Margaretha von Arenberg

VON JOSEF SCHEPPE

In den Schriften von Professor Dr. Heinrich Neu über das Herzogtum Aremberg nimmt die Gräfin und spätere Fürstin Margaretha (1527 bis 1596) einen breiten Raum ein. Es ist nicht ohne Reiz, das Wirken dieser klugen und edlen Frau nachzuzeichnen und in gedrängter Form darzustellen.

Margaretha war 17 Jahre alt, als ihr mit dem Tode ihres Bruders Robert III. (1544), dem letzten Sproß der Edelherren von Arenberg aus dem Hause von der Mark, die Regentschaft und das reiche Erbe ihres Geschlechtes zufiel. Die Grafschaft Arenberg mit der Herrschaft Kommern machte diesen Reichtum nur zum geringsten Teil aus, obgleich die Einnahmen aus den Bergregalen wohl schon bedeutend waren. Zu großem Besitz und Ansehen gelangten die Herren von Arenberg im Hennegau, in den damaligen Niederlanden. Hier vermehrten sie ihren Reichtum durch eine kluge Heiratspolitik und mit guten Pfründen aus hohen Ämtern im Dienste Burgunds und später des Hauses Habsburg. Die Grafen von Arenberg stiegen zum mächtigsten Geschlecht des I.ütticher Landes auf. Die Kreuzherrenkirche zu Lüttich war ihre Grabkirche. Dennoch blieben sie ihrem Stammland Arenberg verbunden.

Margaretha, in den Niederlanden aufgewachsen, war ganz ein Kind dieses Landes. Sie reichte 1547 dem Sohne eines alten Geschlechts des Hennegaues, Johann von Ligne, Freiherrn von Barbancon, die Hand. Der Gemahl Margarethas nahm unter Billigung Kaisers Karl V. das Wappen und den Namen Arenberg an. Johann und Margaretha begründeten die dritte noch blühende Linie des Hauses Arenberg. Wie seine Vorgänger aus dem Hause von der Mark, erwies sich Graf Johann als treuer Gefolgsmann des Kaisers. In den schweren Kämpfen, welche damals die Niederlande durchtobten, fand er 1568 in der Schlacht bei Heiligerlee den Tod. Es ist das gleiche Jahr, in dem der düstere Tyrann Herzog Alba den Grafen Egmont, seit vielen Jahren Kampfgefährte des Arenbergers, in Brüssel auf das Schafott schickte. Das gleiche Schicksal erlitt Graf Hörn, der 1. Gemahl von Walpurgis, der letzten Gräfin von Neuenahr. Der Tod ihres Gemahls stellte Margaretha vor neue und vielfältige Aufgaben. Sie bewältigte sie mit „Klugheit und Weisheit“. Nach den Zeugnissen ihrer Zeit war die Gräfin eine verständige, mit Herzensgute ausgestattete Frau. An einem noch vorhandenen Porträt lassen sich die ihr beigelegten Attribute leicht ablesen. Margaretha nahm häufig für mehrere Jahre Aufenthalt auf Schloß Arenberg. Bereits im Todesjahr ihres Gatten sollte sich die Anwesenheit der Gräfin auf dem Stammsitz ihrer Väter als notwendig erweisen. Prinz Wilhelm von Oranien ließ 1568 einige seiner Reiterkompagnien einen Streifzug durch die Grafschaft Arenberg machen. Dank der mit Umsicht getroffenen Maßnahmen Margarethas konnte die Burg nicht erobert werden, bis sie durch eine List in die Hand des Gegners geriet. Die auferlegte Brandschatzung von 10000 Gulden wurde auf Margarethas Vorstellung vom Kaiser für nichtig erklärt. Dieser „Feldzug“, auch „Prinzomig“ genannt, war ein Racheakt des Oraniers. Einst der kaiserlichen Partei angehörend, war er zu den aufständischen Niederländern übergegangen. Er hoffte, der Graf von Arenberg würde den gleichen Schritt tun und sah sich enttäuscht, als dieser ihm die Gefolgschaft versagte.

Margaretha setzte die kluge Hauspolitik ihrer Ahnen durch gepflegte Beziehungen zum kaiserlichen Hof fort. Sie wußte, daß sie die Sicherheit ihres kleinen Territoriums nicht besser als durch den Rang der Reichsunmittelbarkeit festigen konnte und der Aufstieg ihres Hauses hierauf beruhen würde. Zwar hatte Kaiser Karl V. bereits 1549 Arenberg zur Reichsgrafschafterhoben, doch ließ sich Margaretha 1571 von Kaiser Maximilien II. ausdrücklich die Reichsunmittelbarkeit bestätigen. Sie beantragt und erhält auch das Münzrecht, ein Zeichen der Souveränität. Das Ansehen der Gräfin beim kaiserlichen Hof und die persönliche Gunst des Kaisers beruhten zwar auf der mit dem Tode bezahlten Treue ihres Gatten zum Hause Habsburg; aber die zielstrebige Politik Margarethas hat es zweifellos mit bewirkt, daß Arenberg 1576 zum Reichsfürstentum erhoben wurde. Aus diesem Anlaß ließ die Gräfin, nun Fürstin von Arenberg, einen Taler prägen, dessen Vorderseite das Wappen von Arenberg, Namen und Titel Margarethas, und dessen Rückseite das in der Sonne eilende Christkind mit der Weltkugel und den Wahlspruch des Hauses Arenberg Protector meus es tu (mein Beschützer bist du) mit der Jahreszahl 1576 zeigt.

So geschickt die Fürstin das Ansehen ihres Hauses zu fördern wußte, so umsichtig erwies sie sich in der Verwaltung ihres Ländchens. Gegen Ende des Jahres 1576 zog sich Margaretha für mehrere Jahre auf Schloß Arenberg zurück, um sich der Wohlfahrt ihrer Untertanen zu widmen. Dabei kam ihr zugute, daß ihre Verbindung mit der großen Welt sie zu einer modern denkenden Persönlichkeit gemacht hatte. Ihre große Aktivität wird besonders bezeugt durch den Erlaß einer Landordnung im Jahre 1586. Die Eisenherstellung in den Arenberger Hütten war damals schon für die Einkünfte des Landes von Bedeutung. Das Bergregal gehörte der Landesherrin, aber die Fürstin gab ihren Untertanen das Recht, am Besitze dieses Schatzes teilzunehmen. Sie erweiterte 1591 den Bergwerksbezirk und jeder erhielt die Möglichkeit, auf seinem eigenen Grund und Boden zu schürfen. Der damalige Beschäftigungsstand in der Arenberger Eisenindustrie sicherte vielen Familien das tägliche Brot und brachte darüber hinaus wohl auch einen gewissen Wohlstand für die Bevölkerung.

Der große Bedarf an Holzkohle bei der Eisengewinnung hatte die Waldbestände des Landes stark gelichtet. Eine von Margaretha erlassene Waldordnung sollte der Erhaltung und Förderung der Bestände dienen; der Erfolg war jedoch gering. Margaretha war in jeder Hinsicht um das Wohl ihrer Untertanen bemüht. Sogar in Gerichtssachen sollte ihnen Geld dadurch erspart werden, daß sie nicht an auswärtigen Gerichten appellieren durften; sie sollten sich mit dem im Lande gesprochenen Recht begnügen.

Die Fürstin hat sich auch mit der Erweiterung und Verschönerung des Schlosses beschäftigt. 1576 ließ sie eine neue Schloßkapelle bauen, die unter dem Titel der Allerseligsten Jungfrau Maria geweiht wurde.

Margaretha war eine tiefreligiöse Frau. Als 1585 zum zweiten Male in einem Zeitraum von zehn Jahren die Pest das Land heimsuchte, empfahl sie ihren Untertanen das Gebet und ordnete die Abhaltung von Prozessionen und Bittfahrten an. Am deutlichsten jedoch tritt die Persönlichkeit der Fürstin in das Licht der Geschichte mit ihrer Verordnung von 1593, darin sie sich mit der Zauberei und dem Hexenwesen befaßt. Es ist bekannt, wie befangen ihre Zeit in diesen ihr so wichtigen Fragen war. Margaretha betrachtete sie von einem durchaus selbständigen Standpunkte aus. Im Unglauben und im Mißtrauen auf Gottes Barmherzigkeit und Kraft sieht sie die Ursache für die Existenz von Hexen. In ihrer umfangreichen Verordnung schreibt Margaretha einen intensiveren Unterricht in den Glaubenswahrheiten vor und trifft darüber hinaus genaue Verfügungen. Darunter befindet sich auch die, daß dem Unterricht der Katechismus des Petrus Canisius zugrunde zu legen sei. Sie führt den obligatorischen Unterricht im Lesen, Schreiben und Katechismus ein und bestimmt die Pfarrer zu Trägern dieses Unterrichts. Den Eltern, die ihre Kinder nicht zu dem Unterricht schickten, wurde eine Strafe angedroht. Mit dieser Maßnahme eilte Margaretha ihrer Zeit weit voraus. Sie hat die Eifel und das Stammland ihres Geschlechts geliebt. Die letzten Jahre ihres erfüllten Lebens verbrachte sie vorzugsweise auf Schloß Zevenberghe.

Margaretha Fürstin von Arenberg (geb. 1527, gest. 1596)

In ihrem Sohne Karl, dem kein geringerer als Kaiser Karl V. selbst Pate stand, hatte Margaretha einen würdigen Nachfolger. Mit der sorgfältigen Erziehung, die ihm zuteil wurde, verband sich ihm eine besondere Klugheit, die ihn früh in hohe Ämter führte. Schon mit neunzehn Jahren war er Gesandter des Herzogs Alba bei Karl IX. von Frankreich. Mit Ehren überhäuft, ernannte Erzherzog Albert den Fürsten Karl von Arenberg 1599 zum Staatsrat, Admiral und Generalkapitän zur See. Im Auftrage des Erzherzogs ging Karl nach England, um dort Verhandlungen zu führen, die 1604 mit dem Friedensschluß endeten. Karls Gattin war Anna von Croy, deren kinderloser, 1612 gestorbener Bruder Karl dem Hause Arenberg einen außergewöhnlich großen Besitz vererbte, der nicht weniger als 400000 Livres Rente eintrug.

1) Prof. Dr. Heinrich Neu: „Das Herzogtum Aremberg“, „Das Schloß und die Festung Arenberg“, „Die Münzen und Medaillen des Herzogtums und des Hauses Arenberg“.

2) Friedrich von Schiller: „Geschichte des Abfalls der Niederlande“.