Das Familienbuch von Bodendorf – eine historische Quelle

Das Familienbuch umfasst die Zeitspanne von 1680-1899. Hier sind alle Geburten, Taufen, Hochzeiten, Todesfälle  und Beerdigungen in der katholischen Kirchengemeinde Bodendorf verzeichnet. Begonnen wurde es von Pastor Matthias Bertram (1680-1698). Es endet mit Eintragungen von Pfarrer Georg Reuschenbach (1892-1909). Das handschriftliche Register ist jetzt von Dr. Gerhard Hentschel, Bad Bodendorf, in Zusammenarbeit mit dem bischöflichen Archiv Trier aufgearbeitet und auf Datenträger gestellt worden. Mit dem Buch ist eine gute Quelle für die Familienforschung zugängig; zugleich ist es aber auch ein historisches Dokument, das weit über das lokale Geschehen hinausreicht.1) Aus diesem Grund wird es hier vorgestellt. 

Die Landesherren 

Inhaber der Reichsherrlichkeit Landskron sind in der Zeit, die das Familienbuch umfasst, die Freiherren v. Brempt  (1633 – 1729) und die v. Clodt (1729 – 1798). Der letzte Inhaber der Reichsherrlichkeit ist von 1798 – 1802 bis zur Eingliederung der linken Rheinlande in die Republik Frankreich Carl Frh. vom Stein. Auf ihn geht die v. Stein´sche Stiftung für die Pastöre von Bodendorf zurück, die in abgeänderter Rechtsform noch heute besteht. Durch Übernahme von Patenschaften finden die jeweiligen Landesherren Eingang in das Tauf- und Sterberegister von Bodendorf: 

  • „baro(n) Mauritius von Brempt“ (Moritz Friedrich) wird 1687 Taufpate beim ersten Kind seines „Landskroner Kellner und Schultheiß zu Bodendorf“ Johannes Heinrich Berchem. Mit „Moritz“ trägt das Kind den Vornamen seines hochgestellten Paten und mit „Johannes Heinrich“ die seines Vaters. 
  • Am 28.10.1714 wird „D.(ominus) von Brempt zu Landscron“ Pate eines Mädchens, das den Eheleuten Friedrich Brauns und Gertrud Meurer, beide aus Bodendorf, als neuntes Kind von zwölf Geschwistern geboren wird. 
  • Raban Ludwig Ernst v. Clodt „generosus D. noster (unser edler Herr)“ übernimmt am 28.12.1719 zusammen mit Johannes Meier „cellarius ipsius (hiesiger Kellner)“ das Patenamt von Rabanus Johannes Herschbach. Der Täufling ist Sohn von Wilhelm Herschbach, dem Schultheiß von Bodendorf („schultetus hujus immunitatis“). Zuvor ist der Vater Schöffe wie auch Schreiber des Bodendorfer Gerichts. 
  • Adolf Wilhelm v. Clodt, Bruder von Benedict, übernimmt 1738 die Patenschaft für Adolf Wilhelm Stephan Johannes Herford. Mitpate ist Stephanus Meyer „scriba hujus judicii (Schreiber des hiesigen Gerichts)“. Auch hier erhält der Täufling die Vornamen seiner Paten. Der Vater des Täuflings ist Franz Ludwig Herfordt. Er wird als „praefect (Vorsteher, Vorgesetzter)“ im Register vermerkt. Als „freiherrlich Brempt´scher Richter“ ist er von 1735-1757 belegt. 1757 ist er zugleich Bürgermeister von Linz. 
  • Benedict Raban von Clodt, Sohn von Raban Ludwig, hält 1743 zusammen mit der edlen Frau Bildtstein Benedict Rabanus Constantin Deller über das Taufbecken. 
  • Gleiches geschieht im Jahr 1779 beim Übertritt und der Taufe eines jüdischen Ehepaars zum römisch-katholischen Glauben. Der Täufling von „Benedictus Bernardus de Clodt, D. territorialis in Landscron et Bodendorf“ erhält den Namen Benedict Johannes Nepomuk Apollinar Sebastian Bodendorf. Seine Frau Anna Maria Hachenburg hat als Paten den Gerichtsschreiber Matthias Giesen und Frau Anna Maria Gemünds „conjux praetorius hujutis Hersbach (Gattin des hiesigen Vorstehers)“. 
  • Benedict de Cloth „Dominus territorialis in Landscron, Bodendorf etc.“ stirbt am 23.3.1798, 76 Jahre alt, in Bodendorf. Er wird jedoch nicht hier, sondern vermutlich in Koblenz in der Familiengruft beigesetzt. 

Die Heerstraße 

Die Aachen-Frankfurter Heerstraße ist im 18. Jh. und in der 1. Hälfte des 19. Jh. noch voll in Nutzung. Aus Flandern über Aachen-Düren-Bodendorf-Sinzig-Koblenz führt sie nach Frankfurt. Von dort aus gehen andere Fernstraßen nach Osten (Leipziger Messe), Südosten(Österreich und Donauländer) und über Augsburg nach Süden (Italien). Sie dienen dem Fernhandel, aber auch Truppenaufmärschen und -durchzügen ins Reich und auf fremde Kriegsschauplätze. Noch in der topographischen Aufnahme der französischen Ingenieurkartographen (Tranchot-Karte, 1:20.000, 1802-1814) wird sie als „route d´Aix la Chapelle par Duren“ kartiert und dargestellt. Im Bodendorfer Familienbuch zeugen „Durchreisende“ und „Soldaten“ von ihr. Von den zeitlichen Pastören werden sie aus gegebenen Anlässen in das Kirchenregister eingetragen. 

Durchreisende 

  • Die Eheleute Karl Stecker und Maria Wolfgang lassen 1701 ihren Sohn in der Bodendorfer Kirche taufen. Die Eltern werden als Fremde (perregrini) aus Kassel eingeschrieben. Auch die Paten des Kindes stammen nicht aus Bodendorf. 
  • Johannes Salß und Frau Catharina Cartenbach tragen 1720 ihren Erstgeborenen hier gleichfalls zur Taufe. Paten sind der Landskroner Kellner Meier (cellerarius noster) und Maria Helena Becker. 
  • Eine weitere Taufe ist 1750 verzeichnet. Getauft wird Sohn Heinrich der Eheleute Johannes Levalge und Elisabeth Schoole. Paten sind Heinrich Schaeffer und Susanna Gysen. 
  • Johannes Meyer und Anna Maria Windtfeuer, beide Reisende aus Oberbreisig, lassen 1742 ihre Tochter Maria Elisabeth vom Bodendorfer Pastor taufen. Neben einer Fremden ist der Bodendorfer Ferdinand Effelsberg Pate. 
  • 1724 heiraten auf der Durchreise Wilhelm Haberbußch und Maria Bontzeler in Bodendorf. Zeugen sind der Bodendorfer Lehrer, Küster, Organist und Gerichtsschreiber Laurenz Koch und sein Sohn Peter, der in der Callmuth wohnt. Das Familienbuch verzeichnet 5 Beerdigungen von Reisenden: 
  • 1744: Catharina Gertrud Klein 
  • 1747: Caspar Lehner (infans = Kind), mit seinen Eltern auf der Durchreise 
  • 1751: Tochter Anna Christina der Eheleute Johannes Heinrich und Lucia Cuypers 
  • 1756: Margaretha Straus, Ehefrau von Franz Wolfgang Castenholtz; sie stirbt im Kindbett (in puerperio) 
  • 1771: Christoph Seifer, ein Bettler aus Andernach 

Soldaten 

In den Nennungen von Soldaten im Bodendorfer Familienbuch dokumentieren sich die kriegerischen Auseinandersetzungen jener Zeit. Im 18. Jh. sind dies der Siebenjährige Krieg mit denSchlesischen Kriegen sowie der Österreichische Erbfolgekrieg. Das ausgehende 18. Jh. und beginnende 19. Jh. sind durch die Einfälle französischer Revolutionstruppen und durch die napoleonischen Annexionen und Kriege geprägt. Immer ist dabei die Heerstraße eine Einfallsroute und Bodendorf betroffen. Auch hier sind es Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen, die Zeugnis ablegen. 

  • 1702 wird Elisabeth, die Tochter von Johannes Heinrich Karl und seiner Frau Charlotte hier getauft. Der Vater ist hessischer Soldat (miles Hassicus). 
  • Anna Catharina Schlieper wird 1742 getauft und bereits 10 Tage später beerdigt. Sie ist das illegitime Kind eines kurfürstlich-kölnischen Soldaten. 
  • 1743 findet Johannes von der Strael, ein Reitersoldat (miles equestris), seine letzte Ruhe in Bodendorf. 
  • Im gleichen Jahr wird Johannes Vicarius getauft. Sein Vater ist Soldat unter Hauptmann v. Berlebeck im neuen wallonischen Regiment, das sich auf dem Marsch in den gegenwärtigen Krieg (per transitum tempore belli) befindet. Paten sind Johannes Baptist Savvage und Genoveva v. Baroalle. 
  • 1764 Ein weiterer Soldat findet auf dem Marsch über die Heerstraße in Bodendorf seine letzte Ruhe. Es ist der Soldat Johannes Straub aus Aachen. 
  • 1771 wird Sebastian, Sohn von Jacob Stenzel und Maria Penne, getauft. Sein Vater ist kaiserlicher Soldat. Pate ist, neben Gertrud Lammersmanns, Sebastian Scheffer, der 1762 und 1766 als Bodendorfer Gerichtsschreiber und Lehrer belegt ist. 
  • 1795 heiratet Maria Clara Pütz aus Bodendorf Franz Girad aus Metz. Er ist Soldat und „Marschall de logie“ im 2. Dragoner Regiment. Alle Trauzeugen sind Bodendorfer. 
  • 1797 heiratet Johannes Baptist Nicolaus Mesland aus Orleans Maria Magdalena Colson aus Vervier. Trauzeugen sind der Bodendorfer Johannes Marcus von der Hüllen, Lehrer und die Soldaten Hilaire und Brunent. Beide sind wie auch der Bräutigam – aus der 7. Kompagnie des 1. Bataillons der 84. Halbbrigade.

Vater Johann Giesen mit Söhnen und Knecht vor„Pumpe Pump“ in der Bodendorfer Hauptstraße. 
Im Familienbuch finden sich 43 Einträge. Die Großfamilie Giesen stellte dem Dorf von 1680 – 1899 1 Schultheiß und 12 Schöffen.

Neben diesen fremden Soldaten werden auch Bodendorfer genannt. Sie ziehen als napoleonische Soldaten über die Heerstraße auf die europäischen Kriegsschauplätze und verlieren dort ihr Leben. 

  • Johannes Becker *21.10.1782 †24.01.1807 im Hospital in Calais, Frankreich
  • Heinrich Giesen *20.10.1790 †25.08.1809 im Militärhospital zu Belfort, Frankreich 
  • Matthias Rick *29.10.1791 †30.08.1812 im Militärhospital Ataranza, Spanien 
  • Gottfried Effelsberg *26.09.1788 †1813 in Russland 

Die Urbruderschaften 

Von besonderem Interesse sind Eintragungen von Mitgliedschaften in der Bruderschaft St. Sebastianus-Gertraudis. Mitglieder sind: 

  • Bartholomäus Becker († vor 1684) und Frau Sophia Lambs (†1684) 
  • Gertrud Giesen, Ehefrau von Johannes Kern (†1699) 
  • Michael Kohl (†1699) 
  • Eberhard von Krelingen (†1684) 
  • Johannes Scheffer (†1684) 
  • Gerhard Scheip „Gerichts- und Sendtscheffe“ (†1691) 
  • Christina Schrainer, Witwe (†1698) 
  • Heinrich Schumacher (†1698) 
  • Nicolaus Soenges, Müller (†1684) 
  • Elisabeth Schneider, Ehefrau von Johannes Unckelbach († vor 1698) 
  • Adam Becker (*1696, †1760), Brudermeister (magister confraternitatis S. Sebastiani), Schöffe und Gerichtsschreiber (senior scabinus et judicii scriba). 

Alle genannten Mitglieder der Bruderschaft -außer Adam Becker – sterben vor 1699. Von Interesse sind die Nennungen von B. Becker und 

S. Lambs. Sie sind die Stifter des Pestkreuzes von 1680, das in der Bodendorfer Kirche hängt. Dieses Kreuz trägt, neben den Initialen B.B.S.L., beider Hausmarken. Mit Adam Becker wird ein erster Brudermeister bekannt. Die heutige St. Sebastianus-Bruderschaft von 1681 führt sich auf diese Urbruderschaft zurück. In ihr sind Männer und Frauen Mitglieder. Diese wiederum haben sich als Confraternitas nach der Pestepidemie von 1666-1672 gegründet; „Als die Pest allenthalben grassirt, sind dahier 125 Menschen gestorben.“2)

Beamte und Honoratioren Berufe 

Es werden genannt: Richter 6, Kellner 14, Schultheiße 10, Gerichtsschreiber 5, Schöffen 50, Burgherren 6, Pastöre (auch fremde) 14, Kirchenvorstände 7, Lehrer (auch fremde) 20, Mägde, Knechte, Gastwirte, Pächter, Schmiede, Schneider, Bauern, Maurer, Müller, Wirtschafterinnen (im Pastorat), Tagelöhner, Schweinehirt Das Bodendorfer Familienbuch macht Aussagen über die Sozialstruktur des Dorfes im 18. und 19. Jahrhundert. Zugleich ist es aber auch eine historische Quelle, die über das Lokal-Regionale hinaus in die europäische Geschichte des 18. und 19. Jahrhunderts reicht. 

Quellen

  1. Hentschel, Gerhard: Familienbuch I der katholischen Pfarrei Sankt Sebastian in Bodendorf 1680 bis 1899, Sinzig 2000 
  2. Seel, Karl-August, Die Geschichte Bodendorfs von den Anfängen bis zum 19. Jahrhundert in: Haffke, J., Koll, B. Sinzig und seine Stadtteile – gestern und heute, Sinzig 1983