Burg Olbrück
Wahrzeichen des Zissener Ländchens
VON HANS GERHARDS
Dich grüß‘ ich und preis‘ ich, du herrliches Land,
vom Brohlbach durchflossen, im Eifelgewand!
Wo Eifeler Kraft und des Rheines Gemüt
gar biedere, muntere Menschen erzieht.
Nichts gleicht deinem See, deinen herrlichen Höh’n,
mit Bilder voll Anmut, so lieblich und schön.
Wie prächtig da oben, wie weit ist der Blick!
Hier fröhlich zu wandern, welch glücklich Geschick!
Und eisgraue Zeiten, du schilderst sie klar,
du lassest uns schauen, was früher einst war,
was früher geschehen, als Vulkan erbost,
mit Beben und Grollen hier schrecklich getost.
Und als sich gestillet die finstere Wut,
da lagerten Schätze, so wertvoll und gut.
Uns Späteren zur Freude mit Donnergewalt
ward Neues geschaffen in edler Gestalt.
Drum grüße und preis‘ ich dich, muntere Brohl!
Bei dir will ich bleiben, bei dir ist mir wohl!
Eine Wanderung durchs Brohltal, jenes einzigartige Seitental des mächtigen Rhein=Stroms mit mannigfaltigen landschaftlichen Reizen und einer Fülle erd= und kulturgeschichtlicher Besonderheiten, läßt den Heimatfreund zutiefst nachempfinden, was der bekannte, im Jahre 1914 verstorbene Hauptlehrer Jakobs in seinem Brohltallied ausdrücken wollte. Kein Wunder, daß es zu einer Art Volkslied geworden ist, von dem auch heute noch alt und jung sämtliche Strophen bei passenden Gelegenheiten mitsingen kann. Der Talweg vom Rhein in die „Hohe Eifel“ ist eingeengt und bedrängt von gewaltigen Vulkanbergen. Der erhabenste unter ihnen ist der Bausenberg mit der Form eines abgestumpften Kegels. Die Wissenschaftler bezeichnen ihn als den besterhaltensten Vulkan Deutschlands. Als solcher rechnet er auch heute noch, nachdem schon eine Reihe ähnlicher Bergkegel ringsum dem industriemäßigen Abbau preisgegeben wurden, zu den Naturschutzgebieten der rheinischen Heimat. Zu Füßen dieses einst so wild tobenden Riesen und Feuerspeiers lagert friedlich und anmutig der Amtsort und Marktflecken Niederzissen. Den westlichen Abschluß der hier beginnenden Talerweiterung bildet ein ebenso mächtiger Phonolithkegel mit der weithin sichtbaren und bekannten Burgruine Olbrück. Sie sei das Ziel unserer heutigen Wanderung.
Wir untersuchen zunächst das Gestein des Bergkegels. Beim Anschlagen gibt es einen hellen Ton. Daher der Name Phonolith=Klingstein. Es handelt sich hier um meist hellgraues Gestein, das sich durch Verwitterung in Platten auflöst und nun eine bräunliche Farbe annimmt. Der Gipfel des 470 m hohen Bergkegels ist gekrönt von der mächtigen Burgruine Olbrück, deren besterhaltensten Teil — den Bergfried — wir besteigen. Es ist ein ebenso massives wie kühnes Gebäude mit einer Höhe von 95 Fuß und einer Mauerdicke von 10 Fuß, von oben bis unten mit Lavaquadern bekleidet. Die Spitze bildet ein Zinnenkranz. Die zahlreich übereinander angebrachten Stockwerke sind durch einen runden Treppenturm verbunden. Wenn auch die Quaderstein=Bekleidung und die fast moderne Form der Zinnen und Bogenfriese eine spätere Bauzeit vermuten lassen könnten, so ist doch diese Warte sicher der älteste Teil der Burg. Von hier bietet sich dem Wanderer eine reizvolle Schau ins Zissener Ländchen und weit darüber hinaus. Das heimatkundige Auge schaut im Süden den Laacher See, Niedermendig, das Maifeld und die fernen Moselberge, im Westen die abwechslungsreich und stark bewaldete Eifellandschaft mit Höhen und Tälern, mit Hohe Acht und Nürburg. Ebenso reizvoll ist auch die Fernsicht bei klarem Himmel bis zu den silberglänzenden Höhen des Westerwaldes, des Siebengebirges und oft bis zu den Umrissen des Kölner Domes. Wenn wir dann nach diesem „Fernseh“=Erlebnis die durch fünf Geschosse führende Wendeltreppe hinabsteigen, stoßen wir südwestlich vom Turm auf die Trümmer eines zweigeschossigen Wohngebäudes, dessen Bauart auf den Rokokostil schließen läßt. Dieses imposante Gebäude von sieben Fenstern Front und zwei starken Türmen auf den Ecken, von denen der eine an die Ringmauer anstößt, war noch bis zu Beginn des vorigen Jahrhunderts bewohnt. Darüber hinaus sind noch eine Reihe anderer Gebäudereste vorhanden, im besonderen von der Ringmauer, die ungefähr in der Form eines Rechtecks mit östlich gekrümmter Bogenseite verlaufen sein muß. Der neue Besitzer der Burg hat mit Freilegungen begonnen, die schon heute manches mehr aussagen als das, was aus den bisherigen Quellen erforscht werden konnte. Doch wäre es verfrüht und wohl auch unerwünscht, im Rahmen dieses Aufsatzes über die mit den so großzügig begonnenen Freilegungen und Planungen zum Wiederaufbau verbundenen Erkenntnissen zu berichten. Weil diese Maßnahmen in Verbindung mit dem Landeskonservator in einem Zeitraum von etwa drei Jahren durchgeführt werden sollen, erscheint es zweckmäßig, sich zunächst mit der sicheren Zuversicht, eine solche historische Stätte vor dem weiteren Verfall bewahrt zu wissen, 7.u begnügen. Was aber die bekannten Quellen über die Geschichte der Burg aussagen, wird der Besucher dieser mächtigen Ruine wenigstens in einer Zusammenfassung erfahren wollen.
Zu der alten Grafschaft Wied gehörte außer dem größeren Länderbesitz auf der rechten Rheinseite auch auf der linken Seite des Stromes ein ziemlich beträchtlicher Teil der Rheineifel mit dem Hauptsitz in Kempenich. Auf dem nahegelegenen Phonolithkegel erbauten die alten Grafen von Wied Burg und Schloß Olbrück. Es war als Sitz eines Seitenzweiges bestimmt. Als Burgherr finden wir zuerst Burgardus de Oreburch genannt. Unter diesem Namen ist unbedenklich Olbrück zu verstehen. Er erscheint als einer der Zeugen der zweiten Stiftungsurkunde der Abtei Maria Laach vom Jahre 1112. In der ersten Stiftungsurkunde dieser Abtei vom Jahre 1093 sind zwar Burchardus de Olbrucke et frater ejus Henricus als Zeugen benannt, doch mußte die Echtheit dieser Urkunde stark angezweifelt werden.
Jedenfalls handelt es sich bei den Erstbesitzern um den Wied’schen Stamm. Nachdem der Seitenast im Jahre 1148 ausgestorben war, fiel die Burg an den Stammsitz Wied zurück. Etwa um das Jahr 1190 trug Graf Theoderich von Wied den Olbrücker Besitz dem Erzstift Köln zu Lehen auf. Dabei erwähnte er ausdrücklich, daß diese Burg auf väterlichem Erbe gelegen sei, daß sie fortan von seinen Nachkommen besessen werden, jede Veräußerung streng verboten sein solle und schließlich die weibliche Nachfolge nicht ausgeschlossen sei. Wenn auch die Tochterburg Olbrück an Mächtigkeit die Stammburg Wied übertraf — ein Vergleich der heutigen Ruinen im Wied= und Brohltal beweisen es deutlich —, so steht doch fest, daß die Stammburg Wied unverändert im Besitz derselben Familie verblieb, während die Olbrück im Zeitlauf der Jahrhunderte durch Verlehnung, Verkauf, Verpfändung und Vererbung von einer Hand in die andere ging, manchmal sogar als gemeinschaftliches Besitztum mehrerer Adelssippen. Doch ist dies kein Einzelfall in der Geschichte der großen rheinischen Burgen. Jedenfalls sind auf diese Art eine Reihe bedeutender Geschlechter mit der Olbrück in Beziehung gekommen, und zwar die von Eppenstein (Eppstein i. Taunus), von Braunsberg, von Eich, von Virneburg, von Orsbeck, von Schöneck, von Drachenfels, von der Leyen, von Waldeck, von Ornade, von Breitbach und zuletzt die Walpoden von Bassenheim. Unter den angeführten Herrschaften gab es manche Besitzstreitigkeiten, die damit endeten, daß 1555 Graf Friedrich von Wied die Burg den Walpoden von Bassenheim, und zwar den drei Brüdern Anton, Johann und Otto überließ. Dadurch wurde für die letzten Jahrhunderte ein Dauerbesitz der Burg für eine Familie gesichert.
Einschließlich Oberweiler gehörten alle Dörfer des oberen Brohltals mit den beiden Zissen in der Mittellage zur Herrschaft Olbrück. Das ganze Gebiet war das „Zissener Ländchen“. Zeitweise hatten auch die Burggrafen von Rheineck an diesem Gebiet Anteil, und es mag wohl zwischen ihnen und den Olbrückern zu Besitzstreitigkeiten und auch zur Fehde gekommen sein. Überliefert ist in diesem Zusammenhang die Sage „Der Schmied von Niederdürenbach“, die davon erzählt, wie die Rheinecker mit den Bassenheimern auf Olbrück verfeindet waren. Sie versuchten wiederholt, die Burg zu erobern. Es sollte gelingen, wenn die Herren der Olbrück sich auf der Jagd vergnügten. Diesen Zeitpunkt zu erkennen, waren Späher ausgeschickt, die durch Zeichen den Ausritt der Ritter mitteilen sollten. Aber sie hatten einen Verräter unter sich, der den Plan den Olbrückern gegen gutes Geld verriet.
Um nun die Rheinecker zu täuschen, ritten die Herren der Olbrück zu einem Schmied nach Niederdürenbach. Er mußte ihnen die Eisen der Pferde verkehrt aufnageln. Der Schmied mußte schwören, keinem Menschen ein Sterbenswörtchen zu erzählen, im anderen Falle sollte er sein Leben am Galgen beschließen.
Nun war der Schmied ein gar redlicher und frommer Mann, dem dies auf der Seele drückte. Er wurde mit dem Geheimnis nicht fertig und fand zu Hause keine Ruhe mehr. So wanderte er auch in einer klaren Nacht in Richtung Oberzissen und setzte sich dort auf einen Stein. Dem erzählte er sein Geheimnis und sprach vor sich hin:
„Diesem Stein sag‘ ich’s allein:
reiten sie ein, so reiten sie aus;
reiten sie aus, so reiten sie ein,
das sind die Ritter von Bassenheim.“
Zufällig kam aber ein Knecht der Rheinecker des Weges. Er hatte den Auftrag, die Olbrück zu beobachten. Nun hörte er die seltsamen Worte des Mannes am Wegesrand. Eilends lief er zu seinem Herrn und berichtete ihnen von diesem merkwürdigen Gerede. Nach kurzem Überlegen wußten sie die Worte richtig zu deuten und erkannten, wie die Olbrücker sie an der Nase herumführen wollten. Sie lachten sich eins ins Fäustchen und warteten auf einen günstigen Zeitpunkt, da die Olbrücker wirklich ausgeritten waren. Da die Abdrücke der Pferdehufe zur Burg hin gerichtet waren, wußten sie, daß niemand oben war, der Widerstand leisten konnte, und sie eroberten die Burg mit Leichtigkeit. Es ist nirgendwo nachzuweisen, daß sich die Olbrücker in der Zeit des Interregnums, der kaiserlosen, schrecklichen Zeit, an Raubzügen beteiligt haben. Zum mindesten widersprach es der vornehmen Art derer von Wied, sich zum Straßenraub herabzulassen. Die Herrschaft war übrigens reichsunmittelbar. Doch hatte sie auf dem Reichstag weder Sitz noch Stimme, beides jedoch beim kölnischen Landtag. Wie und wodurch diese eingeschränkte Reichsunmittelbarkeit erlangt wurde, konnte bisher nicht eindeutig festgestellt werden.
Ebenso merkwürdig ist das doppelte Lehensverhältnis zu Köln und Wied. Offensichtlich steht dieses im Zusammenhang damit, daß sich — wie bereits erwähnt — zeitweise verschiedene Adelsgeschlechter in den Besitz der Burg teilten. Ein solches Nebeneinander war auch wohl wohnlich gewährleistet, da der eigentliche Burgbereich zweigeteilt war, und zwar in die Petersburg (später auch Orsbecker Haus genannt) und die Heinrichsburg. Die Namen stammen von Besitzern aus der Familie derer von Eich. Auch bei mehreren gleichzeitigen Besitzern der Burg blieben Pforte und Turm gemeinschaftlich. Als Lehensstücke gehörten zur Olbrück die Zehnten in Hain und Gönnersdorf in Hafer und Korn, in Wein zu Gönnersdorf, Zehntlämmer in Hain, Galenberg und Brechtingen (Brenk), Weidhämmel zu Dörrenbach (Dürenbach), Glees und Wehr, außerdem Höfe in Ober= und Niederzissen, Hain, Weiler, Gönnersdorf, Waldorf, Hannebach und über den Bereich des Zissener Ländchens hinaus Weinrenten zu Winningen, Zeltingen und Rachtig. Die Zehntpflichtigen hatten neben dem Geldzins auch Abgaben in Form von Hühnern (Fastnachtshühnern), Gänsen, Oel, Eiern und manchem ändern zu leisten. Laut Einnahme=Register finden sich Erträge aus dem Loskaufen von der Hörigkeit und Vermögensabgaben bei Verheiratungen in andere Gemeinden. Die ansässigen Judenfamilien mußten eine Sondersteuer zahlen. Eine Aufstellung der Erträge der gräflichen Familie vom Jahre 1755 zeigt z. B. folgende Positionen:
„An Zinsen und Geldrenten von den Untertertanen
rd. 101 Reichsthaler.
An Dienstgeldern von den Untertanen
rd. 200 Reichsthaler.
Judenbegräbnis und Churmuthe
rd. 16 Reichsthaler.
An Wolle, Weidhämmel und Zehntlämmer
rd. 40 Reichsthaler.
Erlassung der .Leibeigenschaft
8 Reichsthaler.
Aus verlehnten Wiesen 36 Reichsthaler. Aus verkauftem Vieh 25 Reichsthaler. Aus Accis, Zehnten usw. rd. 18 Reichsthlr. Einzugsgeld urtd Strafen rd. 5 Reichsthlr. Eine weitere Obersicht (allerdings viel älteren Datums) gibt Aufschluß über die ungefahren Vermögens; und Einkommensverhältnisse der Bürger des Ländchens im 16. Jahrhundert. Im Jahre 1544 forderte die Olbrücker Herrschaft sie auf, wegen der drohenden Türkengefahr ihr Einkommen zu Kriegssteuerzwecken einzuschätzen. Es gaben an:
34 Bürger von Niederzissen
zusammen 5 475 florin
16 Bürger von Oberzissen
zusammen 2 590 „
24 Bürger beiden Dürenbach u. Büschöfe
zus. 3 255
3 Bürger von Rodder
zus. 900 „
12 Bürger von Galenberg u. Brenk
zusammen 2 500 „
22 Bürger v. Schelborn, Hannebach u. Hain 2365 „
auf durch spanische und kölnische Truppen unter dem Befehl des Grafen Ernst von Isenburg. Wenige Jahrzehnte nach dem Wiederaufbau wurde sie dann noch weit schlimmer heimgesucht und von dem damals allgemeinen Schicksal so vieler Burgen betroffen. Nach einem Bericht des Kellners Keifenheim wurde am 3. Mai des Jahres 1689 zwischen 10 und 11 Uhr das Haus Olbrück von den französischen Mordbrennern auf Ordre des Generals Marquis de Sourdis in Asche gelegt. Hierbei wurde auch die alte Scheffenkiste mit Protokoll und Siegel ein Raub der Flammen. Zugleich mit dem Beginn des Wieder
In den aufgezählten Ortschaften hatten außerdem 35 Personen ein Einkommen unter 2o florin. Davon waren neun Knechte und zwölf Mägde. Das höchste Einzeleinkommen hatte ein Rodderer Hofmann mit 400 florin (Staatsarchiv Koblenz). Wenn auch die in diesem Zusammenhang erwähnte Türkengefahr keine direkten Folgen für Land und Leute der Herrschaft Olbrück hatte, so sollten ihr doch die kriegerischen Ereignisse des 17. Jahrhunderts um so mehr und folgenschwerer zu schaffen machen. Im Verlauf des 3ojährigen Krieges, und zwar im Oktober 1632 wurde die Burg von den Schweden unter General Baudissin eingenommen und verwüstet. Ihre Rückeroberung erfolgte im Jahre dar
aufbaues wurde dann bereits im Jahre 1690 ein neues Scheffen=Protokoll angelegt, das im Staatsarchiv erhalten ist und in folgenden Auszügen Aufschluß über die damalige Gerichtsbarkeit der Herrschaft Olbrück geben soll:
„Der Schulz: Ich frag euch Schaffen zum ersten, einen jenen bei seinem Eid, ob es von Tag Gericht zu halten und des Herrn Weistum und Geding zu weisen Zeit und gelegen sei.
Die Schaffen: Herr Schulz, Ihr habt uns gefragt bei unserm Eid, ob es von Tag, Zeit und gelegen sei, unserm gebietenden Herrn Gericht zu besitzen und Geding zu halten. Darauf antworten wir: Wenn der Herr will und seine gewaltigen Befehlshaber, ist es Dingens und Gericht zu halten und Zeit gelegen.
Der Schulz: Wie soll ich dann dem Gericht nachsetzen?
Die Schöffen: Ihr sollt die Scheffen fragen bei ihren Eiden, den Landmann bei ihren Huldigungen, die sie unserm gnädigen Herrn getan, ob jemand wäre, daß dem Herrn an seinen Gütern Abbruch oder Schaden geschehe, wisse, es sei in Acker, Wiesen, Weingärten, Büschen oder Hecken oder wo diese gelegen seien, der soll es bei seinem Huldeid anbringen und nicht verschweigen bei Straf von z Goldgulden. Wenn auch jemand wüßte, daß einige heimliche Verträge oder Sühne im Land ohne Vorwissen oder Vorbehalt des Herrn geschehen oder gemacht würden, die wortbrüchig wären, die soll man melden und anbringen und nicht verschweigen. Da auch jemand wäre, der gesehen oder gehört hätte ein Thürmegestöß, Waffengeschrei, Messergezug im Zorn, es sei gleich des Tags oder Nachts geschehen, der soll es bei seinem Huldeid melden und anbringen und nicht verschweigen bei Straf von 3 Goldgulden.
Ob auch jemand wäre, der wüßte, daß ein Bäcker wäre, der zu klein Gewicht hätte, oder ein Wirt, der zu klein Maß hätte, es sei naß oder trocken, die soll man melden und anbringen, damit diejenigen der Gebühr gestraft werden und dem Landmann geschehe, was recht ist.“ Diese Auszüge aus dem Weistum des ausgehenden 17. Jahrhunderts beweisen zwar deutlich, daß die Gerichtsbarkeit im „Ländchen“ ganz auf den gnädigen Herrn (Ol= brücker) ausgerichtet war, doch ist über Gefangenhaltung und Urteilsvollstreckung weniger bekannt und nachgewiesen. Einer mündlichen Überlieferung zufolge soll jedoch noch kurz vor dem Ende der Dynastie ein Bürger aus einem nahen Ort wegen eines Kirchendiebstahls bis zum Urteilsspruch im Burgverlies (es waren dies die Räume im unteren Teil des Bergfrieds) gefangen gehalten worden sein, um dann, nachdem der Spruch zu seinen Ungunsten ausfiel, an dem unweit Rodder errichteten Galgen (heute noch heißt der Distrikt „Am Galgen“) hingerichtet zu werden.
Doch mit dem Obergreifen der französischen Revolution auf die Rheinlande (1793 bis 1794) hatten Gerichtsbarkeit und Herrschaft der Olbrücker ein Ende. An ihre Stelle trat eine französische Verwaltung. Diese umging zunächst klugerweise die Erinnerung an die alten Dynasten und taufte den Bezirk des Zissener und Königsfelder Ländchens in einen Canton Wehr um; dieser umfaßte die Mairien (Bürgermeisterei* en) Wehr, Kempenich und Königsfeld.
Die französische Behörde verkaufte die Burg mit den dazugehörigen Gütern und Ländereien an die Bürger Weckbecker, Tonet und Kulig. Die beiden letzteren waren in Andernach ansässig. Die Gebäulichkeiten waren damit dem Zerfall und Abbruch preisgegeben und wurden von den umliegenden Ortschaften als eine Art Steinbruch ausgewertet.
Die neuen Besitzer erhoben dafür eine geringe Abgabe. Zu gleicher Zeit wurden auch die Ländereien parzelliert „und an den Meistbietenden verkauft. Nach der napoleonischen Zeit wurde Olbrück preußisches Staatseigentum (1815), kam aber um 1875 wieder in Privatbesitz, und zwar in den des Freiherrn von Eckesparre, eines Deutschrussen von der Ostseeinsel Oesel, der seine Abstammung aus dem Geschlechte derer von Eich, den zeitweiligen Besitzern und Herren der Olbrück ableitete. Zu seiner Zeit wurde der Bergfried renoviert und vier Räume darin wohnlich hergerichtet. An den Bauarbeiten war beratend und leitend Regierungsbaurat Cuno beteiligt. Nachdem Freiherr von Eckesparre infolge trauriger Familienereignisse das Interesse an diesem rheinischen Besitz verloren hatte, wurde dieser 1912 an einen Dr. Hermann Hoesch aus Düren weiterverkauft. Diesem ging es weniger um die Burg als vielmehr um das Gestein des Bergkegels. Weil seine Pläne zum Abbau des Phonolithgesteins glücklicherweise nicht verwirklicht werden konnten, veräußerte er den Besitz im Jahre 1917 an Dr. Schmidt in Berlin.
Seit wenigen Jahren ist Burg und Bergkegel nun Eigentum des Architekten Rainer Maria Schütter aus Düsseldorf, dessen löbliche Vorhaben bezüglich Freilegungen und teilweisem Wiederaufbau — wie schon eingangs erwähnt — man im Ländchen mit großem Interesse begegnet. Erstaunlich und erfreulich zugleich ist diese allgemeine Anteilnahme an dem, was um eine derartige historische Stätte in der Heimat vor sich geht, und das in einer Zeit, da bewußt oder auch unbewußt durch die Förderung eines überspannten weltweiten Denkens
dem Verwurzeltsein des Menschen nicht geringer Abbruch getan wird. Die Burg auf dem Phonolithkegel ist jedenfalls heute wie ehedem ein echtes Wahrzeichen des oberen Brohltals, das nicht allein im Wappen des Amtes Niederzissen aufgezeichnet, sondern auch in den Herzen der Menschen verankert ist. Es gibt in diesem Bereich keine Landschaftsaufnahme ohne Olbrück, keine Ausschau ohne Blick auf die Burg und wohl auch in der Fremde keine bildliche Vorstellung des Heimatdorfes ohne dieses Wahrzeichen.