Ausstellung „Flutkunst“ von betroffenen Künstlern soll Mut machen für das kulturelle Leben im Ahrtal

Marcus Diede

Die verheerende Flut im Ahrtal in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 hat vielen Menschen ihre Lebensgrundlage fortgeschwemmt. Die Zeit nach der Katastrophe war geprägt von Schlamm, Gummistiefeln, Trauma und Wiederaufbau. Es gab aber auch viel Hilfe und Solidarität, die zu Hoffnung und Mut zum Neubeginn beigetragen hat. Die Ausstellung „Flutkunst“ war ein solcher Beitrag, der den betroffenen Künstlern ein Forum gab, der Mut machen soll, das kulturelle Leben im Ahrtal neu zu beleben.

Organisiert und kuratiert vom Kulturbüro Rheinland-Pfalz und der Galerie Diede und unterstützt vom Land Rheinland-Pfalz, präsentierte das Arp Museum vom 8. bis 25. Juli 2022 eine Auswahl an Künstlern, deren Kunstwerke während der Flut beschädigt worden oder sogar irgendwo aus dem Schlamm gezogen wurden. Schirmherrin Projekts war Malu Dreyer. Die gezeigten Arbeiten sind ein eindringliches Zeugnis der Zerstörung und teilweise auch schon der Verarbeitung des Erlebten. Die Ausstellung war eine Bestandsaufnahme. Gezeigt wurden Bilder, die von Gestern erzählen und das Morgen zu einer neuen Möglichkeit machen. Neben Werken der bildenden Kunst wurden auch Musikbeiträge und performative Kunst, Wortkunst und Theaterproduktionen sowie soziale Kunstbeiträge gezeigt. Die Ausstellung bot einen Raum zum Diskurs um die Wichtigkeit von Kunst und Kultur. Diskurs um ein Morgen, das wir selbst gestalten können.

Der Künstler Gregor Bendel verlor sein Land Art Projekt HEP, einen Künstlergarten an der Ahr bei Heppingen. Mit seiner Arbeit „Bikinizone“ erinnerte er mit Staßenschildern an die Plätze und Wege, die er dort angelegt hatte.

Angelika Furth ist eine Künstlerin aus Altenahr. Eine Druckplatte aus Holz ist das einzige, was von ihrer Kunst übrig geblieben ist. Diese hat sie eingebaut in die kaputte Tür ihres Nachbarn gefunden.

Margarte Gebauer zeigte neben einigen Leinwandarbeiten, die vom Schlamm gezeichnet sind, eine Installation aus Treibgut und Kokons.

Das Werk von Gudrun Hermen „… über deinem Leben ein Stück Himmel freizuhalten“ (Ölpastell auf getöntem Papier, 2008/2021), das als Querformat aufrecht in einem halb überfluteten Raum stand und so im unteren Drittel vom Wasser gezeichnet ist, wurde im Hochformat gezeigt. Die Flut hat die Kunst verändert.

Axel Hausberg, Nic Herbst (Fotografie, 2018)

Stephan Maria Glöckner ist einer der Künstler, der sich in seiner Kunst schon mit der Flut auseinandergesetzt hat. Seine Arbeit „Traumatal“ wurde das Plakatmotiv der Ausstellung. Bei der Aktion „Rettet meine Bilder“ hat Rolf Habel die Besucher der Ausstellung aufgefordert, seine flutbeschädigten Bilder neu zu bemalen. Mit der Performance „Beratungsstelle für Sehnsüchtige“ reiste er durch das Ahrtal, um mit Menschen zu sprechen, zu musizieren und zu malen.

Der Fotograf Axel Hausberg hat sein gesamtes künstlerisches Werk verloren. Im Arp Museum konnte deshalb nur eine Abfolge von Arbeiten gezeigt werden, die er aus E-Mails in kleiner Auflösung gerettet hat.

Von Gudrun Hermen wurde ein Werk gezeigt, das als Querformat aufrecht in einem halb überfluteten Raum stand und so im unteren Drittel vom Wasser gezeichnet ist. Diese Arbeit wurde im Hochformat gezeigt. Ein gutes Beispiel dafür, dass die Flut die Kunst verändert hat.

Auch Rainer Hess aus Mayschoß ist einer jener besonders betroffenen Künstler. Gezeigt wurden Arbeiten, die ihm von Freunden gebracht wurden, nachdem sie sie aus dem Schlamm gezogen haben.

Für Diana Ivanova wurde eine Hörstation aufgebaut. Das Publikum befasste sich mit ihrem einfühlsamen Podcast „89 Schritte“.

Rainer Hess aus Mayschoß ist ein besonders betroffener Künstler. Gezeigt wurden Arbeiten, die ihm Freunde brachten, nachdem diese sie aus dem Schlamm gezogen haben: „Die Geister die ich rief“ (Öl auf Leinwand, 2018)

Die Arbeit „Traumatal“ von Stephan Maria Glöckner war das Plakatmotiv der Ausstellung (Mischtechnik auf Papier, 2021).

Werner Mertens ist einer der besten Künstler der Are Gilde gewesen. Kurz nach der Flut ist er gestorben.

Der Künstler Roland Michel hat aus angetriebenen Brettern einen Flutaltar aufgebaut.

Beate Niepel zeigte ihren „Teufelsflu(t)g“, eine Skulptur, deren Aussagekraft sich wie der Name ebenfalls nach den Überschwemmungen geändert hat.

Das Schicksal von Harald Nöthen aus Ahrweiler kann man nur als tragisch bezeichnen. Hunderttausende Papierarbeiten, sein gesamtes Lebenswerk, hatte er auf Paletten im Keller gelagert. Einige wenige konnte er retten!

Roos Schäfer-Senteur kennen sehr viele im Ahrtal. Ihr Sohn, Kolja Senteur, hatte am Abend vor der Flut ihre Arbeiten für eine erste Ausstellung nach ihrem Tod nach unten geräumt. Deshalb ist ihr Werk auch beschädigt.

Die wunderschönen Skulpturen von Rudolf P. Schneider sind in seinem Atelier schwer beschädigt worden. Manches davon lässt sich nicht restaurieren. Trotzdem wurden sie gezeigt und trotzdem haben sie großen Anklang gefunden.

Kolja Senteurs Werk hat das Wasser überlebt. Seine Malschule musste er allerdings für lange Zeit schließen. Er ist auch einer der Künstler, die nach der Flut schon wieder künstlerisch tätig geworden sind und sich mit den Folgen der Katastrophe auseinandergesetzt haben. Die Ausstellung im Art Labor des Arp Museums hatte fast 2.000 Besucher. In zahlreichen Gesprächen mit Künstlern wurde über die Zukunft und den Neubeginn diskutiert. Besonders schön waren die Sundowner-Abende, an denen jeweils ein/e andere/r Künstler/in zum Gespräch bereitstand. Zu allen Veranstaltungen innerhalb der Ausstellung hat Heike Rosa Maria-Gaudenti mit köstlichen Leckereien für gute Laune gesorgt. Der Winzer Stefan Kurth aus Ahrweiler hat mit seinen Weinen sicher auch dazu beigetragen.