I N S U L
Geschichte und Brauchtum
Dort, wo etwa die Mitte des Ahrlaufes zwischen Blankenheim und Kripp ist, liegt, eingebettet zwischen den Nord- und Südberghängen, die sich nach Osten zu fast vereinen, friedlich und still das 527 ha große Eifeldörflein Insul. 330 Einwohnern ist es liebgewordene Heimat. Saubere Straßen und schmucke Häuslein geben Zeugnis von der Ordnungsliebe und dem Schönheitssinn der Bewohner. Emsigen Fleiß Und Liebe zur Heimat bekundet die rege Bautätigkeit der vergangenen Jahre; sind doch im Jahre 1950 allein 10% der gesamten alten Häuserbestände an Neubauten errichtet worden. Nur wenig Platz bietet das enge Tal für den Ackerbau; in oft mühsamer Arbeit muß der Bauer auf den Bergäckern und an den Hängen die Früchte dem Boden abringen. Die geschützte Tallage gestattet einen gute Erträge bringenden Obstbau. Mehr als 2100 Obstbäume v/urden bei der letzten Baumbestandsaufnahme gezählt. Bald am Ostausgange des Ortes, der eine Filiale der Pfarrei Schuld ist, steht die dem hl. Rochus geweihte Kapelle. 100 m weiter ist die Schule in der zur Zeit 44 Kinder unterrichtet werden. In einem auf dem Schulhofe gelegenen Neubau hat die Gemeinde im Jahre 1951 ein Heim für die Jugend errichtet, das in seiner Gesamtgestaltung vorbildlich ist und einzig dasteht im ganzen Kreisgebiete. Da, wo Nord- und Südhänge nur noch Platz lassen für Ahr, Bahn, Straße und schmale Wiesen, liegt, schon in der Dümpelfelder Gemarkung, die Stappen-Müh-le, im Volksmunde auch die „Hahnensteiner-Mühle“ genannt. In einer alten, im Staatsarchiv in Koblenz befindlichen Landvermessungsurkunde vom 17. Juli 1788, die von dem vereideten kurfürstlichen Geometer Gallibert zu Aremberg unterzeichnet ist, wird als Pächter des Ackers auf der Mühlen-Clauß ein Peter Schmidt, der Hahnensteiner Pitter genannt, aufgeführt, wovon der Name der Mühle bis auf den heutigen Tag erhalten blieb.
Das Dorf Insul gehörte im 12. Jahrhundert zur Grafschaft Are und im 13. Jahrhundert zur Grafschaft Nürburg, die bis 1200 ein Teil der Grafschaft Are war. Um 1270 starben die Grafen von Nürburg aus und sämtliche Besitzungen fielen an das Erzstift Köln. Dieses bildete daraus u. a. das Amt Nürburg, welches durchweg das Gebiet des heutigen Amtes Adenau umfaßte. Bis zum Verfall der Nürburg war auf der Burg selbst der Sitz der Behörde des kurkölnischen Amtes. Später wurde er nach Adenau verlegt. Die Orte Winnerath, Harscheid, Sierscheid, Schuld, Insul, Dümpelfeld und Nie-deradenau wurden die Honnschaften (Hundertschaften) genannt. Während der französischen Verwaltung gehörte Insul zur Mairie Adenau, Konton Adenau, Bezirk Bonn, Rhein- und Moseldepartement. Insul gehört zu der sehr alten Pfarrei Schuld, welche früher zum Eifeldekanate zählte und jetzt dem Dekanate Adenau zugeteilt ist. Die Pfarrei hatte ihr eigenes Fruchtmaß, welches in l Malter (115 bis 180 Liter) bestand, das aufgeteilt war in Sester, Mühlfaß und Pinten. Die hohe und mittlere Gerichtsbarkeit hatten der Johanniter-Orden, dessen Komturei Adenau in Adenau ein Ordenshaus besaß, der Erzbischof von Köln und das Domkapitel zu gleichen Teilen. Den Genannten standen die Fischrechte im Amte Nürburg zu. Im Jahre 1815, als die Rheinprovinz gebildet wurde, kam Insul unter preußische Herrschaft. Der Name des Dorfes Insul ist im Laufe der Zeit manchen Wandlungen unterworfen gewesen. Im Volksmunde wird der Ort heute noch „Äsel“ genannt. Die älteste, gleichfalls im Staatsarchiv in Koblenz befindliche Urkunde des Kurfürsten und Erzbischofs Clemens August von Köln vom 21. Juli 1758 betrifft die „Verpachtung der Länderey Insel oder Eßel ambts Nürrburg für die gebrüdern Peter und Johann Stephanen Schmidt“. Die Ableitung des Namens Insel liegt sehr nahe; in früheren Zeiten soll sich die Ahr vor der „Burg“, die etwa 500 m vom Westende des Dorfes in Richtung Schuld liegt, geteilt und den Ort in zwei Armen um-flossen haben. An der vorhin genannten „Hahnensteiner Mühle“ haben sich diese beiden Arme wieder vereinigt. Auf einem alten steinernen Kreuze, das am Westausgang des Ortes in der Gemarkung zwischen Straße und Ahr steht und die Jahreszahl 1790 trägt, ist der Name „Insel“ zu lesen.
In der Gemeinde Insul hat sich bis auf den heutigen Tag noch ein uralter Brauch erhalten, der darin besteht, daß Nachrichten, welche das ganze Dorf betreffen, mittels des Botenstockes verbreitet werden. Im Volksmunde wird dieser Stock „Gemeindeklöppel“ genannt. Im nördlichen Deutschland heißt er „Budstock“. In seinem Gebrauche ist eine uralte deutsche Sitte erhalten geblieben. Die alten Deutschen luden die freien Germanen durch den Botenstock zum Thing oder Ding (Volksversammlung) ein. Felix Dahn leitet seine Erzählung „Ein alemannisches Heerding“ mit den Worten ein: „Den Helm auf dem Haupt und vollgerüstet, trat der Herzog Hariowald aus seinem Zelt und winkte einem der Fronboten, welche hier stets seines Gebotes warteten. Der ergriff das lange gekrümmte Hörn des Auerstieres, das an einem Zeltpfosten bereit hing und stieß dreimal darein. Ein weithin dröhnender Ruf erscholl. Alsbald eilten die übrigen Fronboten, weiße Eschenstäbe in den Händen, mit kleineren Hörnern, welche sie an Riemen über der Schulter trugen, nach allen Richtungen von der Kuppe des Weihberges nieder, durch alle Stockwerke der Ringwälle hinab, bis an die äußersten Verhacke hin den Ruf des Herzogs tragend.“ Der in der Gemeinde Insul umlaufende Botenstock ist ein 45 cm langer gedrechselter Stab. Er ist unten 2,5 cm und oben 1,5 cm breit. In der Mitte und an beiden Enden ist er mit einer knaufartigen Verdickung versehen. Die Verbreitung von amtlichen Nachrichten durch den Ortsbürgermeister geschieht durch ein dem Stocke anhaftendes Schriftstück, das mit einem Drahte befestigt ist. Vor etwa fünfzig Jahren bedeutete der leer geschickte Botenstock, daß die Gemeinde sich schnell versammeln sollte. Heuie wird dies durch Läuten der Glocke angekündigt. Sollte eine Bekanntmachung sehr schnell erfolgen, so wurden zwei Botenstöcke in Umlauf gesetzt.
Möge dieser schöne alte Brauch noch recht lange in unserem lieben Heimatdorfe erhalten bleiben! Heimat und heimatliches Brauchtum, ungetrübtes Glück im eigenen Heim, das sind die edelsten Güter, die ein guter Mensch auf Erden besitzt und zu besitzen begehrt.
„Ein Eigen zu besitzen, das ist gut,
sei es im Hause, sei’s im Herzen.
In allen Leiden macht es Mut
und ist ein Trost in manchen Schmerzen;
zu neuem Leben ist’s der Keim,
wer’s nicht vermißt in heiteren Tagen —
wenn’s finster wird, wohl ihm, dann kann er sagen:
Jetzt geh ich heim!“
Johannes Trojan.