Die Kreise Ahrweiler und Adenau in der Mitte des 19. Jahrhunderts – Aus den Kreisstatistiken für die Jahre 1859 – 1862

Die Kreise Ahrweiler und Adenau in der Mitte des 19. Jahrhunderts

Aus den Kreisstatistiken für die Jahre 1859-1862 

Leonhard Janta

 Im Jahre 1859 wurden die Königlichen Land rate vom preußischen Innenministerium zur Vorlage einer statistischen Darstellung ihrer Kreise aufgefordert. Der Ahrweiler Landrat Rudolf Felix August v. Groote (1859-1889) legte daraufhin im Juli 1863 eine 64 Seiten umfassende „Statistik des Kreises Ahrweiler“1) vor. In ihr wird der damalige Kreis Ahrweiler in 25 Kapiteln ausführlich beschrieben. Dabei hält sich Landrat v. Groote weitgehend an die Anleitungen des „kgl. statistischen Bureaus“ und verschiedene Handreichungen für „kreisstatistische Ausarbeitungen“.2)

Dies gilt auch für seinen Amtskollegen im Kreis Adenau, Landrat Johann Adam Anton Fonck (1848-1867), der die „Statistik des Kreises Adenau 1859-1861 „3) von 54 Seiten bereits im Dezember 1862 abgeschlossen hatte. Beide Kreisstatistiken liefern mit kleinen Abweichungen im Aufbau ausführliche Informationen zu folgenden Themen:

 1. Territorium, 2, Phy Biographische Skizze, 3. Klimatische Verhältnisse, 4. Bevölkerung, 5. Ab- und Zugänge der Bevölkerung, 6. Geburtsund eheliche Verhältnisse, 7. Gesundheits- und Sterblichkeitsverhältnisse, 8. Wohnplätze, 9. Gebäude, 10. Grundeigentum, 11. Acker- und Weinbau, 12. Bergbau und Hüttenwesen, Fabrik- und Handwerksindustrie, 13. Handel und Verkehr, 14. Land- und Wasserstraßen, 15. Verhältnisse der arbeitenden Klassen, Abwehr der Verarmung, 16. Wohltätigkeit und Armenpflege, 17. Polizei- und Gefängniswesen, 18. Sanitäts-Anstalten, 19. Kirchliche Angelegenheiten, 20. Unterrichts-Angelegenheiten, 21. Zivil- und Kriminal-Justiz, 22. Militär-Verhältnisse, 23. Staats- und Provinzial-Abgaben, 24. Kreisverwaltung und Kreishaushalt, 25. Gemeindeverwaltung und Gemeindehaushalt.

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Landrat von Groote (1859-1889), Verfasser der Statistik des Kreises Ahrweiler.

Das statistische Material wird von den Landräten z.T. kommentiert und zusätzlich durch zahlreiche Einzelbeobachtungen ergänzt, so daß wir einen guten Einblick in die damaligen Lebensverhältnisse in den Kreisen Ahrweiler und Adenau erhalten.

Bevölkerungszahlen

1861 hatte der Kreis Ahrweiler 34036 Einwohner, davon lebten 8304 in den Städten Ahrweiler (3701), Remagen (2670) und Sinzig (1937); 25728 Bewohner hatten die Landbürgermeistereien Ahrweiler (3078), Remagen (3119), Sinzig (1909), Altenahr (3938), Gelsdorf (5307), Königsfeld (4394), Niederbreisig (3983). Nach der Religionszugehörigkeit aufgeschlüsselt umfaßten die insgesamt 7533 Haushalte 32687 Katholiken, 797 evangelische Christen und 552 Juden.

Der Kreis Adenau zählte 1861 22170 Seelen in 4790 Haushalten, wobei sich die Bevölkerung auf 6 Bürgermeistereien des Kreises, der keine Städte aufwies, folgendermaßen verteilte:

Adenau (5462), Aremberg (4288), Brück (2564), Kelberg (3770), Kempenich (2460), Virneburg (3626).  Im Kreis Adenau gehörten 22123 Einwohner der katholischen Kirche an. Es gab nur 42 evangelische Christen und 5 Juden. Beide Kreise konnte im Berichtszeitraum eine Zunahme an Einwohnern melden. So verzeichnete der Kreis Adenau von 1858-1861 einen Zuwachs um 451 (von 21719 auf 22170); der Kreis Ahrweiler sogar um 674 Menschen (von 33 362 auf 34036). Hauptursache waren der Geburtenüberschuß, aber auch verstärkte Zuzüge, z.B. im gerade aufstrebenden Heilbad Neuenahr.

Von 1855 bis 1862 wanderten aus dem Kreis Ahrweiler 364 Personen legal nach Amerika aus. Landrat v. Groote geht zusätzlich noch von etwa 10 Personen pro Jahr aus, die das Land auf „ungesetzlichem Wege“ verlassen hatten. (v. Groote, S. 9.)

Den wirtschaftlich schwächeren Kreis Adenau hatten allein 1842 486 und 1846 449 Personen verlassen, von 1855-1861 waren es 694 Untertanen. Allerdings emigrierten 1859 nur 6, 1860 15 und 1861 29 Bürger. Ziel aller Auswanderer war Amerika.4)

Ehen und Geburten

Auf 837 eheliche Geburten kamen 1859 im Kreis Adenau 18 uneheliche, 1860 auf 775 23, 1861 auf 773 19. 1860 wurden 155 Ehen geschlossen, 1861 160. Konfessionell gemischte Ehen existierten höchst selten. Das Heiratsalter der Männer lag durchschnittlich bei 25 bis 32 Jahren. Zur „Sittlichkeit“ der Kreisbewohner bemerkte Landrat Fonck: „Thatsächlich getrennte Ehen und Konkubinate kennt der Kreis eben so wenig als Personen, welche gewerbsmäßig der Unzucht nachgehen.“ (Fonck, S. 10.)

Für den Kreis Ahrweiler galt dies mit kleinen Einschränkungen gleichermaßen: „Concubinate und losere eheliche Verbindungen kommen nur höchst selten vor. Dasselbe gilt von dem Vorkommen und dem Umfange der gewerbsmäßigen Unzucht, welche von einigen meist außerhalb des Kreises verliederlichten Frauenzimmern ausgeübt wird.“ (v. Groote, S. 13.)

Die Anzahl der unehelich geborenen Kinder war jedoch ebenfalls gering. Auf 656 Geburten kamen von 1859-1862 nur 20 uneheliche Kinder. Erschreckend hoch war allerdings die Kindersterblichkeit in beiden Kreisen. Von den durchschnittlich 876 Todesfällen der Jahre 1858 und 1861 hatten im Kreis Ahrweiler 355 Kinder das dritte Lebensjahr noch nicht erreicht. Im Kreis Adenau befanden sich unter den 552 Verstorbenen des Jahres 1860 237 Kinder unter drei Jahren. Nicht eingeschlossen sind hierin die Totgeburten.

 Medizinische Versorgung

Gemessen an heutigen Maßstäben war die medizinische Versorgung geradezu katastrophal. 1861 praktizierten im Kreis Adenau 3 Ärzte und 1 Tierarzt, außerdem gab es einen „Heilgehülfen“ und 21 Hebammen. Eine Apotheke versorgte 22170 Einwohner, für die noch kein Krankenhaus zur Verfügung stand.

Etwas günstiger sah es im Kreis Ahrweiler aus, wo 9 Ärzte eine Praxis unterhielten, außerdem noch 2 in Neuenahr wohnende Mediziner. Auch hier werden zusätzlich noch ein „Heilgehülfe“ und ein Tierarzt aufgeführt. Apotheken bestanden in Ahrweiler, Remagen und Niederbreisig. Auch konnten im Kreis Ahrweiler ebenfalls 21 Hebammen in Anspruch genommen werden. Für Kranke standen außerdem verschiedene kleine Krankenanstalten zur Verfügung, darunter auch eine Armen-Krankenheilanstalt in Ahrweiler.

 Wohnplätze und Wohnungen

Der Kreis Ahrweiler umfaßte 1861 3 Städte (Ahrweiler, Remagen, Sinzig), 3 Flecken (= größere Dörfer: Niederbreisig, Oberwinter, Altenahr), 73 Dörfer (bestehend aus acht und mehr Häusern), 15 Weiler (= drei bis acht Wohngebäude) und 77 Einzelhöfe.

Ein größerer neuer Wohnplatz war das sich seit 1857 schnell entwickelnde Bad Neuenahr. Insgesamt ergab die Zählung der Gebäude im Kreis Ahrweiler 221 öffentliche Gebäude, hierzu gehörten 80 Gotteshäuser, 61 Schulen, 3 Armen-, Kranken- und Versorgungshäuser, 3 Gebäude der Staatsverwaltung und 74 der Ortspolizei- und Gemeindeverwaltungen.

Von den 16398 Privathäusern waren 6315 Wohnhäuser, 109 Fabrikgebäude und Mühlen sowie 9974 Ställe, Scheunen und Schuppen. Durchschnittlich lebten 4-6 Bewohner in einem Haus. Zur Beschaffenheit der Wohnungen erfahren wir: „In den Landgemeinden sind die Wohngebäude ein- und zweistöckig. Erstere enthalten 1 bis 3 Stuben im unteren Stock nebst Küche und Keller und im oberen Stock 2 bis 4 Kammern. Die Wirtschaftsgebäude, bestehend aus Scheune, Stallung, Remise (in den Weindistricten gewöhnlich Kelterhaus) sind in der Regel an das Wohngebäude angelehnt und schließen zusammen den Hofraum ein. – In der Stadt Ahrweiler sowohl als in den Städten Remagen und Sinzig sind über die Hälfte der Gebäude ländliche.

Die vorhandenen Gebäude sind namentlich in den Eifeldistricten der größten Mehrzahl nach von sehr leichter und einfacher Bauart und fast durchweg in Holz mit Lehmfachwerk aufgeführt; Strohdächer, welche in den übrigen Districten fast verschwunden sind, bilden dort noch die Regel. Die innere Einrichtung der alten Häuser läßt im Allgemeinen im ganzen Kreise viel zu wünschen übrig. Die Neubauten werden weit solider als früher aufgeführt, und es herrscht ein besserer Sinn für bequeme, helle, gesunde Wohnungsräume, für zweckmäßige, gesunde Stallungen und Massivbau von Bruch- oder Ziegelsteinen. Auch in den ärmeren Gegenden werden die neuen Häuser in der Regel zweistöckig errichtet und wenigstens der untere Stock massiv. Ferner wird fast nur Ziegelbedachung angewendet und in der inneren Einrichtung sind Fortschritte unverkennbar. – Das Baumaterial an Mauersteinen wird in den Gemarkungen selbst gebrochen, Mauerziegeln werden ebenfalls im Kreise gebrannt, hauptsächlich am Rhein, von wo auch vielfach das nöthige Holz, namentlich Tannenholz, von Häusern bezogen wird.“ (v. Groote, S. 19.)

Zur Brandverhütung war der Kreis in Kehrbezirke eingeteilt. Von einer organisierten Feuerwehr konnte noch nicht gesprochen werden. Insgesamt verfügten die Gemeinden zur Brandbekämpfung über folgende Feuerlöschgeräte:

51 Feuerspritzen, 10 Handspritzen, 249 Hacken, 5005 lederne Eimer und 205 Leitern. Die meisten ländlichen Gebäude waren bei der „Rheinischen Provinzial-Feuer-Societät“ versichert. An den katholischen Kirchen von Ahrweiler, Kirchdaun, Gedingen sowie Königsfeld wurden erste Blitzableiter angebracht, ebenfalls auf dem Kloster Calvarienberg.

Der Kreis Adenau wies 1861 4 Flecken (Adenau, Aremberg, Kelberg und Virneburg) auf, hatte 104 Dörfer, 24 Weiler und „78 einzeln liegende Etablissements“ (Fonck, S. 12.)

Von den insgesamt 14244 Gebäuden waren 242 öffentliche Bauten (116 Gotteshäuser, 62 Schulen, 64 Verwaltungsgebäude) und 14002 private Häuser. „Die Wohngebäude bestehen in der Regel aus dem auch als Küche benutzten Flur mit offenem Herde, einem, höchstens zwei heizbaren Zimmern und einigen Kammern. Das gemeinschaftliche Wohnzimmer dient zugleich als Schlafzimmer. Zimmer und Kammern sind klein und niedrig.

Die Privatgebäude sind in den Dörfern und Weilern durchgehends in Holz mit Lehmfachwerk aufgeführt. Massive Privathäuser haben in größerer Zahl fast nur die Flecken Adenau und Kelberg, dann auch die Dörfer Kempenich und Weibern aufzuweisen.

Der überwiegend größte Theil, wohl an 90 bis 95% der Privatgebäude ist mit Stroh gedeckt.“ (Fonck, S. 13.)

 Landnutzung

Die landwirtschaftliche Struktur der Kreise wird durch die Flächennutzung verdeutlicht:

 Kreis Adenau (Fonck, S. 14)

Ackerland 45693 Morgen
Gärten 372
Weinberge107
Wiesen14839
Weiden42049
Schiffelland37340
Holzungen65370
Ödland1955
Gebäudeflächen657
Torfstich85
Wege und Bäche6457
 214924 Morgen

Kreis Ahrweiler (v. Groote, S. 22)

Weinberge4529 Morgen
Gärten, Obstplantagen1050
Ackerland 50182
Wiesen6366
Weiden17852
Waldungen57424
Steinbrüche/Bergwerke195 
Häuser und Höfe518
Wege u. öffentl. Gewässer6084
Unland1176
 145376 Morgen

Land- und Forstwirtschaft

Die Bevölkerung lebte überwiegend von der Landwirtschaft. Im Kreis Ahrweiler waren das 6167 Selbständige im Acker- und Weinbau sowie 16159 helfende Familienangehörige.

Zwei Pächter und 2699 Landwirte mit 9261 Frauen, Kindern und Angehörigen hatten Haupterwerbsbetriebe im Kreis Adenau.Hinzu kamen noch 631 Landwirte mit Nebenerwerbsbetrieben und 18 Pächtern. 2520 Familienangehörige halfen bei der harten Feldarbeit. Erschwert wurde die Bearbeitung durch die große Bodenzersplitterung aufgrund der realen Erbteilung.

Während im Kreis Adenau die Dreifelderwirtschaft noch allgemein üblich war, herrschte im Kreis Ahrweiler auf der Grafschaft und in den Tallagen schon die Wechselwirtschaft vor, auf den Eifelhöhen jedoch auch Dreifelderwirtschaft. Die natürlichen klimatischen Voraussetzungen und die unterschiedliche Bodenqualität bedingten ein großes Gefälle zwischen den benachteiligten Höhengebieten und der fruchtbaren Grafschaft, dem unteren Ahrtal und Rheintal. In den Höhengebieten konnte in guten Jahren gerade der Jahresbedarf an Frucht und Kartoffeln erzeugt werden. Dagegen erzielten die bevorzugten Gebiete durchweg Überschüsse.

Neuerungen in der Landwirtschaft, Kunstdünger, Maschineneinsatz, Drainagemaßnahmen begannen sich erst langsam durchzusetzen. Vielfach scheiterten solche Verbesserungen jedoch an den fehlenden Mitteln. Die umfangreichen Waldungen in beiden Kreisen bedurften intensiver forstwirtschaftlicher Maßnahmen, da sie sich aufgrund schlechter Bewirtschaftung z.T. in einem kläglichen Zustand befanden.

 Industrie, Handwerk, Handel und Verkehr

Im Kreis Adenau waren 17 Bergwerkskonzessionen erteilt worden, (7 auf Eisenerz, 5 auf Bleierz, 3 auf Kupfererz, 1 auf Zinkerz, 1 auf Braunkohle), jedoch erzielten diese Bergwerke nur geringe Ausbeute, so daß sie keinen nennenswerten Wirtschaftsfaktor darstellten.

Zahlreiche kleinere Steinbrüche lieferten die notwendigen Bausteine. Der Basaltabbau in Remagen (Scheidskopf), Unkelbach (Domkopf) und Oberwinter (Unkelstein) bot bis zu 100 Arbeitern eine regelmäßige Beschäftigung. Die Mineralwasserabfüllung und der Mineralwasserversand aus Neuenahr expandierten.

Insgesamt spielten Industriebetriebe eine nachrangige Rolle.

Aufgeführt werden in den Statistiken einige längst untergegangene Erwerbszweige: Webereien für Baumwolle und Leinen, Strumpfwebereien, Färbereien, Kalkbrennereien, Ziegeleien, Ölmühlen, Lohmühlen, Pottaschsiederein, Krautfabriken, Essig- und Holzessig-Fabriken, Bierbrauereien, Traßmühlen, Schrauben- und Nietenfabrikation.

Ebenfalls werden eine ganze Reihe heute kaum noch vorkommender Handwerksberufe genannt, die damals überwiegend für den örtlichen Bedarf arbeiteten: u. a. Fischer, Pumpenmacher, Lichterzieher, Stellmacher, Schiffszimmerleute, Kupferschmiede, Wollstrecker, Weber, Seiler, Tuchscherer, Färber, Gerber, Putzmacherinnen, Hutmacher, Mützenmacher, Böttcher, Löffel- und Leistenmacher, Korbwarenmacher, Regenschirmmacher, Bürstenbinder, Köhler, umherziehende Schauspieler, Abdecker.

„Als ein besonderer Gewerbzweig ist anzuführen die Bereitung von Zunderaus Baumschwämmen. Es beschäftigen sich hiermit 8 Familien, davon 5 in Dümpelfeld, 2 in Schuld, 1 in Hönnin-gen. Die rohen Baumschwämme werden meistens direct aus Ungarn bezogen. Der fertige Zunder, etwa 30 Centner pro Jahr, wird auf den Märkten verkauft.“ (Fonck, S. 31.)

Haupthandelsware an der Ahr war Wein. 20 Weinhändler im Ahrtal und 18 am Rhein sorgten für seinen Verkauf.

Landwirtschaftliche Produkte wurden auf Wochenmärkten in Ahrweiler, Remagen und Oberwinter abgesetzt. Insgesamt gab es 1861 im Kreis Ahrweiler „51 Kaufleute, welche Handelsgeschäfte ohne offene Läden betreiben, mit 13 Gehülfen; 320 Kaufleute und Krämer, welche offene Läden halten, 103 Hausirer, Lumpensammler ec., 19 Mäkler im Kleinhandel, Auctionatoren, Commissionäre.“ (v. Groote, S. 39.) Jährlich fanden 23 Kram- und Viehmärkte statt:

Ahrweiler 7, Calenborn 4, Königsfeld 3, Nie-derbreisig 4, Remagen 3, Sinzig 2. Der Kreis Adenau hatte sogar jährlich 41 Kram- und Viehmärkte: Adenau 10, Quiddelbach 3, Reiffer-scheid 1, Antweiler 1, Barweiler 3, Nohn 2, Hönningen 1, Kelberg 9, Meuspath 1, Uersfeld 3, Ueß 1, Hannebach 1, Kempenich 2, Morswiesen 1,Mannebach 2. (Fonck, S.32.)

Aufgrund seiner reizvollen Landschaft am Rhein und der Ahr sowie wegen der Heilquelle in Neuenahr konnte der Kreis Ahrweiler schon damals einen stattlichen Fremdenverkehr aufweisen. 224 Gastwirtschaften standen Gästen und Einheimischen zur Verfügung, im Kreis Adenau116.

Zu den Trinkgewohnheiten stellt Landrat v. Groote fest: „Unter der Arbeiter-Bevölkerung ist das beliebteste Getränke der im Kreise selbst bereitete Trester- und Pflaumen-Branntwein. Diese nicht ungesunden Branntweinsorten werden jedoch, natürlich mit einzelnen Ausnahmen, nur in kleinen Quantitäten genossen, gewöhnlich zur Stärkung vor oder während der Arbeit und in Verbindung mit einem Stückchen Brot. Gewohnheitsschnapssäufer sind selten. Im Übrigen wird in den Schänken theils hiesiges, theils Neuwieder und Andernacher Bier comsumirt, in den wenigen Wirthshäusern der Eifeldistricte auch Apfelwein.“ (v. Groote, S. 40.) An der Rheinschiffahrt hatten 23 Schiffseigentümer aus Remagen, Kripp, Oberwinter, Niederbreisig und Brohl mit Segelschiffen Anteil. Es handelte sich bei den Eignern überwiegend um Basalt-, Tuffstein- und Traßhändler.

Im Transportwesen vollzog sich zunehmend eine Umschichtung. Immer mehr Güter wurden von Rheinschiffen auf die neue Eisenbahn verlegt. Von dem Verdrängungsprozeß betroffen war auch der Landtransport durch Fuhrwerke. Um den Straßenausbau bemühten sich beide Kreise und die Gemeinden. Für den Kreis Ahrweiler stellte Landrat v. Groote fest. „Die Hauptstraßen der Dörfer sind zuweilen gepflastert, in der Regel jedoch macadamisirt und mit gepflasterten Seitenrinnen versehen. Die Nebenstraßen sind noch vielfach gleich Feldwegen in einem mangelhaften Zustande. Das Pflaster der Nebenstraßen in den Städten läßt mit einiger Ausnahme von Remagen noch Vieles zu wünschen übrig. – Ahrweiler, Remagen, Sinzig, Oberwinter haben im Winter Straßenbeleuchtung, theilweise auch Niederbreisig und Altenahr. Die Einführung der Gasbeleuchtung ward zu Ahrweiler projectirt.“ (v. Groote, S. 43.)

„Verhältnisse der arbeitenden Klassen“

Die „Verhältnisse der arbeitenden Klassen“ wurden von beiden Landräten als durchweg ärmlich eingestuft. Die Masse der Bevölkerung konnte sich mit dem Einkommen aus ihrer Arbeit gerade ernähren. „Die Hauptbestandteile der täglichen Nahrung derselben bilden Kartoffeln, Roggenbrod und Kaffee mit Cichorien vermischt. Kartoffeln werden fast täglich Mittags und Abends genossen, und in der Eifel auch häufig durch Rüben und Erdkohlrabi ersetzt. Den Bedarf an Kartoffeln sucht der geringe Arbeitsmann stets wenigstens theilweise selbst zu erzielen. Man findet ihn deshalb gewöhnlich in dem nur zu häufig nicht schuldenfreien Besitze einiger Ackerparzellen, mit deren Bebauung er sich nebenbei beschäftigt. Wo möglich werden dabei eine oder zwei Ziegen, zuweilen auch eine Kuh gehalten, für welche dann das Futter auf jede mögliche Weise zusammengesucht wird. Fleisch ist ein Ausnahmegericht.“ (v. Groote, S. 45.)

Anzeige im „Rhein- und Ahrbote – Kreisblatt für die Kreise Ahrweiler und Adenau“ vom 10. September 1863.

Von einer sozialen Absicherung konnte noch keine Rede sein. Die Armenpflege bestand in privater Wohlfahrtspflege und aus der Unterstützung von Hilfsbedürftigen durch Armen-Fonds der Gemeinden und Kirchen. Völlig Mittellose wurden von den 7 Districtsärzten im Kreis Ahrweiler und ihren 4 Kollegen im Kreis Adenau auf Kosten der Gemeinden im Krankheitsfall betreut.

Schulwesen

An 74 Elementarschulen (Volksschulen) im Kreis Ahrweiler unterrichteten 64 Lehrer und 10 Lehrerinnern 5980 Schüler. Zusätzlich gab es in Ahrweiler noch die höhere Knabenschule mit 21 Schülern sowie Privatschulen für Mädchen (u. a. Calvarienberg). Häuslichen Unterricht erhielten 12 katholische, 6 evangelische und 4 jüdische Kinder.

Die Lehrerstellen waren in der Regel mit kirchlichen Nebenämtern (Küster, Glöckner, Organist) verbunden. Auf dem Lande bestand die Vergütung zudem z.T. noch aus Naturalien.

Der Kreis Adenau hatte 1861 64 Schulen mit 38 festangestellten Lehrern, 22 „Hülfslehrern“ und 2 Lehrerinnen, die insgesamt 3952 Schüler unterrichteten.

Die hier nur ansatzweise vorgestellten detaillierten Statistiken vermitteln uns ohne jede Schönfärberei ein anschauliches Bild der beiden Kreise um 1860. Sie verdeutlichen, daß die damaligen Lebensverhältnisse für die meisten Bewohner eng, bescheiden, ja z.T. dürftig und ärmlich waren.

Zwischen den beiden Kreisen, die nach der Auflösung des Kreises Adenau im Jahre 1932 größtenteils im Kreis Ahrweiler aufgingen, gab es ein deutliches wirtschaftliches Gefälle und strukturelle Unterschiede. Bis heute sind die natürlichen Gegebenheiten (Boden, Klima) und die gewachsenen historischen Strukturen trotz aller Veränderungen, Angleichungen und Ausgleichsmaßnahmen wirkungsmächtige Faktoren, welche auch ihren Ausdruck in z.T. unterschiedlichen Einstellungen und Werthaltungen der Bewohner finden.

Quellen und Literatur:

  1. v. Qroote, Statistik des Kreises Ahrweiler 1859-1862. Ahrweiler 1863.
  2. vgl. Siepmann. Kar) Egon: Der Kreis Adenau vor 125 Jahren, in: Festschrift zum Heimatfest Adenau 1984, S. 33-69. Hier wird die Adenauer Kreisstatistik ausführlich vorgestellt.
  3. Fonck. Statistik des Kreises Adenau 1859-1861. Linnich 1863.
  4. Emigration Records from the German Eifel Region 1834-1911, compiled and authored by Dr. Hanns Egon Freund. IIinois 1991.