375 Jahre Schule in Leimersdorf
Ausschnitte aus einer langen Schulgeschichte
Ottmar Prothmann
In welche Zeit die Anfänge des Leimersdorfer Schulwesens zurückreichen, läßt sich bislang nicht feststellen, doch gibt uns eine rein zufällig überlieferte Nachricht von der Existenz eines Lehrers den Beleg für eine zumindest 375jährige Geschichte: Nach dem Tode des Herzogs Wilhelm von Julien (25. 3. 1609) war die Grafschaft Neuenahr dem Kurfürsten Pfalzgraf Friedrich IV., Herzog in Nieder- und Oberbayern, als Lehen zugefallen. In dessen Auftrag wurde der in der Grafschaft Neuenahr gelegene Ort Leimersdorf am 24. April 1609 um ein Uhr durch Anschlagen des kurpfälzischen Wappens an die Kirchentür in Besitz genommen. Bei dieser Handlung waren anwesend Bernhard Fink und der Leimersdorfer Schulmeister Peter Steinborn1. Soweit sich feststellen ließ, ist das der älteste Nachweis eines Lehrers bzw. einer Schule in allen Dörfern der näheren Umgebung. Ältere Nachrichten sind nur von den umliegenden Städten überliefert, nämlich Remagen (1306)2, Rheinbach (1444)3, Ahrweiler (1472)4, Meckenheim (1589)5, Niederbreisig (1600)6 und Sinzig (1607)7. Auch in Wadenheim (heute Ortsteil von Bad Neuenahr) ist schon um 1560 und in der reformierten Gemeinde Oberwinter vor 1547 ein Schulmeister vorhanden8. Daß von anderen Orten erst spätere Erwähnungen auffindbar sind, besagt nun keineswegs, daß dort auch später der Schulunterricht begann, denn die Quellenlage ist für diese Zeit äußerst schlecht. Nach den Visitationsprotokollen von 1684 sind jedenfalls in allen Pfarreien des Ahrgaudekanats, außer in Ramershoven bei Rheinbach, Schulen eingerichtet9. Im Falle Leimersdorf erfahren wir im übrigen aus der Nachricht von 1609 nur von der Existenz eines Lehrers, nicht aber, ob ein Schulgebäude bestanden hat. Gleichfalls sind für die folgenden Jahrzehnte nur die Namen von Lehrern überliefert10. Über den Schulunterricht selbst wissen wir nichts, gleichwohl ist anzunehmen, daß er sich hier, wie es in den Landschulen dieser Gegend noch im 18. Jahrhundert üblich war, auf das Lesen und Schreiben sowie das Auswendiglernen des Katechismus beschränkte. Lediglich in einigen Schulen wurde Rechenunterricht erteilt11.
Wie schlecht es um die Schreibkenntnisse zumindest in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts bestellt war, beweist eine Liste aus dem Jahre 1639, die die Namen von 44 Familienvorständen aus den Orten Leimersdorf, Birresdorf, Niederich und Oeverich trägt. Von ihnen konnten nur sieben ihren eigenen Namen schreiben, während die übrigen 37 schreibensunkundig waren12. Selbst im 18. Jahrhundert unterzeichnen sogar Schöffen amtliche Schriftstücke statt mit einer Unterschrift mit drei Kreuzchen oder einem Hauszeichen13. Über die Kenntnisse, die man sich im Rechnen erwerben konnte, allerdings nicht in der Schule, sondern durch einen Privatlehrer, gibt uns ein umfangreiches handschriftliches Rechenbuch aus Birresdorf gute Auskunft14. Es trägt mehrere Besitzvermerke Birresdorfer Bürger, vom ältesten lesbaren aus dem Jahre 1734 bis 1817. Auch Mathias Nettekoven, geboren in Niederich und ab 1774 Vikar in Leimersdorf, wird ab 1778 als Eigentümer genannt. Joseph Aldenrath hieß der Rechenmeister, der in diesem Buch seine Kenntnisse vermittelt, von den Grundrechnungsarten bis zu schwierigeren Textaufgaben, beispielsweise: »3 Mäher mehen ein Stuck Wiesen ab in 3 Tagen so 16 Ruthen halt, in wie viel Tagen werden 4 Meher ein andere Wiesen abmehen ahn Maaß 36?« Zum Schulbezirk gehörten seit jeher die Ortschaften Leimersdorf, Niederich, Oeverich und Birresdorf. Ob auch die Kinder von Nierendorf anfangs die Leimersdorfer Schule besuchten, ist ungewiß, da das Dorf in der Pfarrei Leimersdorf immer eine gewisse Sonderstellung einnahm und zeitweise sogar als eigene Pfarrei betrachtet wurde. Eine Schule ist dort 1724 zuerst nachweisbar15. Auch in Birresdorf bestanden Bestrebungen, eine eigene Schule einzurichten. Aktenkundig ist es für das Jahr 1903, als man wegen angeblich zu hoher Schulbeiträge versuchte, den aus den Gemeinden Birresdorf und Leimersdorf gebildeten Schulverband aufzulösen16, und wiederum 1956, als ein neuer Schulbau geplant wurde. Die Aufsichtsbehörde gab diesen Bemühungen jedoch nicht statt17.
Vom Schulgebäude erfahren wir aus einem Visitationsprotokoll von 1762, daß der bauliche Zustand gut war18, doch rund 60 Jahre später, im Jahre 1820, bemüht man sich um einen Neubau. Auf Bitten des Bürgermeisters begutachtete der Werkmeister Blumenberg das Gelände, auf dem das Schulgebäude stand. Es war der an die Straße grenzende vordere Teil des Friedhofs zwischen Kirche und Pfarrhaus. Blumenberg bezeichnete den Platz für einen Neubau als nicht ausreichend und wegen der schädlichen »Ausdünstungen« des Kirchhofs zudem als ungeeignet. Das am besten geeignete Grundstück für einen Neubau von Schule und Pfarrhaus besäße Herr Schmilz, doch wolle dieser den Bauplatz zwar für das Pfarrhaus, nicht aber für die Schule tauschen19. Während sich die Verhandlungen über den Schulhausneubau noch über viele Jahre hinziehen sollten, errichtete man schon 1822 ein neues Pfarrhaus20 (heute Stefanstraße 7). Im Jahre 1834 war es dann endlich soweit. Im Januar fällte man im Oevericher Gemeindewald 40 Bäume21, am 18. März wurde dann das alte Vikariegebäude für 130 Taler an Johann (viertens auf Abbruch versteigert, da es auf dem Platz des vorgesehenen Neubaus stand22, und an den beiden Sommertagen des 20. und 21. Juni wurde das Fachwerkgebäude auf einem Sockel aus Bruchsteinen aufgeschlagen23. Noch im selben Jahr, am 4. Dezember 1834, zog Lehrer Johann Wilhelm Laubach in die Lehrerwohnung ein21. Die Gesamtkosten für den Neubau beliefen sich auf 2 164 Taler, die die Gemeinden Leimersdorf und Birresdorf aufbrachten. Ein Oekonomiegebäude mit den Toiletten und dem Viehstall des Lehrers wurde erst 1839/40 fertiggestellt16. Das neue Schulgebäude (heute Stefanstraße 10) enthielt im Erdgeschoß je eine Wohnung für den Vikar und den Lehrer sowie im Obergeschoß zwei Schulsäle, getrennt durch das Treppenhaus und eine kleine Kammer. Die alte Schule, ein kleines strohgedecktes Fachwerkhaus, ersteigerte am 28. 11. 1834 Johann Zimmer aus Birresdorf für 80 Reichstaler, um es abzubrechen und das brauchbare Material wiederzuverwenden25
Wie spärlich die Ausstattung der Schule war, zeigt ein von Lehrer Laubach am 27. Juli 1839 aufgestelltes Inventar der Utensilien und Lehrmittel26. Danach waren vorhanden: Drei Tische zum Schreiben, 13 Schulbänke, ein Schulofen und ein gußeiserner Kasten für Brennmaterial. An Lehrmitteln werden unter 19 Positionen eine Reihe von Büchern, Land- und Schaukarten erwähnt. Für arme Kinder standen vier Bibeln und drei Katechismen zur Verfügung, die nach Ansicht des Schulvorstandes zukünftig nicht in der Schule verbleiben, sondern den armen Kindern als Eigentum überreicht werden sollten, damit sie ihnen auch nach ihrer Entlassung als Leitfaden dienen könnten.
Im Jahre 1851 besuchten 150 Kinder die Schule. Ihr Ausbildungsstand und die räumlichen Verhältnisse waren nicht mehr zufriedenstellend. Deshalb trafen sich am 20. Januar 1851 die Gemeinderäte von Birresdorf und Leimersdorf, um über Verbesserungen zu beraten. Schulinspektor Witsch trug vor, daß die Leistungen des Lehrers Johann Wilhelm Laubach nicht einmal den allerbilligsten Anforderungen entsprächen. Der »Zustand der Schule« (gemeint ist wohl der Wissensstand der Kinder) sei trotz der seit über zehn Jahren erteilten Ermahnungen, Zurechtweisungen und Verwarnungen sehr unbefriedigend. Einige Ratsmitglieder sahen die Ursachen jedoch weniger in der Unfähigkeit des Lehrers als in den Zeitverhältnissen, wie der Ruhrkrankheit von 1846, wodurch die Schule für mehrere Wochen geschlossen worden war, sowie dem Notjahr 1848 und der »politischen Aufregung« von 1848/49. Nachsicht müsse man auch wegen der persönlichen Verhältnisse des Lehrers walten lassen. Er habe neun Kinder unter 18 Jahren und noch seinen 80jährigen Vater zu versorgen. Wenn man ihm als Strafe das ohnehin nicht bedeutende Einkommen schmälerte, würde die Familie in eine drückende Lage versetzt werden. Daß er allein 150 Kinder unterrichten müßte, erkannten andere Mitglieder des Gemeinderates nicht als Entschuldigung an, denn das sei auch andernorts der Fall. Schließlich faßte man folgenden Beschluß, der an die Bezirksregierung gereicht wurde: Lehrer Laubach sollte noch eine Bewährungsfrist von einem Jahr erhalten. Wenn er sich weiterhin als unfähig erwiese, sollte ihm gekündigt werden. Mit der Einrichtung einer zweiten Lehrerstelle wollte man solange warten, bis eine »weitere erhebliche Vermehrung der Schulkinder« dies notwendig machte27.
Ein Jahr später fiel die Entscheidung zu Un-gunsten von Lehrer Laubach, der wohl wegen mangelnder Befähigung keine Besserung gezeigt hatte. Man teilte die Schule in zwei Klassen und übergab die Oberklasse dem neu berufenen Lehrer Johann Jeup aus Oberzissen, während Laubach, der nicht, wie vorgesehen, entlassen worden war, die Unterklasse zugeteilt wurde. Außerdem mußte er das Küster-, Organisten- und Glöckneramt an Jeup übergeben25. Dieser Kirchendienst war schon im 17. Jh. mit dem Lehreramt verbunden und blieb es bis zum Ende des 19. Jahrhunderts28. Für Laubach bedeutete das eine erhebliche finanzielle Einbuße. Nach dem Beschluß der Gemeinderäte sollte er jährlich 120 Reichstaler an festem Gehalt beziehen und zusätzlich 15 Taler für die Beheizung der Schulräume. Dem ersten Lehrer standen 171 Taler jährlich zu, einschließlich des Gehalts für den Küster-, Glöckner- und Organistendienst. Dazu erhielt er ebenfalls 15 Taler für die Beheizung der Schule und 15 Taler als Mietentschädigung, solange er nicht in der Schule wohnte29. Zum Vergleich sei erwähnt, daß ein Knecht im benachbarten Nierendorf 1852 jährlich rund 30 Taler verdiente und außerdem noch zwei Hemden, sechs Ellen gewirktes Tuch und zwei Paar Schuhe erhielt. Wohnung und Verpflegung waren frei30.
Lehrer Jeup konnte seine Dienstwohnung nicht beziehen, da neben Laubach Kaplan Haag, der wegen der Kränklichkeit des Pfarrers vor etlichen Jahren angestellt worden war, in der Schule wohnte. So mietete Jeup drei Zimmer in einem Privathaus und erhielt eine Mietentschädigung in oben erwähnter Höhe. Es war eine schlechte Wohnung, wie er immer wieder betonte. Man vertröstete ihn jedoch damit, daß der Tod des Herrn Pastors bevorstünde und dadurch die Kaplanswohnung frei würde, denn ein neuer gesunder Pastor benötige keinen Kaplan. So fand sich also Jeup in die eigentümliche Lage versetzt, seine Hoffnungen zur Verbesserung seiner Wohnungssituation auf ein beklagenswertes Ereignis setzen zu müssen. Die Zeit verstrich, und die unwürdige Unterbringung wurde für Jeup immer unerträglicher. Schließlich versuchte er in den Jahren 1853/ 54, in Leimersdorf einen Bauplatz zu kaufen, um selbst zu bauen. Dazu verlangte er als finanzielle Sicherung, daß man ihm die Mietentschädigung auf zwölf weitere Jahre zusichern sollte. Noch während der Verhandlungen starb im August 1854 Pfarrer Alef, und das Wohnungsproblem schien gelöst. Doch dann stellte sich heraus, was man unerklärlicherweise völlig vergessen zu haben schien, daß nämlich die Kaplanswohnung nach einem Beschluß des Schöffenrats vom 21.1. 1834 von Anfang an zur Wohnung des Vikars bestimmt worden war und eine Entscheidung darüber nur der geistlichen Behörde zustand. Da nicht sofort ein neuer Pfarrer folgte und Pastor Hauth von Bengen als Vertretung keine so wichtige Entscheidung treffen wollte, verzögerte sich die Angelegenheit erneut, bis endlich am 20. 9. 1858 der Kirchenrat von Leimersdorf unter Leitung des 1856 ernannten neuen Pfarrers Baptist Heidinger mit den Gemeinderäten von Leimersdorf und Birresdorf ein Abkommen traf. Die Gemeinden erwarben für 1 000 Reichstaler den Anteil der Vikarie an der Schule und versprachen, den Neubau eines Vikariegebäudes mit Hand- und Spanndiensten zu unterstützen16. Zehn Jahre später konnte das Projekt verwirklicht werden. Man hatte ein altes Haus gegenüber der Kirche ankaufen können. Nach dessen Abbruch begann man 1868 mit dem Neubau der Vikarie (heute Stefanstraße 6)31.
Seite aus dem Aufsatzheft von Jakob Bell, 1846
Ob Lehrer Jeup noch in den Genuß der Dienstwohnung kam, ist zweifelhaft, denn im selben Jahr 1858, als die Schulwohnung frei wurde, zog er aus Leimersdorf fort, vielleicht aus Überdruß wegen der schon sechs Jahre dauernden Querelen, und wanderte nach Amerika aus. Auf ihn folgte der Junglehrer Georg Fobes und 1863 Johann Busch aus Wassenach. Letzterer blieb fast 40 Jahre Lehrer in Leimersdorf und unterrichtete bis zwei Tage vor seinem Tod am 31. 8.1901. Sein Grab auf dem neuen Friedhof wurde erst vor einigen Jahren eingeebnet. Unter ihm wurde 1866 eine Trennung der Klassen nicht mehr nach dem Alter, sondern nach dem Geschlecht vorgenommen. Mit Fräulein Rittel aus Koblenz, die jetzt die Mädchenklasse übernahm, taucht als Nachfolgerin des 1866 verstorbenen Johann Wilhelm Laubach die erste Lehrerin in Leimersdorf auf. Im Jahre 1885 wurde die Schule in drei Klassen aufgeteilt, und zwar in eine obere Jungen- und Mädchenklasse und eine untere gemischte Klasse. Von dieser Zeit an unterrichtete der Lehrer die obere Jungenklasse und zusätzlich die untere Klasse in Rechnen und Singen, während die Lehrerin für die obere Mädchenklasse zuständig war und außerdem die untere Klasse in Religion und Deutsch unterwies. 1902 wurde die Schule wieder zweiklassig, 1914 dreiklas-sig und ab 1924 erneut zweiklassig. Unterrichtet wurden die drei Klassen lediglich von zwei Lehrern17.
Die Verteilung der Ferien auf das Schuljahr geschieht heute landeseinheitlich, während früher auf unterster Ebene darüber entschieden wurde, ganz den örtlichen Verhältnissen angepaßt und nach den Erfordernissen der Landwirtschaft ausgerichtet. In der Ferienzeit hieß es vor allem für die älteren Kinder, in der Ernte mitzuhelfen. Für das Jahr 1875 verteilte der Schulvorstand die Ferien wie folgt: 2 Tage im Mai für die Kirmes in der Gemeinde Leimersdorf, 2 Tage im September für die Kirmes in Birresdorf, 3 Wochen für die Halmernte (=Getreideernte) sowie 3 Wochen und 2 Tage für die Kartoffelernte32.
Schon bald nach der Vollendung des Neubaus setzten die Reparaturen am Schulhaus ein. 1843 wurde das Dach geändert, die alten Dachziegel und Latten wurden, wie damals üblich, versteigert und erbrachten einen Erlös von 37 Talern und 2 Silbergroschen, fast soviel, wie sie neu gekostet hatten. »Für 9 Jahre Benutzung ist nur ein Verlust von 15 Silbergroschen entstanden« schreibt Bürgermeister Rolshoven befriedigt in die Akten. Kurz nach 1853 wurde die durch Feuchtigkeit stark beschädigte Westseite in Stein neu aufgeführt. Überhaupt setzte die Nässe dem Gebäude sehr zu, und die Lehrer klagten immer wieder über feuchte Räume. Schon 1911 nahm man wegen der nur noch kurzen Lebensdauer des Gebäudes, die auf etwa zehn weitere Jahre geschätzt wurde, bloß noch kleinere Reparaturen vor16.
Am 9. November 1925 wurde in Leimersdorf eine ländliche Fortbildungsschule für die Gemeinden Leimersdorf, Birresdorf und Nierendorf eröffnet. Zum Besuch dieser an 47 Orten des Kreises Ahrweiler errichteten ländlichen Fortbildungsschulen waren alle nicht mehr volksschulpflichtigen männlichen Jugendlichen unter 18 Jahren verpflichtet. Das Ziel des Unterrichts war in erster Linie auf die Vertiefung der beruflichen Kenntnisse gerichtet. An zweiter Stelle wollte die Fortbildungschule jedoch auch eine Erziehungsschule sein, in der das Verantwortungsgefühl für Familie, Gemeinde und Staat geweckt werden sollte. Leiter der Schule war Lehrer Johannes Watzig. Der Unterricht fand in den Wintermonaten jeweils Montag- und Donnerstagabend von 18 bis 20 Uhr statt. Wöchentlich waren 6 Kurzstunden vorgesehen: 2 Stunden Naturheilkunde und je 1 Stunde Deutsch, Rechnen, Bürger- und Lebenskunde. Letzteres unterrichtete Pastor Knopp. Im Jahre 1930 wurde die Fortbildungsschule von Nierendorf mit der von Leimersdorf vereinigt, da sie zu wenige Schüler hatte33. Mit Einrichtung der landwirtschaftlichen Berufsschule fiel später auch die Leimersdorfer Fortbildungsschule weg. Nach dem Tode von Lehrer Johannes Watzig (+ 2. 2.1934), der seit 1901 in Leimersdorf tätig gewesen war, erhielt am 1. März 1934 Eduard Berres die Planstelle als Hauptlehrer. Acht Jahre hatte er als Hilfslehrer, unter anderem auch 1932/33 in Leimersdorf, auf eine feste Anstellung warten müssen. So wie er fanden alle die vielen arbeitslosen Lehrer, die große Hoffnung auf das Dritte Reich gesetzt hatten, nach und nach eine feste Anstellung. Doch daß der Nationalsozialismus auch andere Seiten hatte und unsägliches Leid bringen sollte, ist den Älteren unter uns noch aus eigener Erfahrung hinlänglich bekannt.
»Nach dem zwölfjährigen Gewaltregime der Nazis und ihrer Helfershelfer, die das Vertrauen zum deutschen Volke untergraben haben, ist es eine wichtige Aufgabe des Lehrers, im Sinne der Völkerverständigung, im Geiste der Demokratie und des Christentums zu wirken.« So schrieb Lehrer Harms, der als Vertretung in Leimersdorf unterrichtete, 1946 in die Schulchronik. Nach einer 16monatigen Unterbrechung war im Oktober 1945 der Unterricht wieder aufgenommen worden. Die verschiedenen Aushilfslehrer hatten jedoch mit Schwierigkeiten aller Art zu kämpfen. Es fehlte an Lehrbüchern, Heften, Schreibmaterial, Kreide und Tinte. Die Schulräume waren stark beschädigt und ungepflegt, die elektrische Anlage zerstört. Da Fensterscheiben fehlten, konnte der Raum der Oberstufe anfangs nicht benutzt werden. Wegen Mangel an Heizmaterial brachten die Kinder in dem strengen Winter 1946/47 Brennholz von zu Hause mit. Infolge der Kriegsverhältnisse waren die Kinder in ihren Schulleistungen um mindestens zwei Jahre zurück. Um die Kinder zum Verständnis der Nachbarvölker zu erziehen, wurde mit französischem Sprachunterricht begonnen und Sprachkurse für Erwachsene eingerichtet. In den wenig gegliederten Landschulen erwies sich aber der Fremdsprachenunterricht als zu schwierig und wurde bald wieder aufgegeben. Als Lesebuch für die Oberstufe wurde ab Ostern 1947 das Buch »Beiträge zur Völkerverständigung« eingeführt. Lehrer Eduard Berres, der 1943 zur Wehrmacht eingezogen worden war, nahm nach einer etwa vierjährigen Unterbrechung am 20. April 1947 seinen Dienst wieder auf. Die Schulverhältnisse normalisierten sich. Im Frühjahr 1950 setzte dann der Hauptstrom der Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten ein; die meisten stammten aus dem Ermland. In allen Dörfern wurden Familien untergebracht. Die Zahl der Schulkinder vermehrte sich von 74 auf 94, darunter auch erstmals Kinder evangelischer Konfession. Der seit Jahrzehnten als notwendig erachtete Schulneubau konnte endlich 1958 auf dem Sportplatz neben der alten Schule durchgeführt werden. Am 15. September 1958 fand die feierliche Einweihung statt. Das Haus enthält zwei Klassenräume, einen Gruppen- und einen Werkraum, In unmittelbarer Nachbarschaft errichtete man ein Lehrerwohnhaus mit zwei Dienstwohnungen. Doch schon bald zeigte sich, daß man zu klein geplant hatte und wegen der rapide wachsenden Kinderzahl eine Erweiterung erforderlich wurde. Am Ende des Jahres 1965 konnte man den Anbau eines dritten Klassenraumes einweihen. In den Jahren 1962 und 1963 erfolgten große Veränderungen im Lehrkörper. Nachdem 1963 Eduard Berres verstorben war, folgte als Hauptlehrerin Clara Canisius, die seit 1958 in Leimersdorf tätig war (pensioniert 1984). Im Jahre 1962 wurde die noch heute hier beschäftigte Irene Brüggemann eingestellt, und ein Jahr später wurde mit Fräulein Hoppe erstmals die dritte Lehrstelle besetzt. In das Jahr 1962 fällt auch der Tod von Karola Klinkenberg, einer Lehrerin, die in den 41 Jahren von 1906 bis zu ihrer Pensionierung 1947 viele Generationen von Kindern unterrichtet hatte. Im Zuge einer Schulreform wurden am 18. September 1968 die Kinder des neu eingerichteten neunten Schuljahres von Leimersdorf und den anderen Schulen der Gemeinde Ringen in der dortigen Schule zusammengefaßt. Dieser ersten größeren Änderung im Schulsystem sollten in den nächsten Jahren noch bedeutendere folgen, die zum Teil die Gemüter der betroffenen Eltern und Lehrer im höchsten Maße erhitzten. Man denke nur an neue Unterrichtsmethoden, wie die 1972 eingeführte Mengenlehre oder an die Pläne zur Errichtung einer gemeinsamen Grundschule für die ganze Gemeinde Grafschaft in den 70er Jahren.
Schon seit den 50er Jahren strebte man die Umwandlung der Volksschuloberstufe in eine Hauptschule an. Einen ersten Schritt in diese Richtung tat man in Leimersdorf am 1. August 1971. Die seit über 250 Jahren bestehende Volksschule in Nierendorf wurde aufgelöst, und ihre Schüler wurden der Volksschule Leimersdorf zugeführt, wo man eine Aufteilung in vier Klassen vornahm. Alle Kinder des 7. und 8. Schuljahres wurden nunmehr in einer Klasse in Nierendorf unterrichtet. Mit Schuljahresbeginn am 1. 8. 1974 wurden die Hauptschüler der bisherigen Volksschule Leimersdorf, also 5. bis 9. Schuljahr, der neuen Hauptschule der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler in Bachern zugeführt. Zum selben Zeitpunkt wurde die Schule in Leimersdorf zu einer einzügigen Grundschule (enthaltend 1. bis 4. Schuljahr), für die Kinder der Ortsbezirke Birresdorf, Leimersdorf und Nierendorf umgestaltet.
Im Zuge der Zentralisierung faßte der Grafschafter Gemeinderat am 10. Juli 1975 einen fast einstimmigen Grundsatzbeschluß, wonach eine zentrale Grundschule gebaut werden sollte, durch die alle übrigen Schulen der Grafschaft weggefallen wären. Im Oktober 1977 wurde jedoch dieses sehr umstrittene Projekt vorerst zurückgestellt. So wird denn die Lei-mersdorfer Schule, wenn auch in veränderter Form, zumindest in naher Zukunft fortbestehen können34.
Anmerkungen
- H. Frick, Quellen zur Gesch. v. Bad Neuenahr, Bad Neuenahr 1933, Nr. 1267.
- P. Schug, Gesch. der Dekanate Adenau, Ahrweiler und Remagen, Trier 1952, S. 401.
- K. Flink, Gesch. d. Burg, ri. Stadt u. d. Amtes Rheinbach (Rhein. Archiv 59/1965), S. 232.
- J. Rausch, Heimatbuch der Stadt Ahrweiler, Ahrweilnr o. J., S. 546.
- W. Stüwer, Aus der Vergangenheit Meckenheims, in: Heimatbuch der Stadt Meckenheim, Meckenheim 1954, S. 92.
- Schug S. 320.
- F. J. Burghardt, Sinzig 1500 -1794, in: Sinzig und seine Stadtteile — gestern und heute, Sinzig 1983, S. 88. Angeblich bestand schon 1289 in Sinzig eine Schule, aber urkundlich belegt ist erst 1607 ein Schulmeister.
- Heimatchronik des Kreises Ahrweiler, Köln 196B, S. 143, C. Sachs-se, Gesch. d. evgl. Gde Oberwinter, Oberwinter 1923, S. 15-
- Schug S. 377.
- Kirchenbücher von Leimersdorf, T H St 1669 – 1798.
- W. Zimmermann, Lehrerbildungs- u. Volksschulwesen irn Rheinland, Teil 1 Köln 1359, S. 161. K. L Kaufmann, Schulverhältnisse in der Eifel im 18. Jh., in: Unser Land, Beilage zum General-Anzeiger Bonn 2. 9. 192ß.
- H. Frick. Die im Jahre 1639 in den Dörfern der früheren Grafschaft Neuenahr ansässigen Familien, in: Heimat-Jb. f. d. Kreis Ahrweiler 1953,3.71.
- Ungeordnete Schriftstücke im Pfarrarchiv Leimersdorf.
- Orig. bei Karl Schäfer, Birresdorf.
- Schug S. 267, 278.
- Kreisarchiv Ahrweiler, Akte Seh 2.
- Schulchronik Leimersdorf.
- Schug S. 276.
- Gemeindearchiv Grafschaft in Ringen, Akte 19/12
- Pfarrarchiv Leimersdorf, Tagebuch Palm, toi. 9 v, 91.
- Ebd. fol. 66 v.
- Landeshauptarchiv Kohlen*, Abt. 702, Nr. 2532, 126 (Katasterkarte).
- Wie Anm. 20, toi. 69.
- Ebd. fol. 71.
- Quelle s. Anm. 16 u. 17.
- Orig. im Pfarrarchiv Leimersdorf.
- Gemeindearchiv Grafschaft in Ringen, Ratsprotokoll von Leimersdorf 20. 1. 1851
- Mehrfache Erwähnungen in den Kirchenbüchern von Leimersdorf 1669 -1798. Schulchronik Leimersdorf,
- Ratsprotokoll von l eimcrsdorf 19. 5. 1852.
- Knechtebuch der Familie Römer, 1807 -1885 im Besitz von Theo Moog, Nierendorf.
- Bistumsarcliiv Trier, Abt. 70 Nr. 3372 u. 3377.
- Ratsprotokoll von Leimersdorf 5. 3. 1875.
- Verwaltungsbericht des Kreises Ahrweiler für 1925, S. 44; 192S, S. 61. Schulchroniken von Leimersdorf und Nierendorf. 34 Für die Ausführungen ab 1934 diente die Schulchronik von Leimersdorf als Quelle. Daten aus den letzten 15 Janren sind meiner Zeitungsausschnittsammlung entnommen, und einzelne Hinweise verdanke ich Frau Clara Canisius.
Ratschlag aus dem Birresdorfer Rechenbuch vom Anfang des 18. Jh.