Bergbau im Sahrbachtal

Gerhard Knoll

Am 16. und 17. September des Jahres 1852 machen 2 Herren von Düren aus eine Reise an die Ahr. Es sind keine Touristen, wie man sie heute an jedem Wochenende allzu zahlreich antrifft. Die beiden Herren, der Oberbergrat Jung und der Berggeschworene Sinnig, reisen vielmehr in offizieller Mission ihrer vorgesetzten Behörde, des Königlich Preußischen Bergamtes zu Düren, um den Betrieb der an der Ahr gelegenen Bergwerke zu überprüfen.

Am 2. Tag ihrer wohl sehr anstrengenden Reise machen die beiden Herren in Adenau Quartier und setzen ein sehr ausführliches, für uns heute, ein ebenso interessantes „Recherche-Protokoll“ auf, dessen Abschrift noch vorhanden ist, und gute Einblicke in den Bergbau des 19. Jahrhunderts in einem Teil des Kreises Ahrweiler gibt (Bergamt Düren Nr. 456).

Ihre Aufmerksamkeit gilt 5 Gruben, wovon 3 im 1851 konzessionierten Felde „Hochthürmen“, eine im schon 1805 konzessionierten Felde „Glücksthal“, und die 5. im 1842 konzessionierten Felde „Kesseling“ liegen.

Das Protokoll gibt so einen indirekten Hinweis, daß um 1852 im Kreise Ahrweisler, bzw. Adenau, überhaupt nur in diesen 5 Gruben gearbeitet wurde. Alle 4 hier zu besprechenden Gruben befanden sich 1852 im Versuchsstadium, oder waren schon 1 Jahr vorher wegen zu geringer Förderaussichten und zu großer Erschließungskosten aufgegeben worden (vergl. Übersichtskarte).

Zunächst steigen die Herren vom Dorfe Winnen aus ein westlich gelegenes kleines Seitental des Sahrbaches, die „Dreiseifen“,

hinab. Dort befinden sich im Felde „Hochthürmen“ 2 gegenüberliegende Gruben (Nr. 1 u. 2). Die am östlichen Hang gelegene Grube führte Spatheisenstein und Bleiglanz in bis zu 25 cm dicken Erzadern. Der Stollen ist 1852 27m weit aufgefahren und verzweigt sich an seinem Ende. Etwa 6 m von seinem Mundloch wurde ein Gesenk (senkrechter Schacht ohne Ausgang) 10 m tief abgeteuft, um die Erzadern in tieferen Schichten zu überprüfen. Die Aussichten dieser Grube werden jedoch von den beiden Bergbeamten nicht sehr günstig eingeschätzt: „Nur für den Fall, daß sich die verschiedenen, überfahrenen Gangtrümmer (= Erzlagerstätten, die nicht miteinander in Verbindung stehen) nach der Teufe hin zu einem mächtigeren Gang (= Erzader) vereinigen, oder die Bleierze sich mächtiger anlegen, dürfte einige Aussicht vorhanden sein, einen lohnenden Abbau eröffnen zu können.“

Am gegenüberliegenden westlichen Hang war ebenfalls ein Stollen von 33 m Länge aufgefahren worden, auf ein dort entdecktes Bleiglanzvorkommen. Auch hier hatte man vom Stollen aus einen 8 m tiefen Schacht niedergebracht, und von dort aus die Erzadern durch einen 6 m langen Querschlag verfolgt. Da die Ausbeute aber die Kosten nicht deckte, war die Arbeit hier schon 1851 eingestellt worden.

Nach der Besichtigung dieser beiden Gruben steigen die Herren zum Dorfe Lanzerath hoch, wo etwa 200 m südwestlich des Dorfes, auf einem Grauwacke-Plateau, ein 27 m tiefer Schacht auf ein Kupfererzvorkommen abgeteuft war (Nr. 3). In einer Tiefe von 24 m war aus dem Schacht eine Strecke gegen Norden 30 m weit, und gegen Süden eine andere Strecke 54 m weit aufgefahren. Zwecks „Wetterwechsels“ ( = Zuführung von Frischluft) mußte von einer dieser Strecken ein Schacht bis zu Tage hochgetrieben werden. Da die Kupfererze nur „nesterweise“ vorkamen, war der Betrieb hier schon seit dem Frühjahr 1852 eingestellt.

Als korrekter preußischer Beamter war der Herr Bergrat Jung dennoch mit der Betriebsführung zufrieden: „Zechenregister und Arbeiterlisten waren vorschriftsmäßig geführt.“

Der Zufall hat ein weiteres Gutachten aus dem Jahre 1903 über das Feld „Hochthürmen“ erhalten (im Besitz von Herrn Ignaz Görtz, Altenahr). Der Bergingenieur Schiffmann beschreibt hierin die gleichen Gruben wie das Protokoll von 1852.

Alle 3 Gruben lagen seit langem still. Schiffmann sieht auf der Halde von Nr. 1 „.. . ein großer Haufen von Spatheisenstein. Dieses Eisenerz hatte jedoch damals keinen Werth (gemeint ist 1852) wegen der theuren Ochsenfracht zum Rhein; überdies bestand bis vor etwa 5 Jahren (= 18,98) noch keine Chaussee durch das Sährbachtal und nach Winnen; heute würde das Erz sehr gut verwendet werden können.“ Schiffmann schneidet hier schon ein Dilemma an, auf das noch zurückzukommen ist — die fehlenden Verkehrsverbindungen.

Auch den gegenüberliegenden Stollen besichtigt er und bemerkt: „Nach glaubwürdigen Berichten von Augenzeugen ist zur Zeit viel Bleiglanz (Glasurerz) in Fäßchen verpackt nach Bonn transportiert worden. Vor 2 Jahren fanden sich noch wallnußgroße Stückchen in der Halde.“

Am Sahrbach, zwischen Binzenbach und Burgsahr, begutachtet Schiffmann einen Schacht, der zur Untersuchung eines Bleierzvorkommens niedergebracht worden war. „Da der Steiger in dem Schacht tödlich verunglückte, wurde die Arbeit eingestellt.“ Vielleicht ist hiermit einer der Schächte oberhalb des Stollens Nr. 4 gemeint.

Abschließend empfiehlt Schiffmann die Wiederaufnahme der Arbeiten in den genannten Gruben: „Es würde sehr wünschenswerth, und allem Anschein nach auch aussichtsvoll sein, wenn die Bleierzgänge bei Winnen und auch das Spateisensteinvorkommen durch einen etwas tiefer angesetzten Stollen, der bei geringer Länge schon ansehnliche Teufe einbringen würde, aufgeschlossen würden. Auch die Erschließung des Kupfervorkommens bei Lanzerath dürfte günstige Aussicht bieten.“

Etwa ab 1936 wurde dann auch in Nr. 1 der Betrieb wieder aufgenommen, und bis etwa 1942 fortgesetzt. Zu dieser Zeit jedoch wurde Kupfererz gefördert.

Doch zurück zum Protokoll von 1852. Anschließend begab sich der Bergrat Jung auf das rechte Ufer des Sahrbaches, in das 1805 konzessionierte Feld „Glücksthal“, dessen nördliche Grenze der Sahrbach war.

Hier hatte wohl schon kurz nach 1805 der Johann Christian Schmits aus Flamersheim verschiedene Stollen auf Bleiglanz getrieben, „welche gegenwärtig — wenigstens die Mundlöcher — zu Bruche liegen.“

Als 1843 Schmits seine Berechtigungen an die Metallurgische Gesellschaft Bonn verkaufte, waren auch hier alle Arbeiten bereits seit längerer Zeit eingestellt. Erst 1850 begann diese Gesellschaft mit der WiederaufWältigung eines der Stollen — der Grube „Silberbusch“ (Nr. 1).

Die Bezeichnung der Grube kommt von einem Gehölz gleichen Namens (Nr. 2), an dessen südlichen Rand sich zahlreiche Schürfgruben (Pingen) hinziehen, aus denen im Tagebau „feinspeisiger Bleiglanz“ gewonnen wurde. Der Obersteiger Graubner nahm nun an, daß sich die erzführenden Gänge weit in die Tiefe hinab fortsetzten, und stelle diesbezügliche Berechnungen an. Nach dem Resultat dieser Berechnungen ließ die Gesellschaft nun den Stollen gegen Südwesten vortreiben, der bei einer Teufe von 100 bis 120 m und einer Länge von etwa 480 m den Erzgang unter dem Silberbusch erreichen sollte. Zur Zeit des Protokolls hatte er eine Länge von 440 m bereits erreicht, und wurde „im Gedinge zu 16 Thaler pro Lachter (1 Lachter = 2,092 m) in einer ziemlich festen Grauwacke weiter aufgefahren.“

Die Berechnungen des Obersteigers Graubner haben sich wohl als falsch erwiesen. Allem Anschein nach wurden, wenn überhaupt, nur in geringem Umfang Erze gefördert, denn im Produktionsnachweis aller Gruben des Reviers Düren von 1857 ist die Grube „Silberbusch“ nicht mehr erwähnt (Bergamt Düren Nr. 439 fol. 81 r). Auch hier erfolgte ab dem 1. Weltkrieg bis etwa 1922/23 eine Wiederaufnahme der Arbeiten, jedoch ohne Erfolg.

Schnitt durch das Zinkerz-Bergwerk „Hürnigskopf“ 1927—1939/40 (ohne Maßstab)

                                                                             

1) Schacht (2,50 x 2,00 m) insgesamt 140 m tief, unterteilt in a Steigschacht und b Fahrschacht
2) erste Sohle in 60 m Teufe, 70 m lang
3) zweite Sohle in 100 m Teufe, 90 m lang
4) zweite Fördermaschine
5) dritte Sohle, „Burgsahrsohle“. in 140 m Teufe, nach beiden Selten jeweils etwa 20 m aufgefahren
6) Abraumhalde, heute z. T. zum Wegebau abgefahren
7) Förderturm mit seitlich stehender Fördermaschine; die Fundamentblöcke von Turm und Maschine sind noch vorhanden In der Nähe des Förderturms standen einige Holzbaracken: die Schmiede, Zimmerei mit Sägewerk und Belegschaftsraum. Auch über der Fördermaschine stand eine Holzbaracke. (Informationen von Herrn Mathias Weber/Binzenbach, geb. 1903, der bis 1938 hier arbeitete)

Im Jahr 1855 wurde das Feld „Saarsegen“ konzessioniert, als dessen Besitzer ein Wilhelm Beicken, Gutsbesitzer aus Selbeck bei Kettwig an der Ruhr bezeichnet wird (Oberbergamt Bonn, Nr. 129 III, S. 726 ff).

Jedoch haben in diesem Feld schon 1827/29 die Hüttenbesitzer Mathias Pierath aus Hellenthal und Johann Peter Axmacher aus Blumenthai Versuchsarbeiten vorgenommen.

Etwa 250 m östlich des Burghauses Sahr senkten sie In einem alten Pingenzug einen 28 m tiefen Schacht ab, der jedoch wegen Wassereinbruchs nicht tiefer abgesenkt werden konnte (Nr. 1). In 26 m Tiefe wurden vom Schacht aus mehrere Strecken 60 m lang fortgetrieben. Um die Wasserableitung sicher zu stellen, begann man vom Berghang aus einen Stollen unter den Schacht vorzutreiben. Die Arbeiten kamen wohl nicht mehr zum Abschluß, denn am 13. Mai 1829 meldet der Obereinfahrer Becker vom Bergamt Düren, daß „dieser Gegenstand bei mehreren Theilhabern das Interesse verloren habe, und es dürfte wahrscheinlich seyn, daß man von diesem Unternehmen abstehen werde.“ (Bergamt Düren, Nr. 175).

Aus den Akten geht jedoch hervor, daß in diesem Gebiet schon zumindest im 18. Jh. Bergbau betrieben wurde. Es ist die Rede von „alten Halden“, von den „Arbeiten der Alten“, von „alten Bauen“ und vom „Alten Mann“ (= mit Abraum verfüllte Schächte oder Stollen), und man bemerkt, daß „über diesen Bergbau . . . alle älteren Nachrichten fehlen“ (a. a. O.).

Zu einer Konzession für dieses Gebiet kam es, wie oben erwähnt, erst im Jahre 1855. In den Jahren 1855/57 muß der ältere Stollen bei „Dreiseifen“ (Nr. 2) aufgefahren worden sein, denn auch die Grube „Saarsegen“ wird Ende 1857 nicht mehr erwähnt. Daraus darf man schließen, daß die Arbeiten hier von keinem Erfolg gekrönt waren. Zwischen 1857 und 1893 muß aber eine Förderung stattgefunden haben, denn auf der preußischen Neuaufnahme von 1893/95 ist hier ein verlassenes Bergwerk eingezeichnet.

In den Jahren 1906/08 wurde oberhalb des Weges und des kleinen Baches ein neuer, heute mit einem Gitter verschlossener Stollen aufgefahren. Ob eine Förderung stattfand, ist nicht bekannt.

Das Bergwerk „Hürnigskopf“ 1927-1939/40 (Nr. 7)

Schon 1917 fanden im ehemaligen Konzessionsfeld „Glücksthal“, etwa 250 m südöstlich der Höhe Hürnigskopf, Schürfversuche statt. Das Ende des 1. Weltkrieges und die Nachkriegszeit verhinderten wohl eine Fortsetzung der Arbeiten.

Das Feld war jetzt im Besitz der „Stolberger Zink“, A.G. wahrscheinlich mit der Hüttengesellschaft Bad Ems fusioniert, die bei Braubach eine Bleierzmine mit einer heute noch bestehenden Schmelze betrieb.

Unmittelbar nördlich der Straße, etwa 250 m nordwestlich des Dorfes Hürnig, wurde ab 1927 mit dem Abteufen eines Schachtes begonnen. Eine große Abraumhalde und einige Betonblöcke geben den Standort des Bergwerkes, des Förderturms und der Fördermaschine an. Ein Versuchsscjiacht liegt etwa 50 m südlich der Straße.

In den letzten Jahren ist ein Teil des Abraums für Wegebauten abgefahren worden. Unmittelbar an der Straße standen 3 Holzbaracken für die Schmiede, die Zimmerei nebst Sägewerk und für die Belegschaft. Neben dem Förderschacht über der Fördermaschine stand eine vierte Baracke.

Das Werk bestand aus einem versetzten Schacht mit 3 nach Nordwesten vorgetriebenen Strecken, deren tiefste, die „Burgsahr-sohle“, eine Teufe von 140 m erreichte. Auf der 100-m-Sohle stand eine zweite Fördermaschine (vergl. die Skizze).

Gefördert wurde Zinkblende, etwa 20 Tonnen pro Tag. 7 Fuhrunternehmer, darunter Franz Hupperich aus Binzenbach, sorgten für den Abtransport der Erze. Die Erze wurden mit 2spännigen Pferdefuhrwerken, mit einer Ladekapazität von 2,5 Tonnen, zum Bahnhof Kreuzberg gefahren, und von dort zur Schmelzhütte in Braubach transportiert.

Nach den Angaben von Herrn Mathias Weber, der bis 1938 hier arbeitete, sollen die Erze 1939/40 noch nicht erschöpft gewesen sein. Die Verlagerung der Anlagen nach Humerzheim, 2,75 km südwestlich von Kirchsahr, soll auf Initiative des Steigers Langenbach erfolgt sein, der hoffte, in Hummerzheim ergiebigere Erzadern vorzufinden.

Die Bleischmelze in Binzenbach

Aus den Akten des Oberbergamtes Bonn kann indirekt die Existenz einer bisher unbekannten Bleischmelze im Kreise Ahrweiler nachgewiesen werden: 1805/24 aus der Beschreibung der Konzessionsgrenzen des Feldes „Glücksthal“. . . „nach Westen durch das Schillingsthal dem Rabertsbergerseiffen (= Holzemerbach) nach bey der Alten Schmelze vorbey, längs des Pinzenbaches nach Burgsaarerauel…“

1852 ,,. . . und endlich vom Punkte G eine gerade Linie in die Richtung auf die im Dorfe Pinzenbach gelegene Schmiede, genannt die alte Schmelze . . .“ (Oberbergamt Bonn Nr. 129 III, S. 404 ff).

Da die Schmelze in den Akten ab 1816 nicht mehr genannt ist, darf angenommen werden, daß sie spätestens nach der Errichtung der Hütte „Glücksthal“ kurz nach 1805 aufgegeben, und in eine Schmiede umgewandelt

worden ist. Die Tranchot-Karte (NA 119 Kreuzberg) von 1809 verzeichnet hier zwischen den Ortschaften Dreiseiffen (heute zu Binzenbach) und Pinzenbach 3 größere Gebäude, wovon das obere (heute abgerissen und durch eine Garage ersetzt) die Schmelze war.

In der örtlichen Überlieferung hat sich die Erinnerung an diese Schmelze durchaus erhalten. So soll das Blei zur Bedachung der Stiftskirche in Münstereifel hier geschmolzen worden sein. Bei der Aushebung einer Dunggrube traf Herr Bungart, der Besitzer des Hauses, auf einen Wasserkanal aus Bruchstein, der hinter dem Hause am Berghang entlanglief, und wahrscheinlich zur Erzwäsche diente. Hinter der erwähnten Garage ist die Erde im Wiesengelände hoch ganz schwarz von Schmelz- und Holzkohlerückständen.

Die Schmelze soll abgebrannt sein, und die Bewohner sind nach Kirchsahr gezogen. Sie werden heute noch im Dorf „Schmelzer“ genannt (Farn. Paffenholz), wogegen die Bewohner der ehemaligen Schmiede (Farn. Bungart) die ,,Schmitte“ genannt werden.

Meilerplätze im Sahrbachtal

Überall im Sahrbachtal, zwischen Burgsahr und Kirchsahr, finden sich eine große Anzahl von Meilerplätzen, an denen Holzkohle hergestellt wurde. Die Zeitstellung ist unbekannt. Ihre große Zahl, die weit über die dörflichen Bedürfnisse, oder die Bedürfnisse einer Schmiede hinausgehen, läßt fast zur Gewißheit werden, daß die Herstellung der Holzkohle an diesen Plätzen mit der Verhüttungsanlage in Binzenbach selbst, oder mit der 4,5 km südwestlich gelegenen Blei- und Kupferhütte „Glücksthal“ in Verbindung steht, wo noch bis kurz vor 1854 Erze verhüttet wurden.

Die Meilerplätze sind als kleine Plateaus aus den Hängen herausgearbeitet, haben eine ovale Form von 9 bis 11 m Länge und 6 bis 8 m Breite. Sie sind weiter kenntlich an der tiefschwarzen Färbung der Erde und an den noch zahlreich vorhandenen Holzkohlestückchen. An größeren Holzkohlestücken ist ersichtlich, daß Buchenholz aus den sogenannten Hauwäldern verkohlt wurde. Die Plätze finden sich immer am Fuß der Berghänge, unmittelbar an Wegen, oder nur wenige Meter von diesen entfernt. Auffallend ist, daß die Meilerplätze fast immer nur in Dreiergruppen, seltener in Zweiergruppen auftreten. Ob das produktionsbedingt ist.’oder Eigentumsverhältnisse wiederspiegelt, ist mir unklar.

Von den Bewohnern Kirchsahrs und Binzenbachs wurde die schwarze Erde, der „Grund“, wie sie genannt wurde, zur Abdeckung der Gräber oder, mit Torf und Komposterde vermischt, als Blumenerde in Kisten benutzt.

Ein Blick auf die Karte mag zu der Annahme verleiten, daß im Sahrbachtal über längere Zeit hinweg und in größerem Umfange ein reger Bergbau betrieben wurde, Dieser Eindruck täuscht. Die Quellenlage erweist eindeutig, daß Bergbau hier immer nur in geringem Umfang und zeitlich sehr versetzt stattgefunden hat. Zeiten regsamer Betriebsamkeit wechselten ab mit völligem Stillstand. Die Blütezeit dürfte in der 2. Hälfte des 18. Jh. gelegen haben, als die Hütte in Binzenbach bestand.

Die Autarkiebestrebungen der Weimarer Republik, um in devisenarmen Zeiten von ausländischen Rohstoffen weitgehend unabhängig zu sein, führen nach dem 1. Weltkrieg zu einer neuerlichen Belebung des Bergbaus im Sahrbachtal. An manchen älteren Stollen, so weit sie noch offen stehen, finden sich am Stollenende und in den Abzweigungen Spuren von mechanischen Bohrmeißeln, so in „Hochthürmen“ 1, „Saarsegen“ 1 und „Glücksthal“ 1, aber auch bei Kesseling am Aufgang zum Steinerberg — ein deutliches Zeichen dafür, daß überall im 20. Jh. die alten Bergwerke wieder nach abbauwürdigen Erzen abgesucht wurden.

Wo liegen nun die Gründe für das wohl endgültige Scheitern des Bergbaus im Sahrbachtal und im Kreis Ahrweiler?

Erze sind zwar genügend vorhanden, wenn auch nicht, für die heutige Zeit, in abbauwürdiger Konzentration. Es ist schon so, wie der Königlich Preußische Obersteiger Balster 1834 schreibt: ,,. . . denn nach der Teufe zu verlieren sich die Erze, wie gewöhnlich, bei den Ahr-Gängen.“ (Bergamt Düren Nr. 51 fol.381).

Der 2. wichtige Grund sind die fehlenden Verkehrswege, was auch Schiffmann im Protokoll von 1903 erwähnt. Schon Gottfried Kinkel schreibt 1849: „Die Verbindung mit dem Rhein fehlt, so daß z. B. das Holz hier nur ein Drittel so viel galt als in dem bloß acht Stunden entfernten Rheintal. Eine Straße … könnte alles bessern“ (G. Kinkel, Die Ahr NA 1976, S. 201). Was Kinkel hier für Holz sagt, gilt sinngemäß natürlich auch für Erze, die um diese Zeit, wie schon gezeigt, nicht mehr im oder um das Sahrbachtal verhüttet werden können. An gleicher Stelle spricht Kinkel auch über den Bergbau selbst: „Wie müßte sich das alles (gemeint ist der Bergbau) ändern, wenn statt des von einem Pferde oder von dem Ochsen gezogenen Karrens ein doppelt bespannter vierrädriger Wagen die Produkte (d. i. die Erze) verfahren könnte!“ Aber erst 1858 wurde die Eisenbahnlinie von Rolandseck bis Remagen verlängert, und erst 1898 eine Straße durchs Sahrbachtal gebaut.

Die Frage liegt nun nahe, warum die Erze nicht mehr in der Umgebung selbst verhüttet wurden. Mit dieser Frage läßt sich der 3. Grund für den Mißerfolg des Bergbaus erklären.

Zumindest zeitweise sind die 3 Bedingungen für eine erfolgreiche „Montanindustrie“ erfüllt:

a) der Rohstoff, die Erze, sind vorhanden und werden gefördert,

b) der Brennstoff, Holzkohle, wird im Sahrbachtal selbst produziert,

c) eine Hütte in Binzenbach arbeitet gegen Ende des 18. Jhs. Später, etwa ab 1805 arbeitet die Hütte „Glücksthal“, 4,5 km südwestlich von Kirchsahr.

Die Konzession der Hütte Glückstahl wird jedoch 1854 aufgehoben, nachdem sie schon seit einigen Jahren nicht mehr in Betrieb war (Bergamt Düren Nr. 409). So vermelden die Akten für das Jahr 1860, daß im Kreis Ahrweiler, bzw. Adenau nur der Eisenhammer Stahlhütte, die Blei- und Kupferhütte bei Dorsel, und die Kupferhütte Tubalcain in Remagen noch in Betrieb sind — alle zu weit entfernt.

Das Eingehen der Hütten hängt weitgehend mit dem Mangel und der damit verbundenen enormen Preissteigerung der Holzkohle zusammen. Zwar konnten speziell Blei- und Kupferhütten wegen der Verwendung des sogenannten Reverberierofens (= waagerechter Flammofen, bei dem der Brennstoff nicht in direkte Berührung mit dem Schmelzgut kommt) auch mit Steinkohle befeuert werden (so geschehen bei der Antimonschmelze in Brück), aber der Transport der Steinkohle von Saar oder Ruhr war ebenso teuer und aufwendig.

Für das Jahr 1838 sind die Preise für Holzkohle überliefert: 1 Wagen Holzkohle zu 150 Kubikfuß (1 Kubikfuß = 361) kostete 20 Taler, nachdem die gleiche Menge einige Zeit vorher nur 13 Taler gekostet hatte! An gleicher Stelle regt daher der Obersteiger Balster an, daß wegen Kohlenmangels „die vielfach öden Plätze der Eifel in Forst-Culturen umgewandelt werden. Daß dies geht, beweisen die Anlagen der Herzoglich Arembergischen Forstverwaltung“ (Bergamt Düren Nr. 54 folg. 136).

Damit war der Untergang der Eifelhütten besiegelt — sie waren gegenüber den Hütten an der Ruhr oder anderen verkehrsgünstiger gelegenen Hütten nicht mehr konkurrenzfähig.

Der Niedergang der Hütten bedeutete hier auch den Stillstand des Bergbaus.

Katalog und Karte

Die Karte ist ein Ausschnitt der TK 5407 Altenahr Die Ortsangaben sind entsprechend den Gitterlinlen in Rechtsund H och wert angegeben, und sind mit einem Planzeiger zu ermitteln (die drei letzten Zahlen sind die Angaben in Meter).

A. Feld Glücksthal 1805

1. Stollen „Silberbusch“ FN, ..Giesemich“ (r 64040, h 97700)
Belegung: kurz nach 1805, 1850/57, gegen Ende des 1. Weltkrieges bis 1922/23
Unternehmer Johann Schmits/Flamersheim 1805/43, Metallurgische Gesellsch. Stolberg 1843/52, Metallurg. Gesellsch. Bonn 1852/57 Förderung: keine
Links am Weg eine große Abraumhalde, rechts am Weg der halb verschüttete Stolleneingang. Im Stollen kurz hinter dem Eingang links eine große Kaverne, in der die Schmiede untergebracht war. Nach einer Länge von etwa 250 m Einbruch. Oberhalb der Abraumhalde am rechten Talhang Meilerplätze.

2. Silberbusch mit Pingenzug am südlichen Rand. Erwähnt 1852

3. Stollen in einer Weide, mit Gesträuch bewachsen (r 63500, h 97510) Belegung: vor 1852
Auch dieser Stollen ist in Richtung Silberbusch unter der Strafe vorgetrieben. Auf einem Acker südlich der Straße ist der Schwiegersohn von Herrn Franz Hupperich (Binzenbach) beim Pflügen mit dem Ochsen eingebrochen. Der Stolleneingang ist halb verschüttet, im Stollen steht Wasser.

4. Stollen „Alter Berg“ (Kohlberg) (r64500, h 97600)
Belegung: gegen Ende des 1. Weltkrieges bis etwa 1922/23
Unternehmer: „Stollberger ZinkVHüttengesellschaft Bad

Ems
Förderung: Zinkblende

Die Erze sind in Säcken verpackt zur Schmelzhütte in Braubach transportiert worden. Der Stolleneingang ist verschüttet, vor dem Stollen und auf der Abraumhalde steht ein Wochenendhaus.

5. Senkschacht „Alter Berg“ (etwa r 64380, h 97480]

Auf halber Höhe zwischen Bach und Anhöhe ein eingezäunter Schacht bis auf die Stollensohle.

Schürfgruben. Am gleichen Berghang, zwischen Stollen und Senkschacht, zieht sich ein etwa 100 m langer  Pingenzug hin, der mit Nr. 4 in Verbindung steht, aber wohl älter als Stollen und Schacht ist.

Meilerplätze. Am Hangfuß links und rechts des Stollens, ebenso links und rechts des etwa 150 m weiter westlich fließenden kleinen Baches, zahlreiche Meilerplätze. Von diesen Meilerplätzen kommt wahrscheinlich der FN „Kohlberg“ für den nördlichen Hang des „Alter Berg“.

6. Zinkerzbergwerk „Hürnigskopf“ (r 63980, h 96860)

Belegung: 1927 bis 1939/40

Unternehmer: „Stollberger Zink“/Hüttengesellschaft Bad Ems

Förderung: Zinkblende, 20 Tonnen pro Tag

Belegschaft: 40 Arbeiter unter und 30 Arbeiter über Tage.

Steiger N. Langenbach/Mutscheid, Arbeiter Andreas Zimmermann/Burgsahr, Mathias und Peter Weber, Fritz Halberg/Binzenbach

Arbeitszeit: 2 Schichten zu 8 bzw. 6 Stunden

Löhne: im Streckenbau 5,00 bis 5,5O Reichsmark pro Schicht

zu 8 Stunden, beim Schachtbau 6,00 Reichsmark pro

Schicht zu 6 Stunden

Abtransport der Erze: 7 Fuhrunternehmer mit 2spännigen

Pferdefuhrwerken (Ladekapazität 2,5 t) zum Bahnhof

Kreuzberg, von dort zur Hütte in Braubach.

B. Feld Hochthürmen 1851

1. östlicher Stollen (r 65080, h 98750) Belegung: 1851/57 und 1936/42 Förderung: Spatheisenstein, Bleiglanz, Kupfer Unternehmer: Bertram Spirlet, Betriebsführender Gewerbefabrikant zu Saarn und 11 Miteigentümer, darunter W. Beicken, der Eigentümer von „Saarsegen“; später ,,Stollberger Zink“

Der Stolleneingang halb verschüttet, im Innern ein weitverzweigtes Gangsystem. Der Befund entspricht dem Protokoll von 1852. “ .

2. westlicher Stollen, am Waldrand genau gegenüber Nr. 1 Belegung: 1851 Förderung: Bleiglanz Unternehmer: wie Nr. 1 Der Stollen ist verschüttet.

3. Kupferbergwerk Lanzerath (r 64800, h 00060) Belegung: 1851 und nach 1903 Unternehmer: wie Nr. 1 Förderung: Kupfererz (Malachit und Kupferkies)

4. Stollen mit Abzweig (r 64380. h 00060), gegenüber dem Umformer, keine sonstigen Daten bekannt. An den Stollenwänden Spuren von Malachit und Kupferkies (Kupfererze): am Ende des Abzweigs Spuren von mechanischen Bormeißeln

5. 2 Versuchsschächte am oberen südwestlichen Hang des Ginsterberges (etwa r 64350, h 97970) Die Schächte stehen wohl in Verbindung mit dem Stollen Nr. 4, da sie sich in seiner Verlängerung befinden. Die Schächte liegen nebeneinander, haben einen Durchmesser von ca. 8 m und eine Tiefe von ca. 6 m

6. 2 Stollen, etwa 50 m voneinander entfernt, am linken Hangfu mit Abraumhalde. Der südliche Stollen ist ganz, der nördliche halb verschüttet. Der nördliche Stollen ist 1940 angelegt worden, es fand jedoch keine Förderung statt. Unternehmer: „Stollberger Zink“, Leitung N. Strunk Arbeiter: u. a. Josef Groß und Anton Bungart/Binzenbach

7. Schürfgraben (etwa r 64400, h 98500). Am Ende eines kleinen Seitentales des „Dreiseifens“ zieht sich in südöstlicher Richtung den Hang hinauf bis zum Wochenendhaus-Gebiet ein etwa 50 m langer und 1,20 m bfeiter, aus dem Fels geschlagener Schürfgraben hin. Auf dem Plateau, wo sich das Wochenendhaus-Gebiet befindet, sollen sich einige

verfüllte Schächte befinden. Veilleicht steht der Schürfgraben mit diesen in Verbindung.

8. Ehemalige Bleischmelze (Haus Bungart) am. linken Sahrbachufer (r 64200, h 98290)

9. Meilerplätze

a) „Dreiseifen“ (r 64690, h 98900), etwa 80 m oberhalb der Vereinigung von 3 kleinen Bächen, den Weg längs des westl. Seitens nach, links am Weg (vom modernen Weg angeschnitten) und auf der anderen Bachseite je ein Meilerplatz. Etwa 50 m den Weg aufwärts ein weiterer Meilenplatz. Etwa 100 m weiter ein Vierter, etwa 25 m links vom Weg in einem lichten Buchenwald. An einigen größeren Holzkohlestücken ist zu erkennen, daß Buchenholz verkohlt wurde

b) (r 64560, h 98980) Etwa 250 Schritt oberhalb der o. a. Vereinigung der 3 kleinen Bäche, den mitlleren Seifen entlang links am Weg, der erste Meilerplatz einer Dreiergruppe. Die beiden anderen liegen 60, bzw. 100 Schritt weiter aufwärts.

c) Von b) etwa 300 Schritt weiter den mittleren Seifen hoch, an der Quellmulde, weitere 3 Meilerplätze. Einer links am Weg, die beiden anderen unmittelbar nebeneinander rechts des Baches liegend.

d) (r 65050, h 99300) Den gleichen Weg weiter hoch, etwa 80 Schritt oberhalb des 3. Platzes von c) ein Meilerplatz, weitere 80 Schritt aufwärts ein 2. Platz. Beide liegen links am Weg.

e) Binzenbacher Tal (r 64500, h 98900) Etwa 500 m oberhalb des Dorfes Binzenbach, am rechten Hang des Binzenbachs, 200 m einen kleinen, dort fließenden Seifen hoch, 1 Meilerplatz, 70 Schritte weiter aufwärts, oberhalb der Quellmulde, ein großer und ein kleiner Platz.

f) Tal des Hölzerner Bachs (r 6396O, h 98320), etwa 250 m westl. Binzenbach. Links und rechts des Weges 2 etwa 50 m voneinander entfernte Meilerplätze; am westl, Ende des Waldstücks, rechts am Weg 2 große Plätze.

g) (r 63060, h 98250) in einem Tal eines von Effelsberg herkommenden, in den Holzemerbach mündenden Seitens, links am Weg gegenüber den Fischweiern, 2 große, etwa 50 m voneinander entfernte Meilerplätze. Ein 3. Platz befindet sich 150 Schritt einen kleinen Nebenseifen hoch, der oberhalb der Fischteiche mündet.

h) (r 63720, h 98700) Etwa 200 m unterhalb Kirchsahr, in der Straßenkehre, links der Straße in einem aufgelassenen Steinbruch (?) 1 Meilerplatz Der Befund dürfte durch den Bau der Straße 1898 gestört sein.

C. Feld Saarsegen 1855
1. Versuch Axmacher/Pierath 1827/29 (etwa um r 65960, h 97780)
2. Stollen „Saarsegen“ (r 65500, h 96400)
Belegung: 1855/57 und 1906/08
Unternehmer: 1855 W. Beicken, 1906 „Stolberger Zink“ (?)
Förderung: unbekannt

Der alte Stollen liegt unterhalb des Weges, der neue Stollen von 1906 liegt mit seiner Abraumhalde oberhalb des Wegesund des Kleinen Seifen — er ist mit einem Gitter verschlossen.

Quellen: Alle angegebenen Quellen im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf

Für die Hilfe und Informationen, ohne welche dieser Artikel sachlich wesentlich „magerer“ ausgefallen wäre, danke ich den Herren Ignaz Görtz (Altenahr), Matthias Zimmermann (Burgsahr), Franz Hupperich, Mathias Weber, Erich Groß und Herrn Bungart (Binzenbach).