmungen übernahm, sind heute etwa sechs bekannte Horste dieses größten deutschen Nachtraubvogels im Kreise bekannt.
Das Haselwild, eine dem Laien völlig unbekannte Flugwildart, stellt die Verbindung zwischen dem Rebhuhn und dem Auerhahn her. Es ist etwa so groß wie ein Haushuhn und liebt die Eichenniederwälder oder Lohhecken, wie sie in den Steilhängen des Kreises Ahrweiler noch häufig sind!
Über die Lebensbedingungen der anderen Wildarten im Kreise etwas zu sagen, hieße den Leser langweilen. Den Hasen kennt jeder. Seine Lebensbedingungen sind bekannt. Oder doch nicht! Denn ein Versuch, ungarische Hasen im Kreis auszusetzen, schlug vor dem Kriege vollständig fehl. Nicht einer der „Ungarn“, die alle gekennzeichnet waren, wurde im Kreis geschossen. Wohl aber — und dies sei am Rande erwähnt — wurde ein markierter Fuch im Jahre 1938 erlegt. Er war im Hunsrück markiert worden. Ob er die Mosel durchschwömmen hat oder des Nachts über eine der zahlreichen Brücken geschlichen war, das ist nicht bekannt. Das Kaninchen ist leider am Aussterben. Hier hat die Myxamotose, die in Frankreich das Kaninchen vernichtete, durch Mücken übertragen, ganze Arbeit geleistet.
Über Jagd im Kreise Ahrweiler könnte man Bücher schreiben. Man könnte statistisches Material bringen, man könnte über das Wandern von Rotwild berichten. Man könnte über Jagd und Siedlung schreiben, man könnte so manchen Sinn und Unsinn der Vergangenheit und Gegenwart aufzeigen.
Hier sollte nur ein kurzer Abriß dem Wanderer gegeben werden, damit er bei stillem Gang durch die Flur und bei fördernd stinkender Fahrt mit dem Automobil sich darüber klar sein, daß Spaziergang und Stille ihm die Schönheiten und den Reichtum der Natur bescheren, daß Hetze, Krach und Gestank der Natur Feind sind und nur der Gottes Schöpfung erlauschen wird, der ohne Technik ihr naht.