P. Theodor Bogler (1897 – 1968) – Maria Laach gedenkt eines großes Mönches

P. Theodor Bogler (1897-1968) Maria Laach gedenkt eines großen Mönches

P. Dr. Emmanuel v. Severus OSB

Am 10. April 1997 gedenken die Benediktiner von Maria Laach des 100. Geburtstags ihres Mitbruders P. Theodor Bogler. Vielseitig begabt und reich veranlagt, hat er selbst uns in seinen autobiographischen Büchern über seinen Lebenslauf unterrichtet.1) Unser Beitrag soll vor allem ein Zeichen des Dankes für seinen Dienst als Prior des Klosters in schwerer Zeit (1939-1948) sein. Die Vielfalt der Tätigkeiten, die P.Theodor nach seiner Entlastung vom Dienst des Priors auf sich nahm, ist freilich auch Spiegel einer spannungsreichen und in ihren Wendepunkten kaum voll einzuschätzenden raschen Entwicklung von Kirche und Welt. Der Ruf der Kirche und der Auftrag seines Abtes haben P.Theodor mehr als einmal in manchen Bereichen eingefordert, seine Kraft in dieser Entwicklung einzusetzen. Manches davon ist wenig bekannt und soll darum in unserer Würdigung erwähnt werden. P.Theodor hat nie verschwiegen, daß ihm gerade in seinen letzten Lebensjahren die eine oder andere Strömung im kirchlichen Leben unverständlich blieb. Aber er blieb sich und der Führung durch seinen Herrn und Erlöser, der ihn, den Protestanten und Kriegsfreiwilligen des 1. Weltkrieges 1925 in die katholische Kirche und 1927 in die Abtei Maria Laach geführt hatte, auch in allen Prüfungen treu bis zum letzten Atemzug. P.Theodor selbst und die Leser seiner Bücher haben stets die soldatische Prägung seines Wesens empfunden, und dies mit Recht. Eine kleine Bemerkung in seinem Bekenntnisbuch „Soldat und Mönch“ verdient jedoch darüber hinaus besondere Beachtung:

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PaterTheodor Bogler(1897-1968). 

Der junge Theo Bogler, Schüler des Realgymnasiums in Kassel, gehörte durch Jahre dem „Wandervogel“ an. Diese erste deutsche Jugendbewegung, die gerade 1913 auf dem Hohen Meissner ihre Ziele programmatisch formuliert hatte, vermittelte Theo Bogler nicht nur das ihr eigene Gefühl für das Leben der Natur in Gottes Schöpfung, sondern auch die für sie typische Aufgeschlossenheit in allen Vorgängen des geistigen und gesellschaftlichen Lebens. So konnte er auch eine sehr kurze Frankreichreise im Jahr 1965 als „Tagebuch einer Frankreichreise“ schildern, in dem er die kleinsten Beobachtungen ins Typische erhob und damit Voraussicht zeigte für den Wandel der Völkerbeziehung: Vom „Erbfeind“ zum Freund.

Theodor Bogler war ein schöpferischer Mensch im besten Sinne des Wortes. Er töpferte nicht nur, sondern zeichnete, malte und versuchte sich als Holzschneider. Aber er dichtete auch, organisierte Ausstellungen und suchte als Designer in seinen Arbeiten nach den Forderungen seines Lehrers W. Gropius auch stets den Fortschritt in der Beziehung der Kunst zur Technik. Dies alles füllte ihn nicht nur als Lehrling in der keramischen Werkstätte in Dornburg an der Saale 1920-1922 und später als Geschäftsführer der Steingutfabriken in Velten-Vordamm (1925) aus, sondern berief ihn auch in seinen Klosterjahren zum tüchtigen Verlagsleiter (1951 -1968) des Laacher Kunstverlages und der Kunstwerkstätten des Klosters. Aber er bewährte sich ebenso als Leiter der Restaurationsarbeiten an unserer Basilika von 1934 bis 1939 und wieder 1947-1956. Theodor Bogler wäre aber nicht Theodor Bogler gewesen, hätte er nicht wie schon einmal 1947 das historische Ereignis vor 850 Jahren in einem von ihm gedichteten Festspiel wieder aufleben lassen.

Nicht nur der Bauhauskeramiker brachte seine Erfahrungen ins Kloster Maria Laach und entfaltete sie dort aufs Schönste weiter. Auch der Soldat Bogler diente seinem Kloster mit Umsicht und Mut in schwerer Zeit. Im Januar 1939 mußte Abt l. Herwegen für das Kloster einen neuen Prior ernennen, der ihm in seinen vielfältigen Aufgaben als Helfer und verläßlicher Stellvertreter zur Seite stand. Seine Wahl fiel nach dem Rat der Brüder auf P. Theodor Bogler. Dieser war nach seiner Dienstzeit als Offizier im 1. Weltkrieg geradezu der geborene Adjutant. Dies galt nicht nur für die Leitung der Abtei und für die nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs sich oft wiederholenden Verhandlungen mit den militärischen Dienststellen der im Kloster untergebrachten Kriegs- und Reservelazarette. Das Schicksal der Klostergemeinde im zum Kriegsgebiet erklärten Land links des Rheins mußte bedacht werden. Was sollte geschehen. wenn die „Rückführung“ nach Mitteldeutschland angeordnet wurde, wie es im Jargon der Machthaber hieß? Wie sollte das Schicksal der Aufhebung des Klosters getragen werden, wie es sich im Frühjahr 1941 bedrohlich abzeichnete? Es ist nicht übertrieben, die organisatorischen Leistungen, den Mut und Einsatz P. Theodors in diesen kritischen Zeitläuften als unvergängliches Verdienst zu bezeichen. Er mußte hier auch oft für Mönche und Nonnen anderer Klöster handeln, denen Reiseverbot oder andere Behinderungen auferlegt waren. So schildert er selbst, nachdem ein erster Gang ihn nicht zum Ziel geführt hatte, seinen zweiten Gang in das Reichssicherheitshauptamt in den ersten Maitagen 1941, zu dem Abt Basilius Ebel von St. Matthias ihn beauftragt und ermächtigt hatte: Dessen Kloster war am 6. Mai aufgehoben worden, er und seine Mönche aber mit einem Reiseverbot belegt: „Nun hatte ich aber noch meinen zweiten Gang ins Sicherheitshauptamt anzutreten. Die Auskunft, die mir da erteilt würde, war auf dem Hintergrund der Auskunft des Innenministeriums besonders bedeutsam. Ich ging also wieder über die Hinterhöfe und an den Kellern vorbei und traf diesmal Regierungsrat R. sogleich an. Nach einiger Zeit des Antichambrierens wurde ich vorgelassen. R. war noch verhältnismäßig jung, vielleicht Anfang, höchstens Mitte der Dreißiger. Das Gesicht war wenig sympathisch. Er saß in einem schlecht beleuchteten Zimmer, inmitten von vielen Akten. Ich durfte ihm gegenüber Platz nehmen und wurde nach meinem Begehr gefragt. Darauf stellte ich zunächst die Fragen nach der Abtei St. Matthias, aus welchen Gründen sie aufgehoben worden sei, ob Berlin die Aufhebung veranlaßt habe. R. wurde etwas unsicher und fragte, wann die Aufhebung erfolgt sei. Als ich ihm sagte: „Vor vier Tagen“, bedauerte er, dann habe er das Aktenmaterrial noch nicht da. Im allgemeinen müßte jede Aufhebung eines Klosters von Berlin verfügt werden. Es könne aber schon einmal sein, daß eine solche Menge belastenden Materials zu Tage gefördert worden sei, dann hätten auch die örtlichen Stellen das Recht, unmittelbar zuzugreifen, sie brauchten Berlin dann nachher nur zu verständigen. Als ich einwandte, es sei doch merkwürdig, daß in einer Woche drei rheinische Benediktinerklöster aufgehoben worden seien, erklärte R., dann sei es eben so, daß bei allen drei Klöstern das beigebrachte Material die Aufhebung erfordert hätte. Darauf ich: wir können uns des Eindruckes nicht erwehren, es handle sich um eine allgemeine Aktion, die im Westen durchgeführt werde. Er versicherte wiederholt, davon könne gar keine Rede sein. Eine solche sei weder angeordnet, noch stehe sie zu erwarten. Aufgabe der Geh. Staatspolizei sei es lediglich, falls Unregelmäßigkeiten von einer Seite gemeldet würden, den Dingen nachzugehen, um dann das Entsprechende zu veranlassen. Ich stellte dann noch die Frage, ob von anderen Benediktinerklöstern Verfahren schwebten und nannte dabei uns selbst. R. wurde wieder etwas stutzig und behauptete dann, für uns selbst bestünde in ihrem Amt keine Akte. Was von dieser Aussage zu halten war, konnte man sich nach allem, was er mir erzählt hatte, denken. Jedenfalls stand sie im Gegensatz zu dem, was mir im Reichsinnenministerium gesagt worden war. Ich wußte nun, was die Uhr in Berlin geschlagen hatte, bereitete meine Rückfahrt vor und berichtete V. Abt in Laach, daß die Lage auch für uns außerordentlich ernst sei und jeden Tag mit einem Einbruch der Gestapo gerechnet werden könnte, was alsdann praktisch der Aufhebung gleich käme.“

P.Theodor organisierte für alle Fälle sorgfältig das Notwendige: Jeder Mönch wußte, wohin er im Falle des Verlassens von Maria Laach gehen könne, welche Arbeit er künftig zu verrichten habe und er sorgte für seine Ausstattung mit Zivilkleidern. Daß Maria Laach von diesem Schicksal verschont blieb, verdankt es der be-ziehung P.Theodors zu dem wohl im April 1945 von den Nazis ermordeten General derArtillerie Friedrich von Rabenau, wie P.Theodor in seinem Buche „Suche den Frieden und jage ihm nach“ geschildert hat.2) P. Theodor gibt selbst an, daß es über den Anfang seiner Freundschaft mit diesem hohen Offizier, aufrechten und glaubensstarken Christen verschiedene Berichte gibt. Der Schreiber dieser Zeilen glaubt sich an eine Gesprächsmitteilung P.Theodors zu erinnern, daß General Friedrich von Rabenau in seinen Überlegungen über die Seelsorge für die Soldaten der Reichswehr und des Heeres erstmals mit dem Soldaten und Mönch Theodor Bogler Kontakt aufgenommen habe.3) In Maria Laach unter Abt Herwegen zu leben, bedeutete auch lebhaft am liturgischen Apostolat, der Liturgiewissenschaft und der liturgischen Erneuerung teilzunehmen. Dies ergab sich für P. Theodor seit 1943 an sehr entscheidender Stelle. Selbst durch sein sich erstmals zeigendes Krebsleiden und die Kriegsverhältnisse behindert, beauftragte ihn 1943 Abt Herwegen, die Abtei in der „Liturgischen Arbeitsgemeinschaft beim liturgischen Referat der Deutschen Bischofskonferenz“ zu vertreten, wie dieser Arbeitskreis umständlich seine Daseinsberechtigung in diesem Krisenjahr formulierte. Außer den notwendigen Kontakten, die Pater Theodor in diesem Kreis zu den führenden Liturgiewissenschaftlern gewann, konnte er der Öffentlichkeit auch drei Ergebnisse seiner Arbeit vorlegen: Die Gründung der Zeitschrift „Liturgie und Mönchtum“ 1948 als Herausgeber, das Buch „Liturgische Erneuerung in aller Welt“4) und die Edition des deutschen Meßbuches von Chritopherus Flurheym 1964.5) Daß Theodor Bogler nach dem Zweiten Vatikanum in die Arbeitsgruppe berufen wurde, welche die Neuausgabe des Pontifikale Romanum, des Ritenbuchs für die den Bischöfen vorbehaltenen liturgischen Handlungen enthält, war nicht nur ein Arbeitsauftrag, sondern auch Anerkennung.

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Theodor Bog/er, Gefäße. Ausführung: Staatliche Majolikamanufaktur Karlsruhe.

P. Theodors Persönlichkeit ist nicht ganz gekennzeichnet, wenn wir ihn nicht noch kurz als Seelsorger würdigen. In diesem Wirkungsbereich war ihm seit 1938 eine äußerst wichtige Gruppe der klösterlichen Gemeinschaft anvertraut: die nach damaligen vorkonziliaren Kirchenrecht als Laienbrüder bezeichneten Mitglieder, die nicht Priester waren. P. Theodor entfaltete in diesem Dienst neben seinen zahlreichen anderen Aufgaben in der Abtei vor allem eine väterliche Autorität. Sie trug ihm das Vertrauen der Brüder in einem Maße ein, die weit über bloße Anhänglichkeit hinausging. Die Menschenkenntnis des alten Soldaten, das Selbstbewußtsein des Handwerkers, der er als Keramiker immer blieb, die ungewollte, aber natürliche Vorbildlichkeit seines Wesens gewann ihm die Herzen. Dazu kam eine glänzende und humorvolle Erzählergabe. Er konnte nicht ahnen, daß er diese Gaben bald in ganz anderen Bereichen einsetzen mußte: als Lazarettpfarrer 1939 bis 1945, vor allem nach Kriegsende in den Gefangenenlagern für Generale und Admirale der Wehrmacht in Allendorf bei Marburg a.d. Lahn und Landsberg/Lech. Wenn es in Landsberg auch nur auf brieflichem Wege möglich war – das reiche Dossier an Briefen aus beiden Lagern befindet sich im Archiv der Abtei. Th. Boglers Seelsorge war persönliche Hilfe, aber sie war stets auch Sinnstiftung in einer Welt von Trümmern in der äußeren Umwelt, kaum zu beschreibender Leiden in den Herzen. Auch sein Wirken als Seelsorger bei den Benediktinerinnen vom Heiligen Kreuz in Herstelle a.d. Weser 1949-1951 muß hier genannt werden.

Im letzten Buch, das wir P. Theodor verdanken, hat er im Schlußkapitel ein aufrüttelndes Zeugnis für sein und seiner Brüder Ringen um das Selbstverständnis des Mönchtums in der ersten Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils abgelegt.6) Er sagt von sich, dieses Mönchsleben, das ganz anders verlief, als er sich es 1927 vorstellte, habe sich gelohnt. 100 Jahre nach Theodor Boglers Geburt ist dies ein Wort der Hoffnung für seine Brüder, denen er in seinem Klosterleben so vorbildlich gedient hat. Damit hat er auch den suchenden Christen in der Kirchenverdrossenheit der Gegenwart die Antwort auf die Frage nach ihrem Miteinander- und Füreinanderleben gegeben: Im Frieden mit Gott, mit den Menschen und sich, für den der Prophet des Alten Bundes uns das Bild des kraftvoll strömenden Flusses geschenkt hat.7)

Anmerkungen:

  1. s. Theodor Bogler, Soldat und Mönch. Ein Bekenntnisbuch Köln: J.P, Bachen 1936. 360 S,. Neubearbeitung; Theodor Bogler, Ein Mönch erzählt, Honnef: Peters 1959. Theodor Bogler. Suche den Frieden und jage ihm nach. Recklinghausen: Paulus Verlag 1964. 330 S.
  2. Theodor Bogler. Suche den Frieden 89 f.
  3. Verfasser hofft, die Bnele von Rabenaus an P.Theodor Bald veröffentlichen zu können 
  4. Liturgische Erneuerung in aller Welt. Ein Sammelbenchl, Maria Laach; Ars liturgica 1950. 
  5. Deutsches Meßbuch von Chnstopherus Flurheym. Alle Kirchen gesang vnd Gebeth des gantzen jars. Faksimkile-Ausg. In Verbindung mit R. Bellm. Maria Laach; Ars lilurgica 1964 
  6. 11. 10.1964-8.12.1964 
  7. Jes. 66.12