50 Jahre Lydiaturin am Laacher See
Andreas Breuer
Dort, wo die Vulkaneifel eines ihrer schönsten Kleinodien besitzt, den, Laacher See, dort auf der Höhe und nahe dem Fuße des Veitskopfes steht seit 50 Jahren ein massiv errichteter Aussichtsturm, der Lydiaturm, der in den ersten Tagen des Monates Juli 1977 Ziel einer großen Schar Eitel- und Wanderfreunde war.
Die Ortsgruppe „Brohltal“ des Eifelvereins hatte nämlich zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens des Aussichtsturmes eine Festfeier ausgerichtet. Zugleich hatte aus diesem Anlaß die Bezirksgruppe Ahrweiler nach dorthin eine Bezirkswanderung als Sternwanderung ausgeschrieben. Die Feier nahm einen sehr guten Verlauf und fügt sich würdig in die Reihe der Veranstaltungen der 1979 neunzig Jahre alt werdenden Ortsgruppe ein. Siebzehn Ortsgruppen, zahlreiche Ehrengäste und viele Wanderfreunde aus anderen Verbänden und auch Nichtorganisierte waren Gäste an diesen erlebnisreichen Tagen im Schatten des „Lydiaturms“.
Lydiaturm im Festtagskleid
Foto: Kreisbildstelle
Der Turm trägt diesen Namen nach der Gattin des Gründers der Ortsgruppe „Brohltal“, des langjährigen zweiten Vorsitzenden des Hauptvereins, Dr. Hans Andreae aus Burgbrohl. Der Turm, heute fünfzig Jahre alt und massiv erbaut, hatte nämlich einen Vorgänger, zu dessen Grundsteinlegung man sich am 7. Juni 1896 zusammenfand. In der Urkunde zur Grundsteinlegung des damaligen hölzernen Turmes heißt es unter anderem: „Möge der Turm, der den Bemühungen der Ortsgruppe Brohltal sein Dasein verdankt und…, als Zeichen der gemeinsamen Tätigkeit und des idealen Strebens aller Eifeler und ihrer Freunde fest in allen Stürmen an dieser Stelle stehen und Zeugnis ablegen allen Wanderern, die sich an der wundervollen Aussicht erfreuen, von der Liebe der Eifeler zu ihrem engeren und weiteren Vaterland.“ Diese Worte sind auch heute noch nach mehr als achtzig Jahren gültig und werden ihre Gültigkeit behalten.
Die erste Anlage war nach den Plänen des Burgbrohler Baumeisters Wilhelm Bell errichtet und stand in der sogenannten „Kampel“ auf Gebiet der Nickenicher Gemeinde. Der Turm wurde bald ein beliebter Ausflugsort und bis heute ist im Volksmunde das Wort „mir john op die Kampel“ das Kennwort für eine Wanderung zum Lydiaturm. Nach fast dreißigjährigem Bestehen war der Holzturm, vor allem aufgrund der zahllosen Schäden, die in den Besatzungsjahren nach dem ersten Weltkrieg entstanden waren, stark in Mitleidenschaft gezogen. Bei den Überlegungen für die notwendigen Erneuerungsarbeiten rückte der Gedanke einer Neuerrichtung in massiver Bauweise in den Vordergrund. Insbesondere Bürgermeister Beck, Burgbrohl, Hauptlehrer Jacobs, Brohl. Lehrer Dhein, Wassenach und Hotelier August Lichtfers, Waldfrieden, beschäftigten sich mit dieser Frage, nachdem Architekt Heinrich Thoma, Andernach, einen Entwurf vorgelegt hatte.
Allen Schwierigkeiten zum Trotz ließen die Männer der Ortsgruppe „Brohltal“ sich nicht entmutigen. Sie nahmen einen Kredit auf und bürgten mit ihrefn eigenen Vermögen. Den Bauauftrag erhielt der Bauunternehmer Anton Rick, Burgbrohl, dessen damals-zwanzigjäh-riger Sohn, der heutige Ortsbürgermeister Josef Rick, hier seine erste große Bauaufgabe zu bewältigen hatte. Der neue Turm wurde aber nicht mehr am alten Platz aufgebaut, vielmehr hatte die Ortsgruppe eigenes Gelände „in der Geisheck“, Gemeinde Wassenach, angekauft. Die Steine zürn Bau lieferte die Gemeinde Wassenach aus den eigenen Krotzenbrüchen am „Kunkskopf“.
Am 10. Juni 1927 flatterten die Fahnen rings um den neuen Lydiaturm, der an diesem Tage seine Weihe erhielt. Bei dieser Einweihungsfeier wurden die in Muschelkalk angefertigten Reliefbilder der Ehrenmitglieder Dr. Hans Andreae und Hauptlehrer Johann Jacobs enthüllt. Beide waren große Förderer des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Lebens im Brohltal.
Die Besucherzahl stieg von Jahr zu Jahr an, und bis zum Jahre 1935 hatte Turmwächter Johann Josef Adams, seit 1921 Wächter am Lydiaturm, rund 115 300 Besucher gezählt.
Unterbrochen wurde der Besucherstrom durch den zweiten Weltkrieg, aber zum Silberjubiläum im Jahre 1952 war auch wieder reges Leben in der Ortsgruppe „Brohltal“ erwacht. Dieses Silberjubiläum am 6. Juli 1952 war ein Anlaß, um die ganze Eifelfamilie zusammenkommen zu lassen. Dabei wurde dann ein Reliefbild von Bürgermeister Fritz Beck enthüllt. Dr. Kimpen als stellvertretender Vorsitzender des Eifelvereins hielt die Festrede, in der neben den Großen der Ortsgruppe „Brohltal“ auch des kleinen Mannes und einfachen Mitgliedes gedacht wurde, wie des Turmbetreuers Johann Josef Adams, der damals 25 Jahre Turmwächter war, wozu noch sechs Jahre Dienst am hölzernen Turm kamen. In den 25 Jahren hatte Johann Josef Adams rund 375 000 Besucher gezählt.
Inzwischen sind weitere 25 Jahre vergangen und der Lydiaturm trägt als solcher nun den goldenen Ehrenkranz. Unvergessen bleiben die Namen, die mit dem Lydiaturm eng verbunden sind. Ob es nun fünfzig Jahre seit Erbauung des massiven Turmes oder auch achtzig Jahre seit der Errichtung des ersten Lydiaturmes überhaupt sind, viele Jahre sind dahingegangen, Stürme und Notzeiten, manch Glanz und Gloria sind an ihm vorübergezogen. Viele Menschen hat der Turm kommen und gehen gesehen. Darüber ist er nicht gealtert. Im Gegenteil, er hat sich verjüngt, wenn wir uns den Turm selbst und seine Umgebung ansehen. Da finden wir die vor wenigen Jahren von Forstamtsrat May in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Wassenach errichteten Anlagen: ein Waldlehrklassenzimmer, eine wohlangepaßte Schutzhütte und die klassische Feuerstelle für frohe Stunden, wohltuende Warme und herzhaft duftende Fleischstücke. Dadurch kam es wieder zu einer steigenden Besucherfrequenz, zumal auch die Ortsgruppe „Brohltal“ den Turm zur kostenlosen Besteigung freigegeben hat, aber weiterhin für Sauberkeit und Instandhaltung sorgt.
Eine großartige, herrliche Landschaft erschließt sich in der Höhe des Turmes dem Besucher. Nach Westen hin, am Veitskopf vorbei, sehen wir die Berge der Eifel mit grünen Tälern und kahlen Höhen. Burg Olbrück grüßt herüber und die silberne Schlange der Autokolonne auf dem Brohltalbrückenwerk der A 61. Der Bausenberg, noch wohlerhaltener Kratervulkan und rechts anschließend die kärglichen Reste des einst so interessanten Herchenberges mit seinem kahlem Scheitel, sind Zeugen gewaltiger Naturereignisse. Weit dahinter im Ahrtal erheben der Neuenahrer Berg und die Landskron ihre Häupter. Geradeaus nördlich sehen wir die hochanstrebende Stirn des Drachenfelses und hinter ihm gelagert die übrigen Berge des Siebengebirges. Weiter nach rechts liegen die basaltenen Gipfel, zu deren Füßen sich Vater Rhein hinzieht. Wenden wir uns um, so geht der Blick in die Weite der Pellenz und des Maifeldes, die ins Moseltal hinüberleiten. Tief unter uns, zwischen Tannen und hochstämmigen Buchen, tanzen Sonnenlichter wie Elfen, weht der Atem des leicht bewegten Seewassers und seiner reichen Pflanzenwelt zu uns herauf, und geheimnisvoll im Dunst grüßt die sechstürmige Basilika der Abtei Maria Laach herüber. Darüber im Westen weitet sich wieder der Blick über den Hochsimmer und den Gänsehals.
Alles Erlebte und Erschaute findet seine Bestätigung in den Worten aus dem „Brohltallied“ von Hauptlehrer Johann Jacobs:
Nichts gleicht deinem See, deinen herrlichen
Höh’n,
wo Bilder ohn‘ Zahl locken, lieblich und
schön.
Wie prächtig da oben, wie weit ist der Blick!
Hier fröhlich zu wandern, welch glücklich
Geschick.
Drum grüß‘ ich und preis‘ ich dich, muntere
Brohl,
bei dir will ich weilen, bei dir ist mir wohl!