Aussiedlungen im Kreisgebiet

VON KONRAD SPECHT

Unter den landeskulturellen Maßnahmen, die der Verbesserung unserer Landwirtschaft dienen, gewinnt neben den Flurbereinigungen, den beschleunigten Zusammenlegungen, den Siedlungen, den Bodenverbesserungen und Wegebefestigungen zunehmend die Aussiedlung landwirtschaftlicher Betriebe aus den zu engen Dorflagen an Bedeutung. Zu kleine Hofreiten erschweren den Betrieb, die Maschinen können nicht genügend ausgenutzt werden, das Vieh steht in schlechten, kleinen Ställen, die Futtervorräte lagern unzweckmäßig, Dung und Jauche werden am falschen Platz verwahrt, kurzum, was vor 200—500 Jahren vielleicht ausreichte, ist heute nicht mehr wettbewerbsfähig und genügt auch in keiner Hinsicht mehr. Hier bringt die Aussiedlung eine gute Lösung und wesentliche Betriebsverbesserung. Am besten läßt sie sich bei einem Flurbereinigungs= oder Zusammenlegungsverfahren verwirklichen, und zwar durch Herauslegung des Hofes in eine entfernte Flur bis an den Gemarkungsrand, wobei dann die Landabfindung für den bisherigen Grundbesitz möglichst ganz bei dem neuen Hof gegeben wird, also künftig keine weiten Wege zu den Feldarbeiten mehr nötig sind, die Felder und Viehweiden vom Hof aus beaufsichtigt werden können, das Kulturland besser gepflegt und gedüngt wird, während es bisher am Gemarkungsrand vernachlässigt worden war. Gesunde, helle Stallungen, ausreichende Scheunen und Geräteräume erleichtern und heben die landwirtschaftliche Erzeugung und bringen der fleißigen bäuerlichen Familie eine bessere Existenz.

Aber auch außerhalb einer Flurbereinigung ist die Aussiedlung möglich, wenn vielleicht auch nicht die überragende Auswirkung erzielt werden kann, doch werden auch hier die Vorteile noch sehr groß und lohnend sein. Die Konzentrierung des Kulturlandes um das neue Gehöft herum kann hier meistens durch Austausch mit anderen Grundbesitzern erfolgen. Für das Dorf bringt eine Aussiedlung auch noch weitere Vorteile. Durch die Aufgabe des alten Gehöftes können die Nachbarn ihre eigenen Hofstellen erweitern und damit verbessern, wenn das alte Anwesen nicht für einen Kleinlandwirt oder einen anderen Wohnungsuchenden verwertet wird. Das durch Abfindung draußen am neuen Gehöft freiwerdende Land, insbesondere in Dorfnähe, dient der Verbesserung der im Dorf verbleibenden Betriebe, vor allem tritt auch hier eine Entfernungsverbesserung ein.

Bei der Auswahl des neuen Standortes für das Gehöft wirken verschiedene Dienststellen mit, müssen doch mannigfache öffentliche Belange in Einklang gebracht werden. Neben der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit muß sich das Gehöft der Landschaft anpassen, Licht und Wasser sind hinzubringen und die Zuwegung ist herzustellen. Staatliche Beihilfen werden hierfür gegeben, während für die nicht durch Eigenmittel und durch die Verwertung der alten Hofreite gedeckten Baukosten zinsverbilligte, langfristige Darlehen gegeben werden.

Im Kreise Ahrweiler sind bereits eine ganze Reihe Aussiedlungen mit bestem Erfolg durchgeführt worden. So wurde bereits 1939 beim Flurbereinigungsverfahren der Betrieb des Landwirts Joh. Diederichs aus der zu engen Hoflage in Hummel an eine günstige Stelle zwischen Hümmel und Falkenberg herausgelegt, wobei auch sein gesamter Grundbesitz beim neuen Standort abgefunden werden konnte. In Vorbereitung sind Aussiedlungen beim Flurbereinigungsverfahren Honerath (Betrieb Jax), Schuld=Harscheid (Betrieb Schmitten), Wimbach (Betrieb Zimmer) und Staffel (Anton Gies).

Bei den folgenden drei Beispielen sollen die alten und neuen Verhältnisse und die Finanzierung geschildert werden:

a) Landwirt Karl Kurp in Niederbreisig:

43 Morgen Kulturland als Eigentum und 48 Morgen als Pachtland. Hinzu gekauft wurden weitere 6 Morgen während des Aussiedlungsverfahrens. Die Gemarkung Niederbreisig ist bereits flurbereinigt. Das alte Gehöft liegt an der engsten Stelle der B 9, in der Zehntstraße, erbaut 1527 und erweitert 1604. Allein schon das Ein= und Ausfahren bei dem ununterbrochenen schnellen Verkehr auf der B 9 wurde eine ständige Lebensgefahr. Die Betriebsstätte war völlig veraltert und vollkommen unzureichend. Das neue Anwesen wurde 1957 dort errichtet, wo Kurp durch die Flurbereinigung bereits sein meistes Land erhalten hatte, nämlich zwischen Niederbreisig und Sinzig nahe der Überquerung der B 9 über die Bundesbahn.

Da die Landschaft hier kahl und frei liegt, wurde vom Landschaftsgestalter eine Windschutzhecke an der Westseite, von Hainbuchenhecken an den übrigen Seiten, ferner von Einzelbäumen empfohlen. Die Baukosten einschl. Licht und Wasser beliefen sich auf 121 000DM und wurden gedeckt durch Verkauf der alten Hofstelle, einem Landesdarlehn für Licht und Wasser und einem langfristigen Kredit (1/2 % Zinsen, 2% Tilgung). Wie bei allen anderen Aussiedlungen überschreiten auch hier die Zins= und Tilgungsraten nicht die tragbare Rente.

b) Landwirt Heinrich Schneider in Staffel:

Der Besitz bestand vor der Flurbereinigung aus 180 zerstreut liegenden Parzellen mit zusammen 14,88 ha, also rund 60 Morgen. Bei der 1954 durchgeführten FIurbereinigung erhielt er sieben Besitzstücke in besseren Lagen mit 15,41 ha, und zwar durchweg in einem Gebiet, das er von seinem neuen Gehöft aus ohne Benutzung der Landstraße und, ohne das Dorf zu berühren, auf gut ausgebauten Wegen erreichen kann. Allein schon sein neuer Hausplan ist 6 Morgen groß. Von der alten, viel zu kleinen und engen Hofstelle wurde ein 2 m breiter Streifen für 5 ooo DM zur Erweiterung der vorbeiführenden Landstraße verkauft. Das restliche Gehöft wurde instandgesetzt und an einen heimatvertriebenen Waldarbeiter als landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle für 9000 DM übertragen. Die Baukosten für das neue Gehöft belaufen sich auf 52 400 DM. Es wurde hierzu ein langfristiger Baukredit mit 5,5% Zinsen und 1/2 % Tilgung gegeben. Den Rest finanzierte Schneider durch Verkauf seines elterlichen Betriebes in Brenk an einen heimatvertriebenen Landwirt. Da das lebende und tote Inventar für seinen neuen leistungsfähigen Betrieb unzureichend war, erhielt er zusätzlich noch einen zinslosen Einrichtungskredit mit 4% Tilgung.

c) Waldarbeiter Jos. Wagner in Adenau:

Das alte Gehöft an der Bundesstraße 257 mitten in Adenau ist uralt und zu klein. Mit der Aussiedlung wurde eine Erbauseinandersetzung verbunden, wodurch der Betrieb auf 5,5 ha Eigenland und 4 ha Pachtland gebracht werden konnte. Der Standort des neuen Anwesens liegt abseits von Verkehrsstraßen auf einer Anhöhe bei Adenau. Hauptwert wird auf eine gesunde Viehzucht gelegt. Ein Wohnrecht wurde für den Schwiegervater und eine unverheiratete Schwägerin eingeräumt. Die Baukosten beliefen sich auf 54 700 DM, dazu waren noch 3000 DM für die Abfindung der Erben erforderlich. Die Verwertung der alten Hofstelle erbrachte 25 000 DM, Eigenleistungen beim Bau konnten in Höhe von 2100 DM aufgebracht werden. Der Rest wurde mit einem Darlehn mit 1% Zinsen und 2% Tilgung und einem weiteren Darlehn mit 2 1/4 % Zinsen und %% Tilgung gedeckt.

Die Zinsunterschiede in diesen drei Beispielen beruhen auf der verschiedenartigen Rentabilität der Stellen; diese tragbare Rente wird von Fall zu Fall nach besonderen Erfahrungsgrundsätzen sorgfältig ermittelt.

Im Kreise Ahrweiler ist mithin ein guter Anfang mit Aussiedlungen gemacht. Wer wird folgen?