186 die erste Traßmühle errichtet – Besuch beim letzten „Traßbaron“ des Brohltals
1682 die erste Traßmühle errichtet
Besuch beim letzten „Traßbaron“ des Brohltals
VON KARL HOLTZ
Schon die Römer kannten Traß in Verbindung mit Kalk als hydraulischen Mörtel, der gegen den Salzgehalt des Meerwassers unempfindlich ist. Traß, ein vulkanisches Trachyttuffgestein im Gebiet des Laacher Sees, hat seine größten Vorkommen im Brohltal, wo bereits 1682 der Holländer Bernhardus van Santen in Brohl die erste Traßmühle errichten ließ. Holland blieb auch zu allen Zeiten das Hauptabsatzgebiet für den Brohltaltraß. 1966 schloß die letzte Traßmühle im Brohltal, die Orbachsmühle. In Burgbrohl lebt heute noch der letzte „Traßbaron“ des Brohltals, der 86jährige Max Mittler, der über 40 Jahre in der Orbachsmühle unweit des Eisenbahnviadukts Tönisstein wohnte. Er verfügt über eine reiche Literatursammlung über Herkunft, Eigenschaften und Verwendung dieser jungvulkanischen Tuffablagerung, die einmal über zweihundert Jahre die Wirtschaft des Brohltals bestimmte.
Der Erforscher der Laacher Vulkane, Hauptlehrer J. Jakobs aus Brohl schreibt über den Traß: „Die räumliche Verteilung sowie die chemische und petrographische Gleichheit des Traß mit anderen Tuffen der Laacher Umwallung weisen seine Entstehung ebenfalls dem Laacher Krater zu.
Tuffstein-Kuppe: Brohltal
Foto: Kreisbildstelle
Seine Unterlage ist stellenweise der Löß; hierdurch ist er als eine sehr junge Bildung festgestellt.“ Er nimmt an, daß verschiedene, aufeinanderfolgende Eruptionen die Traßformation schufen. Unserer heutigen älteren Generation sind noch folgende Traßmühlen bekannt: Schwickeraths-Mühle, später Heinz-Mühle (heutiger Bauhof der Brohler Bauunternehmung Nonn); D. Zerwals Söhne gegenüber dem Wasserhebewerk Niederlützingen; in kleinem Umfang auch Netze-Mühle; Traßmühle des Barons Geyr von Schweppenburg, die zuerst der „Großvater des eingangs erwähnten Max Mittler Jakob und der Vater Max Mittler und dann die Familie Mosen gepachtet hatten (hier war gleichzeitig eine Mehlmühle); Orbachsmühle der Firma Jakob Mittler jr., die der heute noch lebende Max Mittler zuerst mit seinem Bruder und später allein geführt hat und eine jährliche Produktionsfähigkeit der Mahlanlagen von über tausend Doppelwaggons hatte. Hier wurde noch bis 1966 mit Wasserradantrieb gemahlen. Nonris Mühle gegenüber dem Tunnel der Brohltalbahn. Die Familie Nonn ist am längsten in einer Traßmühle ansässig gewesen. (Heute ist die Firma Gebr. Rhodius Besitzer); eine weitere Mühle von Peter Schorn war bei Burgbrohl und eine in der Wolfsschlucht bei Bad Tönisstein. Die Traßindustrie im Brohltal ist auf der ganzen Linie Vergangenheit. Die großindustrielle Zementindustrie hat den Traß verdrängt. Die Bemühungen von Max Mittler, auch im Brohltal unter Ausnutzung der reichen Traß vorkommen gemeinsam mit anderen „Traßbaronen“ eine Zementfabrik zu errichten, scheiterte an der Unmöglichkeit, die Interessen auf einen Nenner zu bringen. Damit hatte das Brohltal eine zukunftweisende Industrie vertan.
Der Abbau der Traßfelsen in Handarbeit ließ glatte Abbauwände bis zu 60 Meter Höhe entstehen. Tiefere Ablagerungen wurden mit Pulver gesprengt. Die Traßmassen wurden in kleinere Stücke zerschlagen, zum Trocknen in „Arken“ aufgesetzt, die eine Eigenart des Brohltals waren und dann in den Traßmühlen, die alle Wasserantrieb hatten, durch Steinbrecher zerkleinert und in Kollergängen oder in Kugelmühlen zu feinstem Mehl zermahlen. Die Feinheit des Mehls war von großer Bedeutung für die innige Verbindung mit Kalk. Insbesondere bei Massenbetonbauten, wie Häfen, Schleusen, Kanälen, Schachtanlagen, Talsperren, Deichbauten und Grachten hatte sich der Traß wegen seiner Überlegenheit an Dichtigkeit und Elastizität gegenüber Zement unentbehrlich gemacht. Die Widerstandsfähigkeit gegen salz- und säurehaltige Wasser war ein großer Vorteil bei Seewasser- und Kanalbauten, weshalb auch gerade Holland der Hauptabnehmer war. Der körnige Bergtraß wurde auch unvermahlen in der (Glasflaschenindustrie verarbeitet.
Der Abtransport erfolgte ab Schweppenburg mit Waggons der Brohltalbahn und zum großen Teil mit Pferdefuhrwerken zum Brohler Hafen, Das Traßmehl wurde in den Mühlen in Jutesäcke geschaufelt. Am Häfen erhielten die „Traßschürjer“, die die Säcke vom Wagen über die langen Holzdielen ins Schiff schütteten, je Sack 0,7 Pfennig.
Heute sieht man noch im Brohltal die hellgrauen Traßfelsen mit vielen wunderlichen Höhlen und Tunnels sowie Portale mit interessanten Durchblicken, die dieser berühmten Touristenstraße für alle Zeiten ein eigenartiges Landschaftsbild geben und die bleibende Erinnerung ah eine einst blühende Erdindustrie sein werden.