Wein für die Herren, Bier für die Knechte, Milch für die Mägdte. Eine Burgordnung für die Festung Arenberg

Wir sind es gewohnt, dass man für Schulen oder Dienstgebäude Hausordnungen aufstellt, in denen festgehalten wird, wie und wann die Türen geöffnet werden, wem der Zutritt gestattet oder verwehrt wird oder wie man sich bei Gefahr verhalten muss. 

Hausordnungen aber sind durchaus keine Erfindung unserer Welt, in der wir darüber klagen, dass alles und jedes mit Vorschriften und Erlassen geregelt wird. „Hausordnungen“ kannte man auch bereits vor 400 oder 500 Jahren. Vor allem auf den Burgen, wo Adlige, Beamte und Gesinde auf engem Raum zusammen leben mussten, war es üblich, solche Vorschriften niederzuschreiben. Eine undatierte „Ordnungh im Hauß Arburgh“, die vermutlich aus der Zeit 1570 – 1600 stammt, nennt in 17 Punkten Regeln für das Zusammenleben auf der Arenburg. Einige dieser Punkte sollen hier noch einmal in Erinnerung gerufen werden: 

  1. Irstlich das ein ordinans gemacht werdt, wie man sich uber des amptmanns disch mit gerichten und windranck zo halten, und wer an des amptmans disch by im essen soll oder nit. 
  2. Zom andern, wie man des amptmanns disch in syner Liebden Abwesen halten sall. 
  3. Zom dritten das man dem amptmann sinen dranckwein vur siner dische besonder lebern und siner haußfrauwe den sloessell dair vur geben, und das der botteler die ubrigen in den Keller neime, verwaer und rechnung dar us doe. 

Die erste Stelle auf der Burg hatte also in Abwesenheit des Landesherren der Amtmann inne. Wer mit an seinem Tisch sitzen durfte, konnte sich glücklich schätzen, denn hier wurde nicht nur das beste Essen, sondern auch guter Wein serviert. Damit dies in einer gewissen Ordnung geschah, hatte man damals vor, eine eigene (Tisch)Ordnung aufzustellen. Der Wein, der am Tisch des Amtmanns getrunken wurde, wurde besonders gelagert. Zu diesem Keller hatte die Frau des Amtmanns den Schlüssel. Die übrigen Weine aber wurden vom sogenannten Botteler verwahrt. Er hatte darüber ein Register zu führen und Rechenschaft abzulegen, wieviel in jeder Woche getrunken wurde. – Wie es im einzelnen beim Essen zuging, beschreibt detailliert die erhaltene Tischordnung. Darin heißt es, dass in Zukunft höchstens vier Personen in einer Schussel gespeist werden. Fleisch gab es sonntags, dienstags zu morgen essen und donnerstags zu nachtessen. Wein als Tischgetränk erhielten nur die oberen Tische. In der Reutterstoben und bei den Knechten trank man Bier. Eine Ausnahme aber bildeten die Fuhrknechte und die Viehmägde; sie erhielten als Getränk Milch. Ob man schon damals auf die Promille-Grenze bei Fuhrleuten achtete? Beim Bier aber machte man einen Unterschied. Dazu heißt es: 

Mitt dem Bierbrawen soll vor Herrn und Diener Bier dergestalt gehalten werden, das so Gerst und Speltz zusammen zum hochsten drei fas vur ein thon gerechnet werden. Darvon soll von der ersten Würtzen guitt Herren Bier, und auß dem letzten gesindt bier gemacht werden, und anders nit als 24 fas vur ein fuder gerechnet werden. 

In weiteren Punkten der Hausordnung wird dann geregelt, dass der Amtmann die Schlüssel zum Fleischkeller, von der Spinnen und dem Koich zusammen mit dem Botteler zu verwahren hatte. Was an Fleisch, Butter, Öl, Salz, Eier undt anderem zoir noitturfft vorhanden war, hatte der Botteler zu verzeichnen oder, falls Mangel bestand, zusammen mit der Amtfrauwe zu beschaffen. Zu den Aufgaben des Amtmannes gehörte es, zwei- oder dreimal im Jahr nach Köln zu reisen, um dort das zu bestellen, was zu beiden husern nodich war. Mit beiden Häusern sind hier zweifellos die Arburg und die Nürburg gemeint. In der Küche sollten eine Frau und zwei Mägde angestellt werden. Allerdings wurde zur Bedingung gemacht, dass sie mit botter, Kees und Milchen woll umzugehn hatten. 

  1. Item der Slosser und Smitz kann man woll, myns bedenckens, im Hauß entpeeren, dan das Slosswerck mach man naher kauffs gelden, dan am haus machen laissen. Des Smitz, wanne myn gned. Herr und Frauw nit he sint, kann man woll entraden, den was zo smeden of zo machen kann der Smitz im Daell fur und nach woll umb geringen tagloin aus richten.
  2. Item den Holtzheuwer mach man, …wer einer noedich de de scheur und de Pfortzen auff der brucken verwart, auff das nit ein Jeder der bynnent de pfortzen zo tags queme an der botteleien und in der koichen freß. 

Schmied und Schlosser wollte man um 1570/1600 auf der Burg nicht anstellen. Wir wissen aber, dass man zu anderen Zeiten solche Berufe auf der Burg fest angestellt hatte. Damals aber war man der Meinung, der Schmied im Ort Aremberg könne zu einem annehmbaren Lohn die anstehenden Arbeiten verrichten. Der Holzfäller hingegen, der wohl in der Umgebung der Festung immer Arbeit fand, wurde auch an der Pforte gebraucht. Er blieb also das ganze Jahr über im Dienste der Burg. Er hatte an der Pforte darauf zu achten, dass die Besucher, die in die Burg kamen, nicht nur erschienen, um sich satt zu essen und zu trinken. 

Ein besonderes Amt fiel dem Burgkaplan zu: Er hatte eine Aufgabe, die wenig mit seiner theologischen Ausbildung zu tun hatte. Eisen, Blei und die Baumaterialien musste er registrieren und verwalten. Eine der wichtigsten Stellen auf der Burg aber hatte der Pförtner inne. Zu ihm und zu seinen Aufgaben heißt es: 

  1. Item das der pfortner auff der brucken oder so lange da keiner ist, der underst pfortzen nemants ungefragt inlaess dan allein de Hausthener außgenommen. Wer mit Wagen und pferden etztwas bringet und denen dannacht noch nit er sey dem pfortzer den woll kundich. 

Niemanden in die Burg zu lassen, der hier nichts zu suchen hatte, das war ein besonderes Anliegen für die Burgherren. Nur Hausdiener und Personen, die dem Pförtner wohl bekannt waren, konnten unbehelligt eintreten oder mit ihren Wagen in den Burghof fahren. Schließlich gab es auf der Burg den Burggrafen, der die Aufsicht über Knechte und Mägde hatte. 

Ansicht von Aremberg, um 1900

Er hatte dafür zu sorgen, dat das Hausgesindt bey tage in goder arbeit und de Wechter bey nacht in goder wacht gehalten werden. 

Auf der Burg sollten, so schrieb es die weitere Hausordnung vor, 10 oder 12 Kühe gehalten werden. Einige Mägde waren erforderlich, um die anfallenden Stall- oder Hausarbeiten zu verrichten.

  1. Item das den Megden befollen werde, sich der thaell wiber in Weschen, Wryngen und anderm nit zuundernemmens, sonder de gar vur der pfortzen zu laessen. 

Die Mägde der Burg erhielten also strikte Anweisung, sich nicht zu sehr bei der Bearbeitung der Wäsche mit den Frauen des Ortes Arenberg einzulassen. Von Besuchen der Dorffrauen in der Burg hielt man offenbar nicht viel – aus welchen Gründen auch immer. 

Quelle: 

Archief van Arenberg, Enghien, Akten D 1201 und 1202