Adelshöfe in der früheren Herrschaft Kempenich

Bernhard Koll

Der Grundbesitz des Adels, der im beginnenden 19. Jahrhundert auch in der Herrschaft Kempenich aufgelöst wurde, ist sehr umfangreich gewesen. Er ist allerdings nur ein Teil jener Rechte gewesen, die Adelige als Burgmänner der Herrschaft Kempenich für ihre Dienste erhielten, und die im Laufe der Jahrhunderte ihre eigentliche Bedeutung verloren. Die Auflistung der Lehnsinhaber, deren Besitztum, sowie die archivalische Überlieferung ist Gegenstand folgender Darlegungen. Wir beschränken uns dabei auf das geschlossene Gebiet der Herrschaft Kempenich mit den heutigen Gemeinden Kempenich/Engeln, Hausten/ Morswiesen, Hohenleimbach/Lederbach, Weibern/Wabern. Die Güter und Rechte der Herren von Kempenich außerhalb dieses Gebietes und der Teil Blasweiler/Beilstein bleiben ausgeklammert. Ausgeklammert bleiben auch die allodialen Güter (sie werden in einer späteren Abhandlung beschrieben). Nachdem Erzbischof Otto von Ziegenhain 1424 die Herrschaft Kempenich gewaltsam eingenommen hatte, gingen auch die noch zu beschreibenden Burglehen in den Besitz Kurtriers über. Aus diesem Anlaß wurde ein Verzeichnis der Güter aufgestellt; (Landeshauptar-chiv Koblenz Bestand 54 K, Nr. 130. Im folgenden abgekürzt LHAKo). Mit einem älteren Register (Ebenda Nr. 118; vgl. dazu auch Schan-nat-Bärsch, Eiflia Illustrata III, 1,1 S. 410-414 mit Lesefehlern), einigen jüngeren Aufstellungen (LHAKo 54 K Nr. 130) und dem Lehnbuch des Peter Maier von Regensburg (ebd. 701 Nr. 8) sowie den Lehnsurkunden läßt sich die Besitzgeschichte gut rekonstruieren. Aus der Zeit der Herren von Kempenich, also vor 1424, sind nur vier Lehen bekannt: Heidener Hof, Hof Wawer (Wabern), das Waver Frankengut und der Neuenhof zu Weibern. Die anderen Lehen sind wahrscheinlich erst nach 1424 aus anderen Lehnsstücken zusammengestellt worden. Einmal sind sie nicht in dem genannten Lehnsregister von 1424 aufgeführt; zum anderen werden sie während der Pfandherrschaft durch die Grafen von Virneburg (1436-1479 mit Unterbrechungen) nicht wie die älteren Lehen von diesen ausgegeben.

Hof zu Wabern

1341 Reinhart gt. Snys v. Kempenich verkauft seinem Oheim Johann Snysse v. Kempenich den Hof zu Wabern.

1425 Reinhard Sintz v. Kempenich ist Lehnsmann des Trierer Erzbischofs wegen aller seiner Güter in der Herrschaft Kempenich, des Hofes zu Wabern, der Hälfte des Zehnten zu Huysteden (Hausten) und Morchhusen (Morswiesen), genannt die Auwe. 1490-1806 v. Eltz, später v. Eltz-Rübenach. Cuno v. Eltz wird 1490 mit dem Hofe zu Wae-vern belehnt. Es scheint für das Haus Eltz die erste Belehnung gewesen zu sein; sowohl der heutige Urkundenbestand als auch ein Verzeichnis von 1808 kennen keine älteren Urkunden.

Aus der Zeit der Snitz v. Kempenich liegen keine Archivalien vor. Das Hauptstaatsarchiv Düsseldorf besitzt zahlreiche Lehnsurkunden dieses Hofes aus der Eltzer Zeit; Akten sind dagegen nicht erhalten. Das Findbuch aus der Zeit kurz vor dem Zweiten Weltkrieg hat sie noch verzeichnet, aber schon als fehlend ausgewiesen. Der Hof hat fast die Hälfte der Wa-berner Gemarkung ausgemacht. Er wies 1721 52 Morgen Ackerland, über 13 Morgen Wiesen und 17 Morgen Wildland auf. 1797 geht das alte Haus und die Hälfte des Hofes kaufweise an den Pächter M. Homann über. Eine Hofteilung und die Errichtung neuer Gebäude können daraus geschlossen werden. Die andere Hälfte wird 1806 an einen Amtmann Dahm verkauft.

Heidner Hof

1348 – 1497v. Rheindorf 1497 – 1665 Hausmann v. Namedy als Erben der v. Rheindorf. Der Hof wird verpfändet 1512 an Waldbott v. Bassenheim, 1516 an v. d. Reben, vor 1603 -1607 an Degenhard v. Metternich zu Brohl; dieser verpfändet den Hof zur Hälfte an das Kloster Laach. 1665 – 1700 v. d. Leyen zu Nickenich 1700 – 1834 Breidbach zu Bürresheim und deren Erben.

Die wesentlichen Archivalien über diesen Hof befinden sich im Bürresheimer Archiv im Landeshauptarchiv Koblenz. Geringe Reste aus der Zeit der Hausmann v. Namedy liegen ebenfalls im genannten Archiv. Im v. d. Leyen’schen Archiv auf Schloß Waal liegen Kellereiakten aus der Nickenicher Zeit; Abschriften daraus beinhaltet auch das genannte Bürresheimer Archiv. Von den anderen Besitzern konnten keine Archivalien gefunden werden. Reste des Rheindorfer Archivs liegen im Archiv Harff, jetzt Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, waren jedoch noch nicht zugänglich. Die Besitzungen stellten einen geschlossenen Bezirk um die Hofanlage herum dar. 1721 bestand er aus ca. 38 Morgen Ackerland, 8 Morgen Wiesen, auch noch zwei Wiesen in Morswiesener Gemarkung, 53 Morgen Wildland und 10 Morgen Wald, genannt der Heidener Busch. Der Hof wird 1834 von dem Pächter Stefan Schomiach für 6 650 Taler erworben.

Der Niederste Turm zu Kempenich

Dieses Lehen ist mit dem Heidener Hof verbunden. Zu diesem Lehen gehörte ein Damm, eine Wiese hinter der Pforte am Leyborn und ein Gehäus. Dieses Gehäus war bis 1438 ein Haus an der niedersten Pforte, genannt das Wirtshaus. 1438 erhält der Lehnsträger dafür den Niedersten Turm. Wir entnehmen daraus, daß Graf Ruprecht von Virneburg kurz vorher das Dorf neu befestigt hat. Niederste Pforte und Wirtshaus waren abgerissen worden; als Ersatz erhält der Lehnsträger den neu geschaffenen Niedersten Turm. Der Turm wird wohl nach dem Brand 1661 abgerissen worden sein, denn 1680 geht der Platz, genannt NamedyerTurm (Lehnsträger waren ja von 1497 – 1665 die Hausmann von Namedy), »gelegen beim Pfarrhaus«, in den Besitz der Kirche über und wird dem Pfarrgarten zugeschlagen.

Waver Frankengut

– 1415 Rinegin v. d. Heiden
1415 – 1469 Johann v. Kempenich, Bastardsohn des letzten Herren v. Kempenich, und seine Erben
1469 – 1518 Gramann v. Nickenich –
1518 – 1808 Waldboten von Bassenheim zu
Königsfeld bis 1767, dann die gräfliche Linie v. Bassenheim zu Bassenheim

Akten aus der Zeit Johanns v. Kempenich und seiner Erben fehlen ebenso wie aus der Zeit der Gramann v. Nickenich. Für die Bassenheimer Zeit liegen Archivalien im Landeshauptarchiv Koblenz.

Das Frankengut, später wird er Königsfelder Hof zu Kempenich genannt, hat, da 1503 auch ein Burgsitz zu Kempenich erwähnt wird, Hofgebäude gehabt. Auch sie dürften durch den Brand 1661 zerstört worden sein. Kurz danach (zwischen 1660 und 1700) wird der Bauplatz, wohl der alte Hofplatz an der gemeinen Straße genannt. 1764 darf ein Baltasar Grones auf einem Bongard dieses Hofes ein Haus bauen. Dies war auch den anderen Pächtern erlaubt worden. 1808 wird ein zu diesem Hof gehörender Garten »In der Engen Gasse« erwähnt. Der Hof besaß 1784 76 Morgen Ackerland, 17 Morgen Wiesen und 58 Morgen Wildland. Die Grundstücke waren in der gesamten Gemarkung Kempenich verteilt; die größte Ackerparzelle (11 Morgen) lag »Auf dem Vordersten Dali«; die größte Wiese (7 Morgen) lag »Auf der alten Zehntwiese«. Die größte Parzelle aber waren 46 Morgen Wildland »In Schwanenseifen«. Die Grundstücke werden 1807 und 1809 an die Gebrüder Weckbecker aus Münstermaifeld verkauft.

Neuenhof zu Weibern

vor 1404 – 1626 v. Mertloch gt. Neue
1626 – nach 1647 v. Soetern. 1626 hatte Kurtrier das Lehen als erledigt eingezogen, da niemand aus dem Hause v. Mertloch um Belehnung nachgesucht hatte.
1654 Johann Philipp v. Walderdorf
1655 – 1700 v. d. Leyen zu Nickenich
1700 -1721 v. Breitbach zu Bürresheim. Nach einem langjährigen Rechtsstreit mußten die v. Breitbach das Lehen 1721 an den v. d. Leyen-’schen Fideikommiß zurückgeben. 
1721 – 1800 v. d. Leyen, gräfliche Linie 

Das Archiv der v. Mertloch existiert wohl nicht mehr. Akten der Soeternschen Verwaltung, die im Landeshauptarchiv Koblenz aufbewahrt werden, sind aus dem Hof nicht überliefert. Die v. Soetern werden nach der Wahl Carl Caspars v. d. Leyen zum Kurfürsten von Trier nicht mehr belehnt und strengen deshalb einen Prozeß am Reichskammergericht an. Akten dieses Prozesses sind im Landeshauptarchiv Koblenz ebenfalls nicht überliefert. Für die Zeit der v. d. Leyen und Breitbach zu Bürresheim s. unter Heidner Hof. Das Waaler Archiv enthält außer Lehnsurkunden von 1717 bis 1777 offensichtlich keine Archivalien die den Neuenhof betreffen. Es gelang den Besitzern nicht, die Güter zu spezifizieren. Trier zieht daraufhin einen Teil des Hofes, nämlich Güter zu Engeln ein. 1781 finden wir die erste Verpachtung dieser Güter zu Engeln. 1801 wird das Gut in einer französischen Verpachtungsausschreibung Engelshoff genannt.

Die v. d. Leyen behalten aber die Güter zu Weibern, 1801 werden sie als ehemalige Besitzer dieses Hofes erwähnt. Obwohl der Hof noch im 18. Jahrhundert existierte, fand sich kein Verkaufsprotokoll über den Hofkomplex. Nach einer Beschreibung von 1712 führt oberhalb des Hofes ein Gemeindeweg vorbei. Der Hof besitzt um 1700 einen Pesch beim Hofhaus und einen Pesch genannt Zeipperpesch. 1721 besitzt der Hof zwei Parzellen im Zeipperpesch. Wir können davon ausgehen, daß einer davon der Hofpesch ist. Demnach ist der Hof am Ortsausgang nach Wehr zu suchen. Der Hof, der in den Akten Neffischer Hof (herkommend von den v. Mertloch gt. Neue oder Neve) oder Haferhof genannt wird, hatte seine Grundstücke in Engeler, Weiberner und Waberner Gemarkung. Das größte Ackerstück lag »Im krummen Acker« (1712 8 Morgen groß). Der gesamte Schladen-berg (1712 über 100 Morgen) war Wildland dieses Hofes.

Baumgartenlehen

1424 – Von dem Bongart genannt Dumgin Jakob v. d. Bongart dürfte 1424 der erste gewesen sein, der dieses Lehen erhält. Mit dem Lehen, einem Hof innerhalb der äußersten Pforte zu Kempenich, 6 Morgen Ackerland am Herrenberg und an dem Hofe zu Dickscheid, der Pastorswiese bei Wabern (die Flurnamen »Im Deumgesfeld und »In der Deumgeswiese« erinnern daran) und dem neuen Garten in dem Hain vor der Burg Kempenich, war auch die Pflicht verbunden, auf der Burg Kempenich zu wohnen. 1436 wird dem Lehnsinhaber der Hof abverlehnt, wofür ihm ein Hof in Mayen gegeben wird.

Mangels Quellen verliert sich bald (nach 1512) die Spur.

Die v. d. Bongart sterben wohl aus; 1524 wird ein anderes Baumgartenlehen als verfallen bezeichnet. Spätestens um diese Zeit wird das Lehen von Kurtrier eingezogen und an Bauern aus Weibern verpachtet (1620 erwähnt). Die äußerste Pforte zu Kempenich wird SQnst nirgends erwähnt. Wir können davon ausgehen, daß nach der Abverlehnung 1436 die’Hofstelle wieder vergeben wird. Neu taucht um diese Zeit aber nur das Rumschottellehen auf (s. Naunheimer Hof). Es ist möglich, daß die Hofstelle in dieses Lehen übergegangen ist.

Naunheimer Hof

1438 – 1511 v. Ruymschottel 1526-1541 v. Metternich mit den drei Muscheln
ca. 1600-1794 v. Metternich zu Winneburg und Beilstein

Das Metternicher Archiv, in dem auch Archivalien der v. Ruymschottel lagern, befindet sich im Prager Staatsarchiv. Der Hof wird im 18. Jahrhundert Naunheimer Hof genannt, wohl, weil er zeitweise seine Abgaben an die Kellerei in Naunheim ablieferte. Ende des 18. Jahrhunderts sind die Hofgebäude belegt; die Lage des Hofes war jedoch nicht zu ermitteln. Die Ländereien lagen in der Kempenicher Gemarkung verstreut. Das größte Ackerstück lag »Hinter der Lei« (6,5 ha); die größte Wiese mit fast 3 ha lag »Im Bintz«. Der Hof wird 1808 geschlossen verkauft, aufgeteilt und an Bauern veräußert. 

Burglehen Heier

1476 Martin v. Heier verlehnt an Johann Kolb, Schultheiß zu Kempenich, die Kiddelwiese unter dem Hain zu Kempenich. Die Kiddelwiese ist später ein Teil dieses Lehens, weshalb angenommen werden kann, daß Martin v. Heier zu dieser Zeit bereits das gesamte Lehen besitzt.

1481 Martin v. Heier verlehnt die Schäferei erblich. Über das gesamte Lehen sind wir erst 1521 informiert: Ein Haus neben der vordersten Pforte im Dorf zu Kempenich mit dem Garten, ein Feld vor dem Hane (Hain), der Wiesensumpf, das Gefild auf der Eiterbach, die Schäferei zwischen dem Wohlert und dem Broch, die Kiddelwiese, 3 Morgen Land am untersten langen Beutel und 1/2 Morgen Land am Klingelborn.

Die v. Heier (vgl. auch Hof Goldbach) werden erst um diese Zeit in Kempenich aktenkundig. Nachrichten über die Familie und das Lehen sind aber sehr spärlich. Sie haben im 16, Jahrhundert zeitweise den Hof Kaltenhausen besessen, auch dort gewohnt und sind Ende des 16. Jahrhunderts in den Hof Goldbach gezogen. Der größte Teil des Heierlehens geht noch im 16. Jahrhundert an Bauern verloren; der Rest wird zum Hof Goldbach geschlagen. Das Haus neben der vordersten Pforte ist nach einem Zeugenverhör 1588 verfallen. Es lag zwischen dem Backhaus und dem Goldbach. Zuletzt war es von Johann v. Weibern, der eine Schwester des Siegfried von Heier geheiratet hatte, bewohnt gewesen.

Hof Goldbach

1478 -1611 v. Heier 1
611 -1665 Hausmann v. Namedy. 
1665 -1700 v. d. Leyen zu Nickenich 
1700 – nach 1830 v. Breitbach zu Bürresheim Archivalien der v. Heier wurden nicht gefunden, für die anderen Besitzer s. bei Heidner Hof. 

Von dem Hof ist eine gute Besitzbeschreibung anläßlich der Besitzübernahme 1665 überliefert (LHAKo 54 B Nr. 3223). Danach bestand das Haus aus zwei Stockwerken, außer zwei Zimmern im Erdgeschoß war das Haus recht baufällig.

Mit dem beginnenden 18. Jahrhundert verfällt der gesamte Hof. Er lag an der vordersten Pforte vor dem Dorf zwischen der Straße und dem Goldbach. Die umfangreichen Besitzungen lagen in der Kempenicher Gemarkung verstreut. Das größte Ackerstück lag in der Flur »Am Jägersbaum« (10 Morgen). Neben der Kiddelwiese mit dem Heiligenhäuschen war fast das gesamte Tal des Goldbaches bis an das Gelände des Heidener Hofes Goldbacher Wiesen. Dem Hof klebten bestimmte Rechte an, die auf eine frühere Funktion als Mittelpunkt einer Grundherrschaft hindeuten. Zwei Höfe zu Lederbach (Wernersgut und Reichmannsgut), Steinrutschengut und Pflanzengut zu Spessart, vielleicht auch der Fürstenhof zu Spessart, sowie das Kurtenhöfchen gehören in diesen Zusammenhang.

Die Erinnerung daran geht sowohl hier als auch bei alten Rechten anderer Lehen verloren. Am Ende des 18, Jahrhunderts ist das Verhältnis zwischen Grundherr und den Bearbeitern der Ländereien, nach dem Verlust der Hofstelle waren es meist mehrere Pächter, ein fast reines Pachtverhältnis. Die französische Zeit hat auch diesem Verhältnis dann den Rest gegeben.