Aufbaustab Ahrtal unterstützt kreiseigenen Wiederaufbau

Enger Austausch mit Kommunen, Verwaltungen, Dienstleistern und Wissenschaftsprojekten

Michael Schäfer und Matthias Heinrich

In der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 zog das Sturmtief Bernd über weite Teile Deutschlands und Europa. Einhergehender lokaler Starkregen führte zudem zu schweren Überschwemmungen und Hochwasserereignissen mit immensen Schäden. Deutschlandweit wurden die Kosten für Versicherungsunternehmen allein auf 8,2 Milliarden Euro geschätzt. Der Landkreis Ahrweiler war hierbei am stärksten betroffen. Der Kreis Ahrweiler hatte 134 Todesopfer, 766 Verletze und über 9.000 be- schädigte oder komplett zerstörte Gebäude zu verzeichnen (Stand 31. August 2022). In einem Tal mit 60.000 Anwohnern beschreibt dies eine unvorstellbare Zerstörungskraft des Hochwassers, welches sich seinen Weg entlang des Tals bis in den Rhein bahnte.

Bereits in der Flutnacht führten die großflächigen Schäden zum unmittelbaren Ausfall nahezu sämtlicher Infrastruktur, einschließlich des Katastrophenschutzes. 64.000 Haushalte hatten tagelang keinen Strom. Wasser und Gasleitungen im Tal waren zerstört und auch die Telekommunikationsinfrastruktur war nicht auf eine Katastrophe dieses Ausmaßes vorbereitet. Zunächst musste also die Infrastruktur zumindest temporär wieder aufgebaut werden, während die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner mit Hilfe tausender freiwilliger Helferinnen und Helfer, Firmen und Einsatzkräften, die unmittelbaren Schäden beseitigten. Hierzu gehörte zum Beispiel auch die Entsorgung der Abfälle aus dem Flutgebiet – einer Menge, die der Abfallwirtschaftsbetrieb Kreis Ahrweiler sonst in einem Zeitraum von mehr als 60 Jahren verzeichnet (siehe hierzu den Beitrag von Sascha Hurtenbach in diesem Heimatjahrbuch).

Herausforderung Aufbau: In Grafschaft-Ringen hat der Kreis Ahrweiler die Containerschule des Are-Gymnasiums als Zwischenlösung errichtet.

Der Wiederaufbaufonds

Der Bund und die 16 Bundesländer reagierten schnell und solidarisch, sodass bereits im September 2021 der Wiederaufbaufonds in Höhe von bis zu 30 Milliarden Euro für die flutbetroffenen Regionen zur Verfügung gestellt werden konnte.

Dieser Fonds unterstützt die Schadensregulierung und den Wiederaufbau von Unternehmen, Privathaushalten und Vereinen sowie auch der öffentlichen Einrichtungen und Infrastruktur. Die große Herausforderung des Wiederaufbaus wurde in der Region schnell auch als Chance verstanden, um neu, zukunftsorientiert und nachhaltig aufzubauen. Das Wort „Modellregion“ begleitete fortan die Diskussionen um den Wiederaufbau.

Kreisverwaltung hat Organisation unmittelbar angepasst

Die Kreisverwaltung Ahrweiler hat bereits unmittelbar nach der Flutkatastrophe ihre Organisation entsprechend angepasst, um den Wiederaufbau zu unterstützen. Hierzu wurde am 10. August 2021 offiziell der „Aufbaustab Ahrtal“ als Teil der Kreisverwaltung ins Leben gerufen. Der Aufbaustab unterstützt die kreiseigenen Maßnahmen des Wiederaufbaus und steht darüber hinaus im engen Austausch mit den betroffenen Kommunen, den sonstigen Verwaltungen, Akteuren, Dienstleistern und wissenschaftlichen Projekten des Wiederaufbaus. Er fungiert als zentrale Anlaufstelle für alle Förderfragen zum Nationalen Wiederaufbaufonds.

Ein erster Meilenstein war die Erstellung des kreisweiten Maßnahmenplans, der eine detaillierte Übersicht über die 2.655 Maßnahmen gibt, die auf kommunaler Ebene geplant sind. An dieser Zahl, welche ein Kostenvolumen von über 3,7 Milliarden Euro beinhaltet, zeigt sich, dass der Wiederaufbau den Kreis Ahrweiler und seine Kommunen noch lange beschäftigen wird (Stand 9. Februar 2022).

Unterstützungsleistung des Aufbaustabs

Um die Fördergelder beantragen zu können, sind die örtlichen Kommunen und der Kreis gehalten, entsprechende Anträge zu stellen. Hierbei ergeben sich fortlaufend Fragen zur Auslegung der Verwaltungsvorschrift zum Wiederaufbau sowie zur Abgrenzung der Kosten der Soforthilfe, etc.

Auch im privaten Bereich ergeben sich regelmäßig Grundsatzfragen zur Aufbauhilfe für Private, Unternehmen, Vereine etc., die durch den Aufbaustab aufgegriffen und an die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz, zuständige Landesministerien etc. kommuniziert werden. Auch wenden sich Bürgerinnen und Bürger, die Hilfe benötigen oder Hilfe anbieten wollen, an den Aufbaustab. Hier werden die Anliegen geklärt und an die richtigen Stellen vermittelt.

Da der Wiederaufbau möglichst abgestimmt und koordiniert erfolgen soll, ist es wichtig, die vielen verschiedenen Akteure des Wiederaufbaus miteinander zu vernetzen und Informationen verfügbar zu machen. Dies sind neben den Kommunen auch Anlieger, Architekten, Ingenieurbüros, Bauunternehmen, die Ver- und Entsorger und viele mehr. Der Aufbaustab unterstützt die Absprachen und die Schaffung von Synergieeffekten, indem er sowohl das gesamte Ahrtal umfassende als auch lokale Gesprächsrunden vor allem zur Infrastruktur organisiert und begleitet. Darüber hinaus stellt die Information der Gremien über anstehende, laufende und abgeschlossene Projekte des Wiederaufbaus einen weiteren wichtigen Pfeiler im Rahmen Kommunikation mit allen Beteiligten dar.

Ergänzend hat der Aufbaustab die Unterstützung der Planungsarbeiten durch digitale Tools (Baustellenatlas und Leitungsauskunftsportal) initiiert, um so die Planungs- und Genehmigungsverfahren zu verschlanken und den Informationsaustausch zu gewährleisten.

KAHR-Projekt im Aufbaustab

Um nicht nur „wieder“ aufzubauen, sondern auch zukunftsgerichtet, resilient und nachhaltig zu handeln, hat sich der Landkreis Ahrweiler als Praxispartner dem bundesweiten Forschungsprojekt KAHR angeschlossen. KAHR, das steht für Klima-Anpassung, Hochwasser, Resilienz (siehe hierzu den Beitrag von Charlotte Burggraf in diesem Heimatjahrbuch).