Aus dem Leben des Pfarrers Peter Josef Klein aus Hoffeld

VON BENEDIKT SCHNEIDER

Pfarrer Klein wurde 1768 in Hoffeld im kurkölnischen Amte Nürburg geboren. Hoffeld, heute noch eine kleine Eifelgemeinde mit etwa 360 Einwohnern, gehörte stets kirchlich zur Pfarrei Kirmutscheid. Die Eltern Peter Josef Mathias Klein und Apolonia geb. Ahrens besaßen einen landwirtschaftlichen Betrieb. Der Vater war außerdem im 7. und 8. Jahre der fränkischen Republik Maire (Bürgermeister) in Hoffeld. Bekanntlich hatte das republikanisch gewordene Frankreich durch Konventdekret vom 6.10.1793 den bis dahin geltenden gregorianischen Kalender beseitigt und das Jahr 1793 als Jahr l des neuen Kalenders bezeichnet. Die Jahre 7 und 8 der Republik waren also 1799 und 1800. Nach Ablösung der Republik durch das Kaiserreich Napoleons wurde durch Beschluß des Senates vom 9. 9. 1805 ab 1. 1. 1806 der alte Kalender wieder eingeführt.

Schon früh wurde Klein auf das Jesuitengymnasium nach Münstereifel geschickt, nach dessen Besuch er zur Universität in Köln ging und im Anschluß daran eine theologische Ausbildung im erzbischöflichen Seminar in Köln erhielt. 1792 zum Priester geweiht, setzte er danach noch l Jahr die Studien an der Universität Köln fort, kehrte dann vorübergehend in seine Heimat zurück, wo er in der Seelsorge aushalf, war dann als Vikar in Derendorf tätig und erhielt 1798 seine 1. Pfarrstelle in Denklingen im Oberbergischen Kreis. 1802 wurde er Pfarrer in Much und blieb daselbst bis zu seinem Tode am 11. 9. 1838.

Während seiner 36jährigen Tätigkeit in Much hat er die Zeit der französischen Herrschaft bis 1813 und den Übergang nach der Einverleibung nach Preußen miterlebt. Er war zeitlebens ein rastloser Arbeiter und dabei ein Mann, der stets gute Verbindung zu seiner Eifelheimat hielt. Die Kirche in Much sah bei seinem Amtsantritt im Innern ziemlich verwahrlost aus. Die voraufgegangenen Kriege, ständige Truppendurchmärsche, Einquartierungen und Kriegskontributionen hatten eine große Armut verursacht. Trotzdem gelang es seinem Eifer und seinem Fleiß, die Kirche neu ausmalen zu lassen, den Hochaltar und das Sakramentshäuschen neu zu renovieren und einen neuen Muttergottesaltar durch eine persönlich von ihm durchgeführte Hauskollekte zu beschaffen. Das Sakramentshäuschen, seinem ursprünglichen Zweck der Aufbewahrung der Hostien lange Zeit entfremdet, wurde neuerdings seiner früheren Bestimmung wieder zugeführt. Als 1805 im Auftrage der französischen Behörden die Altäre aus der ehemaligen kurfürstlichen Burgkapelle in Bonn versteigert wurden, kaufte im Einvernehmen mit Pfarrer Klein ein wohlhabender Bürger aus der Pfarrgemeinde, der Kleinhändler Gerhard Stümper aus Weeg, einen Altar des hl. Florian für die Kirche in Much. Auch gelang es Stümper, das Haupt des hl. Theodor für die Mucher Kirche zu erwerben. Zur Zeit wird diese Reliquie im Tresor in der Sakristei aufbewahrt, demnächst aber nach Beendigung der Ausbesserungsarbeiten an der Kirche wieder in der Innenwand der Kirche gegenüber dem Taufbecken zur Verehrung ausgestellt.

Da die Pfarrei zur damaligen Zeit den gesamten großen Bezirk der Gemeinde umfaßte, konnte die anfallende Scelsorge von dem Pfarrer allein nicht bewältigt werden. Das war auch dann nur unvollständig möglich mit Unterstützung des Vikars an der seit 1498 bestehenden St.-Antonius-Vikarie. Der schon mehrfach genannte Gerhard Stümper machte daher 1810 eine Stiftung für einen dritten Geistlichen (Kaplan). Die von Pfarrer Klein beantragte Genehmigung zu dieser Stiftung seitens der erzbischöflichen Behörde wurde erst nach jahrelangen Bemühungen erteilt. Erst 1838, als Pfarrer Klein krank und arbeitsunfähig war, wurde die Stelle des Kaplans mit dem früheren Privatgeistlichen Peter Held aus Wellerscheid besetzt. Dieser feierte in Much sein goldenes Priesterjubiläum und starb 1891.

Hoffeld (Eifel)
Foto: H. Esch

Außer der Wahrnehmung seiner geistlichen Funktionen interessierte sich Pfarrer Klein für das Volksschulwesen. Während der französischen Besatzungszeit bestand nur im Dorf Much eine staatliche Volksschule. In verschiedenen Orten der Pfarrgemeinde waren allerdings sogenannte Privatschulen vorhanden, deren Lehrer nur auf die kargen Einkünfte des Schulgeldes der Eltern und auf Freitische bei begüterten Bauern angewiesen waren. Zudem fand der Schulbesuch nur in den Wintermonaten statt, da in der übrigen Jahreszeit die Kinder in den bäuerlichen Betrieben der Eltern mithelfen mußten. Die preußische Regierung nahm sich der Schulbildung energisch an. Pfarrer Klein wurde als Schulpfleger bestellt. Er fand in dem von 1817 bis 1864 amtierenden Bürgermeister Josef Scherer aus Schmerbach bei Much einen verständnisvollen Mitarbeiter und Mitstreiter bei der Eröffnung weiterer staatlicher Volksschulen, die anfänglich gegen den Widerstand der Bevölkerung durchgesetzt werden mußten. Während seiner Amtszeit wurden neu eingerichtet bzw. Privatschulen in staatliche umgewandelt :

in Oberhausen 1816,
in Wellerscheid 1820,
in Hetzenholz 1822 und
in Ortsiefen (Marienfeld) 1828.

Haben wir uns nun bisher mit Pfarrer Klein in seinem Arbeitsbereiche als Pfarrer und als Schulpfleger bei der Förderung des Volksschulwesens befaßt, so wollen wir ihn auch in seinem Privatleben etwas näher kennenlernen. Seine Herkunft aus einer kleinen ländlichen Gemeinde hat er nie verleugnet. Die Verbindung zu ihr hat er stets gepflegt. Das ging schon daraus hervor, daß seine Haushälterin Anna Maria Reinardi, übrigens eine Verwandte von ihm, auch aus Hoffeld stammte. Sie versorgte seinen Haushalt schon in Denklingen und ging auch mit ihm nach Much. Hier heiratete sie jedoch einige Jahre später Peter Manz aus Kreuzerhof. Nach ihrem Weggang führte ihm die Schwester Anna Margaretha den Haushalt. An der Hochzeit eines Bruders von ihr, des Lehrers Simon Reinardi am 22. 12. 1824, nahm auch Pfarrer Klein teil. Das Aufgebot für diese Heirat, früher als Eheverkündigung bezeichnet, ist noch vorhanden. Diese soll nachstehend wegen der vor etwa 150 Jahren üblichen sprachlichen Gepflogenheit mitgeteilt werden: „Heute Sonntag, den zwölften December acht-zehnhundert vier und zwanzig habe ich Peter Josfeph Ramers, Beygeordneter des Amtes Aremberg, Beamten des Zivilstandes der Gemeinde Hoffeit, Kreis Adenau, Reg. Bez. Coblenz, um die Mittagsstunde mich vor die Haupt-thür meiner Kanzley begeben und zum ersten-mahl öffentlich bekannt gemacht, daß in ein Ehebündniss zu treten gesonnen sind, Simon Rheinardy dreyssig sechs Jahre alt, losledig, Schullehrer, geb. und wohnhaft zu Hoffeit, ehelicher und großjähriger Sohn des zu Hoffeit als Ackerer verstorbenen Johann Joseph Rheinhardy, und der noch lebenden, allda als Ackerin Anna Maria Backes einer Seits, sodann Anna Margaretha Sion zwanzig drey Jahr als losledig Dienstmagd, wohnhaft zu Hoffeit, geboren zu Müsch, großjährige Tochter der zu Müsch als Ehe- und Ackersleute verstorbenen Johann Xaverius Sion und Catharina Neihsen, anderer Seits. Diese Bekanntmachung wurde mit lauter Stimme deutlich abgelesen, an die Haupthür meiner Kanzley angeheftet und gegenwärtiger Akt aufgenommen. Antweiler ut Supra Ramers.“ Die 2. Verkündigung erfolgte am folgenden Sonntag, den 19. 12. 1824, in der gleichen Weise. Die kirchliche Trauung fand am 22. 12. 1824 statt.

Auch sein Schneider stammte aus Hoffeld. Er wohnte in Siegburg und starb daselbst am 6. 3. 1831. Folgende Rechnung von ihm ist noch erhalten geblieben:

„Herrn Pfarrer Klein, Hochwürdigster Herr zu Much.

Am 9. Aprill 1828 eine Hose geflickt und dazu eine Weste mit Futter neu ausgestattet, dafür l Th. 6 Gr. Peter Schneider.“ Als Pfarrer Klein 1838 starb, erbte einen Teü seines Nachlasses die letzte Haushälterin. Diese heiratete später den Witwer Wimar Stommel, Lehrer in Seelscheid. Ihren Lebensabend verbrachten beide in Guthmühle. Stommel starb am 13. 1. 1862 im Alter von 84 Jahren und seine Frau am 12. 10. 1865 im Alter von 71 Jahren. In dem heute noch im Familienbesitz Stommel befindlichen Haus ist noch ein Eckschrank aus dem Nachlaß von Pfarrer Klein vorhanden. Aber, was viel wichtiger ist, waren schriftliche Funde in einer Truhe aus dem Leben von Pfarrer Klein. Es handelt sich um eine Sammlung von Dienststempeln der verschiedensten Standesämter, beginnend in der französischen Zeit 1798 und endend in der preußischen Zeit etwa 1830, sowie einzelne aus dem Ausland. Leider war die Sammlung durch Mäusefraß zu einem großen Teil zerstört worden. Es ist mir aber mit mancher Mühe gelungen, aus der Zahl der nicht beschädigten Marken wieder eine kleine Sammlung zusammenzustellen, die am Schluß meiner Arbeit abgebildet ist. Aus vorhandenen, allerdings verstümmelten Notizen, geht hervor, daß Pfarrer Klein die Absicht hatte, eine Geschichte seines Heimatdorfes und seiner Bürger zu schreiben. Aus diesem Grunde mußte er sich an  zahlreiche auswärtige Standesämter um Auskunft wenden. Diese erhielt er denn auch unter Beidrückung der amtlichen Siegel. Allem Anschein nach ist er vor Beendigung seines Vorhabens gestorben, da nirgends, auch nicht in Hoffeld, eine fertige Arbeit von ihm zu ermitteln war.

Aber, auch die jetzt neu aufgeklebten Dienststempel sprechen eine interessante Sprache. Einmal legen sie dar, daß die Bewohner von Hoffeld auch schon vor 150 Jahren ihren Lebensraum nicht ausschließlich in der kleinen Gemeinde fanden, vielmehr zu einem erheblichen Teil in andere Gemeinden abwanderten und dort neue Familien und Existenzen gründeten. Dann aber vermitteln uns die einzelnen Dienststempel interessante Einblicke in das politische Leben der damaligen Zeit. Aufschlußreich ist, daß die in den linksrheinischen Gebieten 1798 errichteten Standesämter ihre Auskünfte nur auf amtlichen Papieren mit den eingedrückten Hoheitszeichen “ und den Gebührenbeträgen erteilten. Das war so während der Zeit der Republik, des Kaiserreiches und in der Übergangszeit (Generalgouvernement). Nur Preußen verzichtete auf sein Hoheitszeichen. Es begnügte sich mit dem Eindruck des Stempelwertes.

Während die französische Republik den Gemeinden weitgehend freie Hand ließ, die Gestaltung nach eigenem Ermessen mit und ohne Hoheitszeichen der Republik und mit Einfügung lokaler Abbildungen zu gestalten und nur die Mindestforderung der Anwendung der französischen Sprache stellte, änderte sich das schlagartig bei der Umwandlung von der Republik in das Kaiserreich von Napoleon. Ausnahmslos waren die Siegel mit dem Kaiseradler und ohne lokale Zusätze in französischer Sprache zu versehen. In der Übergangszeit 1814 bis 1815 trat dann vorübergehend ein großes Durcheinander zu Tage. Die amtlichen Papiere mit dem französischen Eindruck „Emp. Franc. 75 Ces“ mußten aus Papiermangel weiter verwandt werden. Sie erhielten, wie ersichtlich, zusätzlich einen Stempel „General Gouvernement des Mittel Rheins“. In einzelnen Fällen konnten die Verwaltungen überhaupt nicht mehr siegeln, da die Siegel abhanden gekommen waren (siehe Standesamt Barweiler, 1817 mit Antweiler vereinigt). Vielfach bezeichneten sich die Kommunalbehörden als „Bürgermeisterey“ und bezeichnen das Siegel als „Insiegel“. Münstereifel setzte sein Stadtwappen in das Siegel. Nur bei Ahrweiler fand ich schon am 11. 9. 1815 ein Siegel mit dem Hoheitszeichen Preußens und der Umschrift: Königlich Preuss. Bürgermeister Ahrweiler und Gelsdorf.

Ab 1816 erschienen dann die Siegel mit dem Hoheitszeichen Preußens. Aber immer war die Behördenbezeichnung noch sehr unterschiedlich. Es gab weiter Siegel mit „Bürgermeisterey“, mit „Bürgermeisterei“, mit „Königl. Preuss. Bürgermeister“, mit „K. P. Bürgermeisterei“, mit „Bürgermeisteramt“ und mit „Koenigl. Preuss. Bürgermeisteramt“.

Ein lesbarer Einzelgänger fand sich unter den Dokumenten, welche nicht eingeordnet werden konnten. Es war eine Bescheinigung über den Tod eines Soldaten vom 12. 4. 1774 aus dem damals preußischen Geldern. Aus diesem Dokument, dessen Zweck nicht mehr feststellbar ist, spricht ein Soldatenschicksal von vor nahezu 200 Jahren. Vermutlich ist die Mitteilung an die Angehörigen oder an das zuständige Pfarramt (Standesämter gab es noch nicht) geschickt worden. Vielleicht hat es auch Pfarrer Klein bei der Suche nach dem Verbleib von Gemeindeangehörigen in Hoffeld der Familie erhalten. Leider war kein Bild von Pfarrer Klein zu erhalten. Aber auch ohne ein solches läßt sich von ihm ein gutes Charakterbild erschauen. Für seine lebenslange Anhänglichkeit an seine Eifelheimat gebührt ihm unsere besondere Anerkennung, wenn es ihm auch wegen Arbeitsüberlastung und vielleicht auch später wegen Alter und Krankheit nicht mehr gelang, seine lobenswerte Absicht, eine Geschichte seines Heimatdorfes zu schreiben, zu verwirklichen.