Der Fotograf August Kreyenkamp (1875 – 1950) in Bad Niederbreisig

Der Kölner Fotograf August Kreyenkamp (1875 – 1950) ist vor allem durch seine zahlreichen Köln-Ansichten, Reisebilder, aber auch experimentellen Mikroaufnahmen bekannt.1) Seine Fotografien wurden und werden auf Ausstellungen gezeigt; auf Fotoauktionen erzielen sie hohe Preise.2)

Der fotografische Nachlass befindet sich heute u. a. im Rheinischen Bildarchiv in Köln, in der Fotosammlung Museum Ludwig /Agfa Historama Köln und im Folkwang-Museum in Essen, aber auch in anderen Museen und Archiven im In- und Ausland sowie in Privatbesitz.

Dass August Kreyenkamp von 1944 bis zu seinem Tode 1950 in Niederbreisig lebte, dort ein Fotoatelier hatte und als Fotograf arbeitete, ist weitgehend vergessen.

Zur Biographie und zum Werk

Geboren wurde August Kreyenkamp am 17. November 1875 in Verth bei Telgte/ Westfalen. Nach der Schule begann er eine Lehre als Dekorationsmaler, wechselte aber dann zu einem Fotografen. Anschließend studierte er ab 1895 an der Kunstakademie in Düsseldorf Malerei und ließ sich 1899 in Köln zunächst als Maler nieder, widmete sich aber bald ganz der Fotografie.

1902 heiratete er Francisca Margaretha Schoet. Aus dieser Ehe, die 1926 geschieden wurde, ging ein Sohn hervor. 1927 erfolgte die Heirat mit seiner zweiten Frau Ida geb. Rietveld.

Während des Ersten Weltkrieges war Kreyenkamp nur für kurze Zeit Soldat. Nach seiner baldigen Entlassung konnte er sich ganz seinem Beruf als Fotograf widmen.

Er schuf Landschafts- und Porträtaufnahmen, Atelier-Bilder, Ansichten von Straßenszenen, Architektur-Aufnahmen von Sakral- und Profanbauten und Denkmälern, vor allem in Köln. Außerdem experimentierte er mit Mikroaufnahmen von Kristallen, wobei er ganz herausragende Ergebnisse erzielt, die in der Fachwelt Anerkennung fanden. 

Porträt August Kreyenkamp, 1940 von Hugo Erfurth

Er arbeitete zudem für Reklame- und Anzeigenkunden. Spätestens seit den 1920er Jahren war er in der Kölner Fotografen-Szene etabliert und wurde bei seinen Berufskollegen hoch geschätzt. Nach eigenem Bekunden legte er bei allen Fotoarbeiten das Schwergewicht auf deren technische Perfektion, auf das Dokumentarische und einen Beitrag der Fotografie zur Wissenschaft. Den künstlerischen Wert sah er dagegen als nachrangig an.3)

Besonders auf seinen Italienreisen schuf Kreyenkamp eindrucksvolle Reisefotografien von Landschaften, historischen Stätten und Bauten.4)

Von unschätzbarem Wert für die Denkmalpflege sind seine Kölner Stadtansichten. Er dokumentiert darin die Veränderungen im Kölner Stadtbild bis hin zu den Zerstörungen während des Zweiten Weltkrieges. Für den Wiederaufbau von Köln erlangten diese Aufnahmen in der Nachkriegszeit große Bedeutung
1944 wurde Kreyenkamp in Köln ausgebombt. Es gelang dem Fotografen aber sein umfangreiches Fotoarchiv, dessen archivalischer Wert schon damals unbestritten war, in das von Bombenangriffen wenig gefährdete Bad Niederbreisig auszulagern. Hier überstanden die Glasplatten, Negative, Fotomappen und Fotogeräte den Krieg ohne weitere Verluste.

Blick auf Niederbreisig: In dem Fachwerkhaus (v.r.) lebte und arbeitete August Kreyenkamp.

Wohnung, Atelier, Archiv in Bad Niederbreisig

Nach 1945 verwendete August Kreyenkamp seine Geschäftskarte aus Köln mit der Ergänzung „Jetzt: Bad Niederbreisig a. Rh. Bachstraße 50, wo ich mein Atelier für alle Arten der Lichtbildkunst wieder eröffnet habe.“

Diesem Werbeträger lag stets eine kleinformatige Fotografie mit einer Ortsansicht von Niederbreisig bei. Im Vordergrund ist auf dieser Aufnahme das Haus Bachstraße 50 zu sehen, in dem August Kreyenkamp mit seiner Frau Ida in den Kriegswirren eine kleine Wohnung gefunden hatte. Hier lagerte das umfangreiche Fotoarchiv, hier arbeitete Kreyenkamp fortan.

Zeitweilig nutzte er nach 1945 auch den Saal des alten katholischen Pfarrheims an der Koblenzer Straße in Niederbreisig als Atelier, so beispielsweise für Aufnahmen von Erstkommunikanten, für die er „40 % ige Preisermässigung“ gewährte.

Der damals bereits 70-jährige Fotograf empfahl sich für alle Fotoarbeiten und wies auf folgende Sondergebiete hin:

„ARCHITEKTUR
Reproduktionen von Gemälden / Vergrößerungen aller Ausmaße / Anfertigung von Diapositiven./ Stereoskopie / Arbeiten auf allen Gebieten der Wissenschaft.
WERBEPHOTOS
LEBENSNAHE PORTRÄTS
(Naturaufnahmen in vollendetster Ausführung, sowie Material wieder erhältlich.)“

Die Einschränkung – „sowie Material wieder erhältlich“ – deutet die schwierige Lage des Fotografen bei der Materialbeschaffung von Fotopapier, Filmen und Chemikalien zur Entwicklung an. Er war aber gezwungen, durch die Erledigung von Fotoarbeiten für seinen Lebens­unterhalt zu arbeiten.

Blick auf den Ortskern von Oberbreisig mit der Pfarrkirche St. Viktor

Selbstbewusst führte Kreyenkamp seine Verdienste als Lichtbildkünstler an und verwies auf „Auszeichnungen in fast allen Kulturstaaten der Welt. / Mitglied der Gesellschaft Deutscher Lichtbildner. / U. a.. Mitarbeiter der Royal Photographic Society of Great Britain, London und der Universität Oxford, Abt. Wissenschaftliche Photographie“.

In Niederbreisig schuf Kreyenkamp dann in der frühen Nachkriegszeit eine ganze Reihe von Ortsansichten. Zu den bisher bekannten Aufnahmen gehören u. a. eine Gesamtansicht des Ortes von der Anhöhe „Fichteln“ aus, Blick auf den Rheinort vom Schönblick aus, eine Ansicht der Pfarrkirche St. Marien mit dem Hönninger Schloss im Hintergrund, eine Gesamtansicht von Oberbreisig, eine Gesamtansicht von Niederbreisig vom Vier-Burgen-Blick aus in Richtung Andernach, die Ansicht eines einzelnen Hauses in der Bergstraße, das Heilbäderhaus Geyr-Sprudel, Haus Mathilde. In der näheren Umgebung fotografierte er u. a. das Kriegerdenkmal „Sinziger Löwe“ von Franz Brantzky bei der Einweihung 1930, Remagen und die Apollinariskirche, Rolandseck sowie eine Ansicht von Remagen mit der intakten Rheinbrücke.

Alle Aufnahmen haben dokumentarischen Charakter und bestechen durch ihre Qualität.

Von den Breisiger Ortsansichten verkaufte das Ehepaar Kreyenkamp Einzelabzüge in unterschiedlichen Vergrößerungen.

Für Porträtaufnahmen erhielt August Kreyenkamp zum Teil Lebensmittel als Honorar. Allerdings soll er gelegentlich auch Kunden aus nicht nachvollziehbaren Gründen abgewiesen haben.

Sobald die Verkehrsmöglichkeiten es wieder erlaubten, fuhr Kreyenkamp immer wieder nach Köln. Gerne wäre er wohl in die Domstadt zurückgekehrt, aber der Verkauf des umfangreichen Fotoarchivs und die Beschaffung einer Wohnung und eines Ateliers glückten trotz hartnäckiger Bemühungen nicht.
Am 9. März 1950 verstarb August Kreyenkampf in Niederbreisig und wurde dort bestattet.

Der Nachruf in der Rhein-Zeitung vom 14. März 1950 spricht von einem „durchgeistigten Menschen, dessen Erscheinung nichts weniger als Ehrfurcht gebot.“. Einem Journalisten soll er kurz vor seinem Tode gesagt haben: „Wieso es einen Gott gibt, versteht jeder, der einmal mit suchendem Auge in ein Mikroskop schaute!“5) Kreyenkamp wird in dem Nachruf als „Wissenschaftler mit der Kamera“vorgestellt. Und so sah er sich auch, denn stets betonte er das Wissenschaftliche, Technische, Dokumentarische seiner Aufnahmen. Das belegen auch seine Ortsaufnahmen von Niederbreisig.

August Kreyenkamp „repräsentiert den Fotografen, der sich den Zeitbedingungen anpasste, der Auftragsarbeiten und freie Arbeiten in gleichmäßiger hoher Qualität ausführte, der aus Notwendigkeit neue Aufgabenbereiche erschloß, aber auch persönliche Neigungen nicht vernachlässigte …“6)

Ida Kreyenkamp widmete sich als Witwe ganz der Nachlasspflege des Fotoarchivs. Es war für sie „die Aufgabe ihres ferneren Lebens.“7)

Sie verkaufte vor allem weiterhin Abzüge seiner Aufnahmen, die auch als Vorlage für Postkarten dienten. Vor allem bemühte sie sich um eine Veräußerung des Archivs, was ihr teilweise gelang. 

Auf einem Stimmzettel für die Wahl zur Gemeindevertretung der Gemeinde Niederbreisig am 11. November 1956 kandidierte Ida Kreyenkamp für die Freie Wählergruppe „Kennwort Alma Jendges“, auf der sich nur Frauen zur Wahl stellten. Zur Kennzeichnung der Kandidatin war der Zusatz „Photo-Archiv, Niederbreisig“ angegeben. Ida Kreyenkamp verstarb 1966.

Anmerkungen:

  1. Leben und Werk von August Kreyenkamp wurden 1995 in einem Bildband von Roswitha Neu-Kock, Leiterin des Rheinischen Bildarchivs Köln, eingehend gewürdigt. Die Darstellung zu Kreyenkamp in Niederbreisig stützt sich auf diese Monographie.
    Frau Dr. Roswitha Neu-Kock danke ich für Auskünfte zur Person und zum Werk August Kreyenkamps.
    Wertvolle Hinweise erhielt ich auch von Frau Annemie Gescher und Herrn Andreas Windscheif, Bad Breisig.
  2. Siehe beispielsweise Auktionskataloge von Foto-Auktionen des renommierten Auktionshauses Lempertz in Köln.
  3. Vgl. Neu-Kock S. 14 f.
  4. August Kreyenkamp – Italienphotographien 1927 bis 1938. Siehe dazu die Einführung von Evelyn Bertram-Neunzig: „Zahlreiche Aufnahmen von Kreyenkamps Italienreisen wurden in zwei Ausstellungen gezeigt, die das Kölner Petrarca-Institut in den Jahren 1937 und 1938 unter großer Presseresonanz ausrichtete.“
  5. Nachruf in der Rhein-Zeitung Nr. 63 vom 14. März 1950
  6. Neu-Kock S. 9
  7. Nachruf in der Rhein-Zeitung Nr. 63 vom 14. März 1950

Literatur:

  • Neu-Kock, Roswitha: August Kreyenkamp. Ein Kölner Fotografenleben in der ersten Jahrhunderthälfte. Köln 1995.
  • Neu-Kock, Roswitha: August Kreyenkamp (1875 – 1950): ein photographisches Allround-Talent in Köln. In: Kölner Museumsbulletin 1995, Sonderheft 1 / 2, S. 31 – 38.
  • Rhein-Zeitung Nr. 63 vom 14. März 1950: Nachruf auf August Kreyenkamp „Ein Wissenschaftler mit der Kamera. Zum Tode August Kreyenkamps“