Vor- und frühgeschichtliche Siedlungsspuren an der Autobahn im Kreisgebiet

Carl Heinz Albrecht

Nach den bisherigen Kenntnissen archäologischer Forschung sind die Gebiete des Eifelvorlandes verhältnismäßig spät besiedelt worden. Lediglich die Lößlehmflächen im anschließenden nördlichen Raum haben hervorragende vorgeschichtliche Funde gebracht. Die Eifel bot mit ihrem recht unwirtlichen Klima keinen besonderen Anreiz zu einer Besiedlung in vorgeschichtlicher Zeit. Innerhalb der Devonformation kamen höchstens die tiefgründigen Böden in den Tälern für eine menschliche Niederlassung in Frage. Der Bau der Autobahn A 61 hat eine unerwartete Fülle von Fundnachrichten gebracht, die in einer besonderen Zusammenfassung dargestellt werden sollen. Seit der Veröffentlichung des Inventars der „Vor- und frühgeschichtlichen Denkmäler und Funde des Kreises Ahrweiler“ im Jahre 1971 durch Herrn Prof. Dr. Kleemann konnten zahlreiche neuere Fundstellen dem Staatl. Amt für Vor- und Frühgeschichte in Koblenz, Festung Ehrenbreitstein, gemeldet werden. So gelang es einem kleinen Kreis von Heimatfreunden durch eingehende Beobachtungen bei größeren Erdbewegungen, Straßenbauten und nicht zuletzt bei den umfangreichen Bauarbeiten der A 61 mit ihren Zubringern wertvolle Hinweise der vor- und frühgeschichtlichen Besiedlung zu liefern.

Alle wichtigen Epochen, Vorgeschichte, römische Zeit und die Frankenzeit konnten durch neue Fundnachrichten, die bisher nicht veröffentlicht worden sind, bereichert werden. Die Beobachtungen und Entdeckungen haben sich sowohl auf die Gebildete der Vor-eifel südlich der Ahr, als auch auf das fruchtbare Lößgebiet der Grafschaft erstreckt.

Die natürlichen Siedlungsbedingungen

Die tiefen Geländeeinschnitte im Raum Bengen, Neuenahr, Heimersheim und Löhndorf haben erst die ideale, fast steigungsfreie Trasse der Autobahn ermöglicht. Diese gewaltigen Durchbrüche haben einen seltenen Einblick in die Formationen der erdgeschichtlichen Abschnitte erlaubt. Ein Blick auf die geologische Karte läßt unschwer erkennen, daß unser Gebiet recht lebhaften Anteil an den tektonischen Ereignissen gehabt hat. Die tertiäre Landoberfläche ist nur zu einem kleinen Teil von Lößanwehungen der eiszeitlichen Perioden überlagert, die Randgebiete zum Rheingraben weisen mächtige Bänke von Schotterlagen der Hauptterrasse auf. Die Devonverwitterung (Unteres Devon, Herdorfer und Siegener Schichten) nimmt den Hauptanteil an den Verwitterungsprodukten der agrarisch genutzten Gebiete südlich der Ahr ein. Diese bodenkundlichen Hinweise bestätigen die Vermutung, daß der Ahrkreis den nomadisierenden Stämmen des Neolithikums geringe Anreize bot, hier zu siedeln und damit seßhaft zu werden.

Öllämpchen in Bronze, Fundstelle 5

Zu einer rechten Überraschung waren Funde aus der späteiszeitlichen Periode. In jüngster Zeit .wurden in einer tief ausgehobenen Klärgrube Lamellen eines Mammutzahnes geborgen. Hier handelt es sich um eine primäre Fundstelle. Von gleich interessanter Bedeutung sind die geborgenen Hornreste eines Auerochsen, die aus einem der tiefen Gräben, die zur Anlegung der Entwässerung des Lantershofener Baches „An den Ulmen“ erforderlich waren, stammen.

Die ersten Siedler

Aus welcher Zeit stammen nun die ersten Spuren einer seßhaften Bevölkerungsgruppe im Kreisgebiet? Belege für menschliche Tätigkeit gehören erst in die frühen Jahrhunderte nach 4000 Jahren v. Chr. Aus dieser Zeit, die Wissenschaftler nennen sie den ersten Abschnitt des Neolithikums, der jüngeren Steinzeit, sind Fundstellen in unserem Raum bekannt. Die Funde stammen vorwiegend aus dem Lößgebiet. Hier sind Feuersteinklingen und -abschlage bekannt. Gerade bei diesen wenigen neolithischen Funden wird es immer fraglich bleiben, ob sie zum Kulturgut einer Siedlergruppe gehören. Das eine oder andere Stück .wird lediglich für eine sporadische Anwesenheit des Steinzeitmenschen herangezogen werden können. Vielleicht wird eine sehr beachtenswerte neuere Fundstelle des Neolithikums eine Antwort darauf geben können, ob es sich bei den neueren Funden um einen Siedlungsplatz einer größeren Gruppe handelt. So konnten eine Menge von Feuersteinwerkzeugen (Klingen und Schaber) geborgen werden. Das Staatl. Amt für Vor- und Frühgeschichte in Koblenz hat bisher keine Veröffentlichung dieses m. E. sehr bedeutsamen Fundes veranlaßt. Die Klärung dieser Nachricht wäre besonders wichtig, da bisher angenommen wurde, daß zwischen den vorgeschichtlichen Siedlungsräumen Bonngau und Mayengau der Ahrgau vollkommen auszuschließen sei.

Erst vom Beginn der Bronzezeit (16.—17. Jahrhundert v. Chr.) sind im Kreisgebiet . mehr Funde bekannt geworden. Die Funde stammen von Siedlern, die auf Ackerbau und Viehzucht eingestellt waren. Sie kannten schon die Metalle und versuchten Steinbeile den Formen der Metallbeile anzupassen. Beim Autobahnbau konnte in der Gemarkung Waldorf am „Scheid“ ein Fragment eines polierten Jadeitbeiles geborgen werden.

Die bisher erkannten Siedlungsspuren jün-gerbronzezeitlichen Periode leiten über zu der früheisenzeitlich-vorrömischen Kulturentwicklung. Um den Vorgang der ersten Dauerbesiedlung ins rechte Licht zu rücken, gilt es zunächst den Blick auf die größeren Zusammenhänge zu richten. Wir befinden uns im‘ 7. Jahrhundert v. Chr. in einer Entwicklungsstufe, die den Menschen nach der Bronze zum ersten Mal die großen Möglichkeiten in der Technik der Verarbeitung des Eisens gelehrt hat. Wir kennen die Eisenschmelzersiedlung „An den Maaren“ im Ahrweiler Stadtwald. Sicherlich hat dieser Platz auch in vorrömischer Zeit seine Bedeutung gehabt. Bei den umfassenden Grabungen wurden einige Feuersteinmesser und -abschlage sowie ein bronzenes Rillenbeil entdeckt.

Die äußerst differenzierte Beurteilung der Übergänge von der früheisenzeitlichen zur vorrömischen Kulturentwicklung hat im Ahrkreis zu mancherlei siedlungspolitischen Überlegungen geführt.

Das früheisenzeitliche Gräberfeld bei Gelsdorf (1) — unmittelbar an der Trasse der Bundesautobahn — wäre beinahe dem Straßenbau zum Opfer gefallen. Fraglos kommt diesem Gräberfeld eine entscheidende siedlungspolitische Bedeutung bei. Wo Gräber sind, sind auch Menschen als Siedlungsträger vorhanden gewesen. Es scheint, daß im Quellgebiet der Swist eine starke Siedlerschicht gewesen ist. Auf die starke Besiedlung dieses Raumes um Holzweiler in vor- und frühgeschichtlicher Zeit wurde bereits im Heimatjahrbuch 1973 hingewiesen. Nicht allein im Lößgebiet ist diese Siedlergruppe bekannt gewesen. Die Vermutung liegt nahe, daß die bekannten Ringwälle und Abschnittsbefestigungen hierzulande dieser siedlungsgeschichtlichen Epoche angehörten. Hier sei nur auf die bekannten Anlagen der „Reutersley“ über Rheineck, dem „Scheidskopf“ bei Kirchdaun und der „Alte Burg“ bei Reifferscheid hingewiesen. Die Abschnittswälle „Die Dikt“ bei Brohl haben ebenso ihre Bedeutung in der Eisenzeit gehabt. Ein hervorragender Beweis dieser Vermutung lieferte 1974 die Feststellung, daß die Abschnittswälle im Trockenbauverfahren mit Pfostengerüst erbaut sind. Gut erhaltene Gefäßfunde, die typisch für die frühe Eisenzeit sind, konnten geborgen werden.

Römische Siedlungsspuren an der Bundesautobahn

Die Trassenführung der Autobahn erlaubt in dem Gebiet der Gemarkungen Gelsdorf, Eckendorf, Vettelhoven und Ringen einen Blick in das mäßig gewellte fruchtbare Lößgebiet. Hier sollten sich vor- und frühgeschichtliche Siedlungsspuren zeigen.

In den Gemarkungen Vettelhoven und Ringen konnten unmittelbar an der Trasse römische Siedlungsspuren erkannt werden. So ist die Siedlung im Gewann „Unter der obersten Gasse“ in der Gemarkung Ringen (3) durch den Straßenbau restlos „zerfetzt“. Hier konnte eine umfangreiche Nachsuche nach Ziegeln, Bauelementen und Keramikbruchstücken die. römische Siedlung dokumentieren. Die Bestätigung erfolgte durch das Staat). Amt In Koblenz. In der Gemarkung Vettelhoven wurden zwei römische Siedlungen an der Eckendorfer Straße entdeckt. (2)

Nach dem geologisch recht aufschlußreichen tiefen Einschnitt in die tertiäre Landoberfläche „An der weißen Erde“ nördlich des Bengener Tales mit den zahlreichen Nestern von mehr oder minder tonigen Sanden, sollte der Brückenbau bei der Tiefengründung des zweiten Pfeilerpaares südlich des Baches zu einer unerwarteten Entdeckung führen (4). Neben wichtigen römischen Keramikfunden, die auf eine Besiedlung im 2. Jahrhundert n. Chr. schließen lassen, wurden unter der römischen Siedlungsschicht vorgeschichtliche Siedlungsspuren entdeckt, die zu mancherlei sorgfältigen Überlegungen Anlaß boten. Das Profil des Aushubs ist festgehalten. Die eindeutig voneinander getrennten Siedlungshorizonte gaben zu der Vermutung Anlaß, daß hier eine vorrömische Siedlung gewesen sein muß. In dem tiefer gelegenen Horizont wurden nur Holzkohlenreste — also Brandspuren — festgestellt. Über dieser Brandschicht lagerte eine Lößlehmschicht von 30—40 cm, die latenezeit-liche (100 v. Chr. bis 20 n. Chr.) und römische Keramik einschloß. Leider konnte im Jahre 1972 infolge des Bautempos keine systematische archäologische Aufnahme im Gewann „Im düsteren Pesch“ dieser Brük-kenbaustelle vorgenommen werden. Bei dieser Fundstelle handelt es sich um einen großen römischen Gutshof, der auch in nachrömischer (merowingischer) Zeit besiedelt gewesen sein könnte. Da unweit dieses Gutshofes die Alte Frankfurter Heerstraße — auch Kaiserstraße genannt — von Sinzig nach Aachen vorbeiführt, kommt diesem Siedlungskomplex eine wichtige siedlungspolitische Bedeutung im Ahrgau bei.

Bronzering mit liegendem Kreuz, Fundstelle E

Herr Dr. Flink hat in seinem Beitrag „Der Abschnitt Sinzig—Düren der Krönungsstraße von Frankfurt nach Aachen“ im Heimatjahrbuch für den Kreis Ahrweiler im Jahre 1976 ausführlich die Bedeutung dieser Straße von der karolingischen Zeit bis ins 18. Jahrhundert dargestellt.

Hier scheint es von einigem Reiz zu sein, auf archäologische Fundnachrichten, soweit es die Trasse der karolingischen Straße im Ahrkreis betrifft, hinzuweisen. Schon am Beginn der Straße in Sinzig ist ein großer römischer Siedlungskomplex entdeckt.

Frührömischer Ein- und Doppelhenkel-Krug, Fundstelle 5
Fotos: Vollrath

Diese Fundstelle erstreckt sich über ein Gebiet von ca. 200 mal 200 Metern am Kuhbachweg und Landskroner Straße (A). Der Verlauf der alten Straße ist noch in der Gemarkung Bodendorf nachweisbar. Auch hier liegt in unmittelbarer Nähe im Gewann „Auf dem Etzelberg“ ein fränkisches Gräberfeld (B).

Unweit des alten Gutshofes Curie (jetzt Köhlerhof) sind im Waldrevier umfangreiche römische Siedlungsspuren — Fundamente eines großen römischen Gehöftes (C) — entdeckt. Die alte Heerstraße führt dann an Kirchdaun vorbei. In jüngster Zeit (1974 und 1975) sind im „Weißenberg“ und „Auf dem langen Graben“ (D u. E) römische Siedlungen entdeckt. Immer wieder wird die Straße von frühgeschichtlichen Funden bei ihrem weiteren Verlauf durch das Lößgebiet begleitet. Vor dem Aufstieg aus der Tallage neben der „Sachsenburg“ liegt der Stolleneingang eines alten Kupferbergwerks im Gewann „Ariet“. Auf der Westseite des Tälchens führt die Straße durch einen Hohlweg über einen größeren Siedlungskomplex aus frühgeschichtlicher Zeit. Im Volksmund heißt das Gewann „Auf Hostelt“ (F). Kurz nach dieser Beobachtungsstelle berührt die Straße einen größeren römischen Gutshof (G) am „Hochkreuz“ in der Gemarkung Ringen. Dieser Gutshof ist einwandfrei durch eine Luftaufnahme erkannt. In der Gemarkung Leimersdorf tritt die alte Straße noch auf einen kleinen römischen Siedlungsplatz (H) in der Nähe der Fritzdorfer Mühle und im Gebiet der Gemarkung Eckendorf ist ca. 100 m südlich der Trasse eine größere vorgeschichtliche Anlage durch Luftaufnahme erkannt (l). Ein ovaler Graben von 6—8 m Breite umgibt eine Innenanlage eines nicht identifizierten Typs von mindestens 70 m Durchmesser. Die Aufführung des vor- und frühgeschichtlichen Befundes entlang der Heerstraße dürfte darauf hinweisen, daß der in karolingischer Zeit ausgebaute Streckenabschnitt von Sinzig nach Düren bereits in römischer Zeit eine wichtige Verkehrsverbindung darstellt.

Doch nun zurück zu der Trasse der A 61. Hier spielte ein wenig Finderglück mit, als gleich zu Beginn der Bauarbeiten im Januar 1973 im Abschnitt „An den Ulmen“ das öllämpchen aus Bronze in Fußgestalt gefunden wurde. Diese Fundstelle im Raum des heutigen Hochverteilers sollte noch wertvolle Nachrichten für die Erkenntnis der frühen Besiedlung des Ahrgaues bringen. Ein großes römisches Brandgrubengrab (5) inmitten eines römischen Gräberfeldes war eine äußerst aufschlußreiche Entdeckung. Die wissenschaftliche Deutung dieses Fundes ist durch das Staatl. Amt für Vor- und Frühgeschichte in Koblenz zu erwarten. Der Anteil an geborgenen Bronzestücken in diesem Grab war überraschend. Neben dem Öllämpchen in Fußgestalt, Bronzeringen, Spangen und bronzenen Beschlagstücken einer Schmuckkassette konnten zahlreiche Glasfunde aus feinstem römischen Glas sowie ein Teilstück einer Schale aus Millefiori-Glas geborgen werden. Eine Vielzahl von Keramikfunden überraschte. In sorgfältiger mühevoller Arbeit konnten 16 Gefäße, Ein- und Doppelhenkelkrüge, Schalen, Teller und Becher zusammengestellt werden. Ein Großteil der Funde aus diesem Brandgrubengrab befindet sich im Ahrgaumuseum. Das Gräberfeld liegt jetzt unter dem großen geschütteten Damm, der aus Richtung Karweiler zum Hochverteiler führt.

Unter dem heutigen Verteilerkreis befinden sich umfangreiche römische Siedlungsspuren (6). Sämtliche Beobachtungen bei den Pfeilergründungen und beim Aushub der umfassenden Entwässerungsgräben sind für kommende wissenschaftliche Forschungen genau kartiert. Eine weitere große Überraschung war die Entdeckung der Fundamente einer umfangreichen römischen Villa rustica, die jetzt unter der Dammschüttung in Richtung Ahrweiler liegt (7). Wichtige Einzelstücke von dieser großen Siedlungsstelle wurden geborgen. Auch hier konnte latönezeitliche Keramik entdeckt werden. Von der Villa wurden längere Fundamentstrecken, 16 m Südfront und ein nach Norden führender Fundamentabschnitt von 20 m, freigelegt. Von der Fundstelle liegen Aufmessungen und Kartierungen vor, wenn auch die wissenschaftlichen Forschungen im gesamten Siedlungskomplex „An den Ulmen“ aus zeitbedingten Gründen nicht im erforderlichen Umfang durchgeführt werden konnten.

An der großen Ahrtalbrücke sollte eine römische Fundstelle unmittelbar am Südufer der Ahr noch manche Rätsel aufgeben. Die Fundstelle (8) ist schon lange bekannt. Zur Siedlung führt eine römische Wasserleitung aus Traßbeton, welche die Bewohner mit dem Quellwasser des Ideenbaches versorgte. Südlich der Brücke und den mächtigen Dammschüttungen in der Gemarkung Heimersheim wurde leider eine bedeutende historische Markierung teilweise zerstört. Der „Landgraben“, in den Katasterkarten der Gemarkungen Heimersheim, Löhndorf, Westum und Sinzig verzeichnet, hat durch die umfangreiche Erdbewegungen im Raum des Zubringers Löhndorf schwere Prankenschläge erhalten. Nach Prof. Dr. Kleemann ist der „Landgraben“ eine Grenzmarkierung des Königslandes, das größte Kulturdenkmal des Kreises Ahrweiler.

Beinahe wäre beim Ausbau des Zubringers ein merowingisches Gräberfeld „In der Altbach“ erfaßt (9) worden. Hier sei auch erwähnt, daß südlich der Kirche von Löhndorf ein römisches Grab gefunden wurde (10). Der Taleinschnitt, in dem Schloß Vehn liegt, weist ebenfalls eine römische Siedlung auf. Fast keine Flur ohne eine Sied-lungsspur. Bevor die Gemarkung Franken erreicht wird, war eine mächtige Dammschüttung erforderlich, die ein versumpftes Wiesengelände überquerte. Bei der Anlage von Entwässerungsgräben wurde auf der Ostseite des Dammes im Raum „In der Nietenhaid“ (12) ein römisches Anwesen freigelegt.

Die Talbrücke „Vinxtbachtal“ weist auf den Vinxtbach hin, der auf sehr alten Landkarten als Fluß- oder Bachname lediglich mit „Vinxt“ bezeichnet wird. Im gesamten römischen Einflüßgebiet nördlich der Mosel wird kein anderer Nebenfluß des Rheines dargestellt. Hier am Bachlauf — von Rheineck bis westlich der Dorflage Waldorf — verläuft die Provinzial- wie auch sprachliche Grenze. zwischen Nieder- und Obergermanien. Die Grenzlinie führt aus der Tallage der Vinxt über die Höhen in Richtung Hohe Acht. Das schmucke alte Weberdorf Waldorf liegt unmittelbar neben der Talbrücke. Auch in der Dorflage konnten recht wertvolle /frührömische Funde geborgen werden. Eine Kinderrassel aus Ton sowie sogenannte belgische Ware (1. Jahrhundert n. Chr.) ließen aufhorchen (13). Immer schlummert noch ein Mosaikfußboden in der Dorflage. Ob er rechtzeitig geborgen wird, bevor die Baumaschinen rattern? Das Staatl. Amt ist informiert.

Die Dammschüttung in Richtung Niederzissen hat einen uralten Handelsweg durchschnitten: Die Kohlstraße. Der Name hat mit den Kohlen oder Holzkohlen, die über diesen Weg transportiert worden sein sollen, nichts zu tun, sondern mit dem Wort kahl, was die Höhenstraßen meist sind. Dieser Weg führte von der hohen Eifel über den Höhenkamm Hohe Acht-Cassel-Oberdürenbach-Rodder bis westlich von Waldorf in das Vinxtbachtal. Gerade dieses Tal hält noch frühe, sehr frühe Nachrichten aus der Besiedlungsgeschichte verborgen.

Der einmalige Aufschluß des Lavagebietes „Auf dem Scheid“ hat viele Nachrichten aus der römischen Zeit. Hier oben ist ein großer römischer Gutshof Ende des vorigen Jahrhunderts entdeckt (14). Die umfangreichen Grabungen haben sehr wertvolle Funde erbracht. Sie werden z. T. Im Bonner Landesmuseum aufbewahrt.

Kurz vor Erreichen der Talbrücke Niederzissen grüßt zur Rechten der Bausenberg. Dieser Krater ist ein einmaliges erdgeschichtliches Denkmal. Die Fauna und Flora des Bausenberges halten seltene Leckerbissen für den Naturfreund bereit. Ein Gewann am Bausenberg, das „Mühlsteinsloch“, macht auf die Mühlsteinproduktion in römischer Zeit aufmerksam. Unmittelbar neben dem ausgewiesenen Industriegebiet „Im Streitbüsch“ der Gemeinde Niederzissen ist ein umfangreiches fränkisches Gräberfeld erkannt (15). Im Tal sind mehrere römische und fränkische Siedlungsplätze bekannt. „Im Luhberg“ ist ein fränkisches Gräberfeld (16) nachgewiesen. Die Funde sind in wohlbehüteter Obhut der Gemeinde. In der Hanglage im Grenzbereich der Gemarkung Niederzissen und Niederoberweiler befindet sich eine mittelalterliche Wüstung von beträchtlichem Ausmaß. Im Gewann „Almersbach“ sind heute noch Reste jener alten Siedlung zu erkennen.

Unvergleichlich sind die Ausblicke von der Niederzissener Talbrücke hinein ins frühere Niedergermanien, während die Autobahn an Wehr und Maria Laach vorbei weiterführt ins ehemalige Obergermanien.

Literatur:

Kleemann, Otto: Vor- und Frühgeschichte des Kreises Ahrweiler, 1971.
Janssen, Walter: Studien zur Wüstenfrage im fränkischen Altsiedlerland zwischen Rhein, Mosel und Eifelnordrand. Köln 1975 II. Teil. Flink, Klaus: Der Abschnitt Sinzig-Düren der Krönungsstraße von Frankfurt nach Aachen. Heimatjahrbuch 1976.
Scollar, Irwin: Bonner Jahrbuch 163/1963 S. 308 Tafel 31.