Vor 100 Jahren: Dreifach-Mord in Dankerath

Die Räuber wussten, dass Peter Heinrichs über ein ansehnliches Barvermögen in Goldgeld verfügte

Werner Jüngling

Mathias Fabritius aus Trierscheid hegte keinen Argwohn, als er am 12. Mai 1921 mit einigen Rindern den Viehmarkt in Adenau beschickte. Doch er sollte sich täuschen. Mit hereinbrechender Dunkelheit trat er mit Schwiegervater Helten und dessen Sohn Nikolaus mit dem Neffen Peter Steinhäuer die Heimreise an. Inzwischen war stockfinsterne Nacht und man konnte die ausgestreckte Hand nicht mehr sehen.

Doch plötzlich: Mathias Fabritius bekam hinter der S-Schleife einen Schlag in das Gesicht und fiel bewusstlos zu Boden. Wegelagerer stürzten sich auf den alten Helten und es entspann sich ein Kampf. Vom Lärm aufgeschreckt, eilten die vorgegangenen Nikolaus Helten und Peter Steinhäuer zurück, um dem Überfallenen zur Hilfe zu kommen. Diese flüchteten und suchten das Weite. Mathias Fabritius wurde bewusstlos nach Hause gebracht.

Die Nachricht vom Überfall verbreitete sich in Trierscheid um Umgebung wie ein Lauffeuer. Einige Tage später drangen zwei mit Gesichtsmasken versehene Gestalten gegen Mitternacht beim Landwirt Klinkhammer mit vorgehaltenem Revolver ein und erbeuteten Brot und Speck sowie 1.500 Mark Bargeld.

In der nächsten Nacht wurde in Trierscheid Wäsche gestohlen. Die Spur der polizeilichen Ermittlungen führte nach Pomster und Nohn. In den folgenden Nächten versuchten die Räuber in Dankerath bei den Familien Heinrichs, Pöring und Helten einzubrechen.

Die Einbrecher wurden aufgrund der Ermittlungen der Polizei gefasst, denn der Trierscheider Raubüberfall landete vor Gericht.

Dankerath, hier die Kapelle von 1912 (Foto 2021), ist höchstwahrscheinlich eine Gründung der Abtei St. Maximin zu Trier. Diese hatte bereits im Jahre 845 in Üxheim Grundbesitz und errichtete dort frühzeitig eine Eigenkirche, die zu den ältesten Mutterkirchen der Eifel zählt. Dankerath war eine Filiale dieser Kirche.

Geständnis und Gefängnis

Angeklagt wurden die Arbeiter Willi Pourbst und Willi Ploog aus Benzelrath; sie legten ein umfassendes Geständnis ab und erhielten jeweils zwei Jahre Gefängnis. Karl Faber aus Schmidtheim erhielt fünf Jahre Zuchthaus und seine beiden Brüder aus Nohn bzw. Niederehe erhielten je drei Monate Gefängnis.

In der Nacht vom 12. auf den 13. Mai kam es zu einem Verbrechen, welches das ganze Umland erschütterte. Die über 70 Jahre alten Peter Heinrichs und seine Schwester Ternes sowie der Knecht Philipp Müller aus Meisenthal wurden auf grausame Art ermordet. Den Räubern war bekannt, dass Peter Heinrichs über ein ansehnliches Barvermögen in Goldgeld verfügte.

Seitens der Polizei wurde folgender Tatbestand angenommen: Spät am Abend wurde Peter Heinrichs an seinen Bienenstand gelockt und auf dem Weg dorthin von den Mördern mit einer dünnen Kordel erdrosselt. Dem Knecht wurde zwischenzeitlich mitgeteilt, dass sein Herr die Bienendiebe nach Nohn hin verfolge und er solle ihm doch zur Hilfe eilen. So tappte er prompt in die Falle, denn kurz hinter dem Dorf wurde er gestellt und die Mörder töteten ihn mit Axthieben auf den Kopf. Zudem wurde er im Dorfweiher ertränkt. Mit der alten Witwe Ternes wurden die oder der Raubmörder leicht fertig. Man fand sie zwischen Küche und Wohnstube in einer Blutlache.

Am nächsten Morgen erschienen Beamte des Amtsgerichtes Adenau und gegen Mittag der Staatsanwalt aus Koblenz, um den Tatbestand aufzunehmen. Als vermutete Täter wurden zunächst Verdächtige aus dem Raum Dankerath/Nohn festgenommen. So wurde zur Beruhigung der Bevölkerung ermittelt, damit der Dreifach-Mord bald aufgeklärt und das bestialische Verbrechen seine Sühne finden werde.

Der Zudrang des Publikums war sehr groß – waren doch zahlreiche Zeugen aus Dankerath und anderen Orten geladen, darunter die Eltern, mehrere Brüder, die Ehefrau und Schwiegereltern des Angeklagten – als am 19. Oktober die Schwurgerichtsverhandlung begann. Auf der Anklagebank saß der vermutete Täter, vor ihm auf einem Tisch lagen die blutbefleckten Kleider des Angeklagten sowie das blutige Beil, mit dem die Witwe Ternes erschlagen wurde.

Die Vernehmung der Zeugen nahm zwei Tage in Anspruch, danach folgten die Plädoyers. Der erste Staatsanwalt führte aus, der Angeklagte Karl Faber stehe in einem sehr schlechten Ruf. So habe er zu Pourbst und Ploog, den beiden Komplizen bei dem Trierscheider Straßenraub, verschiedentlich geäußert, er wisse ein Dorf in der Eifel, wo noch 70.000 Mark in Gold zu holen wären und habe die beiden aufgefordert, mit ihm einen Raubzug nach dort zu unternehmen.

Der Staatsanwalt führte weiter aus, dass der Angeklagte in der Nacht, als die schreckliche Tat geschah, in seinem Haus nicht anwesend war. Er kam erst am frühen Morgen gegen 6 Uhr nach dort zurück und gab an, er wäre an der belgischen Grenze zum Schmuggeln gewesen. Nach der Verhaftung fand man an den Kleidern, die der Angeklagte in der fraglichen Nacht trug, zahlreiche Blutspritzer und Wischflecken. Überdies könne die Tat nur von einem Menschen begangen worden sein, der die Örtlichkeit und Personen genau kannte, so der Staatsanwalt. Der alte Heinrichs war mit einer Schnur erdrosselt worden. Der Angeklagte, der verschiedentlich mit Schlingen gewildert hat, war also mit deren Handhabung sehr vertraut und es war ihm ein Leichtes, einen Menschen mit einer Schlinge umzubringen.

Sehr eigenartiges Verhalten des Angeklagten

Der Staatsanwalt führte in seinem Plädoyer weiter aus, sehr eigenartig sei das Verhalten des Angeklagten im Untersuchungsgefängnis und während der Gerichtsverhandlung. Er stelle sich geisteskrank, starre nur vor sich hin und gebe nach Befragen keine Antwort. Während der Untersuchungshaft habe er Briefe an seinen Bruder Josef und seine Eltern geschrieben, in denen er mehrmals betont, dass er den Verrückten spielen wolle. Einmal fordere er sogar seinen Bruder auf, falsche Zeugen zu suchen, die aussagen sollen, er sei in der Nacht vom 11. zum 12. Mai an der belgischen Grenze gesehen worden.

Das Plädoyer des Anwalts des Angeklagten, Rechtsanwalt Meyers aus Koblenz: Er habe es verstanden, den Geschworenen die Hölle heiß zu machen und habe ihnen zu bedenken gegeben, nicht zu schnell zu urteilen, und es sei zu bedenken, welche schwere Verantwortung in ihren Händen liege und welche Folgen eine Hinrichtung des Angeklagten für seine Angehörigen habe.

Weiter brachte er zum Ausdruck, der Staatsanwalt habe zu beweisen, dass der Angeklagte nicht an der belgischen Grenze, sondern in Dankerath war. Wer ein solches Verbrechen plane, sehe sich vorher den Tatort genau an.

Verbrecher gingen aber nicht gerade Wege, sondern schlichen durch Feld und Wald. Dass der alte Heinrichs Geld im Hause versteckt hätte, das habe jeder im Dorf gewusst und das könne auch ein Fremder verfolgen.

Rechtsanwalt Meyers äußerte, er halte es nicht für möglich, dass ein Mann in der Lage sei, drei Menschen nacheinander zu ermorden. Besonders den Angeklagten halte er nicht für fähig, ein solches Verbrechen zu begehen. Er habe sogar einmal mit seinem Vater Streit bekommen, weil er nicht dulden wollte, dass dieser einen Hund misshandele. Das jetzige Verhalten des Angeklagten sei wohl auf Geisteskrankheit zurückzuführen. Er gab zu bedenken, dass 17 Monate Untersuchungshaft nicht spurlos an ihm vorübergegangen sind, immer in dem Bewusstsein, bald zum Tode verurteilt zu werden. Nach intensiver Beratung der Geschworenen verkündete der Obmann: Die Geschworenen konnten den Angeklagten nicht zum Tode verurteilen, denn Mord konnte ihm nicht nachgewiesen werden, sie verurteilten ihn zur Beihilfe. Der Staatanwalt beantragte eine Gesamtstrafe von 15 Jahren Zuchthaus. Der Täter wurde am 11. November 1936 aus dem Zuchthaus in Rheinbach entlassen.

Quellen:

  • Dorfchronik Dankerath (Harald Wirfs)
  • Privatarchiv: Werner Jüngling